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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0890/2015

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

 

Die Ratsversammlung hat den Oberbürgermeister in der Sitzung vom 19.03.2015 (DS 0196/2015) gebeten zu erläutern, wie die im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) geforderte vollständige Barrierefreiheit im ÖPNV bis zum 01.01.2022 sichergestellt wird und hierzu konkrete Fragen formuliert.

 

Ein Großteil dieser Fragen wurde inzwischen im 4. Regionalen Nahverkehrsplan der Landeshauptstadt Kiel (RNVP; DS 0503/2015) eingehend betrachtet. Im Rahmen der Kapitel Rahmenbedingungen, Bestandsanalyse, Bilanz zum 3. RNVP und Maßnahmenkonzept wurden dort diverse Aspekte der Barrierefreiheit behandelt und in ein Maßnahmenkonzept kanalisiert. Als Reaktion auf die im PBefG neu hinzugekommene Forderung nach der vollständigen Barriefreiheit bis 2022 ist dieses Konzept zur Herstellung der Barrierefreiheit im ÖPNVnun zentraler Bestandteil des 4. (und der folgenden) RNVP. Die nachfolgende Beantwortung der Fragen aus der DS 0196/2015 ist daher weitgehend deckungsgleich mit den Inhalten des RNVP.

 

Eine vollständige Barrierefreiheit kann es aus Sicht des ÖPNV-Aufgabenträgers nicht geben, da verschiedene Behinderungen unterschiedliche und z.T. widersprüchliche Anforderungen an eine barrierefreie Umwelt stellen. Für eine lückenlos barrierefreie Mobilitätskette (inkl. der dazu notwendigen Informationen) kommt im ÖPNV der Gestaltung von Haltestellen, Fahrzeugen, und Fahrgastinformationen eine zentrale Bedeutung zu. Um diesen Forderungen gerecht zu werden, gelten bei zukünftigen Maßnahmen im Kieler ÖPNV die nachfolgenden Anforderungen, die in den Checklisten für barrierefreien ÖPNV (Mindeststandards für barrierefreie Stadtbushaltestellen, Mindeststandards für barrierefreie Linienbusse und Mindeststandards für barrierefreie telematische Fahrgastservice- und informationssysteme; alle im Anhang des 4. RNVP) genauer definiert sind:

 

  • Maßnahmen des barrierefreien Um- und Ausbaus haben sich an dem Prinzip des Universellen Designs(analog wird auch der Begriff Design für Alleverwendet) zu orientieren. Lösungen nach diesem Prinzip sind für alle Fahrgäste mit und ohne Behinderung gleichermaßen nutzbar. Dabei gilt es, mögliche Zielkonflikte zu verhindern bzw. im Sinne eines Interessensausgleichs auf ein Minimum zu reduzieren.
  • Für bestimmte Bedürfnisse optimierte Lösungen dürfen dabei in keinem Fall zur deutlichen Benachteiligung von anderen Nutzern führen. Auch dürfen die Kosten einer für eine Nutzergruppe optimierte Lösung nicht Maßnahmen für andere Nutzer verhindern.
  • Bei allen Lösungen, die die Übermittlung von Informationen beinhalten, gilt es das Zwei-Sinne-Prinzipzu berücksichtigen, nach dem mindestens zwei der drei Sinne Hören, Sehen und Tasten angesprochen werden.

 

Fahrzeugseitig sind diese Anforderungen bei der KVG seit Jahren umgesetzt. Im Falle einer Systemergänzung mit Stadtbahnwagen könnte auf bewährte Standardlösungen zurückgegriffen werden.

 

Der schrittweise Umbau von Bushaltestellen ist im Detail im 4. RNVP dargelegt. Alle nicht barrierefreien Haltestellen wurden identifiziert, mit Attributen (Nutzung, Nähe relevanter Einrichtungen usw.) versehen und so in eine Prioritätenreihenfolge gebracht, nach der der weitere Umbau schon heute nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden planerischen Kapazitäten und finanziellen Mittel abgearbeitet wird. Dieses planerische Konzept wurde eng mit den Beiräten für Menschen mit Behinderungen und für Seniorinnen und Senioren abgestimmt. Darüber hinaus müssen Haltestellen z.B. bei Straßensanierungen nach Maßgabe der Gleichstellungsgesetze barrierefrei umgebaut werden.

 

Die Anleger werden im Zuge anstehender Sanierungen barrierefrei um- bzw. neugebaut. Aktuell sind die Anleger Bahnhof, Seegarten, Reventlou, Wellingdorf, Dietrichsdorf und Falckenstein barrierefrei. Der Anleger Schilksee wird ab Herbst 2015 barrierefrei umgebaut. Die Anleger Bellevue und Friedrichsort sind derzeit nicht barrierefrei, werden bei anstehenden Sanierungen jedoch barrierefrei umgebaut. Es ist davon auszugehen, dass ein barrierefreier Ersatzneubau eines Anlegers zwei bis drei Mio. Euro kostet.

 

Das neueste Fahrgastschiff Schwentineder SFK ist bereits barrierefrei. Die restlichen deutlich älteren Schiffe müssen mittelfristig entweder komplett überholt oder durch Neubauten ersetzt werden. Dieses wird derzeit untersucht. Bei beiden Lösungen wird Barriefreiheit eine wichtige Anforderung sein. Es ist sehr schwierig, diejenigen Kosten zu isolieren, die beim Umbau oder Neubau von Fahrgastschiffen auf den Teil Barrierefreiheit zu beziehen sind. Für einen Umbau wie für einen Neubau eines Schiffes sind nach heutigem Stand drei bis vier Mio. Euro Gesamtkosten einzukalkulieren.

 

Der Vorteil von Bahnen im Punkt Barrierefreiheit resultiert aus der Geschlossenheit des Systems. Es ist weitgehend frei von äußeren Einflüssen wie z.B. Falschparkern und Schnee, die ein korrektes Anfahren des Busses an den Bordstein erschweren oder unmöglich machen können.

 

Insgesamt geht der ÖPNV-Aufgabenträger von Kosten in Höhe von ca. 16 Mio. Euro aus, um alle Haltepunkte barrierefrei umzubauen. Diese Kosten werden je nach ohnehin anstehenden Sanierungen von größeren Straßenzügen oder einzelnen prioritären Umbauten auf die kommenden Jahre verteilt (ca. zwei Mio. Euro p.a.). Fördermittel über die auch bisher schon anteilig für den Haltestellenumbau eingesetzten kommunalisierten Mittel hinaus (250.000 Euro p.a.) sind nicht zu erwarten.

 

Der Masterplan Mobilität wird als Klimaschutzteilkonzept Maßnahmen zur Reduzierung des CO2-Ausstosses in der Kiel-Region aufzeigen und untersuchen. Diese Maßnahmen werden soweit sie Teil des ÖPNV sind - barrierefrei zu gestalten sein.

 

Die umliegenden kommunalen Aufgabenträger befinden sich noch in der Phase der Bestandsaufnahme der Infrastruktur. Eine geplante und geordnete Umsetzung von Maßnahmen ist hier noch nicht zu beobachten. Allerdings ist die Anzahl an Haltepunkten in Flächenkreisen ungleich größer und mit den Gemeinden als Träger der Straßenbaulast eine zusätzliche Ebene bei der Planung und Finanzierung einzubeziehen.

 

Ähnliches gilt auch für die übrigen Gebietskörperschaften im Land. Das Land selbst hat sich klar positioniert. Eine über die oben geschilderten Mittel hinausgehende Finanzierung wird es nicht geben. Das Land vertritt weiterhin die Meinung und wird dies auch im Rahmen der Kontrolle der Regionalen Nahverkehrspläne kontrollieren, dass bis 2022 Konzepte vorliegen müssen, wie und in welchen Schritten Barrierefreiheit erreicht werden kann.

 

 

 

 

 

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 

 

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Beschlüsse

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Nov 4, 2015 - Wirtschaftsausschuss - zur Kenntnis genommen

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Nov 19, 2015 - Ratsversammlung - zur Kenntnis genommen