Infosystem Kommunalpolitik

 
 
ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0991/2016

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Antrag

 

Reduzieren

Sachverhalt/Begründung

- 1 -

Der Ortsbeirat Ravensberg/Brunswik/Düsternbrook hat in seiner Sitzung am 14.09.2016 einstimmig beschlossen, den Erlass einer Vorgartensatzung für den Bereich des gesamten Niemannswegs sowie der Moltkestraße und der Weserfahrt bei der Ratsversammlung zu beantragen. Der Antrag wird begründet mit einem entsprechenden Maßnahmenvorschlag aus der „Strukturanalyse Düsternbrook“. Diese Strukturanalyse wurde vom Bauausschuss am 07.05.2015 als Handlungsempfehlung für die planungsrechtliche Steuerung der zukünftigen städtebaulichen Entwicklung des Stadtteiles Düsternbrook beschlossen.

 

Der Antrag bezieht sich auf die in der Strukturanalyse als Gebiete 5 und 6 bezeichneten Teilgebiete sowie die hier ebenfalls vorgeschlagenen Handlungsprioritäten. Abweichend von den benannten Gebietsnummern sind jedoch mit Hinblick auf die erwähnten Straßenzüge die folgenden Bereiche bzw. Teile hiervon gemeint, für die die Strukturanalyse einen solchen Satzungserlass mit einer jeweils zugeordneten Prioritätsstufe vorschlägt:

 

-      Gebiet 3

Moltkestraße-Nord

(Priorität B)

-      Gebiet 5

Niemannsweg-Mitte

(Priorität A)

-      Gebiet 6

Weserfahrt

(Priorität A)

-      Gebiet 7

Niemannsweg / Krusenkoppel

(Priorität A)

-      Gebiet 8

Karolinenweg / Luisenweg

(Priorität B)

-      Gebiet 17

Westlich Forstweg-Süd

(Priorität C)

-      Gebiet 18

Östlich Forstweg d

(Priorität C)

-      Gebiet 19

Östlich Niemannsweg d

(Priorität C)

 

Die betreffenden Bereiche sind in dem anliegenden Übersichtsplan (Auszug aus der Strukturanalyse Düsternbrook) durch eine grüne Umrandung kenntlich gemacht.

 

Der Ortsbeirat sieht den Erlass einer Vorgartensatzung als wichtigen Schritt, den Charakter des Stadtteils für die Zukunft zu sichern, sowie auch als Signal an die Bürgerinnen und Bürger, dass die Ergebnisse des partizipativen Planungsprozesses zur Strukturanalyse von der Landeshauptstadt Kiel aktiv umgesetzt werden.

 

Aus Sicht der Verwaltung sind folgende Gesichtspunkte zum Antrag des Ortsbeirates vorzubringen:

 

 

1. Rechtsgrundlagen und möglicher Regelungsgehalt einer Vorgartensatzung

 

Der Erlass einer gemeindlichen Satzung über die Gestaltung von Vorgärten ist als örtliche Bauvorschrift auf der Grundlage von § 84 Abs. 1 Nr. 5 der Landesbauordnung für Schleswig-Holstein (LBO) möglich:

 

Die Gemeinden können durch Satzung örtliche Bauvorschriften erlassen über (…) die Gestaltung einschließlich der barrierefreien Gestaltung (…) der unbebauten Flächen der bebauten Grundstücke (…); dabei kann bestimmt werden, dass Vorgärten nicht als Arbeitsflächen oder Lagerflächen benutzt werden dürfen.“

 

Der mögliche Regelungsinhalt einer Vorgartensatzung beschränkt sich auf gestalterische Vorgaben; sie kann sich beispielsweise auf die Art und den Umfang von Versiegelungen oder die Gestaltung von Grünflächen und Einfriedungen beziehen. Diese Vorgaben sind dann bei der Grundstücksgestaltung verbindlich, auch wenn die von ihnen berührten Vorhaben in aller Regel keiner Genehmigung bedürfen.

 

Weitergehende Regelungen zur Nutzung der Vorgartenbereiche, also beispielsweise zur grundtzlichen Zulässigkeit von baulichen Vorhaben wie Garagen, Stellplätzen und Nebenanlagen, können nur durch einen Bebauungsplan erfolgen. Die „Strukturanalyse Düsternbrook“ schlägt zur Umsetzung ihrer Entwicklungsziele u.a. auch das Instrument des einfachen Bebauungsplanes vor, durch den bestimmte Einzelaspekte der baulichen Entwicklung, z.B. die Lage von baulichen Haupt- und Nebenanlagen auf den Grundstücken, gesteuert werden können.

 

 

2. Verfahrensrechtliche und inhaltliche Anforderungen

 

r den Erlass örtlicher Bauvorschriften auf der Grundlage von § 84 Abs. 1 Nr. 5 LBO gibt die Landesbauordnung keine Verfahrensregelungen vor. Eine Vorgartensatzung könnte somit von der Ratsversammlung auch ohne vorheriges Beteiligungsverfahren beschlossen und in Kraft gesetzt werden; aufgrund von § 47 c der Gemeindeordnung wäre nur der zuständige Ortsbeirat vorher zu unterrichten. Mit Hinblick auf die mit einer solchen Satzung verbundenen Eingriffe in die Grundstücksverfügung erschiene ein solches Vorgehen jedoch nicht angemessen. Vielmehr wäre ein Verfahren anzustreben, das eine Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der in ihren Belangen betroffenen Fachämter und sonstigen Behörden umfasst und insoweit dem Aufstellungsverfahren für Bebauungspläne entspricht. Ein solches Verfahren wäre aufgrund der erforderlichen Personalkapazitäten in das „Arbeitsprogramm zur Verbindlichen Bauleitplanung“ als zusätzliches Planungsprojekt mit einer entsprechenden Prioritätszuweisung aufzunehmen.

 

Hinsichtlich der inhaltlichen und formalen Anforderungen an eine Vorgartensatzung gehen aus der Landesbauordnung keine unmittelbaren Vorgaben hervor. Wie für jede andere Rechtsnorm auch, gilt hier jedoch das Gebot einer eindeutig bestimmbaren und damit rechtssicheren Begrifflichkeit der getroffenen Regelungen. Bei einer Sichtung bestehender Satzungen anderer Städte (Aachen, Aschaffenburg, Frankfurt, Bad Homburg, Rostock, Erfurt) fiel auf, dass viele der dort enthaltenen Festsetzungen auf nicht eindeutigen Formulierungen wie „angemessener Flächenanteil“, „ortstypische Einfriedigung“ oder „vielfältige Bepflanzung“ basieren. Die Umsetzung solcher Bestimmungen dürfte in der Praxis äerst problematisch sein.

 

An die Begründung einer örtlichen Bauvorschrift stellt die Landesbauordnung keine ausdrücklichen Anforderungen. Der Planungsgrundsatz der gerechten Güterabwägung erfordert aber eine Darlegung der verfolgten Planungsziele und des vorhandenen Zustandes, um Erforderlichkeit und Vollziehbarkeit der Satzung zu belegen. Da bestehende Vorgartengestaltungen, die den künftigen Satzungsbestimmungen widersprechen, auch nach Satzungserlass Bestandsschutz genießen, müsste der vorher-Zustand grundstücksweise in einer detaillierten Bestandsaufnahme aufgenommen und dokumentiert werden, um eine rechtssichere Grundlage für den späteren Vollzug der Satzung zu erhalten. Die Erstellung einer solchen Dokumentation wird als sehr aufwändig eingeschätzt.

 

 

3. Satzungsvollzug

 

Der Erlass einer örtlichen Bauvorschrift ist nur dann sinnvoll, wenn auch ein ständiger Vollzug der Regelungen in der Folge gewährleistet werden kann. Wie unter 1. bereits erwähnt, finden Vorgartensatzungen vorwiegend Anwendung auf genehmigungsfreie Vorhaben wie Pflasterungen, Bepflanzungen oder Einfriedigungen, deren Umsetzung in aller Regel ohne Prüfung oder Beratung durch die Bauaufsichtsbehörde erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass die Regelungen einer solchen Satzung daher in vielen Fällen nicht bekannt sind oder nicht beachtet werden. Ihre Durchsetzung wäre somit nur durch regelmäßige örtliche Kontrolle und konsequente Verfolgung von Verstößen zu gewährleisten. Zudem würde von bestehenden Vorgartengestaltungen, die zwar künftig satzungswidrig sind, aber Bestandsschutz genießen, eine negative Vorbildfunktion für die Eigentümer benachbarter Grundstücke ausgehen. Der Vollzug der Satzung würde hierdurch zutzlich erschwert. Der Rückbau von unzulässiger Weise errichteten Gestaltungen wäre nur durch zusätzliche bauaufsichtliche Verfahren zu regeln, die i. d. R. mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden sind.

 

 

4. Fazit

 

Aus Sicht der Verwaltung erscheint es durchaus erstrebenswert, zur nachhaltigen Sicherung der stadtteiltypischen Qualitäten detaillierte Vorgaben für die Nutzung und Gestaltung der Vorgartenbereiche in den benannten Gebieten zu entwickeln und auch verbindlich umzusetzen. Zu beachten ist auf der anderen Seite der erhebliche Arbeitsaufwand für den Erlass und Vollzug einer Vorgartensatzung. Vor allem vor dem Hintergrund, dass eines der zentralen Problemfelder, nämlich die zunehmende Überbebauung der Vorgartenzonen durch Stellplätze und Garagen, allein durch eine solche Satzung nicht gelöst werden kann, wird das Verhältnis von Aufwand und Wirkung hier als ungünstig eingeschätzt. Die Verwaltung rät insofern derzeit von einem solchen Satzungsverfahren ab.

 

Als mögliche Alternative bietet sich, wie unter 1. erwähnt, das Instrument des einfachen Bebauungsplanes für die betroffenen Bereiche an. Das Aufstellungsverfahren für eine solche Planung wäre in das Arbeitsprogramm zur Verbindlichen Bauleitplanung“ mit einer entsprechenden Prioritszuweisung aufzunehmen, würde jedoch ein Zurückstufen anderer Bauleitplanungen erfordern.

 

 

 

 

Peter Todeskino

 

 

 

 

Anlage

 

- 3 -

 

Reduzieren

Anlagen

Loading...

Beschlüsse

Erweitern

Dec 1, 2016 - Bauausschuss - zur Kenntnis genommen