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Antrag der FDP-Ratsfraktion - 0908/2013
Grunddaten
- Betreff:
-
Änderung der Hauptsatzung
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksache freigegeben:
- 22.10.2013
- Drucksachenart:
- Antrag der FDP-Ratsfraktion
- Federführend:
- FDP-Ratsfraktion
- Beteiligt:
- FDP-Ratsfraktion
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ratsversammlung
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Oct 31, 2013
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●
Erledigt
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Finanzausschuss
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Vorberatung
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May 12, 2015
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Nov 10, 2015
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Dec 8, 2015
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Jan 12, 2016
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Erledigt
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Ausschuss für Angelegenheiten der Gemeindeverfassung
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Entscheidung
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Jan 20, 2014
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May 19, 2014
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Sep 22, 2014
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Mar 23, 2015
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Nov 23, 2015
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Feb 22, 2016
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Antrag
Antrag
§ 9 Abs. 2 Nr. 2 der Hauptsatzung wird ergänzt:
Nach „…500.000,00 € wird eingefügt:“, bei einem Steuererlass 150.000,00 €“…
Der gesamte neugefasste Text lautet dann:
…
- Verzicht auf Ansprüche der Stadt und Niederschlagung solcher Ansprüche, Führung von Rechtsstreiten und Abschluss von Vergleichen, soweit ein Betrag von 500.000 €, bei einem Steuerlass ein Betrag von 150.000,00 € nicht überschritten wird.
…
Begründung:
Die Oberbürgermeisterin der Stadt Kiel meint:
„Eine Lehre, die wir aus der Angelegenheit ziehen müssen – ich glaube die Ratsversammlung muss sie ziehen –, ist es, dass wir ein kleines, wirklich vertrauliches Sondergremium brauchen, das künftig derartige eilbedürftige Fälle entscheidet.
In diesem Fall hat es nur sechs Akteneinsichten gegeben, und schon waren Details in der Öffentlichkeit. Ich halte es für unvertretbar, dass ein so großer Personenkreis wie die gesamte Ratsversammlung potenziell Kopien einer vertraulichen Steuerakte erhält. Und ich glaube, die Ratsversammlung wird Ihre Mitglieder vor dieser Belastung schützen und den Gewerbesteuerzahlern Sicherheit geben wollen.“
Die Gemeindeordnung des Landes Schleswig Holstein ordnet an:
§ 55 Abs. 1
…Zu ihren oder seinen Aufgaben (der Oberbürgermeisterin) gehört es insbesondere,
1. die Gesetze auszuführen,
2. die Beschlüsse der Gemeindevertretung und der Ausschüsse vorzubereiten und auszuführen …,
Damit wird verdeutlicht, dass die Oberbürgermeisterin dem Gesetz verpflichtet ist und dieses auszuführen hat. Ihre Ansicht zu künftigen Verhaltensweisen muss dem Gesetz und nicht ihrer persönlichen Meinung entsprechen.
Zu der Zuständigkeit einer Steuererlassentscheidung sagt das Gesetz:
§ 28
Vorbehaltene Entscheidungen
Die Gemeindevertretung kann die Entscheidung über die folgenden Angelegenheiten nicht übertragen:…
11. den Verzicht auf Ansprüche der Gemeinde und die Niederschlagung solcher Ansprüche, die Führung von Rechtsstreiten und den Abschluss von Vergleichen, soweit sie für die Gemeinde von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind; die Gemeindevertretung kann die Entscheidung auf die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister übertragen, wenn der Anspruch einen in der Hauptsatzung bestimmten Betrag (in Kiel 500.000,00 €) nicht übersteigt,
Zu der Übertragung einer Eilentscheidung sagt das Gesetz:
§ 65 Abs. 4
(4) Dringende Maßnahmen, die sofort ausgeführt werden müssen, ordnet die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister für die Gemeindevertretung und für die Ausschüsse an. Sie oder er darf diese Befugnis nicht übertragen. Die Gründe für die Eilentscheidung und die Art der Erledigung sind der Gemeindevertretung oder dem Ausschuss unverzüglich mitzuteilen. Die Gemeindevertretung oder der Ausschuss kann die Eilentscheidung aufheben, soweit nicht bereits Rechte Dritter entstanden sind.
Ein Sondergremium darf nach dem Gesetz nicht für Eilentscheidungen eingesetzt werden. Ob die Bürgermeisterin bei künftigen Eilentscheidungen die Fraktionsvorsitzenden hinzuzieht, bleibt ihrer Entscheidung überlassen. Die Verantwortung in dringenden Fällen trägt sie allein. Die politische Opportunität kann eine Unterrichtung nahelegen. Rechtlich ist sie unbeachtlich. Die Antwort auf die entsprechende Frage der Oberbürgermeisterin in dem Schreiben an die Kommunalaufsicht:
„Neben Prüfung in der Sache bitte ich die Kommunalaufsicht um Stellungnahme, ob bei Eilentscheidungen der Oberbürgermeisterin eine (informatorische) Vorab-Einbindung der Fraktionsvorsitzenden im Rat angezeigt ist und ob der Rat ggf. ein eigenes Gremium für eilbedürftige Entscheidungen einrichten kann.“
ergibt sich bereits aus einem Blick in die Gemeindeordnung Schleswig Holstein in der aktuellen Fassung.
Vertraulichkeit kann gesetzlich nicht angeordnet werden, vielmehr ist die gesetzlich angeordnete Verschwiegenheitsverpflichtung zu wahren. Die Verletzung ist strafbewehrt. Weiterer Anordnungen bedarf es nicht. Die Zusammensetzung eines Gremiums hat nichts mit ihrer Verschwiegenheit zu tun. In diesem Fall hatten nicht nur 6 Ratsleute Akteneinsicht, sondern ca. 400 Bedienstete des Rathauses die Möglichkeit, eine nicht öffentliche Vorlage, die den Namen des Steuerschuldners und weitere konkrete Informationen enthielt, einzusehen. Die Oberbürgermeisterin muss den vollständigen Sachverhalt berücksichtigen, wenn sie mitleidslos analysieren will.
Allerdings muss die Oberbürgermeisterin die Ratsversammlung unverzüglich informieren, nachdem Sie eine Eilentscheidung getroffen hat.
Weshalb dazu Kopien der Verwaltungsakte an alle Ratsmitglieder ausgegeben werden müssten, bleibt das Geheimnis der Oberbürgermeisterin.
Das Akteneinsichtsrecht ist in § 30 geregelt:
§ 30
Kontrollrecht
(1) Einzelnen Gemeindevertreterinnen oder -vertretern hat die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister in allen Selbstverwaltungsangelegenheiten und zu allen Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung auf Verlangen Auskunft zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Gleiches gilt für die nicht der Gemeindevertretung angehörenden Mitglieder von Ausschüssen für den Aufgabenbereich ihres Ausschusses, sowie Mitglieder von Ortsbeiräten und sonstigen Beiräten für die Angelegenheiten ihres Beirates.
(2) Auskunft und Akteneinsicht dürfen nicht gewährt werden, wenn die Vorgänge nach einem Gesetz geheim zu halten sind oder das Bekanntwerden des Inhalts die berechtigten Interessen Einzelner beeinträchtigen kann. Soweit Auskunft und Akteneinsicht zulässig sind, dürfen diese Rechte bei Personalakten nur den Mitgliedern eines Personalausschusses und den Mitgliedern des Hauptausschusses bei der Wahrnehmung personalrechtlicher Befugnisse gewährt werden. Gleiches gilt für Mitglieder anderer Ausschüsse für Akten, deren Inhalt spezialgesetzlich geschützt ist.
(3) Gemeindevertreterinnen und -vertretern, die von der Beratung und der Entscheidung in der Angelegenheit ausgeschlossen sind (§ 32 Abs. 3 i. V. m. § 22), darf Auskunft und Akteneinsicht nicht gewährt werden…
Wenn die Verwaltung diese Vorschrift beachtet, ist die Einhaltung der Verschwiegenheitsverpflichtung wahrscheinlich. Es ist unmöglich, einen Verstoß auszuschließen.
Der Redebeitrag der Oberbürgermeisterin verdeutlicht, dass sie in der Gesetzesanwendung den Rang des Gesetzes und dessen Bedeutung unterbewertet. Um sicherzustellen, dass künftig Eilentscheidungen, die rechtlich falsch beurteilt werden, keinen übermäßigen Schaden verursachen, wird die beantragte Änderung der Hauptsatzung vorgeschlagen.
gez. Hubertus Henckef. d. R. Peter Helm
FraktionsvorsitzenderFraktionsgeschäftsführer
