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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0573/2024

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Beratungsfolge

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Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt

Der Ratsbeschluss „Faire und nachhaltige Beschaffung sicherstellen“ (Drs. 0701/2021 mit Änderungsantrag Drs. 0838/2021) beauftragt die Stadtverwaltung damit, einen jährlichen Bericht vorzulegen, „der Umsetzung und Ausblick [der fairen und nachhaltigen Beschaffung] klar beschreibt“.

 

Auf der Grundlage des Ratsbeschlusses wurde 2023 eine Online-Befragung durchgeführt, die an alle Ämter[1] der Stadtverwaltung gesendet wurde (der Fragenkatalog der Umfrage befindet sich in Anlage 1). Insgesamt haben 31 Ämter an der Umfrage teilgenommen (Auflistung der Ämter in Anlage 2). Die Ergebnisse der Umfrage werden im Folgenden in Hinblick auf die im Beschluss genannten Maßnahmen vorgestellt und zukünftige Schritte und Maßnahmen dargelegt.

 

Da noch keine zentrale Koordinierungsstelle eingerichtet wurde, wie im Ratsbeschluss „Faire und nachhaltige Beschaffung sicherstellen“ (Drs. 0701/2021 mit Änderungsantrag Drs. 0838/2021) beschlossen, hat die Umweltberatung des Umweltschutzamtes die Ämterumfrage und Berichterstattung vorerst übernommen. Sollte eine Koordinierungsstelle eingerichtet werden, wird diese die Aufgabe der jährlichen Berichterstattung übernehmen.

 

  1. Umsetzungsstand: Ergebnisse der Ämterbefragung 2023

 

Die Ergebnisse der Ämterbefragung werden nachfolgend durch die im Ratsbeschluss von September 2021 genannten Maßnahmen (fett hervorgehoben) strukturiert vorgestellt.

 

  • „Damit die Umsetzung in der Verwaltung voranschreitet, wird die Verwaltung in den nächsten Jahren Leitlinien entwickeln, die sukzessive die Produktgruppen umfassen. [Es] soll mit der Leitlinie für Arbeitsbekleidung begonnen werden, die ein großes Ausgabevolumen hat“:

Das Umweltschutzamt arbeitet seit 2022 zusammen mit dem Büro der Stadtpräsidentin, Sachbereich Internationales und Nachhaltigkeit (SP.2) und anderen Ämtern an der Entwicklung einer Dienstanweisung und einer Leitlinie für die nachhaltige und faire Beschaffung von Arbeitskleidung. Da Arbeitskleidung eine Vielzahl von Funktionen und Ansprüchen erfüllen muss, war eine umfangreiche Beschäftigung mit den Anforderungen der verschiedenen Ämter an Arbeitskleidung notwendig. Hierfür wurden verschiedene Workshops durchgeführt und eine Arbeitsgruppe eingerichtet, zu der auch externe Expert*innen hinzugezogen wurden. Die Ausarbeitung ist kurz vor der Fertigstellung.

 

Bei der Ämterumfrage hat sich gezeigt, dass in vielen Ämtern mit hohem Arbeitskleidungsaufkommen bereits zumindest anteilig Arbeitskleidung nachhaltig und fair beschafft wird. Einige Ämter gaben an, bei zukünftigen Ausschreibungen die Umsetzbarkeit von fairer und nachhaltiger Arbeitskleidung prüfen zu wollen.

 

Diagramm 1: Antwortverteilung auf die Frage „Wird in Ihrem Amt Arbeitskleidung nach fairen und nachhaltigen Kriterien beschafft?“ | Hinweis: die Menge an zu beschaffender Arbeitskleidung variiert stark je Amt, daher kann die Grafik keine eindeutige Auskunft über das Volumen von nachhaltig beschaffter Arbeitskleidung geben

 

In einem nächsten Schritt ist die Erarbeitung von Leitlinien für Büromaterialien und Reinigungsmittel geplant. Bei der Erstellung der verschiedenen Leitlinien werden auch Zero Waste- und Klimaschutz-Kriterien berücksichtigt.

 

  • „wird nur noch Recyclingpapier angeschafft. Begründete Ausnahmen gibt es für Zeugnisse, Urkunden, Zertifikate, etc.,“:

 

Nach dem Ratsbeschluss von 2019 hat die Beschaffungsstelle die Papierbestellung auf Recyclingpapier umgestellt. Die Stadtverwaltung Kiel hat im Jahr 2022 mit einer Quote von 98,48 Prozent Recyclingpapier genutzt, welches mit dem Blauen Engel zertifiziert ist (Quelle Papieratlas: papieratlas2023_staedte.pdf, S.78). Der Beschluss hat generell bewirkt, dass sich die Landeshauptstadt Kiel das erste Mal wieder seit 2011 beim Papieratlas bewerben konnte.

 

Dies hat sich auch in der Ämterumfrage gezeigt: Von den teilgenommenen Ämtern nutzen und beschaffen ein Großteil nur Recyclingpapier (siehe Diagramm 2). Es werden bei den meisten Ämtern nur Ausnahmen für bestimmte Druckprodukte wie Urkunden, Verträge, Bebauungspläne o.ä. gemacht.

 

Leider gibt es in einem Amt bei einer großen Anzahl von Bescheiden massive Probleme mit dem Raumklima im Kopierraum, weil sich bei der Verwendung von Recyclingpapier die Bescheide nicht in Masse bearbeiten lassen (es wellt sich und die Lesung der Kuvertier- und Falzgeräte ist nicht möglich). Sobald der Betrieb der Klimatisierungsgeräte nach Fertigstellung des Einbaus möglich ist, muss erneut geprüft werden, wie der Einsatz von Recyclingpapier möglich ist. Ansonsten müssen andere Alternativen gesucht werden, um den Beschluss zu erfüllen.

 

 Diagramm 2: Beschaffung von Recyclingpapier

 

  • „wird die IT gebeten, alle Drucker bei der Stadtverwaltung auf Duplexdruck einzustellen“

 

Die Ämterumfrage hat gezeigt, dass bei den meisten teilgenommenen Ämtern alle Drucker auf Duplexdruck umgestellt sind (siehe Diagramm 3). Wenn nicht auf Duplexdruck umgestellt ist, ist dies oft aufgrund von nicht zentralen Druckeinstellungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz. Einige Ämter machen Ausnahmen für bestimmte Druckprodukte wie Karten, Pläne, Verträge, Zeugnisse o.ä..

 

 Diagramm 3: Duplexdruck in den Ämtern

 

  • „werden die ILO-Kernarbeitsnormen wieder Bestandteil der Vergabeunterlagen,“

 

Die ILO-Kernarbeitsnormen sind noch nicht wieder standardmäßig Teil der Vergabeunterlagen. Das Rechtsamt weist darauf hin, dass zunächst Beschaffungsstandards von der Selbstverwaltung und dem Oberbürgermeister im Rahmen seiner Zuständigkeit definiert werden müssten, da die Anwendung von Standards bei der Beschreibung der zu beschaffenden Leistung dem Verfahrensrecht für die Beschaffung der Leistung vorgelagert ist.

 

Das Umweltschutzamt und SP.2 haben in einem ersten Schritt mit Unterstützung von Engagement Global gGmbH (Dr. Anke Butscher von corsus, Hamburg) eine Handreichung und einen Leitfaden für Textilien sowie eine Dienstanweisung entwickelt. Nach Fertigstellung können Vorgaben in den Leistungsverzeichnissen umgesetzt werden. Sofern Standards entwickelt werden, die von allen Bietern einheitlich zu beachten sind, können diese in die Vergabeunterlagen aufgenommen werden.

 

  • „ist das Catering umgehend und umfassend auf faire Produkte umzustellen“

 

Auf Grundlage des Beschlusses „Kiel wird Fairtrade-Stadt“ (Drs. 0794/2012) sollenbei allen Rats- und Ausschusssitzungen sowie im Büro der Oberbürgermeisterin fair gehandelter Kaffee und fair gehandelter Tee verwendet [werden]. Weiterhin werden in den Büros der Dezernenten, des Bürgermeisters, der Stadtpräsidentin sowie für städtische Sitzungen mit externen Gästen ausschließlich fair gehandelter Kaffee und fair gehandelter Tee verwendet.“

 

Die Ämterumfrage hat gezeigt, dass viele Ämter fairen Tee und Kaffee wie oben beschrieben anbieten. Ein Großteil der Ämter gab an, dass sie keine Angabe machen können, da Getränke oft privat bezahlt und angeboten werden.

 

Diagramm 4: Antwort zur Fragestellung „Wird in Ihrem Amt in den in Drs. 0794/2012 angesprochenen Büros ausschließlich fair gehandelter Kaffee und Tee verwendet?“

 

Für das Catering bei der LH Kiel ist das Referat Kieler Woche zuständig, welches sich soweit möglich, um die Umstellung kümmert. Neben Tee und Kaffee wurde das Catering der Stadtverwaltung bereits teilweise auf faire Produkte umgestellt. In den Ausschreibungen fürs Catering sind die Themen Fair Trade, Bio und Regionalität fest verankert.

 

  • „ist bei Ausschreibungen eine Gewichtung zu definieren, die neben dem Preis der Produkte auch Faktoren wie nachhaltige und faire Erzeugung, Regionalität und Leistungsfähigkeit des anbietenden Unternehmens berücksichtigt“

 

Bei acht von den 31 Ämtern, die an der Umfrage teilgenommen haben, werden neben dem Preis auch weitere Wertungskriterien genutzt, die nachhaltige Aspekte berücksichtigen. So werden Kriterien wie Leistungsfähigkeit, faire Herstellung, und soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt.

 

Die Ämter, die nachhaltige Kriterien noch nicht berücksichtigen, haben dafür unterschiedliche Gründe wie zentrale Ausschreibungen oder vordefinierte Gewichtungen angegeben. 

 

Mit einer steigenden Zahl von Beschaffungsstandards wird die Zahl der Ämter, die die geforderte Gewichtung berücksichtigen, steigen.

 

  • „sind Ausschreibungen für Verbrauchsgüter künftig für mindestens zwei und ggf. mehr Jahre auszulegen,“

 

Bei knapp einem Drittel der teilgenommenen Ämter werden Ausschreibungen für Verbrauchsgüter für zwei oder mehr Jahre angelegt (siehe Diagramm 5). Bei den Ämtern, die ihre Ausschreibungen kürzer gestalten, gab es zahlreiche Gründe wie: lange Preisbindungen, die zu schwer für Anbieter zu kalkulieren sind, schwankende Preise und Qualität, sich schnell ändernde Produktpaletten, o.ä.. Andere Ämter konnten keine Angabe machen, da sie beispielsweise keine Verbrauchsgüter ausschreiben oder diese zentral über die Immobilienwirtschaft oder die Beschaffungsstelle beziehen.

 

Diagramm 5: Dauer der Ausschreibung von Verbrauchsgütern

 

  • „sollten Kieler Schulen angeregt werden, sich als Fair Trade-Schulen zertifizieren zu lassen,“

 

Kieler Schulen werden von der Umweltberatung des Umweltschutzamtes mit Erfolg angeregt, sich als Fairtrade-Schulen zertifizieren zu lassen: mittlerweile sind vier Schulen als Fairtrade-Schulen in Kiel zertifiziert worden. Nach dem Beschluss gab es zwei Zertifizierungen. Zuletzt wurde das Hans-Geiger-Gymnasium im Juli 2023 als Fairtrade-Schule ausgezeichnet. Zudem sind zwei weitere Schulen auf dem Weg zur Fairtrade-School.

Außerdem hat das Motto des Nachhaltigkeitspreises 2023 „Kiel nachhaltig fairändern: Fair-Trade Projekte von Kieler*innen für die Welt“ das Engagement für den fairen Handel (auch von Schulen) in den Fokus gerückt. So wurden letztes Jahr drei Fairtrade-Schulen für ihren Einsatz mit dem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.  

 

  • „ist eine zentrale Koordinierungsstelle einzurichten, die vernetzt, Themen, Anregungen, Ideen und Ansprechpersonen sammelt sowie Workshops anbietet,“

 

Der Bedarf für eine Koordinierungsstelle für nachhaltige Beschaffung ist vorhanden, die funktionelle Bereitstellung einer Stelle konnte noch nicht umgesetzt werden.

 

  • „sind zentrale Ziele mit klaren Zeithorizonten zu formulieren. Dazu gehören z.B. Quoten für Produktkategorien wie recyceltes Papier, das ab 2022 ausschließlich (siehe Ausnahmen) beschafft werden sollte“

 

Das wäre eine Aufgabe für eine neue Koordinierungsstelle für nachhaltige Beschaffung.

 

Ein Amt hat mitgeteilt, dass es in der Beschaffungsstelle schon jetzt vorgegebene Ziele und Zeithorizonte umsetzt. 

 

  • „legt die Verwaltung jährlich einen Bericht vor, der Umsetzung und Ausblick klar beschreibt“

Da noch keine zentrale Koordinierungsstelle eingerichtet wurde, hat die Umweltberatung des Umweltschutzamtes die Ämterumfrage und Berichterstattung, trotz Personalproblemen und den damit verbundenen Verzögerungen, vorerst übernommen. Sobald die Koordinierungsstelle eingerichtet ist, wird diese die Aufgabe der jährlichen Berichterstattung übernehmen.

 

  1. Fazit und Ausblick

 

Die Ämterumfrage zum Stand der nachhaltigen und fairen Beschaffung in der Stadtverwaltung hat gezeigt, dass es bereits zahlreiche Bemühungen und positive Beispiele für nachhaltige und faire Beschaffung in den einzelnen Ämtern gibt. Besonders die Recyclingquote und die Umsetzung des Duplexdrucks zeigen eine positive Entwicklung auf.

Trotzdem gibt es noch zahlreiche ungenutzte Möglichkeiten und Potential, die Beschaffung nachhaltiger zu gestalten. Besonders die standardmäßige Nutzung von nachhaltigen Kriterien bei Ausschreibungen sollte noch weiter ausgebaut werden.

 

Zudem hat die Umfrage gezeigt, dass es sehr viele unterschiedliche Herausforderungen bei der Umsetzung einer nachhaltigen und fairen Beschaffung für alle Ämter und Produkte gibt. Hier können die Leitlinien zukünftig die Arbeit in den einzelnen Ämtern erleichtern. Trotzdem zeigt sich die Notwendigkeit, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen – beispielsweise durch die Einrichtung der zentralen Koordinierungsstelle, um die Ämter noch besser bei der Ausgestaltung der nachhaltigen Beschaffung unterstützen zu können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Alke Voss

Stadträtin für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität

 

 

 

 

 

 


[1] Hinweis: Das neu gegründete Amt 75 wurde bei der Ämterumfrage für 2022 nicht angeschrieben.

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Beschlüsse

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Jun 4, 2024 - Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität - zur Kenntnis genommen

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Jun 6, 2024 - Bauausschuss - zur Kenntnis genommen

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Jun 11, 2024 - Ausschuss für Finanzen, Inneres und Gleichstellung - zur Kenntnis genommen

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Jun 13, 2024 - Ratsversammlung - zur Kenntnis genommen