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Antrag der Verwaltung - 1174/2024
Grunddaten
- Betreff:
-
380-kV-Leitung „Audorf – Göhl und neues Umspannwerk im Raum Kiel - Forderungen an TenneT
- Status:
- öffentlich (Drucksache freigegeben)
- Drucksachenart:
- Antrag der Verwaltung
- Federführend:
- Stadtplanungsamt
- Vorlagenchecks:
- Drucksache hat keine Auswirkungen auf den Haushalt und den Stellenplan
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Bauausschuss
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Vorberatung
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Oct 10, 2024
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Nov 21, 2024
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Antrag
1. Die Landeshauptstadt Kiel fordert den Netzbetreiber TenneT auf für ihre Planung zur 380kV-Leitung einschließlich eines neuen Umspannwerks in der Region,
- auch Untersuchungsräume für das Umspannwerk außerhalb des Kieler Stadtgebiets ernsthaft zu prüfen und mit den Standortsuchräumen in Kiel zu vergleichen, dabei soll eine allgemein verständliche Aufbereitung und Gegenüberstellung der Standortsuchräume anhand der gewählten Kriterien erfolgen,
- Eingriffe in Landschaftsschutzgebiete und andere schützenswerte Naturräume soweit wie möglich zu vermeiden,
- aktuelle und potenziell langfristige Siedlungsentwicklungen in Kiel nicht zu verhindern,
- die vorhandene Trassenführung unter Zusammenführung der verschiedenen Leitungen auf einem Tragsystem zu nutzen und
- offen zu kommunizieren und echte Einflussmöglichkeiten der Stadtgesellschaft klar bis zum Ende Oktober 2024 zu benennen.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, bereits jetzt präventiv mit TenneT das Gespräch zu suchen, um mögliche Beeinträchtigungen, die aus etwaigen Planungen zu dem Umspannwerk in den Suchräumen auf Kieler Stadtgebiet resultieren, zu minimieren.
Sachverhalt/Begründung
Hintergrund:
TenneT (einer von 4 Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland) plant die neue 380-kV-Leitung „Audorf - Göhl“ auf Basis des durch die Bundesnetzagentur bestätigten Netzentwicklungsplanes 2037/45 (NEP 2037). Ein zusätzliches Umspannwerk mit hohem Flächenbedarf von 30+x Hektar wird in Kiel oder im Umland benötigt. Informationen finden sich im Internet unter: https://www.tennet.eu/de/projekte/audorf-goehl
Aktuell wird durch TenneT eine Standortsuche in Nähe zu dem bestehendem 220-kV-Ring um Kiel mit derzeit zwei möglichen Standorten auf Kieler Stadtgebiet durchgeführt zum einen zwischen Schlüsbek und Rönne und zum anderen zwischen Meimersdorf und Kleinflintbek
Ziele der Planung sind vorrangig die Versorgungssicherheit für Kiel und Umgebung, der Transport grüner Energie und die Senkung der „Redispatch-Kosten“ . Chancen (lt. TenneT) sind eine Kapazitätssteigerung bei der Einspeisung von z.B. PV-Anlagen und Möglichkeit der Ansiedlung energieintensiver Unternehmen sowie Unternehmen aus dem Bereich der Energiewende, zudem ist ein Umspannwerk Gewerbesteuerrelevant.
Durch diese Maßnahme sind potenziell negative Auswirkungen auf Kiel zu erwarten. Es droht eine hohe Flächeninanspruchnahme und der Verlust von landwirtschaftlichen Flächen sowie schützenswerter Außenbereiche. Zudem ist eine Einschränkung von Siedlungsentwicklungen in der Zukunft möglich.
Bisherige Einbindung der LHK
Der Netzbetreiber TenneT hat bereits im Zuge der NEP Fortschreibung Ende 2023 erstmalig Kontakt zur LHK aufgenommen und die Verwaltung über seine Tätigkeiten Informiert. Auf diese Informationen hat die LHK mit ihrer Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan Strom 2037/45 (DS 1182/2023) reagiert.
Weiter hat die Verwaltung und im Folgenden auch TenneT im Rahmen von Ortsbeiratssitzungen und Ausschusssitzungen im Sommer 2024 über den aktuellen Stand informiert. Die Verwaltung steht in Kontakt mit TenneT wesentlich über ihren für die Region zuständigen Bürgerreferenten.
Es werden bislang zu wenig konkrete fachliche Informationen über Entscheidungen und Entscheidungsgrundlagen ausgetauscht. So sind auf Nachfrage hin zwar die Kategorien nach denen die Standortsuche durchgeführt wird bekannt, jedoch liegen der LHK keiner Zwischenergebnisse und Erläuterungen vor.
Aktueller Zeitplan:
- Information der Öffentlichkeit im Oktober 2024
Dienstag, 8. Oktober 2024, 14:00 Uhr – 19:00 Uhr
Ort: Bürger- und Sportzentrum, Dorfstraße 39, 24220 Flintbek (hier sind insbesondere auch die Kieler Bürger*innen eingeladen)
Mittwoch, 9. Oktober 2024, 14:00 Uhr – 19:00 Uhr
Ort: Landhaus Bredenbek, Kieler Straße 18, 24796 Bredenbek
- Detailplanungen und Umweltprüfungen durch TenneT bis zum 2. Quartal 2025
- Einreichung der Planfeststellungsunterlagen für den Abschnitt Audorf - Kiel durch TenneT zum 30.06.2025
Forderungen LHK:
Die Landeshauptstadt Kiel begrüßt grundsätzlich die bundesweiten Anstrengungen zur Beschleunigung der Energiewende und zur Stabilisierung der Netzinfrastruktur. Bei dem Anschluss an das 380 kV-Netz und der Netzverstärkung Kiels als verdichteter Siedlungsraum mit nur geringen Flächenpotenzialen muss die Stadt jedoch besondere Schutzansprüche und Entwicklungsfreiräume für die Bevölkerung, die Natur aber auch der zukünftigen Siedlungsentwicklung geltend machen. Entsprechend besteht Bedarf zu diesem frühen Zeitpunkt den fachlichen Austausch der LHK und von TenneT weiter zu intensivieren um Interessen der LHK einzubringen. Dazu werden Forderungen an TenneT (1.) formuliert und die Verwaltung mit Gesprächen zu den potenziellen Standorten auf Kieler Stadtgebiet (2.) beauftragt:
Zu 1:
Die Landeshauptstadt Kiel fordert den Netzbetreiber TenneT auf für ihre Planung zur 380kV-Leitung einschließlich eines neuen Umspannwerks im Raum Kiel,
- auch Untersuchungsräume für das Umspannwerk außerhalb des Kieler Stadtgebiets ernsthaft zu prüfen und mit den Standortsuchräumen in Kiel zu vergleichen, dabei soll eine allgemein verständliche Aufbereitung und Gegenüberstellung der Standortsuchräume anhand der gewählten Kriterien erfolgen,
Kiel hat für seine Einwohner*innenzahl ein vergleichsweise kleines Stadtgebiet und muss als Landeshauptstadt auf diesen Flächen gleichzeitig alle entsprechenden Bedarfe abbilden. Die möglichen Standorte im Kieler Süden finden sich in der Nähe von teilweise bereits dicht bebauten Siedlungslagen. Demnach wären viele Menschen durch Verlust von Naherholungsanlagen und durch mögliche geplante und ungeplante Emissionen betroffen. Die benannte Flächengröße von 30 ha +X für ein neues Umspannwerk kann auf Kieler Stadtgebiet aus Sicht der Verwaltung nicht menschen- und umweltverträglich abgebildet werden. Flächen sollen daher außerhalb Kiels entlang der Trasse ernsthaft geprüft werden und für weitere Standorte außerhalb Kiels auch zusätzliche Leitungsverbindungen von TenneT in Kauf genommen werden. Die alternativen Standorte sind mit den Standorten in Kiel zu vergleichen. Dabei soll eine allgemein verständliche Aufbereitung und Gegenüberstellung der Standortsuchräume anhand der gewählten Kriterien erfolgen.
- Eingriffe in Landschaftsschutzgebiete und andere schützenswerte Naturräume soweit wie möglich zu vermeiden,
Die der Verwaltung bekannten Standortsuchbereiche für das Umspannwerk liegen im Landschaftsschutzgebiet „ Zwischen Eidertal und Klosterforst Preetz“ . Diese wertvolle kulturhistorische Landschaft hat eine herausragende Naherholungsfunktion für die Bevölkerung Kiels. Durch die Verstärkung der Stromtrasse liegt bereits eine Landschaftsbildbelastung in Kiel vor, weshalb eine weitere Landschaftsbildschädigung durch ein Umspannwerk zu vermeiden ist.
Bei den Potenzialflächen im Süden Kiels handelt es sich zudem um seit Jahrhunderten landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die Landeshauptstadt Kiel kann ein Umspannwerk innerhalb dieser Flächen aus Gründen des Boden- und Klimaschutzes daher nicht befürworten. Beim Bau des Umspannwerks kommt es dauerhaft durch die Errichtung und den Betrieb zu Eingriffen (z.B. Gründung, Baustellenbetrieb, Grund- und Oberflächenwasserabsenkung, Wegebau etc.) weit über die eigentliche Bauwerksfläche hinaus und damit zu erheblichen negativen Umweltauswirkungen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Funktionen als Wasser- und CO2-Speicher, die für den Klimaschutz von Bedeutung sind.
- aktuelle und potenziell langfristige Siedlungsentwicklungen in Kiel nicht zu verhindern,
Neben der stetigen Innenentwicklung für Wohnbauflächen stellt das Siedlungsvorhaben "StadtDorf auf den Meimersdorfer Höhen" im Kieler Süden mit ca. 2.200 Wohneinheiten aktuell die einzige Entwicklungsfläche auf landwirtschaftlichen Flächen dar. Diese letzten im Flächennutzungsplan noch verbliebenen Potenziale für Wohnbauland gilt es in vollem Umfang und Qualität bei der Standortauswahl zu berücksichtigen und sie dürfen durch das Umspannwerk nicht negativ beeinflusst werden.
Zwar gibt es aktuell keine solche Bestrebungen, aber sollten weitere Siedlungsflächenerweiterungen in Kiel langfristig notwendig werden, würden diese wahrscheinlich ebenfalls vorwiegend im Kieler Süden zu finden sein. Demnach sind auch potenzielle Siedlungserweiterungen mit einem langfristigen Planungshorizont zu berücksichtigen, die über aktuelle Darstellungen im Flächennutzungsplan hinausgehen und durch ein Umspannwerk der benannten Dimensionen massiv eingeschränkt oder verhindert würden.
- die vorhandene Trassenführung unter Zusammenführung der verschiedenen Leitungen auf einem Tragsystem zu nutzen,
Da Erdkabel auch trotz erneuter Erwägungen aus technologischen Gründen laut TenneT wohl nicht möglich sind, gilt es bei der oberirdischen Ausführung umso mehr Sorgfalt walten zu lassen. Es ist strengstens darauf zu achten, dass Eingriffe in Natur und Landschaft sowie negative Auswirkungen auf die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. Ziel muss daher sein, maximal viele Leitungen in einem Tragsystem zu kombinieren, möglichst wenige Trägermasten neu aufzustellen und bei der Trassenführung und Trassenbreite so wenig wie möglich von der Bestandssituation abzuweichen.
- und offen zu kommunizieren und Einflussmöglichkeiten der Stadtgesellschaft klar bis zum Ende Oktober 2024 zu benennen
Eine transparente und offene Kommunikation mit allen beteiligten Akteur*innen ist besonders wichtig für die Akzeptanz der Maßnahme. Wir fordern, dass die Stadtgesellschaft wie auch die Politik/ Verwaltung kontinuierlich bei den bedeutsamen Planungsschritten beteiligt werden. Hierbei gilt es insbesondere auch Zwischenergebnisse der Untersuchungen zu erläutern und dabei z.B. herzuleiten, warum Trassenverläufe und Standorte ausgeschlossen wurden und zu welchen Ergebnissen die Prüfung nach den übermittelten Kriterien gekommen ist.
Zu 2.
Die Verwaltung wird beauftragt, bereits jetzt präventiv mit TenneT das Gespräch zu suchen, um mögliche Beeinträchtigungen, die aus etwaigen Planungen zu dem Umspannwerk in den Suchräumen auf Kieler Stadtgebiet resultieren, zu minimieren.
Diese Forderung dient vor allem dazu auf fachlicher Ebene die Planung vor einer finalen Standortentscheidung durch TenneT bestmöglich zu begleiten und Bedarfe und Anforderungen der LHK an die jeweiligen Standortplanungen bestmöglich und frühzeitig einzubringen, so TenneT dies zulässt.
Auswirkungen
Die Drucksache hat keine Auswirkungen auf den Haushalt und den Stellenplan.
Die zweite Forderung hat jedoch zur Folge, dass entsprechend Personalressourcen in der Verwaltung bereitzustellen sind. Insbesondere betroffen davon sind das Stadtplanunsgamt (61) und das Umweltamt (18).
