KULTURSPUREN MATROSENAUFSTAND Gewerkschaftshaus
1. November 1918: Versammlung der Matrosen auf Landgang
3. November 1918: Demonstrationsaufruf
5. November 1918: Versammlung des Soldatenrates und Verabschiedung der "14 Kieler Punkte"
Das Kieler Gewerkschaftshaus war ein Zentrum der aufständischen Bewegung im November 1918. In zahlreichen Versammlungen organisierten die Soldaten und Arbeiter von dort ihr Vorgehen.
Schon am Abend des 1. November versammelten sich ca. 250 Matrosen des III. Geschwaders im Gewerkschaftshaus. Sie wollten die Freilassung der bei der Ankunft in Kiel gefangen genommenen Kameraden erreichen. Eine weitere Versammlung am 2. November wurde durch die Polizei verhindert, die das Gewerkschaftshaus absperrte. Stattdessen trafen sich die Aufständischen auf dem Großen Exerzierplatz im Vieburger Gehölz. Im Vergleich zum Vortag hatte sich die Zahl der Anwesenden bereits verdoppelt.
Bei dieser Versammlung trafen sich erstmals die später führenden Köpfe des Aufstandes, der Heizer Karl Artelt und der USPD-Angehörige Lothar Popp. Im Anschluss an die Versammlung erstellten sie ein Flugblatt mit dem Text „Kameraden, schießt nicht auf eure Brüder! Arbeiter, demonstriert in Massen, lasst die Soldaten nicht im Stich!“, um die verschiedenen Gruppen miteinander zu solidarisieren.
Während einer Veranstaltung der MSPD am 3. November wurde das Flugblatt verteilt. Gleichzeitig wurde zu einer großen Demonstration am selben Tag aufgerufen, die vom Großen Exerzierplatz bis zur Arrestanstalt in der Feldstraße führen sollte.
Im Gewerkschaftshaus "herrschte bald ein geniales Durcheinander", wie der Kieler Sozialdemokrat und Chefredakteur der Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung Bernhard Rausch sich erinnerte. Als Sitz des neu gebildeten Soldatenrates waren die Büroräume plötzlich voller bewaffneter Matrosen.
Am Morgen des 5. November verabschiedete der Soldatenrat im Gewerkschaftshaus die so genannten "14 Kieler Punkte" mit den Forderungen der Aufständischen. Gefordert wurden unter anderem die Freilassung sämtlicher politischer Gefangener, vollständige Pressefreiheit und die Beschränkung des Vorgesetztenstatus auf die Dienstzeit. Diese Aufstellung nahmen sich viele andere Räte zum Vorbild.
Das Kieler Gewerkschaftshaus wurde 1907 eingeweiht. Die reich verzierte Fassade ist bis heute weitgehend unverändert. Das Haus vereinte eine Herberge für Wanderarbeiter, eine Gastronomie sowie Büros und Versammlungsräume und eine Bibliothek. Nach dem Kieler Gewerkschaftsvorsitzenden des Jahres 1918, Gustav Garbe, ist heute ein Saal des Hauses benannt. An der Außenfassade erinnert überdies eine Bronzetafel an die wichtige Rolle des Hauses während des Matrosenaufstandes.