Nachhaltiges Kiel

Wir machen Zukunft

In Kiel gibt es viele engagierte Menschen, die sich mit guten Ideen und viel Tatendrang dafür einsetzen, dass unsere Fördestadt nachhaltig und zukunftsfähig wird.

Jeden Monat stellen wir eine*n Kieler Zukunftsmacher*in in einem Kurzinterview vor. Sie kennen Leute, die unbedingt dazugehören? Dann lassen Sie uns das gerne wissen.

August 2020: Benjamin Walczak - Corona-Armband

Portraitfoto
Foto: Pepe Lange

Was hat dich nach Kiel geführt?

Ich bin gebürtiger Kieler und habe durch meinen Beruf und Ehrenämter schon viele andere Städte kennengelernt. Aber so einen Charme wie Kiel hat dann doch keine andere Stadt. Hier bin ich auch zur Schule gegangen und habe an der Uni studiert. Neben dem passenden Studiengang - Informatik - war es auch eine finanzielle Entscheidung, ein Umzug wäre damals nur schwer zu stemmen gewesen.

Was genau machst du?

Der Kampf gegen Altersarmut ist seit einigen Jahren ein Thema, das mich bewegt. Die Zahlen der Menschen, die im Alter unter der Armutsgrenze leben, steigen seit einigen Jahren und es ist kein Ende in Sicht. Die Systeme der Altersvorsorge passen vielfach nicht zu den Lebensrealitäten von Menschen, die zum Beispiel für die Kinderbetreuung lange nicht gearbeitet haben, deren Betrieb geschlossen wurde oder die als ältere Arbeitslose in unserer Wirtschaft kaum noch eine passende Stelle finden.

Auch Krankheiten oder Schicksalsschläge sind Ursachen für Armut. In unserer Gesellschaft wird Armut im Alter aber oft verächtlich gemacht und die Betroffenen schämen sich. Viele werden einsamer und isolieren sich; das ist eine Abwärtsspirale, die wir durchbrechen müssen.

In Kiel habe ich daher mit vielen anderen engagierten Menschen und Organisationen den Verein „Groschendreher - Kieler Bündnis gegen Altersarmut e.V.“ gegründet. Wir setzen uns für soziale Teilhabe und ein gesundes Leben von älteren Menschen in Armut ein und unterstützen sie dabei, ihre Interessen selbst wahrzunehmen. Gemeinsam machen wir aufmerksam, wo Ältere in Armut übersehen wurden, und überlegen uns Lösungen. Aktuell zum Beispiel bei der Corona-Warn-App, die für Menschen aus der Risikogruppe wichtig ist, weil sie frühzeitig über Kontakte mit Infizierten informiert werden.

Ältere Menschen - und besonders solche mit wenig Geld - haben allerdings nur selten das dafür notwendige Smartphone. Gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Kieler Addix GmbH, Björn Schwarze, und dem Informatik-Professor Olaf Landsiedel haben wir daher ein Armband entwickelt, das die Funktion der Corona-Warn-App übernimmt und für alle erschwinglich ist: Das Corona-Warn-Band.

Welche SDGs sind von deinem Engagement besonders berührt?

Die Arbeit des Vereins Groschendreher deckt bereits sehr viele SDGs ab. Besonders fühlen wir uns dem SDG 1 „Keine Armut“ und dem SDG 10 „Weniger Ungleichheiten“ besonders verpflichtet fühlen. Altersarmut betrifft Frauen häufiger als Männer, was oft mit Ungleichheiten im Berufsleben und mit Erziehungszeiten zu tun hat.

Wir arbeiten im Verein mit der Techniker Krankenkasse zusammen und erhalten von dieser auch eine Förderung, denn gerade für ältere Menschen gilt, dass Armut krank macht - sowohl körperlich als auch psychisch SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen“. Eine gute Ernährung ist oft nicht möglich und Angebote der Tafeln sind notwendig SDG 2 „Kein Hunger“.

Mit dem Corona-Warn-Band haben wir ganz aktuell ein nachhaltiges und innovatives Projekt gestartet, bei dem ich auch schon von Akteur*innen aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit angesprochen wurde, ob das Armband auch in Regionen des Globalen Südens eingesetzt werden könnte SDG 17 „Partnerschaften zur Errichtung der Ziele“.

Warum findest du Nachhaltigkeit wichtig?

Nachhaltigkeit ist ja ein sehr breiter Begriff und in meiner ehrenamtlichen Arbeit ist besonders die soziale Dimension von Bedeutung. Wir unterstützen als Verein auch bewusst präventive Ansätze, damit Menschen im Alter gar nicht erst von Armut betroffen sind. 

Oft gehen ökologische und soziale Nachhaltigkeit Hand in Hand – Recycling und Upcycling, nachhaltiger Konsum und die vollständige Nutzung von Lebensmitteln sind einige Beispiele.

Kiel 2030 - was ist Deine Vision für unsere Stadt?

Im Jahr 2030 soll Kiel eine Stadt sein, in der das soziale Miteinander wieder stärker ist. Oft hilft es schon, wenn sich in der Nachbarschaft alle gegenseitig unterstützen und aufeinander Acht geben. Vor Problemen wie Altersarmut aber auch vielen anderen Herausforderungen in unserer Gesellschaft nicht die Augen zu verschließen, ist dabei besonders wichtig.

Neben dem Miteinander ist aber mindestens genauso wichtig, dass sich einiges Grundsätzliches ändert, damit Armut kein Thema mehr ist: Arbeit muss anständig bezahlt werden und Lebensleistungen müssen mit einer auskömmlichen Rente gewürdigt werden – sowohl im Beruf als auch bei der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen.

Ungleiche Chancen aufgrund von Geschlecht, (vermeintlichem) Migrationshintergrund oder sozialer Herkunft erhöhen heute oft das Armutsrisiko. Das darf nicht so bleiben. Kiel wird diese Probleme nicht alleine lösen können, aber es kann dabei mithelfen.


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