Sozialbericht 2023
85 Sozialbericht 2023 AUFNAHME UND INTEGRATION ZUGEWANDERTER MENSCHEN Allerdings reicht die Beachtung der reinen Quadratmeterzahl allein nicht aus, um eine men- schenwürdige Unterbringung zu gewährleisten. Auch die Qualität der Unterkunft, einschließ- lich der Sauberkeit, Belüftung, Beleuchtung und Sicherheit, spielt eine entscheidende Rolle. Zudem müssen auch Gemeinschaftsräume, wie Küche, Bad und Aufenthaltsbereiche, ange- messen dimensioniert sein, um den Bedürfnissen der Bewohner*innen gerecht zu werden. Darüber hinaus ist es wichtig, individuelle Bedürfnisse und Umstände zu berücksichtigen. Insbesondere Familien, Kinder, ältere Menschen oder auch Menschen mit Behinderung benöti- gen unter Umständen mehr Platz für eine angemessene Lebensgestaltung. Für ein gesundes Umfeld sind auch Freiflächen, Spielplätze und andere Gemeinschaftseinrichtungen von großer Bedeutung. Dazu kommen integrationsfördernde und Autonomie stärkende Faktoren wie psychosoziale Unterstützung, Zugang zu Bildung, Gesundheitsdiensten und Arbeit. Aus den dargestellten, über die ausschließliche Beachtung der Quadratmeterzahl hinaus- gehenden Voraussetzungen für eine menschenwürdige Unterbringung, verfügt die Landes- hauptstadt Kiel tatsächlich über deutlich weniger freie Plätze, als die theoretische Berech- nung vermuten lässt. War die zur Verfügung stehende Kapazität 2015/16 bei vielen einzelreisenden jungen Erwachse- nen noch ausreichend, ist dies unter den aktuellen Umständen nicht mehr der Fall. Viele Zimmer können zwar fünf oder sechs Betten fassen, einer 4-köpfigen Familie wird aber selbstverständ - lich keine fünfte oder sechste Person, die nicht zur Familie gehört, im selben Raum zugewiesen. So bleiben rechnerisch ein bis zwei Plätze frei, die aber nicht genutzt werden können. Sämtliche zur Verfügung stehenden Zimmer in Kiel sind derzeit belegt. Nur durch komplexe Verdichtungen und Umzüge sind noch Kapazitäten zu generieren, was allerdings für erheb- liche Unsicherheiten bei den dort untergebrachten Personen sorgt. Betreuung in der Unterkunft und im Stadtteil Alle geflüchteten Personen werden sowohl in den Gemeinschaftsunterkünften als auch in den angemieteten Wohnungen durch Verbände der freien Wohlfahrtspflege im Auftrag der Landeshauptstadt Kiel betreut. Der Christliche Verein Kiel, die Arbeiterwohlfahrt Kiel, der DRK Kreisverband Kiel sowie das Diakonische Werk Altholstein verfügen über jahrelange Erfahrung in der Flüchtlingshilfe. Deren Arbeit wird durch eine Vielzahl von Ehrenamtlichen und Initiativen in den Stadtteilen und Unterkünften unterstützt. Die Betreuungsarbeit für geflüchtete Menschen beinhaltet vor allem: • Erstes Bekanntmachen mit gesetzlichen Normen und kulturellen Gepflogenheiten • Unterstützung bei Behördenangelegenheiten • Vermittlung von geeigneter ärztlicher Hilfe • Organisation von Dolmetschern für Arztbesuche und Behördengänge • Organisation von Schulanmeldungen und Einführung in schulspezifische Themen • Organisation von Kita-Besuchen • Wohnungssuche, Unterstützung bei Umzügen • Vermittlung an nachgehende Beratungsstellen • Förderung sozialer Kontakte durch die Einbindung des Ehrenamts • Hilfe bei der Suche nach therapeutischer und psychiatrischer Hilfe • Vermittlung juristischer Unterstützung • Vermittlung an Sprachkursträger 6 qm pro Person ist ein Richtwert für die menschenwürdige Unterbringung. Jedoch müssen auch andere Faktoren wie Quali- tät der Unterkunft, individuelle Bedürfnisse und soziale Integration berücksichtigt werden, damit Menschen in an- gemessenen und würdi- gen Lebensbedingungen leben können. Durch komplexe Ver- dichtungen könnten rund 200 weitere Plätze gewonnen werden. Allerdings zu einem hohen sozialen Preis.
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