Sozialbericht 2023
57 Sozialbericht 2023 MENSCHEN IN BESONDEREN LEBENSLAGEN Aufgrund des demographischen Wandels wurde in den letzten Jahren mit einer steigenden Inanspruchnahme der Leistungen der Hilfe zur Pflege gerechnet. Sowohl im Bundestrend als auch für Schleswig-Holstein war ein stetiger Anstieg der pflegebedürftigen Personen, die Leistungen der Pflegeversicherung beziehen, wahrzunehmen. Bei den Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Sozialgesetzbuch XII zeigt sich dieser Anstieg bisher nicht im gleichen Maß. In den ersten Monaten des Jahres 2023 ist auch bei den Neufällen im stationären Be- reich ein Fallanstieg zu beobachten. Mit der Zunahme der Menschen, die auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen sind, wird weiterhin davon ausgegangen, dass auch die Zahl derjenigen steigen wird, die Leistungen nach dem SGB XII benötigen und ihren pflegerischen Bedarf nicht mit den Mitteln der Pflegeversicherung und eigenen finanziellen Ressourcen decken können. Um für die Menschen den Verbleib in der Häuslichkeit zu sichern, werden Faktoren wie die wohnortorientierte Infrastruktur, sozialräumliche Angebote sowie die vorhandenen Pflege- und Unterstützungsangebote in den Fokus genommen. Spezielle Zielgruppen mit Pflege - bedarf bedürfen spezieller Angebots- und Unterstützungsstrukturen, die in einigen Fällen formale Hilfen entbehrlich machen könnten. Das Prinzip der Anlaufstellen Nachbarschaften (anna) ist ein wichtiger Eckpfeiler der Beglei- tung vom Menschen im Alter und soll in allen Ortsteilen Kiels die Situation älterer Menschen erfassen und Beiträge für eine gute Vernetzung im Sozialraum leisten. Die Vereinsamung von älteren Menschen und der damit verbundene Rückzug in die Häuslichkeit ist häufig der Ausgangspunkt von Hilfebedürftigkeit. Die nachbarschaftlichen Aktivitäten werden dazu beitragen, die Ressourcen im Sozialraum zu erschließen. Hierdurch entstehen neue Ver- bindungen und Freundschaften, die auch helfen werden, das selbstständige Wohnen in den eigenen vier Wänden zu unterstützen. Es gilt diese Entwicklungen im Blick zu behalten und Interventionsstrategien zu entwickeln. Da damit zu rechnen ist, dass die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund im Rentenal- ter und damit auch der Pflegebedarf zunehmen wird, ist eine Angebotsstruktur erforderlich, die kultursensible Pflege berücksichtigt. Es zeigt sich, dass mehr insbesondere alleinstehende Männer nach Alkohol- und Drogenmiss- brauch und/oder nach Jahren der Wohnungslosigkeit mit hohem medizinisch-pflegerischem Bedarf in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe stranden. Im Regelsystem der Pflege wird dieser Personenkreis kaum ankommen können, so dass geeignete Unterkünfte für diese Zielgruppe benötigt werden. Gemeinsam mit den Krankenhäusern, der kassenärztlichen Vereinigung und den Pflegeinstitutionen muss nach einem adäquaten Versorgungssystem gesucht werden. Die Einkommenssituation vieler Menschen führt dazu, dass die Differenz zwischen Leistun - gen der Pflegeversicherung und den tatsächlichen Kosten der stationären Pflege nicht von den Menschen selber getragen werden kann und somit Hilfen zur Pflege durch die Stadt zu leisten sind. Die Kosten werden bislang zu 100 % durch das Land erstattet. Insgesamt muss die Landeshauptstadt Kiel durch die genannten Aspekte mit steigen- den Aufwendungen in der Hilfe zur Pflege rechnen.
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