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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0458/2024

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Beratungsfolge

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Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt

Mit Beschluss vom 18. Januar 2024 hat die Ratsversammlung die Verwaltung gebeten, spätestens zur Sommerpause dem Kulturausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und Digitalisierung und dem Ausschuss für Finanzen, Inneres und Gleichstellung in einer Geschäftlichen Mitteilung darzulegen, wie die Funktionalität ein*er Nachtbürgermeister*in (oder auch eines Nachtbürgermeister-Teams) für die Landeshauptstadt Kiel implementiert werden kann.

Insbesondere sollte geprüft werden, ob und wie die Funktionalitäten eines Nachtbürger-meisters mit den bestehenden Ressourcen abgedeckt werden können und welche Strukturen gegebenenfalls angepasst werden müssen.

 

Anknüpfend an den Beschluss wird vorliegende Geschäftliche Mitteilung (GM) zur Kenntnis gegeben.

 

Im Rahmen der dazu angestellten Recherchen hat sich zunächst gezeigt, dass bei ansonsten gleichen bzw. mindestens ähnlichen Aufgaben unterschiedliche Bezeichnungen verwendet werden („Nachtbürgermeister*in“ oder „Nachtbeauftragte*r“). Nachfolgend wird aus Vereinfachungsgründen die Abkürzung „NB“ verwendet.

 

NB gibt es teilweise bereits seit vielen Jahren im In –und Ausland (hier zum Beispiel in Paris, New York oder Amsterdam). In Deutschland hat Mannheim 2018 als erste Stadt die Stelle eines NB besetzt. Zwischenzeitlich gibt es NB zum Beispiel in Aachen, Leipzig[1], Dortmund, Münster oder Berlin.

Beschäftigt sind die NB befristet oder unbefristet und als Voll- oder Teilzeitkräfte. U.a. in Münster sind zwei Personen als Team tätig. Organisatorisch sind die NB unterschiedlich, d.h. zum Beispiel der Wirtschaftsförderung, der Verwaltung oder dem Kulturbereich zugeordnet.

Die NB verschiedener deutscher Städte haben sich miteinander vernetzt und die Interessen-gemeinschaft "IG Nacht Konsil" gegründet. Diese dient dem Austausch, etwa über Entwick-lungen des Nachtlebens.

 

Die wesentlichen Aufgaben eines NB lassen sich wie folgt umreißen:

 

  • Ansprechperson bei entstehenden und manifestierten Konflikten im Nachtleben (Beispiel: Lärmbelästigung),
  • Entgegennahme von Wünschen, Bedürfnissen und Problemen von Gastronom*innen, Feiernden, Veranstaltenden, Anwohnenden und der Verwaltung,
  • Austausch mit den Ordnungsbehörden,
  • Planung und Realisierung von Events bzw. Beiträgen zur Nachtkultur,
  • Aufbau eines Netzwerks der verschiedenen Akteur*innen des Nachtlebens oder
  • Beschaffung und Bereitstellung von Informationen, beispielsweise zu Fördermöglichkeiten.

 

Für die vorliegende GM wurden neben Recherchen im Internet im Rahmen einer Videokonferenz die NB aus Mannheim, Leipzig und Münster angesprochen. Nachgefragt wurden dabei insbesondere deren wesentliche Aufgaben, die jeweilige organisatorische Zuordnung sowie Erläuterungen zum Anstellungsverhältnis.

Daneben wurden insbesondere die Kiel-Marketing GmbH, das Ordnungsamt und die Polizei um Einschätzungen gebeten. Deren Rückmeldungen werden in dieser GM zusammen-gefasst wiedergegeben.

 

Festzustellen ist zunächst, dass von außen bislang kein Bedarf für einen NB an die Verwaltung der Landeshauptstadt Kiel herangetragen wurde.

 

Kiel-Marketing sieht die Idee, einen NB zu beschäftigen, zwar als ein Signal dafür, dass sich den Sorgen und Nöten der Gastro- und Eventbranche auf kommunaler Ebene angenommen würde. Grundsätzlich werden deren Interessen aber sehr durchsetzungsstark durch die DEHOGA vertreten.

Zwar gäbe es immer wieder Beschwerden von Bürger*innen über Lärmbelästigungen.

Aus Sicht von Kiel-Marketing sei dies aber ein Problem, das nur über die Bundeslärmschutz-verordnung gelöst werden könne. Deren Flexibilisierung werde immer wieder über verschiedene Verbände, so auch über die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (BCSD) versucht, scheitere aber bislang an konkurrierenden Länderinteressen.

 

Wird ein Lärmproblem gemeldet, werde die Polizei tätig, die sich laut Kiel-Marketing immer wieder sehr umsichtig des Themas annehme. Wurde der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) eingebunden, habe Kiel-Marketing stets nur positive Rückmeldungen bekommen, wie umsichtig auch der KOD handele. Kiel-Marketing in seiner Eigenschaft als Veranstalter teile diese positiven Erfahrungen. „Fair und mit Augenmaß“ handele auch das Ordnungsamt, etwa wenn es um einen Verstoß gegen Hygienevorschriften gehe.

Eines NB bräuchte es insofern nicht.

 

Generell sei Kiel-Marketing die Idee des NB schon lange bekannt, da sie auf Bundesebene des BCSD häufiger diskutiert wurde. Aus Sicht von Kiel-Marketing gäbe es Kommunen, in denen der Einsatz eines NB sinnvoll sei. Dies gelte aber längst nicht überall, so auch nicht in Kiel.

Schließlich bestätigt Kiel-Marketing, dass auch dort bisher kein entsprechender Bedarf angemeldet worden sei, weder aus der Veranstaltungs- und Gastronomieszene noch von Seiten betroffener Nachbarschaften, namentlich auch nicht von den 37 Mitgliedern bei Kiel-Marketing aus dem Gastro- und Eventbereich. (Auch aufgrund dieser Repräsentanz wurde von einer gesonderten Kontaktaufnahme mit diesem Bereich abgesehen.)

 

Keinen Bedarf hätten bislang auch die zahlreichen Besprechungen und Netzwerktreffen von Kiel-Marketing mit den Partnern aus der entsprechenden Branche oder dem Handel gezeigt.

Mit Kiel-Marketing existiere ein Verein, dem es möglich sei, die Interessen des Handels, der Gastronomie und der Eventbranche effektiv zu vertreten.

 

Das Ordnungsamt bezweifelt unter Berücksichtigung der von dort (bzw. vom KOD) beobach-teten Konfliktlagen, ob bzw. dass ein NB etwas bewirken könne.

Vielmehr ließen sich aufkommende Konflikte häufig lösen, was allerdings Zeit brauche.

Nach eigener Recherche zum üblichen Aufgabenprofil der NB herrsche im Ordnungsamt große Skepsis, was eine Vermittlerrolle eines NB in echten, verhärteten Konflikten angeht.

 

Die Polizeidirektion Kiel sieht in der Gesamtbetrachtung verschiedener Bereiche keine Lücken, die nicht durch die bereits vorhandenen Stellen geschlossen würden, so dass aus dortiger Sicht ein NB zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich erscheine.

 

Abschließend und unter Berücksichtigung der oben zusammengefasst wiedergegebenen Rückmeldungen sieht die Verwaltung derzeit keinen Bedarf bzw. keine Notwendigkeit, die Stelle eines NB einzurichten.

Hinzu kommen finanzielle Überlegungen: Bei der Einrichtung einer entsprechenden Stelle würde es sich um eine freiwillige Aufgabe handeln. Da die Kommunalaufsicht den Haushalt 2024 nur mit der Maßgabe genehmigt hat, dass bis zum 30. Juni 2024 sowohl für den laufenden Haushalt als auch zukünftige Haushalte konkrete und wirksame Maßnahmen zur Verringerung des Defizits im Ergebnishaushalt entwickelt werden, dürfte die Schaffung entsprechender neuer Stellen nicht oder allenfalls bei entsprechender finanzieller Kompensation an anderer Stelle in Frage kommen. 

 

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 


[1] In Leipzig hat sich im September 2021 ein „Nacht-Rat“ als ehrenamtliches Expert*innengremium zu allen Themen rund um das Leipziger Nachtleben gegründet.

 

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Beschlüsse

Erweitern

May 28, 2024 - Kulturausschuss - zur Kenntnis genommen

Erweitern

May 29, 2024 - Ausschuss für Wirtschaft und Digitalisierung - zur Kenntnis genommen

Erweitern

Jun 11, 2024 - Ausschuss für Finanzen, Inneres und Gleichstellung - zur Kenntnis genommen