SCHIFFFAHRTSMUSEUM FISCHHALLE
Geschichte & Ausstellungskonzept

Die Entwicklung Kiels ist untrennbar mit der Schifffahrt verbunden. Schon bei der Gründung 1242 war Kiel als Hafenstadt angelegt. Denn mit seiner Lage am Ende der langen Förde bot der Ort, der zunächst Holstenstadt tom Kyle hieß, Schiffen natürlichen Schutz.

Die Fischhalle vom Wall aus gesehen um 1910

Das Haus

Das eindrucksvolle Museumsgebäude am Fördeufer - von Stadtbaurat Georg Pauly - entworfen, wurde 1910 als städtische Fischhalle eingeweiht. Hier konzentrierte sich der Groß- und Einzelhandel, der bis dahin dezentral am Hafen stattfand, nun unter einem gemeinsamen Dach.

In der Mitte der gefliesten Halle, die damals den neuesten hygienischen Standards entsprach, befanden sich zwei acht Meter lange Becken zum Frischhalten der Fische. Dort fanden die morgendlichen Auktionen des Großhandels statt. In den umliegenden Kabinetten hatten die Fischeinzelhändler*innen ihre Läden. Doch Fisch wird dort schon lange nicht mehr verkauft.

Historische Innenansicht der Fischhalle um 1910 mit Frischhaltebecken und Verkaufskabinetten

Die Fischhalle, deren Architektur bewusst traditionelle, regionale Stilelemente aufgreift, hat den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden. Für den Fischhandel hat man sie nach der Eröffnung eines neuen Seefischmarktes an der Schwentinemündung 1948 allerdings nicht mehr genutzt.

Nach langem Leerstand wurde 1966 der Abbruch beschlossen, zur Durchführung kam es glücklicherweise jedoch nicht. Seit 1972 steht die historische Fischhalle unter Denkmalschutz und wurde in die Liste der Kulturdenkmale der Stadt Kiel eingetragen.

Das 1978 gegründete Kieler Schifffahrtsmuseum ist heute eine der wichtigsten Museumseinrichtungen der Landeshauptstadt Kiel. Das 2014 schon einmal aufwändig saniert Haus wirft einen umfangreichen Blick in die maritime Geschichte der Stadt mit Schwerpunkt auf dem 19. und 20. Jahrhundert.

Nach der erfolgreichen Sonderausstellung zur Geschichte des Kieler Matrosenaufstandes von 1918, präsentiert das Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseum jetzt einen modernen Relaunch der Dauerausstellung zur maritimen Geschichte Kiels.

Portalansicht der Fischhalle heute; Foto: Landeshaupstadt Kiel/ Matthias Friedemann

Der Raum

Mit moderner Ausstellungsarchitektur, großformatigem Stellwand- und Vitrinensystem sowie einem neuen Farbkonzept vermittelt die neue Ausstellung den Besucher*innen ein komplett neues Raumerlebnis.

Eine großzügige Freifläche in der Mitte der Halle schafft eine angenehme Empfangsatmosphäre und lädt dazu ein, die einzelnen Themeninseln zu entdecken. In der Halle geben große Panoramafenster den Blick frei auf die Förde und die blauen Portalkräne der ehemaligen Howaldtswerft. Nirgendwo sonst in Kiel ist eine Verbindung zwischen der Stadtgeschichte und der industriellen Gegenwart so greifbar wie an diesem Ort.

Im Mittelpunkt der neuen Dauerausstellung stehen die vier Themenbereiche „Marine“, „Werften“, „Segelsport“ und Kiel als „Hafenstadt“. Dabei nimmt insbesondere die Marine eine zentrale Rolle in der Kieler Geschichte und so auch in der Ausstellung ein. Das zeigt sich insbesondere daran, dass kaum eine andere Stadt Deutschlands für das ausgehende 19. Jahrhundert so stark mit der Geschichte der Kaiserlichen Marine verbunden war wie Kiel.

Rundgang durch die Fischhalle
Bunte Segel
1/10
Kiel als Marinestandort - Kabinett
2/10
Kiel als Marinestandort - Detailansicht des Kabinetts
3/10
Kiel als Werftenstandort
4/10
Kiel als Werftenstandort - Detailansicht Schiffsmodelle
5/10
Kiel als Werftenstandort - Gemälde Erich Kips
6/10
Kiel als Segelsportstadt
7/10
Kiel als Segelsportstadt - Detailansicht eines Kabinetts
8/10
Kiel als Segelsportstadt - Detailansicht einer Vitrine
9/10
Kiel als Hafenstadt - Gemälde Robert Schmidt
10/10

Geschichte sehen in Kabinetten

Mit der Verlegung der preußischen Marinestation der Ostsee von Danzig nach Kiel 1865 begann die moderne Geschichte der Fördestadt. Ein rasanter Aufschwung machte Kiel zum wichtigsten Kriegshafen des Deutschen Reiches und zum bedeutenden Werftenstandort. Von ihr abhängig waren stets die großen Schiffbaubetriebe, aber auch der Segelsport, der ebenfalls auf Marineaktivitäten zurückgeht.

Besucher*innen können rund 600 Exponate bei einem Ausstellungsrundgang durch diese vier großen Themenbereiche bestaunen. Durchgänge zu verschiedenen Sonderthemen in den umliegenden Kabinetten, den sogenannten Seitenschiffen, laden dazu ein, sich eingehender mit der Kieler Seefahrtsgeschichte zu befassen.

Ein Kabinett ist beispielsweise dem Thema „Kolonialgeschichte“ mit ihren ethnografischen Exponaten aus Ostasien oder der Südsee gewidmet. Ein anderes Kabinett zeigt die „blauen Jungs“, die die deutsche Marinebegeisterung personifizieren und die zugleich Auslöser des Kieler Matrosenaufstandes von 1918 waren.

Ausstellungsbereich zum Thema "Kiels Blaue Jungs"; Foto: Landeshauptstadt Kiel/ Matthias Friedemann

Auf dem Wasser, am Wasser, rund ums Wasser

Die Geschichte der Kieler Werften – angefangen vom Holzschiffbau bis zu modernen Tankern – wird durch Themenkabinette, die zum Beispiel den U-Boot-Bau sowie den Schiffbauboom der Wirtschaftswunderjahre dokumentieren, ergänzt. Auch die weltweit beachteten nautischen Erfindungen aus Kiel wie der Kreiselkompass und das Echolot haben ihren festen Platz in der Ausstellung.

Zur Geschichte der Hafenstadt, die auch immer touristischer Anziehungspunkt war, gehören auch der 1895 eingeweihte Nord-Ostsee-Kanal oder die Entwicklung der modernen Passagierschifffahrt mit den großen Skandinavienfähren und Kreuzfahrtschiffen wie dem Traumschiff „MS Deutschland“.

Auch dem Fischfang und der Fischindustrie, deren Geschichte auf das alte Fischerdorf Ellerbek zurückgeht, ist ein Themenkabinett gewidmet. Zusätzlich werden in der Ausstellung kultur- und kunsthistorische Aspekte angesprochen. Dazu gehörten beispielsweise die Entwicklung der Marinemalerei mit imposanten Schiffsdarstellungen und Seestücken sowie die Idealisierung der Seefahrt vorindustrieller Zeit in einer eigens dafür eingerichteten „Wunderkammer“. 

Schiffsmodell des Marineschulschiffs Gorch Fock - öffnet eine vergrößerte Ansicht
Modell eines SCA Segelbottes - öffnet eine vergrößerte Ansicht
Modell der Chabarovsk - öffnet eine vergrößerte Ansicht


Die rund 600 historischen Objekte der Dauerausstellung spiegeln die Kieler Seefahrtsgeschichte der letzten 200 Jahre wieder. Darunter sind etliche immer wieder gezeigte Schätze der Kieler Schifffahrtsgeschichte, aber auch nie zuvor präsentierte Neuerwerbungen der letzten Jahre – wie etwa die ethnographischen Objekte der Kolonialgeschichte. Sie wurden dem Museum als Dauerleihgaben von der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel zur Verfügung gestellt.

Gut 60 große und kleinere Schiffsmodelle unterschiedlichster Typen, darunter Frachter, Passagierschiffe, Kreuzer, U-Boote oder Segelyachten, dokumentieren die verschiedenen Epochen der Seefahrtsgeschichte aus der Zeit der Großsegler, Dampfer und Motorschiffe. Gezeigt werden vor allem Schiffe, die in Kiel gebaut wurden oder hier bereedert waren. Ergänzt wird die Sammlung durch zwei Originalboote: ein Fin Dinghi der olympischen Wettbewerbe von 1972 und ein über 200 Jahre alter Ellerbeker Fischerkahn. Auch das Wracksegment eines Klein-U-Bootes vom Typ „Seehund“ ist in der Ausstellung zu sehen. 

Der Ausstellungsbereich zum Thema Maritime Erfindungen; Foto: Landeshauptstadt Kiel/ Matthias Friedemann

Nautik in klein, Nautik in groß

Daneben werden nautische Geräte und maritime Antiquitäten, etwa Marine-Reservistika oder prunkvolle Regattapokale der Kaiserzeit, sowie seemännisches Kunstgewerbe vom Buddelschiff bis zu den sogenannten Scrimshaws, den aus Wal- und Fischbeinen gefertigten Gegenständen, präsentiert. 

Außer historischen Fotos, etlichen Textdokumenten und 17 interaktiven Medienstationen mit Film-, Foto- und Tondokumenten ist auch die wichtige Exponatgruppe großformatiger Gemälde namhafter Marinemaler und anderer Künstler*innen mit Kieler Motiven aus der eigenen Sammlung des Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseums in der Dauerausstellung vertreten. Dazu kommen zahlreiche gerahmte Grafiken und prägnante historische Plakate, darunter mehrere hundert Fotoreproduktionen an den Wänden und in den Medienstationen, die die Originale inhaltlich ergänzen.

Ergänzend zu den Schiffsmodellen in der Fischhalle haben Museumsbesucher*innen die Möglichkeit, sich die drei Oldtimer-Schiffe an der benachbarten Museumsbrücke anzuschauen. Der Seenotrettungskreuzer „Hindenburg“, das Feuerlöschboot „Kiel“ und der Tonnenleger „Bussard“, ein kohlebefeuertes Dampfschiff von 1905, bieten einen anschaulichen Eindruck vom Leben und Arbeiten auf einem Schiff. 


Signet Schifffahrtsmuseum Fischhalle
Fischhalle

Auch interessant

Geschichte des Warleberger Hofs