Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 1090/2017
Grunddaten
- Betreff:
-
Vorschlag zur Umbenennung der Bushaltestelle „Strucksdiek"Beschlüsse des Bauausschusses und des Kulturausschusses zu Drs. 0737/2017
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Amt für Kultur und Weiterbildung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Kulturausschuss
|
Kenntnisnahme
|
|
|
Nov 28, 2017
| |||
●
Erledigt
|
|
Bauausschuss
|
Kenntnisnahme
|
|
|
Dec 7, 2017
|
Sachverhalt/Begründung
Die Verwaltung wurde beauftragt, einen Vorschlag zur Umbenennung der Bushaltestelle „Strucksdiek“ vorzulegen. Der neue Name soll in Bezug zum anliegenden Gedenkort „Arbeitserziehungslager Nordmark“ stehen und auf ihn hinweisen.
Die Verwaltung schlägt daher vor, der Haltestelle den Namen „Gedenkort am Russee“ zu geben.
Der Namensvorschlag wurde abgestimmt zwischen dem Amt für Kultur und Weiterbildung, dem Eigenbetrieb Beteiligungen und dem AKENS e. V., der den Gedenkort betreut. Im Folgenden wird erläutert, worin die Schwierigkeiten bei der Umbenennung der Haltestelle liegen.
problematische Bezeichnungen:
Der Begriff „Arbeitserziehungslager“ ist nationalsozialistische Tarnsprache und verschleiert die unmenschlichen Haftbedingungen und –gründe erheblich. Die Abkürzung AEL ist in der Fachwelt gebräuchlich, aber der Allgemeinheit unbekannt. „Arbeitserziehungslager“ und „AEL“ sind die zeitgenössischen nationalsozialistischen Begriffe.
Der Begriff „Nordmark“ ist kein historischer Raumname für die Region, sondern ein politischer Kampfbegriff zur Einbeziehung Nord-Schleswigs in deutsche Grenzen. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Begriff ideologisch und propagandistisch weiter aufgeladen, weswegen er auch gegenwärtig von Rechtsextremen aufgegriffen wird.
Heute wird häufig der gesamte Name in Anführungszeichen gesetzt, um auf die verschleiernde Bezeichnung aufmerksam zu machen.
Praktikabilität der Umsetzung:
Haltestellen sollen möglichst vielen Fahrgästen, auch Ortsfremden, eine einfache Orientierung bieten. Darüber hinaus sollte die Bezeichnung möglichst neutral gehalten werden. Deswegen werden in Kiel Straßennamen, Plätze, gebräuchliche Ortsbezeichnungen und seltener auch öffentliche Einrichtungen namensgebend herangezogen. Für die technische und praktische Umsetzung darf der Haltestellenname nicht zu lang sein. Die Änderung des Namens kann zum nächsten Fahrplanwechsel vorgenommen werden.
Es existiert in Kiel eine Sport- und Freizeitanlage, die während der NS-Zeit als Aufmarschplatz der „SA-Standarte Nordmark“ und zu den jährlichen „Nordmarktreffen“ von SA, SS und NSKK (alles paramilitärische Organisationen der NSDAP) genutzt und deshalb in den 1930er Jahren in „Nordmarksportfeld“ umbenannt wurde. Der Name ist nach 1945 bis heute nicht geändert worden. Eine dort anliegende Bushaltestelle heißt Nordmark-Sportfeld. Eine Verwechslungsgefahr der beiden Haltestellen muss ausgeschlossen werden.
Auswirkungen der Umbenennung der Haltestelle:
Landesweit ist bislang keine erinnerungskulturelle Institution, deutschlandweit kein Gedenkort am Ort ehemaliger „Arbeitserziehungslager“ namensgebend für eine Haltestelle.
Nur wenige Erinnerungsorte sind in Deutschland überhaupt namensrelevant für Haltestellen. Dazu gehören vor allem die stark frequentierten Institutionen, bei denen die Haltestelle überwiegend von Besucher_innen genutzt wird. Haltestellen, die in starkem Maße auch von anderen Personen genutzt werden, werden nicht nach den nahegelegenen Erinnerungsorten benannt (z. B. am Denkmal für die ermordeten Juden Europas; NS-Dokumentationszentrum München).
Hauptnutzer_innen der Haltestelle sind die Anwohner_innen, Sportler_innen des TSV Russee sowie Beschäftigte und Kund_innen der anliegenden Gewerbebetriebe.
Es liegt im Interesse der Stadt, dass die Umbenennung der Haltestelle nicht negativ auf den Gedenkort zurückfällt. Dabei ist auch zu beachten, dass die Anlieger_innen an der Baumaßnahme Rendsburger Landstraße im kommenden Jahr finanziell beteiligt werden müssen, bei der auch die Bushaltestelle Strucksdiek barrierefrei umgebaut wird.
Vorschlag zur Benennung der Bushaltestelle:
Gedenkort am Russee
Diese Bezeichnung nimmt Bezug zur Lage des Gedenkortes, womit eine Orientierung im Stadtraum gewährleistet wird. Auch die Attraktivität eines Besuches steigt durch die beschriebene Nähe zum See. Gleichzeitig wird hier, auf die umgangssprachliche Bezeichnung „KZ (am) Russee“ sowie eine Bezeichnung der Alliierten, „Russee Labour Camp“, zurückgegriffen. Der Name hat dadurch Wiedererkennungswert.
Ein ausdrücklicher NS-Bezug oder die historische und erinnerungskulturell bereits eingeführte Bezeichnung sind nicht Namensbestandteil. Trotzdem verweist der Begriff „Gedenkort“ auf eine historische Stätte. Gleichzeitig besteht keine Verwechslungsgefahr, da es bislang keine Haltestelle mit dem Wortbestandteil „Gedenk“ in Kiel und anliegenden Gemeinden gibt.
Eine Internetsuche führt auch mit diesem Haltestellennamen eindeutig zu Informationen über den Gedenkort „Arbeitserziehungslager Nordmark“.
Die technische Umsetzung ist durch die Namenslänge gut möglich.
Wolfgang Röttgers
Stadtrat