Sozialbericht 2023
80 Sozialbericht 2023 Aufnahme zugewanderter Menschen Die Jahre 2015 bis 2022 waren eine Zeit großer weltweiter Fluchtbewegungen und intensiver Diskussionen darüber, wie in den Zielländern die Aufnahme und Integration von geflüchteten Menschen erfolgreich umgesetzt werden kann. Nach Jahren relativ geringer Zuwanderung flohen 2015 Millionen Menschen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und anderen Ländern nach Europa, vielfach auch nach Deutschland, um Krieg, Verfolgung und wirtschaftlicher Not zu entkommen. Die Bundesregierung reagierte auf diese Krise, indem sie eine Politik der offenen Grenzen sowie der großzügigen Aufnahme von geflüchteten Menschen verfolgte. Die Ankunft von knapp einer Million Geflüchteter stellte die Kommunen vor enorme Heraus - forderungen, vor allem in Bezug auf die Unterbringung, Versorgung und Integration der Neuankömmlinge. Fast schon zwangsläufig löste diese massive Flüchtlingsbewegung kontroverse Diskussionen aus. Kritiker der „Willkommenskultur“ argumentierten, dass Deutschland überfordert sei und demzufolge seine Grenzen schließen sowie die Zahl der um Aufnahme nachsuchenden Personen begrenzen solle. Befürworter hingegen betonten die humanitäre Verantwortung des Landes, die zu einer Aufnahme der geflüchteten Menschen verpflichte. Im Jahr 2016 und in den folgenden Jahren reagierte die Bundesregierung auf die nach wie vor großen Wanderungs- und Fluchtbewegungen nach Deutschland, indem sie ihre Asylpoli- tik verschärfte und strengere Regeln einführte. So wurde beispielsweise das Asylverfahren beschleunigt und die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerber*innen erleichtert. Gleich- zeitig wurden Maßnahmen ergriffen, um die Integration der aufgenommenen Menschen in die deutsche Gesellschaft zu verbessern, wie zum Beispiel durch den Ausbau von Integra- tionskursen und -programmen. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022 löste eine weitere starke Flüchtlingsbewegung aus. Viele Ukrainer*innen wurden dazu gezwun- gen, ihr Heimatland zu verlassen und in anderen Ländern Schutz zu suchen. Deutschland war und ist eines der wichtigsten Zielländer für die Kriegsflüchtlinge. Ebenso wie in den Jahren zuvor zeigte auch hier die übergroße Mehrheit der Kieler*innen eine beeindruckende Solidarität mit den zur Flucht gezwungenen Menschen und nahm sie herzlich in die Stadtgesellschaft auf. Die Hilfsbereitschaft für die Menschen, die ihr gewohn- tes Leben hinter sich gelassen und oft genug ihre Familien sowie ihr Hab und Gut durch die Flucht verloren haben, ist nach wie vor stark ausgeprägt und entspricht dem Selbstverständ- nis Kiels als weltoffene Stadt. Die Aufnahme so vieler Menschen in relativ kurzer Zeit führt selbstverständlich aber auch zu Problemen. Diese Probleme zu lösen und die Integration zum Nutzen sowohl der aufneh- menden Gesellschaft als auch der Zugewanderten zu gestalten, wird in absehbarer Zukunft eine der zentralen Aufgaben der Zivilgesellschaft und der staatlichen Institutionen bleiben. Bereits im Jahr 2015 sahen sich die Kommu- nen vor der Aufgabe knapp eine Million Men- schen unterzubringen, zu versorgen und zu integrieren. Die Debatten, die durch diese Krise ausgelöst wurden, haben auch ge- zeigt, dass die deutsche Gesellschaft in der Lage ist, sich diesen Heraus- forderungen zu stellen und nachhaltige Lösun- gen zu finden. AUFNAHME UND INTEGRATION ZUGEWANDERTER MENSCHEN
RkJQdWJsaXNoZXIy NTkxNzA=