Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 0525/2017
Grunddaten
- Betreff:
-
Umbau Holsteinstadion zur Herstellung der Zweitligatauglichkeit
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Dezernat IV
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ratsversammlung
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Kenntnisnahme
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Jun 8, 2017
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Sachverhalt/Begründung
- Anforderungen an Zweitligatauglichkeit
Nach dem Aufstieg Holstein Kiels in die 2. Bundesliga werden vom Deutschen Fußball-Bund e.V. Anforderungen an das Stadion gestellt, die das derzeitige Stadion nicht erfüllt.
(offene) Anforderungen Zweitligatauglichkeit Holsteinstadion Kiel
Maßnahme | Beschreibung | Fundstelle |
Flutlichtanlage | Mindestbeleuchtungsstärke von 1.200 lx (Ecam) | Anhang VI: Regelwerk für Stadien und Sicherheit; Artikel 16 (2) Beleuchtung, Flutlichtanlage |
Mixed-Zone 1)
| Platz für mind. 40 Medienvertreter; | Anhang XI: Medienrichtlinien (ab Spielzeit 2017/2018); 4.3. Mixed-Zone |
Presseplätze | gute und freie Sicht auf das gesamte Spielfeld; | Anhang XI: Medienrichtlinien (ab Spielzeit 2017/2018); |
Pressekonferenzraum | für mind. 40 Medienvertreter; | Anhang XI: Medienrichtlinien (ab Spielzeit 2017/2018); 1.3. Pressekonferenzraum |
Umkleideräume | Umkleidekabinen für jede Mannschaft mind. 40 m², mind. 6 Einzelduschen, | Anhang VI: Regelwerk für Stadien und Sicherheit; Artikel 42 (1) Mannschaftskabinen/Umkleidekabinen |
Umkleideräume | eine Umkleidekabine für die Schiedsrichter mind. 20 m², | Anhang VI: Regelwerk für Stadien und Sicherheit; Artikel 42 (1) Mannschaftskabinen/Umkleidekabinen |
Zuschauerkapazität insgesamt | mind. 15.000 Zuschauer, davon mind. 3.000 Sitzplätze; sämtliche Tribünenbereiche müssen einschließlich des Hauptumlaufbereichs gedeckt sein | Anhang VI: Regelwerk für Stadien und Sicherheit; Artikel 8 Kapazitäten |
Zuschauerkapazität Gästefans | für Gästefans: mind. 10% der Gesamtkapazität (Sitz- und Stehplätze), mind. 1.500 Besucherplätze, davon bei Bedarf mind. 450 Sitzplätze | Anhang VI: Regelwerk für Stadien und Sicherheit; Artikel 8 Kapazitäten |
- Voraussichtliche Kosten der erforderlichen Maßnahmen
Die Kosten für die Maßnahmen werden von Holstein Kiel wie folgt beziffert:
Anforderung an | Kosten | Gesamt | bis |
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Erweiterung der provisorische | 692.990 | 1.155.737 | Ende August 17 |
Erweiterung Mixed-Zone | 65.148 | ||
Erweiterung der Presseplätze | 145.188 | ||
Umbau Umkleideräume | 160.095 | ||
Anpassung Flutlicht | 87.141 | ||
Aufstellen von zusätzlichen | 5.175 | ||
Umbau Osttribüne | 9.244.563 | 9.244.563 | in Saison |
Gesamt |
| 10.400.300 |
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- Finanzierungsvorschlag Land und Stadt
Das Land und die Stadt haben sich am 29.05.2017 darauf verständigt, Holstein Kiel folgenden Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten:
Das Land übernimmt zwei Drittel der Gesamtkosten von 10,4 Mio., also rund 7 Mio. Euro. Über das verbleibende Drittel treffen Stadt sowie der Verein eine gesonderte Vereinbarung, die zudem Regelungen zur Pacht, zum Betreibermodell sowie weitere Nutzungsmöglichkeiten umfasst.
Für eine beihilferechtliche Bewertung wird es darauf ankommen, dass das Stadion zu mindestens 20% auch für andere sportliche, gesellschaftliche oder kulturelle Veranstaltungen nutzbar. Weiterhin wird künftig eine Pacht erforderlich werden.
- Vergabe- und EU-Beihilferecht
Holstein Kiel ist unter bestimmten Voraussetzungen an das Vergaberecht gebunden:
Grundsätzlich ist Holstein Kiel kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts. Das ändert sich aber dann, wenn die Baumaßnahmen an dem Stadion durch das Land und/oder die Stadt gefördert werden.
Das Vergaberecht der Europäischen Union und das des Bundes (§§ 97 ff. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB) greifen bei den bis Ende August durchzuführenden Baumaßnahmen (1.155 Tsd.) nicht, weil der sog. Schwellenwert nicht erreicht oder überschritten wird. Dieser liegt nach § 106 GWB in Verbindung mit der einschlägigen EU-Verordnung für Baumaßnahmen bei 5.225.000 EUR. Unterhalb dieser Wertgrenze, sog. Unterschwellenbereich, greift das Vergaberecht des Landes. Entscheidend ist hier § 2 Abs. 1 Nr. 3 Tariftreue- und Vergabegesetz Schleswig-Holstein (TTG) in Verbindung mit § 98 Nr. 5 GWB-2005 (fast wortidentischen mit dem jetzt geltenden § 99 Nr.5 GWB-2016). Danach ist eine natürliche oder juristische Person des privaten Rechts (das wäre auch Holstein Kiel) u.a. in dem Fall öffentlicher Auftraggeber, in dem die natürliche oder juristische Person (also Holstein Kiel) für die Errichtung von Sporteinrichtungen oder für damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen oder Auslobungsverfahren von Stellen, die unter § 98 Nr. 1 bis 3 GWB-2005 (jetzt § 99 Nr. 1 – 3 GWB-2016) fallen – Land und Stadt sind Gebietskörperschaften nach § 98 Nr. 1 GWB-2005 - Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50% finanziert bzw. subventioniert werden. § 98 Nr. 5 GWB-2005 (jetzt § 99 Nr. 5 GWB-2016) spricht zwar von „Errichtung von Sporteinrichtungen“ - erfasst werden davon aber nach unbestrittener Auffassung auch Modernisierungs-, Renovierungs- und Rekonstruktionsvorhaben (Zeiss, in: Heiermann/Zeiss/Summa, juris-PK Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 99 GWB Rn. 130 unter Verweis auf OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.04.2003 - VK 8/2003).
Wenn Land und/oder Stadt die Baumaßnahmen zu mehr als 50% fördern, wäre Holstein Kiel öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 TTG in Verbindung mit § 98 Nr. 5 GWB-2005 (jetzt § 99 Nr. 5 GWB-2016), weil auch die weitere Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 TTG vorliegt, dass Holstein Kiel in Schleswig-Holstein einen Bauauftrag nach § 99 Abs. 1 und 3 GWB-2005 (jetzt § 103 Abs. 1 und Abs. 3 GWB-2016) vergibt.
Wenn das Vergaberecht des Landes Schleswig-Holstein wegen der öffentlichen Förderung der Baumaßnahmen zur Anwendung kommen sollte, wäre § 9 Abs. 1 Nr. 3 der Schleswig-Holsteinischen Vergabeverordnung (SHVgVO) zu beachten, der die VOB/A hinsichtlich des Vergabeverfahrens modifiziert. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TTG sind bei der Vergabe öffentlicher (Bau-)Aufträge die Vertrags- und Vergabeordnung für Bauleistungen (VOB), Teile A und B unabhängig vom Auftragswert anzuwenden und für Baumaßnahmen mit einem Volumen von 1 Mio. EURO wäre nach § 3 VOB/A eine öffentliche Ausschreibung erforderlich, weil die Wertgrenzen für eine Beschränkte Ausschreibung nach § 3 Abs. 3 und Abs. 4 VOB/A und auch die Voraussetzungen für eine Freihändige Vergabe nach § 3 Abs. 5 VOB/A nicht vorliegen. § 9 Abs. 1 Nr. 3 SHVgVO bestimmt aber, dass bis zum 31.12.2017 abweichend von § 3 Abs. 3 VOB/A bis zu einem geschätzten Gesamtauftragswert unterhalb von 1 Mio. € die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb nach § 3 Abs. 3 VOB/A zulässig ist – ab Erreichen dieses Auftragswertes die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb für jedes Fachlos unterhalb eines geschätzten Auftragswertes von 50.000 EUR. Alle Werte beziehen sich auf die Gesamtvergütung für die (Bau-)Leistung ohne Umsatzsteuer (§ 5 Abs. 1 SHVgVO). Bei einer Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb sind mindestens 3 geeignet Bewerber zur Abgabe eines Angebots aufzufordern (das beschleunigt erheblich das Verfahren gegenüber einer Öffentlichen Ausschreibung).
Das bereits unter Nr. 4 genannte 20%-Kriterium hat einen Bezug zum Europäischen Beihilferecht. Ob das Beihilferecht zur Anwendung kommt, bedarf noch der eingehenden Prüfung. Sollte es zur Anwendung kommen, besagt das 20%-Kriterium, dass die zu fördernde Sportinfrastruktur – hier das Stadion – nicht nur einem Profisportnutzer, sondern zu 20% seiner verfügbaren Nutzungszeiten anderen Profi- und Amateursportnutzern zur Verfügung stehen muss. Die Europäische Union hat durch die Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission (auch Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung - „AGUV“ genannt) bestimmte Beihilfen als ad-hoc-Beihilfen mit dem Binnenmarkt im Sinne des § 107 Abs. 2 oder 3 AEUV („EU-Vertrag“) vereinbar erklärt und von der Anmeldepflicht bei der Kommission nach § 108 Abs. 3 AEUV (sog. Notifizierung) freigestellt. Die Freistellung erfasst u.a. auch Beihilfen für Sportinfrastrukturen, ist allerdings an einen ganzen Katalog von Voraussetzungen geknüpft und dazu zählt u.a. auch das 20%-Kriterium (Art. 55 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission).
Gerwin Stöcken
Stadtrat