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Antrag der Verwaltung - 0925/2024
Grunddaten
- Betreff:
-
Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksache freigegeben:
- 09.09.2024
- Drucksachenart:
- Antrag der Verwaltung
- Federführend:
- Dezernat IV
- Vorlagenchecks:
- Drucksache hat keine Auswirkungen auf den Haushalt und den Stellenplan
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Sep 19, 2024
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Sachverhalt/Begründung
Am 05.07.2024 trat das Schleswig-Holsteinische Wohnraumschutzgesetz (SHWoSchG) in Kraft. Kommunen erhalten damit eine erweiterte gesetzliche Grundlage zum Umgang mit Liegenschaften, die nicht angemessen genutzt werden, Verwahrlosung und/oder bauliche Missstände aufweisen und damit verbunden negative Ausstrahlungseffekte auf ihr Wohnungsumfeld und die Bewohnenden haben. Schleswig-Holsteins Kommunen erhalten damit zum Teil präzisere und zum Teil neue Rechtsgrundlagen, um Wohnungsmissständen und Problemimmobilien zu begegnen.
Die Kommunen nehmen diese Aufgabe im öffentlichen Interesse als freiwillige Aufgabe und in eigener Verantwortung wahr. Es gibt keinen Anspruch, dass Kommunen einschreiten.
Unterschreitung von Wohnraum-Mindeststandards
Der zweite Abschnitt des Wohnraumschutzgesetzes gilt seit Inkrafttreten unmittelbar. Darin werden Mindestanforderungen an den Wohnraum und das Wohnen definiert, die beispielsweise nicht erfüllt sind,
wenn kein ausreichender Schutz gegen Witterungseinflüsse oder Feuchtigkeit besteht,
die zentrale Stromversorgung oder die Heizanlage fehlerhaft oder ungenügend ist,
die Wasserversorgung, Entwässerungs oder Sanitäranlagen fehlen / ungenügend sind,
die Voraussetzungen zum Anschluss elektrischer Kochgeräte oder elektrischer Beleuchtung oder sonstiger elektrischer Geräte fehlen oder ungenügend sind,
nicht wenigstens ein zum Aufenthalt bestimmter Wohnraum eine Größe von mindestens 10 m² hat
oder nicht wenigstens ein zum Aufenthalt bestimmter Wohnraum ausreichend belüftet und mit Tageslicht belichtet werden kann (vergleiche § 4 WoSchG).
Es werden auch Anforderungen an Nebenanlagen definiert (beispielsweise Müllplätze, Hausflur, Kelleranlagen).
Wenn die bauliche Beschaffenheit oder der Zustand von Wohnraum diesen Mindestanforderungen nicht (mehr) genügt, kann die Gemeinde Maßnahmen zu deren Erfüllung anordnen. Die Nichtbefolgung derartiger Anordnungen kann eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit darstellen. Ebenso verhält es sich, wenn Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten unterblieben sind und dadurch die Nutzbarkeit des Wohnraumes erheblich beeinträchtigt wird.
Wenn die Mindestanforderungen an den Wohnraum nicht erfüllt sind, die Mängel das Wohnen offensichtlich erheblich beeinflussen, dadurch erhebliche gesundheitliche Schäden für die Bewohner*innen drohen und die Mängelbeseitigung nicht angeordnet werden kann oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist, kann die Gemeinde sogar die Unbewohbarkeit dieses Wohnraums erklären. Er darf dann nicht mehr für Wohnzwecke überlassen werden, und eine Zuwiderhandlung stellt ebenfalls eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar.
Das Wohnraumschutzgesetz regelt zur Vermeidung einer Überbelegung auch, dass Wohnungen grundsätzlich nur überlassen oder genutzt werden dürfen, wenn für jede Person eine Wohnfläche von mindestens 10 m² (für jedes Kind bis sechs Jahre von mindestens 6 m²) vorhanden ist. Die Gemeinde kann die Räumung überbelegten Wohnraumes verlangen. Die Nichtbefolgung stellt ebenfalls eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar.
Zweckentfremdung
Der dritte Abschnitt des Wohnraumschutzgesetzes versetzt die Kommune in die Lage, nach Erlass einer Zweckentfremdungssatzung einer Zweckentfremdung von Wohnraum zu begegnen. Mit dieser Satzung kann die Kommune bestimmen, dass Wohnraum nur mit ihrer vorherigen Genehmigung überwiegend anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf. Eine solche Zweckentfremdung liegt nach dem Gesetz insbesondere vor, wenn Wohnraum
zu mehr als 50 % der Wohnfläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird,
baulich derart verändert oder in einer Weise genutzt wird, dass er für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist,
mehr als insgesamt zwölf Wochen im Jahr tage- oder wochenweise als Ferienwohnung vermietet wird,
länger als sechs Monate ununterbrochen leer steht
oder beseitigt wird.
Des Wohnraumschutzgesetz regelt die Einzelheiten einer Genehmigung zur Zweckentfremdung und berechtigt die Kommune, eine nicht genehmigte Zweckentfremdung zu beenden und den Wohnraum wieder zu Wohnzwecken zuzuführen. In bestimmten Fällen kann die Gemeinde eine Wiederherstellung beseitigten Wohnraumes verlangen. Sie kann unter Umständen auch die Schaffung von Ersatzwohnraum oder die Leistung einer Ausgleichszahlung verlangen.
Wer Wohnraum vorsätzlich oder fahrlässig ohne die erforderliche Genehmigung der Gemeinde überwiegend anderen als Wohnzwecken zuführt, begeht eine Ordnunsgwidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis 100.000 € geahndet werden kann.
Um gegen die beschriebenen Tatbestände vorgehen zu können, bedarf es einer Satzung, der sogenannten Zweckentfremdungssatzung.
Umsetzung in der Verwaltung
Es gibt bereits nach Bauordnungsrecht die Möglichkeit, gegen Missstände vorzugehen, wenn von der Immobilie eine Gefahr für Leib und Leben ausgeht. Das Wohnraumschutzgesetz geht weit über die bisherigen Befugnisse hinaus. Es ersetzt jedoch nicht privatrechtliche Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen Mieter*innen und Vermieter*innen. Geht es um Einzelinteressen, werden nach wie vor Beratungen über den Mieterverein und die Einschaltung von Rechtsanwälten das Mittel der Wahl bleiben. Das Gesetz soll und kann den zivilrechtlichen Mieterschutz nicht ersetzen.
Die Federführung zur Umsetzung des Gesetzes liegt derzeit noch im Referat des Dezernates für Soziales, Gesundheit, Wohnen und Sport, soll aber mittelfristig an das Amt für Wohnen und Grundsicherung übergehen. Andere Ämter wie das Amt für Bauordung, Vermessung und Geoinformation, das Amt für Gesundheit, das Umweltschutzamt, das Ordnungsamt, der ABK, die Feuerwehr sind regelmäßig einbezogen.
Zunächst sollen keine neuen Planstellen geschaffen sondern mit den vorhandenen Ressourcen erste Erfahrungen gesammelt werden. Es wird kein Massenverfahren für alle Häuser angestrebt, sondern es sollen einzele ausgewählte Objekte in den Fokus genommen werden, die eine besonders schlechte Ausstrahlung in das Quartier haben. Dabei ist auch die Finanzkraft des in die Pflicht zu nehmenden zu berücksichtigen.
Konkret wird die Verwaltung den Schwerpunkt in den Stadtteil Kiel-Gaarden legen und sich dort um überbelegte oder leerstehende Objekte kümmern.
Kosten
Das Land hat mit dem Gesetz den Kommunen keine neuen Pflichten auferlegt, so dass gemäß dem Grundsatz der Konnexität nach Art. 57 Absatz 2 Landesverfassung ein finanzieller Ausgleich nicht geleistet wird. Soweit auf der Grundlage dieses Gesetzes Maßnahmen zur Herstellung und Sicherung erträglicher Wohnverhältnisse veranlasst werden, tragen die Pflichtigen dafür die Kosten. Bei einer Ersatzvornahme durch die Gemeinde sind die Kosten als öffentliche Last auf dem Grundstück abgesichert. Schließlich enthält das Gesetz in § 16 Absatz 3 eine Verordnungsermächtigung für den Erlass einer Gebührenverordnung, so dass die Kommunen einen Kostendeckungsbeitrag für Amtshandlungen auf der Grundlage dieses Gesetzes erhalten können. Abzuwarten bleibt, ob das Land von seiner Ermächtigung Gebrauch macht, Gebühren durch Rechtsverordnung zu bestimmen.
Mit Erlass der Satzung entstehen zunächst keine Kosten.
Gerwin Stöcken
Stadtrat
Anlagen
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1
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(wie Dokument)
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475,4 kB
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