KULTURSPUREN DÜSTERNBROOK
Soziologe Ferdinand Tönnies

Soziologe und Kieler Universitätsprofessor

* 26. Juli 1855 bei Oldenswort

9. April 1936 in Kiel

Ferdinand Tönnies gilt als einer der Begründer der deutschsprachigen Soziologie. Sein 1887 erschienenes Werk „Gemeinschaft und Gesellschaft“ ist bis heute ein Standardwerk des Faches.

Tönnies wurde 1855 als Sohn einer wohlhabenden Bauernfamilie auf der Halbinsel Eiderstedt geboren. Mit 16 Jahren legte er in Husum die Abiturprüfung ab. Bereits als Schüler arbeitete er als Korrekturgehilfe für Theodor Storm, dem er bis zu dessen Tod freundschaftlich verbunden blieb.

Ferdinand Tönnies (Quelle: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek)

Ab 1872 studierte Ferdinand Tönnies Philologie und Geschichte, unter anderem an den Universitäten in Jena, Berlin und Tübingen. 1877 promovierte er in Alter Philologie und wandte sich daraufhin privaten Studien in Philosophie und Staatswissenschaften zu. 1881 habilitierte er an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Da Ferdinand Tönnies als Befürworter der Arbeiterbewegung und Kritiker des Obrigkeitsstaates galt, wurde er erst 1909, im Alter von 54 Jahren, zum Professor ernannt. Ab 1913 war er in Kiel Professor für Wirtschaftliche Staatswissenschaften, bevor er 1916 auf eigenen Wunsch emeritiert wurde.

Gedenktafel für Ferdinand Tönnies (Quelle: Julia Fendler)

Im Zuge der Inflation verlor Tönnies den größten Teil seines Familienvermögens, so dass er 1921 einen Lehrauftrag an der Kieler Universität annehmen musste. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten verschlimmerte seine Lage weiter: Seit 1930 Mitglied der SPD und öffentlicher Kritiker des Nationalsozialismus, wurde ihm 1933 die Lehrbefugnis entzogen und seine Beamtenbezüge auf ein Minimum gekürzt. Er musste sogar seine Bibliothek verkaufen. 1936 verstarb Tönnies verarmt in seinem Haus im Niemannsweg 61, wo eine Gedenktafel an ihn erinnert. Sein Grab befindet sich auf dem Parkfriedhof Eichhof.

Ferdinand Tönnies hatte Einfluss auf zahlreiche spätere Soziolog*innen und war in Europa und den USA hoch angesehen. Sein umfangreicher Nachlass wird von der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek verwaltet.

Die 1956 in Kiel gegründete Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft fördert heute die politische Bildung, veröffentlicht die Gesamtausgabe seiner Werke und betreibt ein Wohnheim für Studierende. Darüber hinaus widmet sich die Gesellschaft der Erforschung von Tönnies Leben und Werk und veranstaltet regelmäßig Symposien.


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