Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 0707/2019
Grunddaten
- Betreff:
-
Regionale Anpassungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Amt für Wohnen und Grundsicherung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit
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Kenntnisnahme
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Aug 29, 2019
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Sachverhalt/Begründung
- 1 -
Die Verwaltung wurde durch Beschluss der Ratsversammlung vom 17.01.2019 (Drs. 0044/2019) beauftragt, die Ausgangssituation und Erfahrungen aus München auf die regionale Erhöhung der Sozialleistungen in Erfahrung zu bringen und im Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit darzulegen.
- Grundlage
Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können, erhalten Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem 3. oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Für diese Leistungen werden von der Landeshauptstadt München im Rahmen der Sozialhilfeberechnung höhere Regelsätze berücksichtigt als die von der Bundesregierung bundeseinheitlich festgesetzten Regelsätze.
Rechtsgrundlage für die regionale Anpassung der Regelsätze ist § 29 Absatz 2 und 3 SGB XII. Danach sind die Länder ermächtigt, anstelle der bundesdurchschnittlichen Regelsätze abweichende Regelsätze festzulegen, die auf regionale Auswertungen beruhen. Machen die Länder von dieser Möglichkeit der abweichenden Regelsatzfestsetzung Gebrauch, sind hierfür anstelle der Sonderauswertungen der bundesweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) regionale Sonderauswertungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zugrunde zu legen.
Bisher hat nur der Freistaat Bayern eine entsprechende Verordnung (§ 98 Verordnung zur Ausführung der Sozialgesetzes (AVSG) des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen) erlassen, so dass auch nur dort in einigen Städten und Landkreisen regionale Regelsätze gelten, darunter in der Landeshauptstadt München. Die vom Bund festgesetzten Regelsätze gelten dabei als Mindestgrenze.
In Schleswig-Holstein gibt eine derartige Verordnung nicht.
- Erfasster Personenkreis
Die Bezieher*innen von Leistungen zum Lebensunterhalt (3. Kapitel SGB XII) sind von der Regelung des § 29 SGB XII direkt erfasst.
Bezieher*innen von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII) sind vom § 29 SGB XII nicht erfasst. Hier hat die bayerische Staatsregierung in ihrer Verordnung den Kommunen die Erhöhung der Regelsätze auch für diesen Personenkreis erlaubt.
Bezieher*innen von Leistungen aus anderen Gesetzen (z.B. Sozialgesetzbuch II) erhalten mangels gesetzlicher Grundlage keine Aufstockung.
- Aufstockung
Grundlage für die abweichende Regelsatzbemessung war ein durch die Landeshauptstadt München im Jahr 2012 auf Grundlage der bayerischen Verordnung in Auftrag gegebenes Gutachten: https://www.muenchen-transparent.de/dokumente/2612391/datei
Danach sind die Lebenshaltungskosten in München höher als in der restlichen Bundesrepublik. Zur Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums ist es daher nach Ansicht der Landeshauptstadt München notwendig, die Regelsätze dort anzuheben.
Die Berechnung des Regelsatzes im SGB XII erfolgt dabei auf Grundlage der §§ 28 ff. SGB XII i.V.m. dem Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG).
Grundlage ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des statistischen Bundesamts, in der verschiedene „Abteilungen“ für Gruppen verschiedener Verbrauchsausgaben vorgesehen sind. Auch die Berechnung des regionalen Regelsatzes erfolgt nach dem gleichen, vom Bundesgesetzgeber zwingend vorgeschriebenen Muster.
In dem wissenschaftlichen Gutachten werden lediglich einzelne Preispositionen für den Raum München anders bewertet.
Aktuell stellen sich die Regelsätze in München wie folgt dar:
Bund München Abweichung
Regelbedarfsstufe 1 424,- EUR 445,- EUR 21,- EUR
Regelbedarfsstufe 2 382,- EUR 401,- EUR 19,- EUR
Regelbedarfsstufe 3 339,- EUR 355,- EUR 16,- EUR
Regelbedarfsstufe 4 322,- EUR 337,- EUR 15,- EUR
Regelbedarfsstufe 5 302,- EUR 314,- EUR 12,- EUR
Regelbedarfsstufe 6 245,- EUR 255,- EUR 10,- EUR
Die Berechnungen werden durch erneute Gutachten fortgeschrieben.
- Kosten
Die entstehenden Mehrkosten wurden für das Jahr 2019 in München wie folgt beziffert:
Hilfe zum Lebensunterhalt Kapitel 3 SGB XII = 2.528 Personen = 242.688,-EUR
Grundsicherung Kapitel 4 SGB XII = 20.348 Personen = 1.953.408,-EUR
Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung erstattet der Bund 100 % der Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII). Die Aufstockungszahlungen fallen nicht darunter. Sie werden von der Landeshauptstadt München getragen.
- Erfahrungen der Landeshauptstadt München
Zu den Erfahrungen befragt hat das Amt für Soziale Sicherung im Sozialreferat der Landeshauptstadt München wie folgt geantwortet:
„Konkrete Erfahrungen bezüglich der regionalen Anpassung liegen mir leider nicht vor. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Leistungsempfänger/innen die Erhöhungen des Regelsatzes zwar spüren, sich aber dessen nicht wirklich bewusst sind. Nachdem die Lebenshaltungskosten in München höher sind als in der restlichen Bundesrepublik, ist die Regelsatzanpassung nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“
Gerwin Stöcken
Stadtrat