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Antrag der Verwaltung - 0624/2023
Grunddaten
- Betreff:
-
Übernahme von Kofinanzierungsanteilen für die Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein für das Interreg 6B-Ostseeraumprojekt Liveability
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Antrag der Verwaltung
- Federführend:
- Referat für Wirtschaft
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Kulturausschuss
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Vorberatung
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Jun 27, 2023
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Erledigt
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Ausschuss für Wirtschaft und Digitalisierung
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Vorberatung
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Jun 28, 2023
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Erledigt
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Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit
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Vorberatung
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Jun 29, 2023
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Jul 13, 2023
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Antrag
1. Der Übernahme von Kosten in Höhe von insgesamt 112.219,34 EUR für die Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein (HBS SH) für deren Beteiligung am Interreg 6B-Ostseeraumprojekt Liveability im Rahmen des städtischen „Förderprogramms zur Kofinanzierung von Interreg-Projekten für zivilgesellschaftliche Organisationen mit Sitz in Kiel“ (s. Drs. 1023/2021 und Drs. 0211/2022) für die Jahre 2023 bis 2026 wird zugestimmt. Die Kofinanzierungsanteile werden, entsprechend des Prüfergebnisses der Interreg-Verwaltung, als städtische Zuwendung gewährt.
2. Abweichend vom städtischen Kofinanzierungsprogramm wird der Ausdehnung des Zuwendungszeitraums von 36 auf 39 Monate zugestimmt.
3. Zugestimmt wird einer vollständigen und ausschließlichen Prüfung des Projekts und der Mittelverwendung durch die Interreg-Administration.
4. Mit der Zustimmung zu Nummer 1. bis 3. wird die Verwaltung legitimiert, von der „Richtlinie der LHK über die Gewährung von Zuwendungen an außerhalb der Stadtverwaltung stehende Stellen oder Personen (Zuwendungsrichtlinie)“ abzuweichen.
Sachverhalt/Begründung
Der Sachverhalt wird wie folgt beschrieben:
A Kurzbeschreibung Liveability
B Mehrwert für Kiel.Sailing.City
C Förderrechtliche Bewertung
D Interreg-Kontext
E Aktueller Stand des städtischen Kofinanzierungsprogramms
A Kurzbeschreibung Liveability – Mehr Resilienz durch Kooperation zwischen Verwaltung und Bürger*innen (s. auch Drs. 0190/2023 sowie Anlage 1)
Schon vor der COVID 19-Krise standen viele Städte vor komplexen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, einschließlich sozialer Ungleichheiten, Auswirkungen des Klimawandels und demografischer Veränderungen. Die sich verändernden Arbeits- und Lebensmuster sind jedoch auch eine Chance: Mittlere und kleinere Städte können Einwohner*innen und Unternehmen anziehen, indem sie lebenswert sind - d. h. indem sie einen integrierten und ausgewogenen Ansatz für die bebaute Umwelt, die Innovationskultur, die öffentlichen Dienstleistungen und das soziokulturelle Leben verfolgen und ein starkes Gefühl der aktiven Bürgerschaft hervorrufen.
Um lebenswerter zu werden, müssen sich die Städte "näher", "öffentlicher" und "agiler" entwickeln. Zu diesem Zweck sollten die Stadtverwaltungen innovative Denkweisen und partizipative Ansätze bei ihren Beschäftigten fördern. Öffentliche Dienstleistungen und Planungsprozesse sollen reaktionsfähiger werden. Die Behörden sollten die Bürger*innen bzw. die Zivilgesellschaft einbeziehen, um Ideen zu entwickeln, wie das zukünftige städtische Leben aussehen soll.
Die Anwendung von nutzerzentriertem Design in Angelegenheiten der Gestaltung öffentlicher Interessen und Daseinsvorsorge mit Public Interest Design (PID) kann in praktisch allen Bereichen der öffentlichen Dienstleistungen angewendet werden und gilt als geeigneter methodischer Rahmen um Städte, Kommunen und Nachbarschaften lebenswerter zu machen.
Das Programm zum Aufbau von Kapazitäten mit seinen verschiedenen Komponenten arbeitet nicht nur auf verschiedenen "Ebenen" und Sphären innerhalb einer Stadt, sondern wirkt auch transnational über den Ostseeraum auf andere Städte. Um Städte für eine Teilnahme zu motivieren, ist ein „Liveability City“ Label geplant.
Die Projektpartner*innen werden mit komplementärem Fachwissen durch assoziierte Organisationen (AO) ergänzt, u.a. durch zusätzliche Stadtverwaltungen wie Umeå (SWE) oder transnationale Organisationen wie die UBC (=Union of the Baltic Cities, die LHK ist hier Mitglied) und Universitäten wie die Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel.
Leadpartnerin - und damit verantwortlich für die inhaltliche und finanzielle Steuerung: Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein.
Projektpartner*innen neben der LHK: Dansk Kulturinstitut (DK), Business Kolding (DK), Guldborgsund Kommune (DK), City of Pori (FI), Riga (LV), Gdynia (PL), Politechnika Gdanska (Gdansk, PL), nextlearning e.V. (Berlin, DE), Eesti kunstiakadeemia (Tallinn, EE).
Sowie 13 assoziierte Organisationen.
B Mehrwert für Kiel.Sailing.City aus Sicht des Dezernates für Soziales, Gesundheit, Wohnen und Sport
Der Abschlussbericht der Studie „Kiel – eine aufstrebende kreative Stadt“ (Kiel Kreativ Index) von Charles Landry und Robyn Bennet hat darauf hingewiesen, dass es durch das Aufkommen komplexer, voneinander abhängiger Probleme in Zukunft unabdingbar ist, bereichsübergreifend zu agieren. Öffentliche Verwaltung und (externe) städtische Akteur*innen sollen noch stärker auf integrierte Weise zusammenarbeiten.
Das Interreg-Projekt Liveability zielt genau auf diese Empfehlung ab. Das Programm zum Aufbau von Kapazitäten für die Gestaltung von Daseinsvorsorge bietet eine Möglichkeit, die Fähigkeit zur Vorausschau zu entwickeln, sich partizipativ mit Bürger*innen den Herausforderungen der Zukunft zu stellen und strategisch zu handeln. Im Rahmen des Projektes kann ein konkretes Problem in einem Quartier, einer Nachbarschaft oder einem Areal mit Hilfe der Public Interest Design-methode (PID) bearbeitet werden. Der Vorteil bei dieser Herangehensweise ist die schnelle Testung von Lösungen. Dabei stehen die Nutzer*innen und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt.
Dieser Ansatz bietet auch der LHK einen weiteren Schritt in Richtung moderne, agile und bürger*innennahe Verwaltung. Sie kümmert sich daher federführend um die Entwicklung einer Charta für die Gestaltung von Gemeinwohlinteressen, in Zusammenarbeit mit anderen Partner*innen. Das Dezernat IV wird in einem Pilotprojekt ein konkretes Problem in einem Quartier, einer Nachbarschaft oder einem Areal mit Hilfe einer PID-Methode bearbeiten. Im Sinne einer Ergebnisqualität werden die entwickelten Lösungen und Methoden evaluiert und einer kritischen Prüfung unterzogen bevor sie in der gesamten Verwaltung vorgestellt werden.
Die Vernetzung mit Partner*innen aus dem gesamten Ostseeraum bietet die Chance, dass auf weitere Erfahrungswerte mit den Methoden in unterschiedlichen Kontexten mit ähnlichen regionalen Bedingungen zurückgegriffen werden kann. Die langfristige Einbindung der Landeshauptstadt Kiel in das aus dem Projekt zu entwickelnde Netzwerk „Liveable Cities“ zielt darauf ab, dass der Austausch mit den Partner*innen aus dem gesamten Ostseeraum auch nach Projektende fortgeführt werden kann, um somit auf lange Sicht auf die Erfahrungen und kollegiale Beratung anderer Kommunen aus dem Ostseeraum zuzugreifen.
Das Projekt wird in Kooperation mit weiteren Dezernaten der Landeshauptstadt Kiel, u.a. mit dem Dezernat V/Referat Kreative Stadt, federführend durch das Dezernat IV bearbeitet.
C Förderrechtliche Bewertung der EU-Regiestelle, Referat für Wirtschaft
Das Projekt leistet durch die Kooperation mit verschiedenen Institutionen aus dem Ostseeraum einen Beitrag zu den internationalen Zielen der Landeshauptstadt Kiel (LHK). Hervorzuheben ist, dass die Kieler Stadtverwaltung mit dem Sozialdezernat als Projektpartnerin beteiligt ist.
Die Klimaziele der EU sowie die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz haben zudem einen hohen Stellenwert in allen Interreg-Programmen und spiegeln sich entsprechend in den unterschiedlichen Schwerpunkten bzw. Prioritäten wider.
Durch die Prüfung der Interreg-Administration und die bereits erfolgte Genehmigung des Interreg-Ausschusses kann die Stimmigkeit und Nachvollziehbarkeit des Projektantrages sowie der grenzüberschreitende Mehrwert vorausgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund und damit abweichend vom ansonsten üblichen Procedere schlägt die Verwaltung vor, von eigenen Prüfungen abzusehen.
Zur Finanzierung eines Interreg-Projektes müssen die Partner*innen einen Eigenanteil aufbringen. Dieser beträgt im 6B-Ostseeraumprogramm 20%. Die Mittel sind im Rahmen der Beantragung darzustellen. Neben Eigenmitteln können jedoch auch Drittmittel (z.B. von nationalen Stellen, Behörden oder nationalen Förderprogrammen und Zuschüssen) als Kofinanzierung eingebracht werden.
Dazu schlägt die Verwaltung vor, die städtische Förderung abweichend von der von der Ratsversammlung beschlossenen „Richtlinie der Landeshauptstadt Kiel über die Gewährung von Zuwendungen an außerhalb der Stadtverwaltung stehende Stellen oder Personen (Zuwendungsrichtlinie-ZRL; Drs. 1035/2022)“, sondern insofern in Anlehnung an die bereits erfolgten Prüfungen durch die Interreg-Administration zu genehmigen.
Die ZRL sieht, dem Prinzip von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit folgend, eine Förderfähigkeit von Aufwendungen auf der Grundlage tatsächlicher Kosten vor. Das heißt, um förderfähig zu sein, müssen die Kosten im Zusammenhang mit den angegebenen Projektaktivitäten stehen, für die Durchführung dieser Aktivitäten und zum Erreichen der Projektziele notwendig und im genehmigten Budget enthalten sein. Insgesamt sollen die tatsächlichen Kosten identifizierbar, überprüfbar und plausibel sein und in Übereinstimmung mit den einschlägigen Grundsätzen der Kostenrechnung stehen.
Demgegenüber arbeitet das Programm Interreg in dieser Förderperiode u. a. mit vereinfachten Kostenoptionen wie Pauschalfinanzierungen. Die Partner*innen müssen keine Belege für die Ausgaben vorlegen und nicht nachweisen, dass die Ausgaben tatsächlich angefallen sind bzw. ob/dass die Pauschalbeträge oder Pauschalsätze der Realität entsprechen. Dadurch sollen eine vereinfachte Antragsstellung, eine einfachere Dokumentation sowie schnellere Zahlungen ermöglicht werden („Bürokratieabbau“).
Angesichts der unterschiedlichen Herangehensweisen bei der Förderpraxis schlägt die Verwaltung hier vor, von der ZRL abzuweichen und den skizzierten insofern „vereinfachten Regularien“ des Programms Interreg zu folgen. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Zwecksetzung vollumfänglich erfüllt wird.
Im städtischen Zuwendungsprogramm (s. Anlage 2) wird ein maximaler Förderzeitraum von 36 Monaten genannt. Mit der Leadpartnerschaft ist in diesem Projekt allerdings eine dreimonatige Abschlussphase in 2026 verbunden. Die Verwaltung schlägt deshalb außerdem vor, die anteilige Förderung im vorliegenden Einzelfall um drei Monate auf dann ebenfalls 39 Monate zu erweitern.
Das Projekt hat ein Fördervolumen von 3,28 Mio. EUR (Ostseeraum-Programmziel „Responsive Public Services“). Die bei der LHK beantragte Förderung beträgt 112.219,34 EUR.
Die Landeshauptstadt Kiel deckt den beantragten Fehlbetrag der HBS SH für Personal-, Sach- und administrative Kosten wie folgt:
in EUR |
2023 |
2024 |
2025 |
2026 |
Gesamt |
Gesamtbudget lt. Antrag |
191.827,94 |
191.827,94
|
191.827,94
|
47.956,98 |
623.440,80 |
gewährter Interreg-Zuschuss |
153.462,35
|
153.462,35
|
153.462,35
|
38.365,59
|
498.752,64 |
Fehlbetrag der HBS SH lt. Antrag |
38.365,59
|
38.365,59
|
38.365,59
|
9.591,40
|
124.688,16 |
bei der LHK beantragte KoFi |
34.529,03
|
34.529,03
|
34.529,03
|
8.632,26
|
112.219,34 |
Eigenmittel HBS SH (=10% der bei der LHK beantragten KoFi) |
3.836,56
|
3.836,56
|
3.836,56
|
959,14
|
12.468,82 |
D Interreg-Kontext
Interreg, die „Europäische territoriale Zusammenarbeit“, ist Teil der Struktur- und Investitionspolitik der Europäischen Union. Seit mehr als 30 Jahren werden damit grenzüberschreitende Kooperationen zwischen Regionen und Städten unterstützt, die das tägliche Leben beeinflussen, zum Beispiel zu Energie und Klimawandel, Umwelt- und Ressourcenschutz, beim Arbeitsmarkt und sozialen Themen sowie im Verkehr. Interreg wird in vier Schwerpunkten (Aktionsbereichen) umgesetzt.
Interreg ist in drei Bereiche unterteilt, die unterschiedliche Zielsetzungen haben: Mit Interreg A, B, und C wird grenzübergreifende, transnationale und interregionale Zusammenarbeit gefördert. Dabei geht es um die Förderung von Projekten in benachbarten Regionen und bestimmten transnationalen Programmräumen sowie um Kooperationen mit einer europaweiten Ausrichtung.
Interreg 6B-Ostseeraum umfasst neun Länder, acht davon EU-Mitglieder-Staaten (Dänemark, Estland, Finnland, Deutschland, Lettland, Litauen, Polen, Schweden) sowie das Drittland Norwegen. Das Programmgebiet erstreckt sich auf eine Fläche von rund 2,9 Millionen km² mit ca. 80 Millionen Einwohner*innen.
Das Ostseeraumprogramm fördert in der Förderperiode 2021 bis 2027 Projekte in vier thematischen Schwerpunkten.
Priorität 1: Innovative Gesellschaften
Priorität 2: Intelligente Wassernutzung
Priorität 3: Klimaneutrale Gesellschaften
Priorität 4: Gute Governance in der Zusammenarbeit
Es steht ein Gesamtbudget in Höhe von 313,7 Mio. EUR zur Verfügung, davon 251 Mio. Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Die Kofinanzierungsrate der EU beträgt 80 % für deutsche Partner*innen. Förderfähig sind grundsätzlich Personal-, Veranstaltungs- und Reisekosten, externe Expertise, Material, Investitionen (begrenzt).
E Aktueller Stand dieses städtischen Kofinanzierung-Programms
In 2022 (Jahr 1 des Programms) und 2023 wurden von der HBS SH insgesamt vier Anträge auf Förderung gestellt: für das deutsch-dänische Interreg 5A-Projekt VekselWirk 2.0, für zwei Interreg 6B-Ostseeraumprojekte (dazu gehört auch Liveability) sowie für ein Interreg 6B-Nordseeraumprojekt. Weitere Anträge von zivilgesellschaftlichen Institutionen liegen bisher nicht vor.
Eine Evaluierung dieses städtischen Programms sollte im ersten Halbjahr 2024 mit dem Blick auf notwendige Aktualisierungen bzw. Anpassungen erfolgen.
Dr. Ulf Kämpfer
Oberbürgermeister
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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(wie Dokument)
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104,5 kB
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2
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(wie Dokument)
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1,4 MB
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