Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 0922/2023
Grunddaten
- Betreff:
-
Gerechte Bezahlung im Sozial- und Erziehungsdienst
Umsetzungsstand im Dezernat für Soziales, Wohnen, Gesundheit und Sport
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Dezernat IV
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ratsversammlung
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Kenntnisnahme
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Sep 21, 2023
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Sachverhalt/Begründung
Sachverhalt
Ausgangslage
Mit Beschluss der Ratsversammlung vom 08.06.2023, Drs. 0606/2023-01, wurde die Verwaltung beauftragt, Lösungen zu entwickeln, die Personalkosten der Träger in Höhe des TVöD zu erstatten, sofern diese in entsprechender Höhe geleistet werden. Entsprechendes gilt für die Inflationsausgleichsprämie.
Einführung
Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. Er führt auch in Sozial- und Erziehungsdiensten dazu, dass Personalbedarfe nicht gedeckt werden können und Personal in die Bereiche wechselt, in denen die Bezahlung besser ist. Träger können in der Folge nicht mehr kontinuierlich mit den Menschen in dem jeweiligen Hilfesystem arbeiten und müssen schlimmstenfalls ihre Arbeit ganz einstellen. Ist das System nicht mehr funktionstüchtig, können Menschen nicht mehr versorgt werden, gegebenenfalls muss die Stadt selbst ein Hilfesystem aufbauen. Um es nicht dazu kommen zu lassen, braucht es Lösungen, die das über Jahrzehnte gewachsene System stabilisiert.
In diesem Jahr kam es für den öffentlichen Dienst zu einem Tarifabschluss, der zwar keine monatliche prozentuale Erhöhung vorsah, stattdessen aber die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro, die steuerfrei ist und in Raten ausgezahlt wird.
Freie Träger bekamen den Druck in ihrer Belegschaft zu spüren, die ebenfalls einen Ausgleich für die außergewöhnliche Belastung durch die Inflation fordern. Träger richteten ihre Erwartung an die Stadt, dass die Mehrkosten durch erhöhte Personalaufwendungen ausgeglichen werden. Die Stadt will sich dieser unter Umständen sehr kostenaufwändigen Herausforderung stellen, weil es keine andere Lösung zu der beschriebenen Problematik gibt.
Bestandserhebung (Stand Juni 2023)
Im Amt für Soziale Dienste arbeiten unterschiedliche Fachbereiche mit Trägern von Sozialdiensten zusammen. Entsprechend unterschiedliche Rechtsgrundlagen und Vertragsgestaltungen gilt es zu berücksichtigen.
Aktuell wurden mit den verschiedenen Trägern auf folgenden Grundlagen Verträge geschlossen:
- 71 Zuwendungen nach der Zuwendungsrichtlinie der Stadt, davon 8 als Vollfinanzierung. Bei allen anderen Zuwendungen sind Fremd- und Eigenmittel in der Finanzierung enthalten.
- 21 Zuwendungen nach der Zuwendungsrichtlinie der Stadt für Kommunale Soziale Begleitmaßnahmen nach §16a SGB II.
- 8 Zuwendungsverträge über die Strukturierung der Förderung sozialer Hilfen in Schleswig-Holstein, in denen Landesmittel weitergegeben werden.
- 30 Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB IX.
- 128 Interimsverträge gemäß Landesverordnung zum Rahmenvertrag §131 SGB IX.
- 8 neue Leistungsangebote SGB IX, bei denen Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen zu treffen sind.
- 3 Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen für ambulante Hilfeleistungen nach SGB XII.
Rechtliche Darstellung
Die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen der Vertragsgestaltungen machen eine für jeden Bereich abgegrenzte Betrachtung erforderlich. Auf die beigefügte rechtliche Bewertung durch das Rechtsamt vom 06.06.2023 wird hingewiesen (Anlage I). Kernaussagen der Stellungnahme sind:
- Bei vertraglich vereinbarten Entgelten (Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen) sind nachträgliche Ausgleiche ausgeschlossen. Neuverhandlung sind nur in Ausnahmefällen möglich.
- Nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit muss der förderfähige Personalaufwand angemessen sein. Angemessen sind Personalkosten, die nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Betriebsführung gezahlt werden. Die Einhaltung einer Tarifbindung oder kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen sowie die Zahlung ortsüblicher Gehälter entspricht regelmäßig den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Betriebsführung.
Zur Inflationsausgleichsprämie:
Die Tarifeinigung 2023 schließt den TV Inflationsausgleich ein, insofern ist die Prämie beim Vergleich zur Besserstellung enthalten. Sind bei den prospektiv verhandelten Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen Tariferhöhungen einkalkuliert worden, so ist das bei der Vergleichsberechnung zu berücksichtigen. Im TVöD gab es ohne die Inflationsausgleichzahlung keine weiteren tariflichen Anpassungen.
Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Prämienzahlung, die bis Ende 2024 gezahlt werden kann, bei künftigen Vergütungsverhandlungen zu berücksichtigen
Das Rechtsamt weist in der gesonderten Stellungnahme vom 03.08.2023 hierzu auf folgende Grundsätze hin (siehe Anlage II):
- Gefahr der Doppelförderung
- Besserstellungsverbot
- Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
Die 128 Interimsverträge in der Eingliederungshilfe wurden gesondert betrachtet. Hierzu wird auf die Stellungnahme des Rechtsamtes vom 03.08.2023 verwiesen (Anlage III).
Aus dem Sozialministerium erreichte uns hierzu ergänzend folgende Aussage im Zusammenhang mit der Landesverordnung über Inhalte des Landesrahmenvertrags nach §131 SGB IX:
„Macht ein Leistungserbringer eine Personalkostensteigerung von mehr als 1,35% auf die am 31.12.2022 in der Vergütung berücksichtigten Personalkosten geltend, weil er seinen Mitarbeitern einen Inflationsausgleich zahlt, und kann die Personalkosten mit entsprechenden Nachweisen belegen, wird der daraus resultierende Wert im Verfahren nach §23 LRV dem tatsächlichen ermittelten Vergleichswert nach TVöD VKA West 2022 + Inflationsausgleich nach TVöD gegenübergestellt. Liegt dieser unterhalb des Vergleichswertes nach TVöD VKA West 2022 + Inflationsausgleich nach TVöD, werden die Personalkosten anerkannt.“
Bezüglich der Zuwendungen an Träger (Projektförderungen) wird zur Vermeidung von Doppelungen auf die Geschäftliche Mitteilung des Dezernats V (DRS. 0930/2023) hingewiesen, in der die Verfahren ausführlich dargestellt sind.
Weitere Hinweise
Im Zuwendungsbereich werden die Träger überwiegend durch weitere Leistungsträger und Finanzierungsformen z.B. durch Bund / Land / Dritt- und Eigenmittel getragen. Werden die Personalkostensteigerungen auf den anderen Ebenen nicht angepasst, entstehen beim Träger erhebliche Finanzierungslücken.
Da Träger über die Stadtgrenzen hinaus tätig sind, käme es ebenfalls zu Schwierigkeiten, wenn Kreise und kreisfreie Städte unterschiedlich handelten. Aus den Kreisen gibt es Hinweise, dass die TVöD-Zahlungen bereits übernommen werden.
Tarifliche Bindungen bestehen häufig auf Bundes- oder Landesebene, so dass eine rein Kiel-spezifische Lösung für den Träger nicht hilfreich ist.
Tarifliche Anpassungen beziehen sich auf alle Mitarbeiter*innen des Trägers.
Weiteres Vorgehen
Die Berücksichtigung der Inflationsausgleichsprämie wird nach den oben genannten Prämissen veranlasst. Die Ratsversammlung hat in den bereits gefassten Beschlüssen zur Thematik dokumentiert, dass dies ihr Wille ist.
Die Interimsvereinbarungen sind nach den Vorgaben des Rechtsamtes auszuwerten.
Die finanziellen Auswirkungen werden kalkuliert und sind im Haushalt 2024 zu berücksichtigen.
Im Bereich des Dezernats IV geht man von Mehrkosten in Höhe von brutto 5,2 Mio., netto - nach Abzug der Landeserstattungen - 2,1 Mio. Euro im Zusammenhang mit der Inflationsausgleichsprämie aus und einer gleichen Summe im Zusammenhang mit der tariflichen Anpassung im Jahr 2024.
Gerwin Stöcken
Stadtrat
Anlagen
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