Infosystem Kommunalpolitik

 
 
ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 0927/2015

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Antrag

Antrag:

  1. Die Verhandlungen mit den anderen Abwasserbeseitigungsträgern im Kieler Umland mit Anbindung an das Bülker System mit dem Ziel der Gründung eines gemeinsamen Kommunalunternehmens (Anstalt öffentlichen Rechts R) werden nicht fortgesetzt.
  2. Von einer Umsetzung des Letter of Intent (LOI) gemäß Beschlussvorlage, Drucksache 0132/2012, wird Abstand genommen

 

 

 

Reduzieren

Sachverhalt/Begründung

Begründung:

 

  1. Beschlusslage

 

Auf Drucksache 0132/2012 wurde der Oberbürgermeister zuletzt ermächtigt, mit den anderen Abwasserbeseitigungsträgern im Kieler Umland mit Anbindung an das Bülker System Verhandlungen mit dem Ziel der Gründung eines gemeinsamen Kommunalunternehmens (Anstalt öffentlichen Rechts R) weiter zu führen.

Die Grundlage dafür sollte der damals ebenfalls beschlossene Letter of Intent (LOI) bilden.

 

 

  1. Gründe für eine Umwandlung der Rechtsform

 

Ausgangspunkt für die ursprünglichen Überlegungen der Landeshauptstadt zur Zukunft der Kieler Stadtentwässerung war die seinerzeit beabsichtigte Öffnung für private Partner. Diese Überlegungen wurden dann zwar aufgegeben, allerdings mit der bleibenden Absicht einer Rechtsformänderung. Damit verknüpft war u.a. der Gedanke, die für Investitionen in die Stadtentwässerung benötigten Mittel außerhalb des städtischen Kernhaushalts bzw. neben dem von der Kommunalaufsicht genehmigten Kreditvolumen sicherstellen zu können. 

 

Diese Überlegungen mündeten schließlich in der Idee einer Zusammenarbeit zwischen Umland und Kiel in einer gemeinsamen AöR. Bekräftigt wurde diese Idee - im Sinne einer politischen Verhandlungsgrundlage - in einem 2012 erarbeiteten LOI.

 

Mit einer solchen Zusammenarbeit sollten im Wesentlichen zwei Themenkomplexe gemeinsam angegangen werden:

 

-          Die Schaffung von rechtssicheren Grundlagen für die künftige Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Abwasserbeseitigung, nachdem es unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Wirksamkeit bis dahin bestehender Verträge gab bzw. gibt.

-          Die Beseitigung von Meinungsverschiedenheiten zur Abgeltung von früheren Zahlungen des Umlands.

 

Zwar gilt es unverändert beide Ziele zu verfolgen. Nach nochmaliger intensiver Befassung liegen aus Sicht der Verwaltung aber keine Gründe vor, die dafür derzeit die Gründung einer AöR zwingend erscheinen ließen.

 

r eine Umwandlung der Rechtsform müsste zunächst nachgewiesen werden, dass die Aufgabenerledigung in einer anderen Rechtsform wirtschaftlicher wäre, als dies bisher der Fall ist. Für die Kieler Stadtentwässerung lässt sich ein solcher Wirtschaftlichkeitsnachweis aber nicht führen.

Demgegenüber ist sogar nicht auszuschließen, dass eine andere Rechtsform das bisherige Zusammenwirken der Stadtentwässerung - als eine Abteilung des städtischen Tiefbauamtes - mit den anderen Abteilungen des Amtes (z.B. Verkehrswegebau) eher erschwert.

 

Zudem unterliegt die Haushaltsgenehmigung der Landeshauptstadt bekanntermaßen in den letzten Jahren zunehmend engeren Auflagen der Kommunalaufsicht.

Vor diesem Hintergrund ist aktuell nicht ersichtlich, wie die Landeshauptstadt Kiel die für die AöR notwendige Eigenkapitalausstattung in mutmaßlich zweistelliger Millionenhöhe gewährleisten könnte.

 

Im Fokus der Kommunalaufsicht steht das jährlich genehmigungsfähige Kreditvolumen für Investitionen, welches seit Jahren auf einen Gesamtbetrag unterhalb des eigentlichen Bedarfs gedeckelt wird. Folge ist, dass in vielen Bereichen städtischer Verantwortung grundsätzlich notwendige Investitionen entweder nicht möglich sind, mindestens aber zeitlich geschoben werden müssen. Dies gilt insbesondere auch für die Stadtentwässerung, deren Investitionen bislang voll auf das Investitionsbudget Kiels angerechnet werden, obwohl sie durch Gebühren finanziert werden.

Die Kommunalaufsicht hat dazu zuletzt zu erkennen gegeben, dass die Genehmigungspraxis nicht von der gewählten Rechtsform abhängt und somit die Gründung einer AöR allein keine Verbesserung der Investitionsmöglichkeiten zur Folge hätte.

 

Seitens des Umlands wurde als ein Motiv für den Weg in eine gemeinsame AöR zuletzt eine möglicherweise drohende Umsatzsteuerproblematik genannt, für den Fall, dass es nicht zu einer AöR-Gründung kommt.

Ein solches Problem scheint sich nach den aktuell zu beobachtenden Entwicklungen bei der Steuergesetzgebung nicht - mehr- zu stellen.

 

Ein weiteres Argument des Umlands, dass man sich vergaberechtlicher Probleme ausgesetzt sähe, käme es nicht zu einer AöR. Ungeachtet der Frage, ob diese Notwendigkeit  tatchlich bestünde, könnte dies allein die Gründung einer AöR nicht rechtfertigen.

 

Umsatzsteuer- oder Vergaberecht können also derzeit die Notwendigkeit einer AöR-Gründung nicht belegen. Insofern sind für das Umland auch keine Nachteile erkennbar, sollte die Landeshauptstadt den Weg einer AöR-Gründung nunmehr doch nicht weiter verfolgen.

 

 

 

  1. Unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Umland und Kiel

 

Über die Wirksamkeit der Abwasserabnahmeverträge zwischen Umland und Kiel zur Abwasserbeseitigung gab und gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen bis hin zu einer aus Sicht der Umlandgemeinden ggf. sogar vorliegenden Nichtigkeit der Verträge.

Das Rechtsamt teilt diese Auffassung ausdrücklich nicht.

Diesbezügliche Zweifel sollen jetzt zunächst zweifelsfrei geklärt werden, zumal wenn diese ein Motiv für die Gründung einer AöR sind.

Ergebnis einer entsprechenden Prüfung kann dann der Abschluss gänzlich neuer Verträge sein.

 

Auch hinsichtlich der Verwendung und einer vom Umland beanspruchten Erstattung von in der Vergangenheit geleisteten „Baukostenzuschüssen“  gab und gibt es unterschiedliche Standpunkte. Im Raum steht dazu eine Forderung des Umlands von mehr als 20 Millionen Euro.

Das Rechtsamt sieht solche Ansprüche als nicht gegeben an.

 

Der LOI sah in diesem Zusammenhang und zur außergerichtlichen Beilegung eine Gesamtzahlung der Landeshauptstadt an die Umlandgemeinden in Höhe von 10 Millionen Euro vor.

Dazu wird auf Ziffer 1.3 der o.g. Vorlage aufmerksam gemacht.

 

Angesichts der unterschiedlichen Rechtspostionen sind für beide Seiten Prozessrisiken selbstverständlich nicht auszuschließen. Nach intensiver Diskussion und nicht zuletzt angesichts der Höhe von 10 Millionen Euro, hält es die Verwaltung dennoch für geboten, statt einer „Regulierung“ im Wege des LOI, eine rechtliche Klärung herbeizuführen, ob und wenn ja, welche Ansprüche in diesem Zusammenhang überhaupt bestehen.

Denkbar ist dazu nach bisherigen Gesprächen mit Vertretern der Umlandgemeinden, dass eine Umlandgemeinde eine entsprechende „Musterklage“ anstrengt.

Das Ergebnis eines solchen Verfahrens kann dann entweder in einer gerichtlichen Entscheidung oder in einem sachgerechten Vergleich liegen.

 

Aufgrund der bestehenden unterschiedlichen Rechtsauffassungen und um dazu zunächst nach außergerichtlichen Lösungsmöglichkeiten zu suchen, wurden bisher seitens der Landeshauptstadt Kiel Einredeverzichtserklärungen abgegeben. 

Da nunmehr von der Gründung einer AöR abgesehen und der LOI nicht weiter umgesetzt werden soll, ist jetzt seitens des Umlands eine rechtliche Klärung herbeizuführen.

Angesichts der zum Jahresende 2015 erneut ablaufenden Frist für die Anspruchswahrung ist beabsichtigt, dass die Landeshauptstadt dazu erneut den Einredeverzicht erklärt.

 

 

  1. Schlussbemerkung

 

Der Oberbürgermeister wird die Umlandgemeinden kurzfristig über das vorliegend beschriebene Vorgehen informieren.

Dass von der Gründung einer gemeinsamen AöR abgesehen werden soll, stellt den Willen von Umland und Landeshauptstadt, auch künftig vertrauensvoll zusammenarbeiten zu wollen, aber nicht in Frage. Dies hat sich zuletzt auch in verschiedenen Gesprächen mit Vertretern einzelner Umlandgemeinden ausdrücklich so bestätigt.

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 

 

Loading...

Beschlüsse

Erweitern

Dec 2, 2015 - Hauptausschuss - ungeändert beschlossen

Erweitern

Dec 3, 2015 - Bauausschuss - ungeändert beschlossen

Erweitern

Dec 8, 2015 - Finanzausschuss - ungeändert beschlossen

Erweitern

Dec 10, 2015 - Ratsversammlung - ungeändert beschlossen