Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 0788/2023
Grunddaten
- Betreff:
-
Bericht der Beratungsstelle für Sexuelle Gesundheit im Amt für Gesundheit
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Amt für Gesundheit
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit
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Kenntnisnahme
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Sep 28, 2023
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Sachverhalt/Begründung
Mit der Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit bietet das Amt für Gesundheit Information und Beratung zum Thema sexuell übertragbare Krankheiten für Kieler Bürger*innen an. Prävention von sexuell übertragbaren Krankheiten, frühzeitige Erkennung von Infektionen und damit die Verhinderung der Weiterverbreitung stehen im Zentrum der Arbeit der Beratungsstelle. Darüber hinaus finden Beratungen nach dem Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten statt.
Nach dem Infektionsschutzgesetz und dem Gesundheitsdienstgesetz für Schleswig-Holstein ist die Information und Aufklärung der Bevölkerung über sexuell übertragbare Erkrankungen eine Aufgabe des öffentlichen Gesundheitsdienstes. In der Beratungsstelle besteht die Möglichkeit, sich nach einer Beratung auf verschiedene Infektionskrankheiten testen zu lassen. Neben der Einleitung einer Therapie steht dabei der Schutz weiterer Personen vor einer Ansteckung im Vordergrund.
Sexarbeiter*innen und die Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), haben ein besonders hohes Infektionsrisiko. Dies begründet sich in der Häufigkeit der Partnerwechsel und ihre Sexualpraktiken. §19 Abs. 4 Infektionsschutzgesetz nimmt diese Gruppen besonders in den Blick, da „deren Lebensumstände eine erhöhte Ansteckungsgefahr für sich oder andere mit sich bringen“. Der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben können ein umfassendes anonymes Beratungsgespräch annehmen und sich kostenfrei auf HIV testen lassen (Beschlusses der Ratsversammlung von 2019). Dieses spezielle Angebot wird sehr gut von der betroffenen Personengruppe in Kiel wahrgenommen. In den Beratungen wird je nach Verhalten empfohlen, sich neben HIV, Syphilis und Hepatitis B/C auch auf Chlamydien und Gonokokken testen zu lassen. Die beiden letzteren Erkrankungen gehören weltweit zu den häufigsten sexuell übertragbaren bakteriellen Infektionen.
Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind, haben daher die Möglichkeit, sich in einer gesonderten Sprechstunde im Amt für Gesundheit vorzustellen, da sie durch Beratungsangebote kaum zu erreichen sind. Sie werden beraten, getestet, untersucht und ggf. therapiert.
Zusätzlich gehen die Mitarbeiter*innen des Gesundheitsamtes mit ihrem Angebot regelmäßig in die Bordelle und Modellwohnungen. In den Herbst- und Wintermonaten wird in den Bordellen außerdem eine Grippeimpfung vor Ort angeboten.
Auch Migrant*innen aus Hochprävalenzländern für sexuell übertragbare Krankheiten und drogenkonsumierende Personen erreichen die Beratungsstelle, um Infektionen oder ein mögliches Infektions-Risiko abklären zu lassen. Auch für diese Ratsuchenden wird eine Grippeimpfung im Herbst angeboten. Darüber hinaus sind es auch Freier, die die Beratungsstelle aufsuchen.
Ebenso erreichen uns Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen keinen Zugang zur ärztlicher Versorgung haben, wenn sie nicht versichert sind. Einige mögen niedergelassene Arztpraxen aufgrund der dort fehlenden Anonymität oder aus Schamgefühl nicht aufsuchen.
Im Jahr 2019 wurden 842 Testungen durchgeführt (davon 135 MSM und 160 Prostituierte). Seit 2023 findet die offene Sprechstunde und das aufsuchende Angebot wieder regelmäßig statt. Zwischenzeitlich hatte die AIDS-Hilfe die Testungen übernommen, da die Beratungsstelle pandemiebedingt nicht zur Verfügung stand. Zurzeit werden 15 bis 20 Personen pro Woche beraten und gegebenenfalls getestet, was in etwa der Inanspruchnahme vor der Pandemie entspricht.
Öffentlichkeitsarbeit, die Durchführung von Projekten und Netzwerkarbeit runden die Arbeit ab. Hier finden regelmäßig Informationsveranstaltungen zum Weltfrauentag, zum CSD, zum Welt-AIDS-Tag, zur Testwoche und zu verschiedenen anderen aktuellen Anlässen statt. Aufklärungsarbeit in Gruppen von Migrant*innen und Aufklärungsarbeit in Schulen beschreiben weitere Aktivitäten, über die z.B. in Internetbeiträgen, auf social media-Kanälen und durch Pressemitteilungen hingewiesen wird.
Ein speziell ausgerichteter Frauentesttag am 09.03.23 fand großen Anklang. Durch die Ankündigung bei Facebook und Instagram haben zahlreiche Frauen den Weg in die Beratungsstelle gefunden und sich nach einer individuellen Risikoanalyse kostenfrei auf HIV und/oder Chlamydien testen lassen. Durch solche Aktionstage werden die Themen HIV und STI (sexuell übertragbare Infektionen) wieder mehr in den Fokus gerückt.
- Bezug zu den städtischen strategischen Zielen
Es werden geschlechtergerecht, divers, niederschwellig und anonym Informationen und Hilfen zum Thema sexuell übertragbare Erkrankungen angeboten. Das strategische Ziel der Landeshauptstadt Kiel, Chancengleichheit für alle Bürger*innen zu verbessern, ihre Eigenverantwortung und Selbstbestimmung zu fördern und geschlechtergerecht zu sein, wird durch die Arbeit verfolgt.
Auf gesunde und gesundheitsförderliche Lebensverhältnisse wird hingewirkt. Es werden gleiche Gesundheitschancen für alle angestrebt. Die gesundheitliche Eigenverantwortung, Urteilsfähigkeit wird gestärkt und auf die Vermeidung von Gesundheitsrisiken wird hingewirkt. en.
- Weiteres Verfahren zur Umsetzung
Im Amt für Gesundheit finden dienstags und donnerstags offene Sprechstunden mit Beratungen und ggf. Testungen zu HIV und sexuell übertragbaren Krankheiten statt. Montags besteht für Sexarbeiterinnen die Möglichkeit, sich in der Sprechstunde vorzustellen. MSM haben die Möglichkeit, sich anonym und kostenfrei in der offenen Sprechstunde testen zu lassen. Ein Stand auf dem Christopher-Street-Day gemeinsam mit der AIDS-Hilfe Kiel macht das Angebot für MSM öffentlich. Eine weitere Aktion wird ein Testtag im Rahmen der Europäischen Testwoche im Herbst sein und ein Angebot zum Welt-AIDS-Tag am 1.12.2023.
Eine Aktion zur europäischen Testwoche soll mit einer Impfaufklärung und einem Impfangebot speziell für Studierende in Kiel verbunden werden. Zurzeit findet eine Plakataktion statt, mit einem Informationsplakat über das Angebot und die Kontaktdaten der Beratungsstelle.
- Sächliche, finanzielle und personelle Ressourcen
Die Beratungen sind für die Bürger*innen kostenfrei, die Testungen sind teilweise kostenpflichtig. Die Sprechstunden, die aufsuchenden Tätigkeiten und die Öffentlichkeitsarbeit werden mit drei sozialpädagogischen sowie zwei halben ärztlichen Stellen geleistet.
- Kosten- und Nutzenverhältnis
Es werden keine zusätzlichen Finanzmittel beantragt. Die Aktivitäten gehören zu den Aufgaben eines Gesundheitsamtes, die erforderlichen Umsetzungskosten sind routinemäßig zu tragen.
Gerwin Stöcken
Stadtrat
