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ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 0132/2017

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Beratungsfolge

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Antrag

Antrag:

 

r das im beigefügten Übersichtsplan dargestellte Plangebiet in Kiel-Meimersdorf zwischen der Trasse der Hochspannungsleitung im Norden und der Stadtgrenze im Süden wird der Aufstellungsbeschluss vom 16.02.2012 zur 28. Änderung des Flächennutzungsplanes „Windkraft Meimersdorf“ aufgehoben.

 

 

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Sachverhalt/Begründung

Begründung:

 

I. Geltungsbereich

Der Geltungsbereich der vorgesehenen 28. Änderung des Flächennutzungsplanes umfasste zum Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses eine 62,5 ha große Fläche südlich des alten Ortskerns Meimersdorf zwischen der in Ost-West-Richtung verlaufenden Hochspannungsleitung im Norden und der Stadtgrenze im Süden. Im Rahmen der Detailplanung und weiterer Abstimmungen mit dem Land variierte die Flächengröße während des Aufstellungsverfahrens.

 

II. Hintergrund

Die Teilfortschreibung des Regionalplanes des Landes Schleswig-Holstein vom 17.12.2012 für den Planungsraum III zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung wies für den landwirtschaftlich genutzten Süden der LH-Kiel ein Eignungsgebiet für Windenergienutzung aus.

 

Das am 9. Juni 2011 von der Ratsversammlung beschlossene „Klimaverträgliche Energieerzeugungs- und Versorgungskonzept“ (EVKK) trifft die Aussage, dass die Stadt Kiel darauf hinwirken wird, dass für die Energieversorgung Kiels die regional verfügbaren regenerativen Energieträger optimal genutzt werden.

 

Auf dieser Grundlage erfolgte im Rahmen der Fortschreibung des Regionalplanes III die Anmeldung eines interkommunalen Eignungsgebietes durch die Stadt Kiel in Abstimmung mit der Gemeinde Flintbek. Rechtliche Grundlage bildete hierfür ein Kooperationsvertrag mit der Gemeinde Flintbek (Beschluss des Bauausschusses vom 11.04.2013 und der Ratsversammlung vom 25.04.2013, Drs.-Nr. 0246/2013).

 

Geplant waren insgesamtnf maximal 200 m hohe Windkraftanlagen (zwei auf Flintbeker und drei auf Kieler Gebiet), die von der FM-Wind GmbH als Vorhabenträgerin geplant worden sind. Diese Gesellschaft setzt sich zusammen aus den Landbesitzern sowie dem Ingenieurbüro Dr. Lüth aus Bad Bramstedt.

 

Die Stadt Kiel hat hierzu mit der FM-Wind GmbH einen städtebaulichen Vertrag zur Kostenübernahme des Bauleitplanverfahrens geschlossen (Bauausschuss vom 11.04.2013, Drs.-Nr. 0247/ 2013).

 

Um die weitere Entwicklung des Eignungsgebietes für die Windenergienutzung städtebaulich steuern zu können, sollte der vorhandene Flächennutzungsplan mit der 28. Änderung geändert und der Bebauungsplan Nr. 991 aufgestellt werden. Über den Bebauungsplan sollten u.a. die Standorte und die Anzahl der geplanten Windenergieanlagen sowie ihre Höhe und ihre Erschließung festgesetzt werden. Dem entsprechend fasste die Gemeinde Flintbek den Aufstellungsbeschluss zur 20. Änderung ihres Flächennutzungsplanes und  zum Bebauungsplan Nr. 44.

 

Im Frühjahr 2015 wurden die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange durchgeführt. Der nächste Verfahrensschritt wäre der Entwurfsbeschluss mit der anschließenden öffentlichen Auslegung gewesen. Aus nachfolgend aufgelisteten Gründen ist dies nicht erfolgt. Es ist beabsichtigt, die Planungen für diesen interkommunalen Windpark einzustellen.

 

III. Aktuelle Rahmenbedingungen aus der Landesplanung

Am 20.01.2015 hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig auf Grundlage eines Normenkontrollantrages die Teilfortschreibung r den Planungsraum des Regionalplanes III von 2012 für unwirksam erklärt. Dieser Planungsraum umfasst die kreisfreien Städte Kiel und Neumünster sowie die Kreise Plön und Rendsburg-Eckernförde.

 

Begründet wurde die Unwirksamkeit auf Grund u.a. folgender Mängel:

-            Es bestand seitens der Landesplanung kein gesamträumliches Plankonzept auf der Basis harter und weicher Tabukriterien.

-            Es erfolgte keine Abwägung der Windkraftflächen nach den rechtlichen Anforderungen für die Festlegung von Eignungsflächen (Windkraft muss sich gegen andere Belange durchsetzen).

-            Ein bloßer Gemeindewille ist nicht maßgeblichr eine entsprechende Festlegung in den Regionalplänen, sondern es muss eine Berücksichtigung in Form konkreter, abwägungsrelevanter Belange stattfinden.

 

Die Errichtung von raumbedeutsamen Windkraftanlagen wäre nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig in Schleswig-Holstein als sogenannte privilegierte Vorhaben im Außenbereich glich. Um dies zu verhindern, müssen nun von der Landesplanung neue Regionalpläne erarbeitet werden, deren Erstellung und entsprechende Verfahren ca. 2 Jahre benötigen werden.

 

Als Sicherungsmittel wurde für den Zeitraum der Erarbeitung der Raumordnungspläne durch die Änderung des Landesplanungsgesetzes die Errichtung raumbedeutsamer Windkraftanlagen für das gesamte Landesgebiet nach §18a Abs.1 Landesplanungsgesetz Schleswig-Holstein als vorufig unzulässig erklärt. Diese Regelung ist zunächst befristet bis zum 05.06.2017. Auch entsprechende Bauleitplanungen sind von dieser vorläufigen Unzulässigkeit betroffen.

 

Zur Definition der in den neuen Plänen festzulegenden Vorranggebiete definiert das Land dementsprechend harte und weiche Tabukriterien:

 

Als sogenannte "Harte Tabukriterien" zum Ausschluss r den Bau von Windkraftanlagen gelten rechtliche oder tatsächliche Gründe, z.B. der Ausschluss in Wohnsiedlungen, Anbauverbotszonen an Straßen oder in Naturschutzgebieten.

 

"Weiche Tabukriterien" umfassen beispielsweise Abstandszonen um Schutzgebiete,  Nahrungs-, Schlaf- und Brutgebiete bestimmter Vogelarten, Bereiche in der Nähe von Wäldern oder innerhalb von Schutzabständen zu Wohngebieten und Einzelusern. Die Landesplanung hat im Rahmen der Definition von weichen Tabukriterien nun auch den vorherigen Abwägungsbelang Landschaftsschutzgebiete  als weiches Tabukriterium hochgestuft (Ausnahmetatbestand: Landschaftsschutzgebiete, die Ausnahmen zur Errichtung von Windkraftanlagen zulassen in Kiel-Meimersdorf nicht zutreffend).

 

Ergänzend zu den harten und weichen Tabukriterien wurden Abwägungskriterien definiert, dies sind u. a. Belange des Denkmalschutzes.

 

Die Landesplanung hat insgesamt 11 harte Tabukriterien übernommen sowie 30 weiche Tabukriterien definiert.

 

Die Landesplanungsbehörde hat am 6. Dezember 2016 ihre Entwürfe für neue Raumordnungspläne zum Sachthema Windenergie im Internet veröffentlicht. Es handelt sich dabei um die Teilaufstellungen der Regionalpläne für die neuen Planungsräume I, II und III und die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplans (LEP) Schleswig-Holstein 2010. In den Planentwürfen sind 354 Vorranggebiete für die Windenergienutzung vorgesehen. Sie umfassen rund 2 Prozent der Landesfläche.

 

Diese vorgesehenen Vorranggebiete sollen gleichzeitig die Wirkung von Eignungsgebieten haben. Während Vorranggebiete nach § 8 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 einen Vorrang für die Windenergienutzung innerhalb der Gebiete festlegen, bedeutet die gleichzeitige Wirkung als Eignungsgebiet nach § 8 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3, dass raumbedeutsame Windenergieanlagen außerhalb dieser Gebiete nicht zulässig sind.

 

In Bezug auf die formelle Bindung dieser Regionalpläne für die kommunale Bauleitplanung sind zwei Stufen zu betrachten:

  1. Nach Beschluss der Raumordnungspläne sind die Vorranggebiete mit gleichzeitiger Wirkung als Eignungsgebiete als abschließend abgewogene „Ziele der Raumordnung“ nach § 4 Abs.1 Raumordnungsgesetz unmittelbar zu beachten.
  2. hrend des Aufstellungsprozesses gelten in Aufstellung befindliche Ziele noch etwas abgeschwächt als „sonstige Erfordernisse der Raumordnung“ nach § 4 Abs. 1 ROG und sind in der kommunalen Bauleitplanung zu berücksichtigen, sind also grundsätzlich der Abwägung zugänglich.

Es ist allerdings davon auszugehen, dass auch die unter 2. dargestellte abgeschwächte Hürde nicht zu überwinden ist. Zum einen müssten die Vorrang-/Eignungsgebiete nach § 1 Abs. 7 BauGB als öffentlicher Belang sachgerecht in die Abwägung eingestellt und dann im Ergebnis nachrangig gewichtet werden, zum anderen erfordert eine Flächennutzungsplanänderung nach § 6 BauGB eine Genehmigung der Landesplanungsbehörde. Diese Zustimmung ist nicht zu erwarten, da dieser aktuell die oben dargestellte Bestimmung des § 18a Abs. 1 Landesplanungsgesetz entgegenstehen würde. Dies vorausgesetzt sind die Vollzugsfähigkeit des Bauleitplans und das Planerfordernis nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht gegeben. Diese Position hat die Landesplanungsbehörde in einem Schreiben an alle Kommunen und Kreise Schleswig-Holsteins vom 04.08.2016 ausgeführt.

 

Da die Landesplanung mit dem aktuellen Entwurf eine hinreichend konkretisierte und begründete Planung vorgelegt hat, ist davon auszugehen, dass in Schleswig-Holstein derzeit grundsätzlich keine Bauleitplanung für raumbedeutsame Windenergieanlagen außerhalb der vorgesehenen Vorrang-/Eignungsgebiete eine nennenswerte Chance auf Fertigstellung und Umsetzung hat.

 

IV. Folgen für die durch die Landeshauptstadt Kiel angemeldeten Flächen

Da das Plangebiet der 28. Flächennutzungsplanänderung im Landschaftsschutzgebiet „Zwischen Eidertal und Klosterforst Preetz liegt, ist dieses Gebiet jetzt ausgeschlossen worden. Da das verbleibende Plangebiet der Gemeinde Flintbek allein (< 15 ha) für ein Vorranggebiet zu klein ist, ist der interkommunale Windpark Kiel/Flintbek nun nicht mehr im Regionalplanentwurf berücksichtigt.

 

Innerhalb der Stadtgrenze der Stadt Kiel sind im Entwurf des neuen Raumordnungsplanes insgesamt keine Vorranggebiete für die Windenergienutzung festgelegt.

 

Aufgrund der unter III. dargestellten aktuellen Rahmenbedingungen und ihrer deutlichen Auswirkung auf das bisher geplante Gebiet des interkommunalen Windparks Kiel/Flintkbek soll der Aufstellungsbeschlussr die 28. Änderung des Flächennutzungsplanes aufgehoben und das entsprechende Verfahren beendet werden.

 

Mit der Einstellung der Planung bleibt der jetzige Gebietscharakter (landwirtschaftliche Nutzfläche) uneingeschränkt erhalten.

 

V. Vertragliche Situation

Die Stadt Kiel hat mit den Investoren einen städtebaulichen Vertrag geschlossen. Regelungsgegenstand dieses städtebaulichen Vertrages sind die planerischen Leistungen für die Bauleitpläne, die Vergabe dieser Leistungen durch die Stadt, sowie die Übernahme der Kosten für diese Leistungen durch die FM Wind GmbH.

 

Nach § 4 Nr. 2 des Vertrages kann die FM-Wind GmbH keine Ersatzansprüche, insbesondere auch keine Schadensersatzansprüche gegen die Landeshauptstadt Kiel bzw. gegen die Gemeinde Flintbek geltend machen, wenn die Änderungen des Flächennutzungsplans und/oder die Aufstellung des Bebauungsplans nicht zum Abschluss gelangen. Ebenso ist eine Haftung der Gemeinde Flintbek und der Stadt Kiel für etwaige Aufwendungen der FM Wind GmbH, die diese im Hinblick auf die Bauleitplanung macht, ausgeschlossen.

 

Eine rechtliche Verpflichtung der Stadt gegenüber der FM Wind GmbH, Bauleitpläne zu beschließen und zu erlassen, besteht nicht. Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB besteht auf die Aufstellung von Bauleitplänen kein Anspruch und ein solcher Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden. Das ist klarstellend in § 4 Nr. 1 des städtebaulichen Vertrages geregelt, so dass auch die FM Wind GmbH gewusst hat, dass sie keinen Anspruch gegen die Stadt hat, dass Bauleitpläne beschlossen und erlassen werden.

 

Die für das weitere Planungsverfahren und für die Fortschreibung von Gutachten von der Firma Dr. Lüth überwiesenen, bisher nicht verwendeten finanziellen Mittel werden zurücküberwiesen. Der zwischen der Gemeinde Flintbek und der Stadt Kiel geschlossene Kooperationsvertrag wird einvernehmlich eingestellt.

 

VI Fehlende bürgerschaftliche Akzeptanz

Im Rahmen des Bürgerbeteiligungsprozesses haben sich erhebliche Widerstände gegen den Windpark entwickelt. Die anfängliche Akzeptanz für das Projekt tendierte im Stadtteil zuletzt gegen Null. Eine Stimmungsumkehr ist derzeit nicht zu erwarten.

 

Die Abwägung der privaten Interessen der Bevölkerung Meimersdorf gehen den privaten Interessen der Vorhabenträgerin bei gerechter Abwägung aus Sicht der Verwaltung vor. Der Standort hat sich als nicht verträglich erwiesen.

 

VII. Fazit

Aufgrund der verfestigten Rahmenbedingungen seitens der Landesplanung hat die Bauleitplanungr den geplanten Windpark Kiel/Flintbek keine Aussicht auf Genehmigung und Umsetzung.

 

In der Güterabwägung einer durch Flächenknappheit gekennzeichneten Stadt sind die Befriedigung der Funktionen Wohnen, Arbeiten und Erholung höher zu gewichten als die Energiegewinnung durch die Nutzung von Windenergieanlagen, die gemäß Regionalplanentwurf in ausreichendem Maße auch außerhalb von Kiel entwickelbar sind.

 

Die Verwaltung empfiehlt, aufgrund der im Rahmen der im Aufstellungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse und kritischen Diskussionen, die Planung für einen interkommunalen Windpark nicht weiterzuführen. Daher soll das Planverfahren eingestellt und der Aufstellungsbeschlussr die 28. Änderung des Flächennutzungsplanes aufgehoben werden.

 

Der Ortsbeirat Meimersdorf/Moorsee erhält diese Vorlage zur Kenntnis.

 

 

 

gez. Peter Todeskino

rgermeister

 

 

Anlage 1: Übersichtsplan des aufzuhebenden Geltungsbereiches

 

 

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Anlagen

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Beschlüsse

Erweitern

Mar 2, 2017 - Bauausschuss - ungeändert beschlossen

Erweitern

Mar 16, 2017 - Ratsversammlung - ungeändert beschlossen