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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0884/2024

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Beratungsfolge

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Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt


Mit Beschluss der Ratsversammlung vom 21.09.2023 (Drs. 0977/2023-03) wurde die Verwaltung damit beauftragt, in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Geschäftsführung, Betriebs- und Aufsichtsrat der KVG Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Motivation, Arbeitszufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeitenden haben.

 

Da die Verwaltung zu diesem Zeitpunkt bereits im engen Austausch mit den Beteiligten war, überschnitt sich dieser Auftrag der Selbstverwaltung mit dem am 20.09.2023 zwischen der Landeshauptstadt Kiel, vertreten durch den Oberbürgermeister und die Werkleiterin des Eigenbetrieb Beteiligungen als Aufgabenträgerin sowie Betriebsrat, Geschäftsführung und Aufsichtsratsvorsitzenden der KVG unterzeichneten Letter of Intent (LoI) unter der Überschrift „Halten – Gewinnen – Wiederhochfahren“.

 

In diesem LOI wurden bereits als erste Maßnahmen zur Entspannung der Personalsituation vereinbart. Darunter waren die gemeinsame Erarbeitung eines Masterplans als Gesamtkonzept aus zahlreichen Einzelthemen sowie eine einstweilige Fahrplanreduzierung und der befristete Wegfall des Einstiegs vorn als kurzfristige Sofortmaßnahmen. Ferner wurde die Mobilisierung von fahrtüchtigen KVG-Ruheständler*innen thematisiert. Die Formierung eines KVG-internen Arbeitskreises Verbesserungen sowie eines übergeordneten Steuerungsteams Umsetzung LoI/Masterplan, besetzt mit Vertreter*innen von EBK, Geschäftsführung und Betriebsrat sowie der Aufsichtsratsvorsitzenden der KVG und die Einleitung der Sofortmaßnahmen erfolgte daraufhin unmittelbar.

 

Über die weiteren Schritte in diesem Prozess wird nachfolgend berichtet.

 

  1. Umsetzung LoI/Masterplan

 

Der Arbeitskreis Verbesserungen tagte im etwa zweiwöchentlichen Rhythmus und trat am 25.07.2024 zum vorerst letzten Mal zusammen. Insgesamt wurden 111 Maßnahmen gesammelt. Der Masterplan firmiert deshalb unter dem Titel „Maßnahmeplan 100 +“. Von diesen wurden bereits 60 umgesetzt, 22 befinden sich derzeit in Bearbeitung, 9 sind im Themenspeicher und ebenfalls 20 Maßnahmen wurden verworfen. Alle noch offenen Punkte werden im bereits bestehenden KVG-internen Gremium zur Unternehmensentwicklung TEAM KVG weiterbearbeitet. Dieses tagt regelmäßig und setzt sich aus Mitarbeitenden aller Bereiche der KVG zusammen.

 

Die umgesetzten Maßnahmen erstrecken sich auf sämtliche Unternehmensbereiche. Wesentliche Verbesserungen wurden beispielsweise im Bereich der Dienstplanung (Ausweitung und Neuzuschnitt von Freizeitplänen und Neigungsgruppen, engere Betreuung durch Fahrpersonalmanager, weniger geteilte Dienste, Einführung einer Tauschbörse) erzielt. Einen weiteren Schwerpunkt bildete eine Verbesserung der Infrastruktur (insb. Ausstattung und Kontrolle der Aufenthaltsräume sowie der Toiletteninfrastruktur für das Fahrpersonal an den Haltestellen).

Ferner wurden bereits neue Betriebsvereinbarungen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat abgeschlossen. Diese regeln neben einer Verbesserung bei Beschaffung und Auswahl der Dienstkleidung auch die Einführung einer Anwesenheitsprämie für Mitarbeitende, die in einem Quartal keine Krankheitstage zu verzeichnen hatten.

Auch konnte eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden, die es ermöglicht die Beschäftigten bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres weiter zu beschäftigten, um so dem Fachkräftemangel zu begegnen. Aktuell werden 11 Beschäftigte in Altersruhe weiterbeschäftigt, davon 5 mit Fahrtätigkeit.

 

Bei den noch offenen Themen handelt es sich insbesondere um solche, bei denen es naturgemäß eines längeren Atems bedarf wie beispielsweise Themen rund um Wohnraum, Kinderbetreuung, Sprachkurse, Busbeschleunigung oder langfristige Infrastrukturprojekte. Hinsichtlich der Sprachkurse wurde u.a. mit der KielRegion GmbH an einer Finanzierung über ein Förderprojekt gearbeitet. Das Jobcenter bietet außerdem aktuell viele neue Möglichkeiten der beruflichen Qualifizierung und finanzierter Sprachkurse. Diese Möglichkeiten wurden allen städtischen Gesellschaften, auch der KVG, in einer gemeinsam von Jobcenter und EBK organsierten Informationsveranstaltung am 23.07.2024 mit aktuellen Maßnahmen vorgestellt.

 

Als fast genauso wichtig wie die Maßnahmen an sich hat sich indes auch deren Kommunikation in die Belegschaft hinein herausgestellt, wo ebenso deutliche Verbesserungen realisiert werden konnten. Sie erfolgt nunmehr verstärkt über einen internen Newsletter, Aushänge in allen Aufenthaltsräumen sowie die Unternehmenszeitung Fahrplan. Weiterhin besucht die Geschäftsführung auch die Mitarbeitenden verstärkt vor Ort, um ins direkte Gespräch zu kommen.

 

Vorläufig kann festgestellt werden, dass die vielseitigen Maßnahmen auch Ergebnisse zeigen, sichtbar darin, dass sich der Krankenstand in 2024 (inkl. Juli) auf rd. 10,2 % gegenüber einem Jahresdurchschnitt von rd. 11,9 % im Vorjahr reduziert hat. Die Nachhaltigkeit dieser Entwicklung wird sich indes erst mit Beginn der Erkältungssaison 2024/25 zeigen müssen.

 

Ein guter Indikator zur Beurteilung der Personalsituation ist die Überstundenquote. Diese ist im Vergleich zum Vorjahr mit 2,4 % im Jahresdurchschnitt auf 1,8 % für den Zeitraum Januar bis Juli 2024 deutlich gesunken.

 

Insgesamt versetzt dieser positive Trend die KVG in die Lage, zum 01.09.2024 einen ersten Teil der Leistungsreduktion zurückzunehmen. Die Linien 12/13 und 14/15 werden in der Hauptverkehrszeit wieder im 10-Minuten Takt bedient und die Linie 11 wird samstags auch wieder im 10-Minuten Takt bedient werden. Zudem wird die Linie 6 am Sonntag im 60-Minuten Takt angeboten. Die Beteiligten sind sich einig, dass der eingeschlagene Verbesserungsprozess weitergeführt werden muss und werden dies auch gemeinsam mit dem Ziel tun, baldmöglichst auch die verbleibende Fahrplanreduktion aufheben zu können.

 

 

 

  1. Aussetzung des Einstiegs vorn

 

Mit Beschluss der Ratsversammlung vom 21.09.2023 (Drs. 0977/2023-03) wurde der Einstieg vorn testweise für den Zeitraum 01.11.2023 bis 30.06.2024 mit anschließender Evaluationsphase bis zum 30.09.2024 ausgesetzt.

 

Im Rahmen einer freiwilligen Umfrage hat die KVG im Juni 2024 ihr Fahrpersonal zu dieser Maßnahme gesondert befragt. Auf die Frage „Hat der Wegfall des Vorneeinstiegs zu einer Entlastung geführt?“ antworten 80 % mit „Ja“, 13 % mit „nein“ und für 7 % änderte sich nichts. Insgesamt nahmen 247 Personen an der Umfrage Teil. Dies entspricht einer Teilnahmequote von rd. 43 %. In einem Bemerkungsfeld wurden als positive Aspekte eine Zeitersparnis beim Fahrgastwechsel sowie ein verringertes Konfliktpotential im Kontakt mit Fahrgästen genannt, während unter den ablehnenden Stimmen angemerkt wurde, dass es vermehrt zu Staus in der Busmitte sowie den Türbereichen komme.

 

Verschiedene Effekte im Betrachtungszeitraum erschweren es, Schlüsse auf die Auswirkungen dieser Maßnahme hinsichtlich der Fahreinnahmen zu ziehen, welche die KVG für die Landeshauptstadt Kiel vereinnahmt.

 

Zum einen war schon in den Vormonaten ein Rückgang der Fahreinnahmen zu verzeichnen. Für diesen sind wiederum insbesondere zwei Entwicklungen von Bedeutung: Seit Einführung des Deutschlandtickets wechseln stetig mehr Fahrgäste in dieses Produkt, welches jedoch naturgemäß nicht alle von ihnen bei der KVG erwerben. Gleiches gilt beim Wechsel in das sich insbesondere im Beförderungsgebiet der KVG steigender Verbreitung erfreuenden Job-Tickets, dessen landesweiter Verkauf jedoch ausschließlich über die DB Vertrieb GmbH erfolgt. In Beiden Fällen fließen die entsprechenden Fahreinnahmen erst im Rahmen der Einnahmenaufteilung in Folgejahren zu.

Zum anderen kam es im Betrachtungszeitraum in Folge der stattfindenden Manteltarifverhandlungen im TV-N SH zu insgesamt 17 Streiktagen in Februar und März, während der Juni wiederum wie in Vorjahren auch durch den Sondereffekt Kieler Woche positiv beeinflusst war.

 

Nichtsdestotrotz soll nachfolgend zumindest versucht werden, sich der Sache quantitativ zu nähern:

Es kann aus Sicht der Verwaltung unterstellt werden, dass sich ein befürchtetes erhöhtes Fahren ohne Fahrschein in erster Linie in den Produkten Barverkauf im Bus sowie Vorverkauf (Zeit- und Mehrfahrtenkarten) niederschlagen sollte, da Abo-Kund*innen als Intensivnutzende wohl kaum zum Fahren ohne Fahrschein wechseln dürften. Unmittelbar nach Einführung des Deutschlandtickets für 49 € im Mai 2023 sanken in den genannten Produktgruppen die Fahreinnahmen durch Ersteffekte signifikant, sodass diese Anfangsphase nicht sinnvollerweise als Vergleichszeitraum herangezogen werden kann. Auch der Juni mit dem Kieler Woche Effekt erscheint hierzu ungeeignet. Im Zeitraum Juli 2023 bis Oktober 2023 sanken die Fahreinnahmen in den genannten Produktgruppen um insgesamt rd. 88 TEUR, was einem Rückgang von rd. 2,6 % pro Monat entspricht. Im Testzeitraum November 2023 bis Juli 2024 hingegen sanken die Fahreinnahmen in den genannten Produktgruppen nur um 30 TEUR bzw. durchschnittlich 0,4 % pro Monat.

Vor dem Hintergrund der zuvor dargestellten Methodischen Unwägbarkeiten zeichnet sich demnach zumindest nicht ab, dass der Entfall des Einstiegs vorn zu einem signifikanten Rückgang der Fahreinnahmen geführt hat.

 

Zum Gesamtbild gehört jedoch auch, dass die KVG im Testzeitraum in erhöhtem Maße Fahrscheinkontrollen, teils unter Zuhilfenahme von externem Prüfpersonal, durchgeführt hat und zumindest in der Anfangsphase vermehrt das Fehlen gültiger Fahrtberechtigungen feststellen musste. Naturgemäß decken die Prüfkosten hierbei nicht das einzutreibende erhöhte Beförderungsentgelt. Nach den Regelungen des Öffentlichen Dienstleistungsvertrages (ÖDa) mit dem EBK trägt die KVG die Verantwortung für regelmäßige Fahrscheinkontrollen im angemessenen Umfang.

 

Aufgrund dieser Ergebnisse empfiehlt die Verwaltung, den Testbetrieb um ein weiteres Jahr zu verlängern, ehe eine unbefristete Entscheidung getroffen wird (vgl. Antrag der Verwaltung Drs. 0883/2024).

 

  1. Inflationsprämie

 

Im Rahmen der Entgelttarifverhandlungen TV-N SH konnte am 31.07.2024 eine Einigung zwischen Vertragsparteien, Kommunalem Arbeitgeberverband und ver.di, erzielt werden. Die Beschäftigten erhalten mit dem Entgelt für den Monat August 2024 eine steuer- und sozialversicherungsfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 € je Vollzeitkraft, Teilzeitkräfte entsprechend anteilig. Zudem steigt die monatliche Zulage für Verkehrsmeister*innen zum 01. August 2024 von 85 € auf 110 €. Am 1. September 2025 steigen die Gehälter zuerst um einen Sockelbetrag von 200 € brutto und anschließend um 5,5 Prozent. Es wurde eine Laufzeit bis zum 30.06.2026 vereinbart.

 

Nicht zuletzt leisten diese finanziellen Verbesserungen im Kontext mit den anderen Maßnahmen ihren Beitrag für die Personalzufriedenheit. Aufgrund der positiven Personalentwicklung kann nunmehr ein Teil der reduzierten Fahrplanleistung auch wieder hochgefahren werden, was letztendlich ein wichtiges Ziel innerhalb des LOI war.

 

 

 

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 

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Beschlüsse

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Sep 3, 2024 - Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität - zur Kenntnis genommen

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