Internationales Kiel
Wir bauen Brücken

Einleitung

Wer sind die Personen, die die internationalen Partner­schaften Kiels prägen und voranbringen? Es sind Menschen aus den Verwaltungen, aus der Zivil­gesellschaft, aus allen Lebens­bereichen wie Kultur, Bildung oder Sport. Sie setzen sich ein für grenz­überschreitende Zusammen­arbeit und bauen Brücken in andere Kulturen.

Jeden Monat stellen wir eine*n Brückenbauer*in aus Kiel oder aus den Partnerstädten in einem Kurzinterview vor. Sie kennen Leute, die unbedingt dazugehören? Dann lassen Sie uns das gerne wissen.


Brest
Susanna Hönig - Ricarda-Huch-Schule Kiel

Lachende Frau an Steinküste vor dem Meer.
Susanna Hönig, Foto: Ricarda-Huch-Schule Kiel.

Wer bist du und was genau machst du?

Ich bin Susanna Hönig, Lehrerin für Französisch und Spanisch an der Ricarda-Huch-Schule in Kiel. Nebenbei bin ich auch am Romanischen Seminar an der Christian-Albrechts-Universität Kiel als Dozentin für Spanisch tätig. Sprachen haben es mir sehr angetan! Die kulturelle und sprachliche Begegnung in Form eines Schüleraustausches liegt mir daher sehr am Herzen, denn sie vereint die motivierende Förderung des Spracherwerbs und die Ausbildung der so bedeutenden interkulturellen Kompetenz bei den Schüler*innen. 

Aus diesem Grund betreue ich seit Jahren mit großer Freude als Fachvorsitzende für Französisch und Austauschbeauftragte den an unserer Schule existierenden Schüleraustausch. Nachdem dieser leider aufgrund der rückläufigen Zahl der Deutschlernenden in Frankreich zeitweilig ausgesetzt werden musste, ist es uns Ende 2019 erfreulicherweise gelungen, eine neue Partnerschaft mit dem Lycée Amiral Ronarc’h in Brest zu initiieren.

Ich selbst habe ein Auslandssemester mit dem Erasmus-Programm an der Université Occidentale de Bretagne (UBO) studiert – umso emotionaler war es für mich, nach über 20 Jahren an meinen alten Studienort zurückzukehren.

Worum geht es in deinem aktuellen Projekt zwischen Kiel und Brest?

Nach zwei Jahren Pandemie konnten wir nun endlich unser lang vorbereitetes Projekt durchführen und im März diesen Jahres 20 Schüler*innen des 9. Jahrgangs unserer Schule das Austauscherlebnis in Brest ermöglichen. 

Das Projekt findet unter dem Motto „Entdeckung und Vergleich zweier durch das Meer geprägten Städte und Regionen: Brest und Kiel, Nord-Finistère und Schleswig-Holstein“ statt. Die Schüler*innen erhalten einen Einblick in die historische Entwicklung der Partnerstädte Brest und Kiel und lernen die aktuellen Herausforderungen der Gegenwart kennen. Sie verstehen ebenfalls, inwiefern Hafenstädte den Austausch zwischen Ländern fördern und gefördert haben und die Identität einer Stadt oder einer ganzen Region prägen. 

Durch die Arbeit am gemeinsamen Projekt erhalten die Jugendlichen neben der Freude, die sie am gemeinschaftlichen Handeln erleben, die Möglichkeit, Jugendliche anderer Nationen kennen und verstehen zu lernen. Auch das Leben in einer französischen Gastfamilie und die damit verbundenen kulturellen und sprachlichen Herausforderungen tragen zu einer Erweiterung des persönlichen Erfahrungshorizontes der Schüler*innen bei.

Schüler*innen notieren deutsche und französische Vokabeln auf dem Whiteboard.
Beim gemeinsamen Vokabellernen im Klassenraum in Brest, Foto: Ricarda-Huch-Schule Kiel.

Weshalb findest du internationale Arbeit wichtig?

Ich bin der Meinung, dass in einem weltweiten Kontext, in dem die extreme Rechte in mehreren Ländern – auch in Europa – am Erstarken ist, die Öffnung gegenüber „dem Anderen“, „dem Fremden“, besonders wichtig ist. Diese Haltung hilft den Schüler*innen, sich zu einem verantwortungsbewussten, weltoffenen Bürger*innen zu entwickeln, der dem demokratischen Europa offen und tolerant gegenübersteht.

Mit unserer neu etablierten Partnerschaft möchten wir nicht nur die enge Verbindung beider Städte ausbauen und vertiefen, sondern auch die europäische Identität der Kieler Schüler*innen und Schüler stärken und festigen. Die Zusammenarbeit zwischen Kiel und Brest ist insbesondere vor dem Hintergrund der nach den Trümmern des 2. Weltkriegs entstandenen deutsch-französischen Freundschaft, die 1963 mit den Élysée-Vertrag von Bundeskanzler Konrad Adenauer und vom französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle besiegelt wurde, zu betrachten. Gerade der Jugend obliegt es, durch gemeinsame Projekte zur Pflege dieser wertvollen deutsch-französischen Freundschaft beizutragen und die Friedensarbeit fortzuführen, um ein „nie wieder“/ „plus jamais“ zu ermöglichen. 

Ziel ist es, vor der Betrachtung dieses Gesamtkontextes, die deutsch-französischen Beziehungen auf kommunaler Ebene zu stärken, Vorurteile und Klischees abzubauen und unseren Nachbarn und wichtigsten Partner näher kennenzulernen. Hierzu leisten Städtepartnerschaften einen bedeutenden Beitrag. Die Etablierung einer Schulpartnerschaft mit Brest trägt damit auch zur Internationalisierung der Stadt Kiel bei. Zudem kann ein erster Kontakt unsere Schüler*innen dazu motivieren, ein Auslandssemester im Rahmen der Uni-Mobilitätsprogramme Erasmus+ in Brest zu verbringen oder einen Freiwilligendienst zu absolvieren und auf diese Weise einen Betrag zur internationalen Zusammenarbeit zu leisten.

Was hat dich am meisten während deines Projekts mit Brest überrascht?

Was mich nachhaltig beeindruckt hat während unseres Aufenthaltes in Brest, war die unglaubliche Gastfreundschaft unserer französischen Partner. Unsere Schüler*innen wurden von ihren Gastfamilien herzlichst empfangen, von ihnen aufgenommen und überaus fürsorglich umsorgt. 

Gleichzeitig war es schön zu sehen, wie Jugendliche, die vorher nur über Messenger Dienste und soziale Netzwerke in Kontakt standen, sich auf einmal „live“ gegenüberstanden, sich nach und nach einander annäherten, ihre Scheu vor der jeweiligen fremden Sprache und Kultur verloren und ganz unmerklich „in sie eintauchten“, in die „fremde“ Kultur, die dann doch nicht mehr so „fremd“ war, denn sie entdeckten schnell viele Gemeinsamkeiten zwischen ihrer und der Zielkultur.

Jugendliche auf einer gepflasterten Brücke vor Stadtkulisse.
Die Kieler Schüler*innen erkunden gemeinsam mit den französischen Gastgeber*innen die Bretagne, Foto: Ricarda-Huch-Schule Kiel.

Was würdest du anderen Engagierten, die ein internationales Projekt planen, mit auf den Weg geben?

Auch wenn der Weg bis zur endgültigen Durchführung des Austausches lang ist und man dabei als Organisatorin den einen oder anderen Stolperstein überwinden muss, lohnt es sich meiner Meinung nach auf jeden Fall, diesen zu gehen.

Die am Austausch beteiligten Schüler*innen sammeln wertvolle persönliche interkulturelle Erfahrungen, die ihr Leben nachhaltig prägen und die sie weitertragen. Dies führt zum Abbau von eventuell existierenden Vorurteilen und Stereotypen und zur Ausbildung eines kritischen, kosmopolitischen Geistes unserer jungen „Botschafter*innen Deutschlands und Kiels“, der zur Stärkung der europäischen Identität und damit zur Völkerverständigung „im Kleinen“ beiträgt.


Die Interviews der vergangenen Monate

Januar 2022

Februar 2022

März 2022

April 2022

Juli 2022

August 2022

September 2022

Oktober 2022

November 2022

Dezember 2022

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