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ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 1402/2024-01

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Beratungsfolge

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Antrag

1. Dem vorliegenden Konzept zur Kieler Wärmeplanung (Anlage 1) einschließlich des darin enthaltenen räumlichen Konzeptes (Anhang 1 des Konzepts zur Kieler Wärmeplanung) und des Maßnahmenkataloges (Anlage 3) wird zugestimmt.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Umsetzung der entwickelten Maßnahmen zur Erreichung einer treibhausgasneutralen Wärmeversorgung in Kiel bis 2040 in enger Zusammenarbeit mit der Stadtwerke Kiel AG und weiteren für die Wärmewende relevanten Akteur*innen voranzubringen und wo möglich eigenständig zu initiieren.

3. Dem Arbeitsprogramm für das Jahr 2025 (Anlage 4) mit 25 priorisierten Maßnahmen aus dem Maßnahmenkatalog wird zugestimmt.

4. Die Kieler Wärmeplanung ist über die bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen hinaus als Fachstrategie bei allen planerischen und infrastrukturellen Aktivitäten, Verfahren und Baumaßnahmen zu berücksichtigen.

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Sachverhalt/Begründung

Hintergrund der Kieler Wärmeplanung

Gemäß § 7 des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes des Landes Schleswig-Holstein (EWKG SH) ist die Landeshauptstadt Kiel als Oberzentrum mit einer Einwohner*innenzahl größer 100.000 dazu verpflichtet, bis zum Ende des Jahres 2024 eine Kommunale Wärme- und Kälteplanung für das Kieler Stadtgebiet (im weiteren Verlauf als Kieler Wärmeplanung bezeichnet) aufzustellen.

Mit dem Beschluss der Kieler Ratsversammlung DRS 0583/2022 vom 15.09.2022 wurde die Verwaltung beauftragt, gemäß den Verpflichtungen aus dem EWKG SH ein entsprechendes Konzept mit dem Ziel einer treibhausgasneutralen Wärmeversorgung bis zum Jahr 2040 aufzustellen.

Durch den Beschluss der Ratsversammlung am 14.12.2023 (DRS 1380/2023) wurde der Unterstützung durch ein externes Dienstleisterkonsortium bestehend aus der Averdung Ingenieuren & Berater GmbH, der Zebau GmbH, der Prognos AG sowie der Forschungsstelle für Energiewirtschaft bei der Erstellung der Kieler Wärmeplanung zugestimmt.

Die Erarbeitung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Stadtwerke Kiel AG sowie unter Beteiligung der Öffentlichkeit und wichtiger Stakeholder*innen. Dazu zählen z.B. Vertreter*innen der Wohnungswirtschaft, Kieler Unternehmer*innen, Handwerker*innen sowie deren Innungen, Energieffizienzberater*innen, Schornsteinfeger*innen und Kieler Ortsbeiräte.

Gemäß § 7 EWKG SH ist das Konzept zur Kieler Wärmeplanung zu beschließen, dem für Energie und Klimaschutz zuständigen Ministerium vorzulegen und unter Wahrung der Datenschutzanforderungen und der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Internet zu veröffentlichen.

Ebenfalls im § 7 EWKG SH ist die regelmäßige Überprüfung der Umsetzung von Maßnahmen zur Zielerreichung im Rahmen eines Monitorings festgeschrieben. Die Gemeinden haben dem für Energie und Klimaschutz zuständigen Ministerium über die Fortführung des kommunalen Wärme- und Kälteplans, ergänzt um die jährlichen dokumentierten Energieverbräuche der kommunalen Liegenschaften nach dessen erstmaligen Aufstellung alle drei Jahre zu berichten.

Ein wesentliches Ziel der Wärmeplanung ist es, den vor Ort besten und kosteneffizientesten Weg zu einer treibhausgasneutralen und fortschrittlichen Wärmeversorgung zu ermitteln. Die Kieler Wärmeplanung bietet den Kieler*innen eine wertvolle Orientierungshilfe bei der Entscheidung für die zukünftige Wärmeversorgung Ihrer Immobilie.

Das Potenzial zur Minderung des Ausstoßes klimaschädlicher Treibhausgasemissionen im Wärmesektor ist besonders hoch. Rund 55 % des Kieler Endenergieverbrauchs entfallen auf den Wärmesektor. Derzeit wird in Kiel der Wärmebedarf noch zu etwa 95 % durch fossile Brennstoffe gedeckt. Die Kieler Wärmeplanung stellt eine wichtige Grundlage da, um dieses Potenzial zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu heben.

Auswirkungen und Verbindlichkeit

Die Ergebnisse der Kommunalen Wärme- und Kälteplanung für die Landeshauptstadt Kiel sind rechtlich nicht verbindlich und es besteht kein Anspruch auf Umsetzung der identifizierten kosteneffizientesten treibhausgasneutralen Wärmeversorgungslösung an einem Standort.

Der Beschluss der Kommunalen Wärme- und Kälteplanung hat keine Auswirkungen auf die gesetzlich geltenden Vorgaben aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG). Nach diesem Bundesrecht (§71 GEG) müssen ab dem 01.07.2026 bei einem Heizungsaustausch 65 % der benötigten Wärme durch erneuerbare Energien oder unvermeidbarer Abwärme gedeckt werden. Eine Ausweisung von Gebieten für den Neu- und Ausbau von Wärmenetzen gem. § 26 Wärmeplanungsgesetz ist nicht Bestandteil dieses Beschlusses. Dieser hätte zur Folge, dass die gesetzlichen Anforderungen nach Absatz 1 §71 GEG einen Monat nach Bekanntmachung dieser Entscheidung anzuwenden wären.

Wesentliche Ergebnisse der Kieler Wärmeplanung

Das beiliegende Konzept zur Kieler Wärmeplanung (Anlage 1) beinhalten die wichtigsten Ergebnisse aus den verschiedenen Prozessschritten und entspricht den gesetzlichen Anforderungen gem. § 7 EWKG SH an die verpflichtende Beschlussfassung. Der ausführliche Endbericht wird voraussichtlich zum Ende des ersten Quartals 2025 vorliegen.

Die wesentlichen Ergebnisse sind im Folgenden zusammengefasst:

1.     Bestandsanalyse

Im Rahmen der durchgeführten Bestandsanalyse wurde der Status Quo der Wärmeversorgung und des Gebäudebestandes beschrieben. Diese Analyse umfasst zunächst die Beschreibung der Gebäudetypologie mit Aspekten wie Neubaugebiete, Baualter und Denkmalschutz und anschließend die Analyse der Energieerzeugung samt Energie- und Treibhausgasbilanz. Auch bestehende Wärmenetzinfrastruktur und Informationen zu einzelnen wichtigen Akteur*innen sind Bestandteil dieses Arbeitspaketes.

Auf Basis der bereitgestellten energierelevanten Daten durch Energieversorgungsunternehmen, Schornsteinfeger*innen und weitere Akteur*innen wurde für das Kieler Stadtgebiet folgende Ausgangssituation für die Kieler Wärmeplanung ermittelt.

  Gesamtwärmebedarf: ca. 2.400 GWh pro Jahr

  Gesamt Treibhausgasemissionen: 428.000 t CO2-eq pro Jahr

  Aufteilung nach Wärmeversorgungsart

  Fernwärme:                      42 % (1.024 GWh)

  Nahwärme:                       1 % (34 GWh)

  Gas:                                  34 % (832 GWh)

  Heizöl:                              19 % (451 GWh)

  Feste Biomasse:                4 % (88 GWh)

  Luft-Wärmepumpe:            < 1 %

2.     Prognose zukünftiger Wärme- und Kälteverbräuche

Die Bedarfsanalyse zielt darauf ab, die zukünftige Entwicklung des Wärmeenergiebedarfs anhand der heutigen Gebäudedaten abzuschätzen. Um eine Überdimensionierung zukünftiger klimaneutraler Energieerzeugungstechnologien zu vermeiden, wurde im Rahmen der Kieler Wärmeplanung eine Prognose des zukünftigen Wärmebedarfs bis zum Jahr 2040 vorgenommen. Hierfür wurde das Bundesszenario entsprechend der lokalen Gegebenheiten modifiziert und ein entsprechendes Kiel-Szenario entwickelt. Dieses unterscheidet sich im Wesentlichen durch eine reduzierte Sanierungsrate (Altbestand Ein- und Mehrfamilienhäuser 1,2 %, Kommunale Gebäude 2,5 %, Industrie und GHD 1,0 %) im Vergleich zum Bundesszenario (Altbestand Einfamilienhäuser 1,9 %, Altbestand Mehrfamilienhäuser 2,1 %, Kommunale Gebäude, Industrie und GHD 1,6 %). Erfahrungen aus dem Masterplanprozess 2016 sowie Gespräche mit lokalen Stakeholdern aus der Wohnungswirtschaft und aktuelle Statistiken zeigen, dass eine Sanierungsrate von ca. 2 % bei Wohngebäuden als nicht realistisch gilt. Aufgrund der Vorbildfunktion im Klimaschutz, wird die Sanierungsrate für Kommunale Gebäude, analog zum Masterplan 100 % Klimaschutz, weiter mit 2,5 % angesetzt.

Unter Berücksichtigung der Kriterien:

  moderate Sanierungsrate (s. oben)

  Bevölkerungsentwicklung (Anstieg um 3,3 % bis 2040 auf 255.867 Einwohner*innen)

  Flächenzunahme durch Bevölkerungsentwicklung (Anstieg um 9,1 % bis 2040 auf 11.2 Mio. m²)

  Mildere Witterung durch fortschreitenden Klimawandel (Reduktion der Gradtagszahlen bis 2040 um 9 %)

wurde für das Zieljahr 2040 eine Reduzierung des Wärmebedarfs um 18 % prognostiziert.

Darüber hinaus wurde ebenfalls eine Prognose der zukünftigen Wärme und Kältebedarfe für die einzelnen Sektoren Private Haushalte, Kommunale Liegenschaften, Gewerbe und Industrie ermittelt.

3.     Potenzialanalyse Erneuerbarer Energien und Abwärme

Im Rahmen des Prozesses zur Erstellung der Kieler Wärmeplanung wurde eine quantitative, räumlich differenzierte Analyse des Potenzials lokal verfügbarer Wärme- und Kälte aus Erneuerbaren Energien und Abwärme durchgeführt.  

Da die Stadtwerke Kiel AG mit dem Transformationsplan einen eigenständigen Pfad zur Dekarbonisierung des Fernwärmenetzes mit erneuerbaren Energien entwickeln, wurden in der Potenzialanalyse nur nutzbare Potenziale aus Erneuerbaren Energien und Abwärme für die identifizierten Gebiete für den Ausbau und die Erweiterung von Nahwärmenetzen, sowie für die dezentral versorgen Gebiete ermittelt. 

Für die verschiedenen regenerativen Energiequellen ergeben sich folgende Potenziale:

Tabelle 1: Übersicht erneuerbare Potenziale der Wärmeversorgung 

Die Tabelle zeigt, dass Luft-Wärme sowohl in der Versorgung von Wärmenetzgebieten, als auch in der dezentralen Versorgung sehr große Potenziale und demzufolge eine herausragende Bedeutung hat. Die restlichen Potenziale umfassen jeweils einen Deckungsanteil von 13-25 % insgesamt. Jedes Potenzial hat daher eine Relevanz. Die möglichen Anteile in den einzelnen Gebieten können stark vom Durchschnittswert abweichen.

Die relevantesten Potenziale wurden den Wärmebedarfen in den potenziellen Versorgungsgebieten gegenübergestellt. Entsprechende Aussagen befinden sich in Kapitel 2.3 des Konzeptes sowie in den jeweiligen Maßnahmensteckbriefen der Gebiete.

4.     Räumliches Konzept

Wesentlicher Bestandteil der Kieler Wärmeplanung ist das Räumliche Konzept, eine Stadtkarte, aus der hervorgeht, welche Gebiete sich für den Ausbau der Kieler Fernwärme eignen, wo der Aufbau von Nahwärmenetzen eine sinnvolle Lösung sein kann und wo eine individuelle Einzellösung die kosteneffizientere treibhausgasneutrale Versorgungslösung darstellt. Seit dem 25. Oktober 2024 ist das Räumliche Konzept öffentlich unter Kiel.de/Waermeplanung einsehbar.

Folgende Gebietskategorien werden im Kieler Wärmeplan ausgewiesen:

  Fernwärme-Bestand: Gebiete in unmittelbarer Nähe des Fernwärme-Bestandsnetzes, wo ein Anschluss an das Verbundnetz auf Kundenwunsch unmittelbar möglich ist 

  Fernwärme-Erweiterung: Gebiete die von den Stadtwerken Kiel in den nächsten 10 Jahren zur Erschließung vorgesehen sind. Eine Zeitplanung und Priorisierung der Gebiete liegt vor. 

  Nahwärme-Bestand: Von einem Nahwärmenetz erschlossenes Gebiet  

  Nahwärme-Erweiterung: Wärmenetz-geeignetes Gebiet 

  Prüfgebiet: Gebiet in dem vor Festlegung der finalen Gebietskategorien noch Unwägbarkeiten oder Abhängigkeiten bestehen 

  Dezentral: Gebiete in denen die Einzelobjektversorgung die wirtschaftlichste Variante darstellt 

  Dezentral - mit besonderem Beratungsangebot: Gebiete in denen die Einzelobjektversorgung mit Herausforderungen verbunden ist, da die Aufstellung von Luft-Wärmepumpen aufgrund der engen Bebauung und der geltenden Schallschutzanforderungen schwierig sein könnte und Eigentümer*innen gezielt zu alternativen Technologien oder gemeinschaftlichen Lösungen beraten werden 

  Gebiete ohne Wärmebedarf

Fern- und Nahwärme

Gemäß des Räumlichen Konzeptes entfallen rund 77 % des Wärmebedarfs auf Bereiche, die sich in potenziellen Gebieten für die Errichtung einer leitungsgebundenen Wärmeversorgung befinden. In diesen Gebieten befinden sich ebenfalls ca. 80 % der Kieler Haushalte. Dabei fallen ca. 70 % des Wärmebedarfs (73 % der Haushalte) in Bestands- und Erweiterungsgebieten der Kieler Fernwärme an und etwa 7 % des Wärmebedarfs (7 % der Haushalte) in Bestands- und Erweiterungsgebieten von Nahwärmenetzen.

Diese Verteilung zeigt, dass ein Großteil des Kieler Wärmebedarfs und der Haushalte durch leitungsgebundene Wärmeversorgung abgedeckt werden kann, wobei die Fernwärme den größten Anteil ausmacht.

Ein wesentliches Kriterium bei der Identifizierung von geeigneten Gebieten für den Aufbau einer leitungsgebundenen Wärmeversorgung ist die Wärmeliniendichte Diese wird als transportierte Wärmemenge pro Meter Trassenlänge und Jahr gemessen. Für die Ermittlung von potenziellen Nahwärmeausbau- und -erweiterungsgebieten legte der Gutachter eine Wärmeliniendichte von mindestens 750 kWh/(m*a) zu Grunde unter der ein Wärmenetz nicht sinnvoll ist. Im Bereich zwischen 750 kWh/(m*a) und 1.500 kWh/(m*a) liegt ein Grenzbereich, wo die Sinnhaftigkeit eines Wärmenetzes im Einzelfall zu prüfen ist. Die Stadtwerke Kiel AG verfolgen einen etwas anderen Ansatz bei der Ermittlung von Fernwärme-Erweiterungsflächen. Sie beziehen die Wärmeliniendichte nicht auf den Wärmebedarf, sondern auf die anfallende Leistung pro Trassenlänge. Die identifizierten Fernwärme-Erweiterungsflächen weisen eine Wärmeliniendichte von mindestens 0,8 kW/m auf. Zusätzlich ist die Nähe zum bestehenden Fernwärmeverbundnetz entscheidend. Trotz der unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen, kommen beide Ansätze zu nahezu identischen Ergebnissen in Bezug auf die identifizierten Potenzialgebiete für den Aufbau von leitungsgebundener Wärmeversorgung.

Verdichtungs- und Ausbauplanung Fernwärme

In enger Zusammenarbeit mit der Stadtwerke Kiel AG wurden insgesamt 49 Erweiterungsflächen ermittelt, die sich für den Ausbau des Kieler Fernwärmenetzes eignen (s. Anlage 2). Innerhalb dieser Erweiterungsflächen befinden sich ca. 5.000 Objekte. Darüber hinaus existiert ein weiteres Potenzial innerhalb des Fernwärme-Bestandsnetzes. Die Stadtwerke Kiel AG beziffern dieses Verdichtungspotenzial im Bestandsnetz auf ca. 3.000 Objekte.

In Abstimmung mit dem Tiefbauamt der Landeshauptstadt Kiel wurde eine Priorisierung und Zeitplanung für die Erweiterungsflächen vorgenommen. Wesentliches Kriterium bei der Priorisierung der Erweiterungsflächen ist die die Wärmeliniendichte. Die Ansprache der Hauseigentümer*innen soll in Wellen mit einem Abstand von zwei Jahren stattfinden. Beginnend im Jahr 2025 und entsprechend 2027, 2029, usw. Eine Übersicht der Erweiterungsflächen inkl. des geplanten Jahres für die Ansprache der Hauseigentümer*innen ist Anlage 2 enthalten. Die Erschließung der Erweiterungsflächen hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wichtigste Voraussetzung ist die Erzielung einer verbindlichen Anschlussquote an das zu errichtende Wärmenetz von mindestens 70 %. Nach erfolgreicher Akquise ist mit einer Umsetzungsphase von 3 bis 4 Jahren zu rechnen (abhängig von der Größe, Struktur der Fläche und der Tiefbaukapazitäten).

Auskunft über Anschlussmöglichkeiten an das Kieler Fernwärmenetz bietet der Fernwärmeverfügbarkeitscheck auf den Internetseiten der Stadtwerke Kiel AG.

Gemäß dem Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze des Bundes (WPG) sind Wärmenetzbetreiber verpflichtet, jedes Wärmenetz bis 2030 zu einem Anteil von 30 % und bis 2040 mit einem Anteil von 80 % mit Wärme aus erneuerbaren Energien oder aus unvermeidbarer Abwärme zu speisen. Bis 2045 hat eine vollständige Dekarbonisierung der Wärmenetze zu erfolgen. Diese Vorgaben gelten auch für das Fernwärmenetz der Stadtwerke Kiel AG und alle Nahwärmenetze im Kieler Stadtgebiet.

Verdichtungs- und Ausbauplanung Nahwärmenetze

Im Rahmen des Prozesses zur Erstellung der Kieler Wärmeplanung wurden potenzielle Gebiete für den Aufbau von Nahwärmenetzen identifiziert. Diese Gebiete befinden sich nicht in unmittelbarer Nähe zum Fernwärmebestandsnetz. In folgenden Stadtteilen wurden potenzielle Gebiete für den Aus- und Aufbau von Nahwärmenetzen ermittelt:

  Schilksee (Bestandswohnquartier mit Bestandswärmenetz)

  Pries/Friedrichsort (Bestandswohnquartier)

  Elmschenhagen-Süd (Bestandswohnquartier)

  Sanierungsgebiet Holtenau-Ost (Stadtentwicklungsgebiet)

  Campuserweiterung Bremerskamp (Stadtentwicklungsgebiet)

  Kieler Süden Meimersdorfer Höhen (Stadtentwicklungsgebiet)

  Gewerbegebiet Bölckestraße Süd (Stadtentwicklungsgebiet)

Darüber hinaus gibt es Bestrebungen ein Interkommunales Wärmenetz im Kieler Stadtteil Oppendorf in Kooperation mit der Nachbargemeinde Schönkirchen aufzubauen. 

Prüfgebiete

Ca. 7 % des Wärmebedarfs (6 % der Haushalte) befindet sich in sogenannten Prüfgebieten. Für diese Gebiete kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend eine Aussage über die kosteneffizienteste klimaneutrale Wärmeversorgungsart genannt werden, da weitergehende Untersuchungen bzw. Entscheidungen erforderlich sind.

Dezentrale Energieversorgung

Etwa 16 % des Wärmebedarfs (14 % der Haushalte) entfallen auf Bereiche, für die eine dezentrale Wärmeversorgung (individuelle Einzelobjektversorgung) die kosteneffizienteste klimaneutrale Versorgungslösung darstellt. Davon befinden sich ca. 4 % in Gebieten, in denen die Aufstellung von objektbezogenen Luft-Wärmepumpen aufgrund der Gebäudestrukturen genauer geprüft werden muss oder ggf. eine alternative klimaneutrale Technologie eingesetzt werden sollte.

Potenzialuntersuchung Luft-Wärmepumpen

Für das gesamte Stadtgebiet wurde das Potenzial für die Aufstellung von Luft-Wärmepumpen unter Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen zum Schallschutz untersucht. Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft hat über eine gebäudescharfe Modellrechnung potenzielle Aufstellungsorte für Luft-Wärmepumpen und deren Abstände zu Nachbarwohngebäuden für das gesamte Stadtgebiet untersucht. Bezogen auf das gesamte Kieler Stadtgebiet könnten theoretisch 68 % der Gebäude mit dezentrale Luft-Wärmepumpen versorgt werden. Betrachtet man die dezentral zu versorgenden Gebiete, liegt der Anteil der geeigneten Gebäude innerhalb dieser Gebiete bei etwa 90 %. Auch bei Nicht-Wohngebäude ergibt sich ein sehr hoher Anteil geeigneter Gebäude, da diese sich oft in Gewerbe- und Industriegebieten mit höheren Immissionsgrenzwerten befinden und weniger schützenswerte Wohngebäude in der näheren Umgebung stehen. Für Nichtwohngebäude können allerdings je nach Nutzungsart auch andere Technologien wie z.B. die Nutzung eigener Abwärme sinnvoll sein.

Dezentrale Energieversorgung - mit besonderem Beratungsangebot

Eine deutlich niedrigere Quote ergibt sich in Gebieten mit hoher Bebauungsdichte, wie beispielsweise der dichten Mehrfamilienhausbebauung in der Innenstadt oder in Reihenhaussiedlungen. Diese Gebiete wurden im Räumlichen Konzept als Gebiete mit besonderen Beratungsangeboten ausgewiesen, da die Landeshauptstadt Kiel es als ihre Aufgabe sieht, für diese Gebiete individuelle Lösungsansätze für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung zu entwickeln.

Das Potenzial für Luft-Wärmepumpen ist insgesamt von herausragender Bedeutung für die Wärmewende in Kiel. Die tatsächliche Eignung einzelner Gebäude muss im Einzelfall geprüft werden.

Partizipativer Prozess und Öffentlichkeitsarbeit

Der gesamte Prozess zur Erstellung der Kieler Wärmeplanung war von einem breit angelegten partizipativen Prozess begleitet. Durch verschiedene Veranstaltungsformate wurden unterschiedliche Stakeholder, Akteur*innengruppen sowie die Öffentlichkeit eingebunden und informiert.

Folgende Termine fanden im Rahmen des Prozesses zur Erstellung der Kieler Wärmeplanung seit Herbst 2023 statt:

  28.09.2023 OBR Schreventeich/Hasseldieskdamm

  18.03.2024 1. Wärmeforum – Auftakt zur Kieler Wärmeplanung

  18.03.2024 Vorstellung Prozess KWP bei den Kieler Wohnungsmarktakteur*innen

  15.04.2024 Infoabend SPD Kiel Wik zur KWP

  25.04.2024 Informationsveranstaltung KWP Wohnungswirtschaft

  14.05.2024 OBR Suchsdorf

  22.05.2024 Vorstellung Prozess KWP im Masterplan-Gremium

  07.06.2024 1. Arbeitsgruppentreffen Wohnungswirtschaft – Fernwärmeausbau

  10.06.2024 Informationsaustausch zur KWP mit der GMSH

  12.06.2024 Vorstellung Prozess KWP OBR Mettenhof

  12.06.2024 Vorstellung Prozess KWP im OBR Schilksee

  21.06.2024 2. Arbeitsgruppentreffen Wohnungswirtschaft – Nahwärmenetze

  05.07.2024 3. Arbeitsgruppentreffen Wohnungswirtschaft – dezentrale klimaneutrale Wärmeversorgung

  18.07.2024 1. Arbeitsgruppentreffen Wirtschaft

  03.09.2024 Vorstellung Zwischenergebnisse im AUKUM

  06.09.2024 1. Arbeitsgruppentreffen stadtintern

  15.09.2024 Energietage Stadtwerke Kiel AG

  15.09.2024 Auftakt Klimawoche Schilksee

  16.09.2024 2. Wärmeforum – Zwischenergebnisse KWP

  17.09.2024 Vorstellung Zwischenergebnisse KWP Industriepolitischer Dialog

  23.09.2024 Expert*innenaustausch zur KWP

  24.09.2024 Vorstellung Zwischenergebnisse KWP in OBK

  21.09.2024 Stadtteilfest Mettenhof

  05.10.2024 Klimatag Russee

  07.10.2024 SPD Fraktionssitzung Vorstellung Zwischenergebnisse KWP

  07.102024 Interkommunales Wärmenetz Oppendorf

  08.10.2024 Online Info KWP in Kooperation mit Unternehmensverband Kiel e.V.

  15.10.2024 Projekttreffen Pilotprojekt Geigerstraße

  11.11.2024 Informations- und Bürgerforum – klimaneutrale Nahwärmenetze

  13.11.2024 OBR Wik – SWK stellt FW-Ausbauplanung vor

  14.11.2024 Informationsveranstaltung Ortsbeiräte

  18.11.2024 Informations- und Bürgerforum – Fernwärmeausbauplanung

  25.11.2024 Informations- und Bürgerforum – individuelle klimaneutrale Objektversorgung

  28.11.2024 OBR-Sitzung Oppendorf

  03.12.2024 2. Expert*innenaustausch KWP

Darüber hinaus gab es eine Vielzahl von bilateralen Gesprächen mit unterschiedlichen Akteur*innen, die in den Prozess zur Erstellung der Kieler Wärmeplanung eingeflossen sind. Auf den Social-Media-Kanälen, der Lokalpresse und der städtischen Internetseite unter kiel.de/Waermeplanung wurde regelmäßig über den Prozess informiert.

Auch in der anschließenden Umsetzungsphase spielt die Beteiligung verschiedenen Akteur*innengruppen und der Öffentlichkeit eine zentrale Rolle.

Wärmewendestrategie und Maßnahmenkatalog

Die Strategie zur Erreichung einer klimaneutralen, kosteneffizienten und nachhaltigen Wärmeversorgung in Kiel bis 2040 basiert auf folgenden Kernelementen.

  Erhöhung der Anschlussquote in Fernwärmebestandsgebieten bei gleichzeitiger Dekarbonisierung der Erzeugungsanlagen.

  Ausbau der Fernwärme in gut zu erschließenden und an die Fernwärme angrenzenden Gebieten, entsprechend der in Anlage 2 enthaltenen Planungsübersicht

  Aufbau von treibhausgasneutralen Nahwärmenetzen in den Stadtentwicklungsgebieten Holtenau-Ost, Bölckestraße-Süd, Bremerskamp und Kieler Süden Meimersdorfer Höhen und in den Wohnquartieren am Wagnerring, in Pries, Friedrichsort, Elmschenhagen Süd und Oppendorf sowie Erweiterung des bestehenden Nahwärmenetzes in Schilksee.

  Umstellung der Wärmeversorgung in dezentral zu versorgenden Gebieten vorrangig auf Wärmepumpen

  Schaffung besonderer Beratungsangebote für Nachbarschaften ohne flächendeckende Luft-Wärmepumpen-Potenziale zu gemeinsamen Nachbarschaftslösungen mit dem Ziel entweder gemeinschaftlich an ein Wärmenetz angeschlossen zu werden oder eine gemeinsame Heizungsanlage zu errichten oder Alternativen der individuellen Objektversorgung

  Weiterentwicklung und Verstetigung der Akteurs- und Bürgerbeteiligung

Insgesamt wurde ein Katalog mit 34 Maßnahmen erstellt (Anlage 3), deren Umsetzung das Ziel einer klimaneutralen Wärmeversorgung in Kiel bis 2040 verfolgt. Es wird dabei in folgende Kategorien unterschieden:

  4 Übergeordnete Maßnahmen (gekennzeichnet Ü1-4)

  10 Maßnahmen in Bezug auf Nahwärmenetze (gekennzeichnet WN1-10)

  9 Maßnahmen in Bezug auf Prüfgebiete (gekennzeichnet P1-9)

  11 Maßnahmen in Bezug auf Beteiligung/Öffentlichkeitsarbeit (gekennzeichnet B1-11)

Für jede der 34 Maßnahmen wird im Endbericht ein Maßnahmensteckbrief enthalten sein, mit Vorschlägen für die Umsetzungsphase. Die Maßnahmenvorschläge sollen insbesondere bei den Maßnahmen für die Nahwärmenetze und Prüfgebiete als Gesprächsgrundlage in den jeweiligen Stadtteilen dienen.

Die Maßnahmen wurden auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse kategorisiert und priorisiert. Der Personalbedarf für die Landeshauptstadt Kiel wird in die Kategorien niedrig, mittel und hoch eingeteilt. Die angegebenen Kosten stellen indikative Schätzungen dar. Hierbei wurden ausschließlich die Kosten für die durch die Landeshauptstadt Kiel zu erbringenden Leistungen berücksichtigt. In diesen Kosten sind sowohl Ausgaben für externe Fachdienstleistungen als auch Sachkosten im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit enthalten. Personalkosten der städtischen Mitarbeitenden wurden nicht berücksichtigt.

Der Maßnahmenkatalog stellt eine Empfehlung für die Vorgehensweise in der Umsetzungsphase auf Grundlage des aktuellen Sach- und Wissensstands dar. Durch Veränderungen der Rahmenbedingungen, die oft auch auf übergeordneter Ebene eintreten – wie etwa technologische Entwicklungen oder Gesetzesänderungen auf Bundesebene – können neue Potenziale zur Emissionsminderung eröffnen. Auch Veränderungen im Bereich der Fördermittellandschaft auf Landes- und Bundesebene können insbesondere Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit verschiedener Maßnahmen haben. Daher sollten die Rahmenbedingungen stets beobachtet, neue Potenziale ermittelt und der Maßnahmenplan entsprechend angepasst werden. Ein Nachsteuerungsbedarf ergibt sich ggf. auch aus dem Monitoring der Maßnahmenumsetzung.

Eine Übersicht des gesamten Maßnahmenkataloges inkl. einer Kurzbeschreibung der Maßnahmen ist in Anlage 3 enthalten.

Für das Haushaltsjahr 2025 wurden im städtischen Haushalt 150.000 € für die Umsetzung von Maßnahmen aus dem Katalog zur Kieler Wärmeplanung durch das Umweltschutzamt angemeldet. Die Bereitstellung von weiteren 60.000 € für die schnelle Reaktion auf Erfordernisse der Wärmeplanung wurden von der Ratsversammlung am 22.10.2024 (DRS 1110/2024-01) beschlossen.

Mit Genehmigung der Kieler Wärmeplanung sollen im kommenden Jahr die im „Arbeitsprogramm 2025 zur Kieler Wärmeplanung“ (Anlage 4) enthaltenen Maßnahmen aus dem Maßnahmenkatalog begonnen bzw. umgesetzt werden.

Monitoringkonzept

Bei der Wärmeplanung handelt es sich um einen sehr dynamischen Prozess.

Das vorliegende Konzept umfasst eine Vielzahl an Maßnahmen in unterschiedlichen Handlungsfeldern, deren Umsetzungsstand und Wirksamkeit regelmäßig überprüft werden muss. Dieses Controlling der Konzeptumsetzung stellt eine wichtige Aufgabe für die Stadt dar. Das Umweltschutzamt bildet die zentrale Schnittstelle bei der Vorbereitung und Steuerung der einzelnen Maßnahmen. In dem Zuge ist auch die nach EWKG-SH vorgesehene Berichterstattung an das Land Schleswig-Holstein sicherzustellen und der Wärmeplan intern fortzuschreiben. D.h. neue Erkenntnisse, z.B. zu Prüfaufträgen oder konkreter Ausbauplanungen von Wärmenetzbetreibern sollen im Geodaten-Informationssystem fortlaufend aktualisiert werden.

Folgende Parameter und Kennzahlen sind vom Umweltschutzamt im angegebenen Turnus zu erheben und zu berichten:

  1. Fortschreibung der Energie- und CO2-Bilanz zu den Stützjahren 2030, 2035 und 2040
  2. Dreijährliche Erhebung des zu Heizzwecken verwendeten Stroms und Abgleich mit dem Zielszenario
  3. Dreijährliche Erhebung des Erdgas- und Fernwärme-Verbrauchs und Abgleich mit dem Zielszenario
  4. Anzahl neuer Fernwärme-Anschlüsse verglichen mit der durchschnittlichen jährlichen Zahl gemäß Zielszenario
  5. Anteil erneuerbarer Energie und unvermeidbarer Abwärme in der Fernwärme
  6. Anzahl der geklärten und offenen Prüfaufträge und fortlaufende Aktualisierung des Kieler Wärmeplans entsprechend den Ergebnissen
  7. Anzahl der geplanten Nahwärmenetze mit geklärter bzw. ungeklärter Betreiberschaft, ggf. Abgleich mit der Zeitplanung des Maßnahmenkatalogs
  8. Anzahl der laufenden, abgeschlossenen und noch nicht begonnenen Maßnahmen gemäß Maßnahmenkatalog

Alke Elisabeth Voß

Stadträtin für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität

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Finanzcheck

 

lfd. HH-Jahr

1. Folgejahr

2. Folgejahr

3. Folgejahr

langfr. p.a.

Erträge

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Anlagen

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Beschlüsse

Erweitern

Dec 10, 2024 - Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität - ungeändert beschlossen

Erweitern

Dec 12, 2024 - Ratsversammlung - ungeändert beschlossen