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Antrag der Verwaltung - 0631/2017
Grunddaten
- Betreff:
-
Richtlinie der Landeshauptstadt Kiel über die Förderung von Tagespflege im Rahmen von versicherungspflichtiger Anstellung
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Antrag der Verwaltung
- Federführend:
- Jugendamt
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Jugendhilfeausschuss
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Kenntnisnahme
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Jul 5, 2017
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Antrag
Antrag:
- Zugestimmt wird der als Anlage beigefügten „Richtlinie der Landeshauptstadt Kiel über die Förderung von Tagespflege im Rahmen von versicherungspflichtiger Anstellung“.
- Zugestimmt wird, dass auf Antrag des Trägers rückwirkend ab 01.04.2017 die Vergütung der Verfügungszeiten (Mehrarbeitszeit) gefördert wird.
Die für das Haushaltjahr 2017 benötigten Mittel in Höhe von bis zu 197.000 Euro stehen beim Kostenträger 36100203 Sachkonto 53180000 zur Verfügung.
Sachverhalt/Begründung
Begründung:
Kindertagespflege ist eine gesetzlich anerkannte Betreuungsform im familiennahen Umfeld und gilt neben den Kindertageseinrichtungen als gleichrangiges Betreuungsangebot für unter 3-jährige Kinder. Zur Erfüllung des seit 2013 existierenden Rechtsanspruches auf U3-Betreuung ist die Tagespflege ein unverzichtbares Betreuungsangebot in der Landeshauptstadt Kiel und soll weiter ausgebaut werden.
Gemäß § 27 Kindertagesstättengesetz (KitaG) kann die Tagespflege in verschiedenen Formen ausgeübt werden, wobei die selbstständige/freiberuflich tätige Tagespflegeperson die bekanntere Form ist. Die Selbstständigkeit bedeutet für die Tagespflegepersonen die eigenverantwortliche und unabhängige Organisation der Tagesabläufe, aber auch die ökonomische Eigenverantwortung für eine dauerhafte Existenzsicherung.
Historie
Bereits seit 1995 bietet die Landeshauptstadt Kiel freien Trägern über eine entsprechende Förderrichtlinie die Möglichkeit, Tagespflegepersonen versicherungspflichtig anzustellen. Dieses Modell der Festanstellung beseitigt die soziale Unsicherheit der Tagespflegepersonen und gewährleistet die kontinuierliche Erwerbsintegration. Diese Betreuungsplätze werden von der AWO und Pädiko e.V. angeboten, sind seitdem in die Kita-Bedarfsplanung aufgenommen und werden mit der Richtlinie für Tagespflege von versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gefördert. Somit existieren in Kiel die freiberufliche und festangestellte Tagespflege nebeneinander. Die freiberufliche Tagespflege ist dem Amt für Kinder- und Jugendeinrichtungen zugeordnet, die festangestellte Tagespflege dem Jugendamt. Beide Ämter verfolgen gemeinsam das Ziel, eine gleichwertige Förderung beider Modelle herzustellen. Es sind zurzeit 48 Tagespflegepersonen bei den freien Trägern beschäftigt und 89 Tagespflegepersonen in der freiberuflichen Tagespflege.
Richtlinie
Im Jahr 2014 wurde die bisherige Richtlinie der freiberuflichen Tagespflege durch eine neue Richtlinie und eine neue Satzung ersetzt.
Wichtige Änderungen waren:
- Auskömmliches Einkommen durch Erhöhung der Stundensätze (Orientierung an den Tarifvergütungen von Sozialpädagogischen Assistenten/Assistentinnen und Erzieher/Erzieherinnen sowie Berücksichtigung von Verfügungszeiten)
- Ausschluss der Forderung eines zusätzlichen Betreuungsgeldes von den Eltern
- Berücksichtigung von zwei Qualifikationsstufen bei den Stundensätzen entsprechend dem Aus- und Fortbildungstand sowie den Berufserfahrungen der Tagespflegeperson
- Förderung von Abwesenheitstagen aufgrund von Urlaub, Fortbildung und Krankheit
- Zuverlässige Vertretungsregelung bei Krankheit
Alle Maßnahmen führten dazu, dass die freiberufliche Tagespflege für die Eltern, aber auch für die Tagespflegepersonen attraktiver und zuverlässiger wurde.
Den betroffenen Trägern, AWO und Pädiko e.V., wurde zugesichert, dass die Regelungen für die festangestellte Tagespflege entsprechend angepasst werden sollten, damit die gleichgeartete Betreuungsarbeit ihrer Tagespflegepersonen annähernd gleich gefördert wird.
Mit Beschlussfassung des Jugendhilfeausschusses vom 05.10.2016 wurde bereits eine neue Vertretungsregelung für die festangestellte Tagespflege ab 01.11.2016 eingeführt (Drs. 0814/2016). Gleichzeitig wurde die Verwaltung beauftragt, die bereits seit über 20 Jahren geltende Richtlinie zur Förderung der Tagespflege im Rahmen von versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zu überarbeiten und eine neue Richtlinie zur Beschlussvorlage vorzulegen.
Die neue „Richtlinie der Landeshauptstadt Kiel über die Förderung von Tagespflege im Rahmen von versicherungspflichtiger Anstellung“ ist Gegenstand dieser Beschlussvorlage und wurde in Beratung mit den freien Trägern AWO und Pädiko e.V. erarbeitet.
Die wichtigsten Änderungen der neuen Richtlinie:
- Die Förderung der vollen Personalkosten wird ab der Betreuung von fünf Kindern mit je 40 Wochenstunden (= 200 Wochenbetreuungsstunden) anerkannt. Bisher erfolgte dies bei vier Kindern und 156 Wochenbetreuungsstunden, weil der 5. Betreuungsplatz für Vertretungskinder „reserviert“ war. Durch das neue Vertretungskonzept ist keine Vertretungsreservierung mehr notwendig. Es erfolgt eine Teilzeitberechnung, wenn die Tagespflegeperson weniger Kinder und/oder Kinder mit weniger Wochenstunden betreut.
- Anerkennung und Förderung von Verfügungszeiten von 3 Stunden wöchentlich pro Tagespflegeperson (0,5 Stunden täglich für Vor- und Nachbereitungszeit und 0,5 Stunden wöchentlich für Dienstbesprechungen). Außerdem wird berücksichtigt, dass die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit nur 39 Stunden beträgt die Kinder aber in der Regel 40 Stunden pro Woche betreut werden. Deshalb wird die tatsächliche Wochenarbeitszeit der Tagespflegepersonen von 43 Stunden pro Woche mit 110% der Eingruppierung S 3 des TVöD-SuE gefördert (110% = 100% / 39 tarifliche Wochenarbeitsstunden x 43 tatsächliche Wochenarbeitsstunden). Die freien Träger werden die zusätzlichen Stunden durch Zusatzverträge mit ihren Tagespflegepersonen regeln. Die Anzahl der Verfügungszeitstunden entspricht der Berücksichtigung in der freiberuflichen Tagespflege.
- Ausgehend von dem Gedanken einer leistungsbezogenen Vergütung werden die Personalkosten in zwei Qualifikationsstufen gefördert. Dieses entspricht auch der Förderung in der freiberuflichen Tagespflege. Die Staffelung nach Qualifikationen hat zum Einen den Vorteil, dass in der Tagespflege tätige Erzieher/Erzieherinnen (Qualitätsstufe 2) entsprechend ihrer Ausbildung vergütet werden, zum Anderen enthält diese Staffelung einen Anreiz zur Qualifizierung und damit eine Perspektive für alle Tagespflegepersonen. Die Tagespflegepersonen mit der nachweislichen Qualifikationsstufe 2 können daher mit 120% der Eingruppierung S 3 TVöD-SuE gefördert werden und erhalten somit ca. 350 Euro/monatlich Bruttogehalt mehr. Es ist davon auszugehen, dass (analog der freiberuflichen Tagespflege) ca. 1/3 der festangestellten Tagespflegepersonen die Voraussetzungen der Qualifikationsstufe 2 erfüllen.
- Die neue Vertretungsregelung wurde bereits mit dem Beschluss des Jugendhilfeausschusses zum 01.11.2016 eingeführt. In der neuen Richtlinie wird diese manifestiert und präzisiert. Die freien Träger der festangestellten Tagespflege stellen zum Vertretungszweck Tagespflegepersonen ein, die sozialräumlich günstig auf das Stadtgebiet verteilt sind und die ausschließlich die Betreuung der Kinder im Krankheits-, Urlaubs- und Fortbildungsfall der Tagespflegeperson gewährleisten. Es wird die Förderung der Personalkosten übernommen, aber auch Sachkosten in Form von Übernahme der Miete und Mietnebenkosten, Ausstattungskosten, Fahrt- und Telefonkosten und Verbrauchsmaterialien. Wenn in Ausnahmefällen keine zusätzliche Vertretungskraft einsetzbar ist, weil Personal und Betreuungsräume nicht vorhanden sind, müssen sich die Tagespflegepersonen untereinander vertreten. In diesen Fällen erhalten die Tagespflegepersonen einen Ausgleich, weil sie regelmäßig nur vier Kinder betreuen können, aber Vertretungsarbeit leisten.
- Die Sachkostenpauschale wurde nach der bisherigen Richtlinie in Höhe von 383 Euro jährlich pro Tagespflegeperson gewährt. Zusätzlich wurden für jedes betreute Kind 60 Euro monatlich gezahlt (Beschluss RV vom 13.03.2008).
Unter Berücksichtigung der Preissteigerung wird nun für jede anerkannte Tagespflegeperson eine monatliche Sachkostenpauschale von 50 Euro (600 Euro jährlich) gezahlt, die insbesondere für die Aufwendungen für Verbrauchsmaterialen zu verwenden sind. Außerdem wird für jede Wochenbetreuungsstunde 1,50 Euro monatlich anerkannt (Beispiel: Tagespflegeperson mit 5 Kinder á 40 Stunden wöchentlich = 5 x 40 x 1,50 = 300 Euro/mtl.). Dieser Betrag ist für die Abdeckung aller weiteren Aufwendungen gedacht, insbesondere für alle Aufwendungen, die die Betreuungsräume betreffen. Für die Betreuung in Großtagespflegestellen und in eigens für die Tagespflege angemietete Wohnungen, wird zusätzlich noch die angemessene Grundmiete als Sachkosten anerkannt.
- Es besteht zurzeit ein großer ungedeckter und sofortiger Bedarf an U3- Betreuungsplätzen, der auch mit Schaffung von neuen Kindertageseinrichtungen nicht zu bewältigen ist. Es gibt jedoch viele an Tagespflege interessierte Personen, die teilweise selbst nicht über geeigneten Wohnraum verfügen. Deshalb gilt die Anmietung von kleinen Tagespflegewohnungen durch die freien Träger und die Übernahme von Mietkosten als besonders vielversprechende Strategie, um neue Tagespflegepersonen zu akquirieren und neue Betreuungsplätze zu schaffen. Diese besondere Regelung hinsichtlich der Anmietung und Übernahme von Sachkosten wird in die neue Richtlinie aufgenommen. Eine ähnliche Regelung wird es auch für die freiberufliche Tagespflege geben.
- Im Gegensatz zu der bisherigen Richtlinie sind die Regelungen nun ausführlicher und präziser formuliert, damit Auslegungs- und Verständnisdifferenzen minimiert werden.
Rückwirkung
Bereits mit der Einführung der neuen Vertretungsregelung zum 01.11.2016 haben sich die Träger damit einverstanden erklärt, dass die beschäftigten Tagespflegepersonen innerhalb einer angemessenen Übergangsfrist nun 5 anstatt 4 Kinder betreuen müssen. Die Träger wiesen jedoch eindringlich darauf hin, dass die Tagespflegepersonen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Betreuungszeit von 40 Stunden am Kind und der zu leisteten Vor- und Nachbereitungszeit eine unentgeltliche Mehrarbeitszeit leisten. Die Verwaltung stellte den freien Trägern die Ausarbeitung einer neuen Richtlinie mit Berücksichtigung der Verfügungszeiten zum Frühjahr 2017 in Aussicht. Daraufhin erhöhten AWO und Pädiko e.V. die Betreuungsarbeit der meisten Tagespflegepersonen auf 5 Kinder. Die Richtlinie wird erst zum folgenden Kindergartenjahr am 01.08.2017 in Kraft treten. Um die von den Tagespflegepersonen bis dahin geleistete Mehrarbeit zu entgelten, wird die Regelung hinsichtlich der Vergütung der Verfügungszeiten ab 01.04.2017 rückwirkend gefördert. Der Träger hat die Möglichkeit, einen entsprechenden Antrag beim Jugendamt zu stellen, wenn die Tagespflegepersonen nachweislich fünf Kinder betreut haben.
Kosten
Die neue Richtlinie ist mit Mehrkosten verbunden, die sich auf ca. 300.000 Euro jährlich belaufen (siehe Anlage 2).
| Kosten pro Kind jährlich | |||
| versicherungspflichtige Tagespflege (alt: aber bereits mit Vertretungsregelung٭ )
| versicherungspflichtige Tagespflege (neu)
| freiberuf- liche Tages- pflege | Krippe |
Personalkosten Tagespflegeperson | 9.217,44 € | 9.616,32 € |
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Sachkostenpauschale | 796,68 € | 840,00 € |
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Leitungskosten | 1.134,00 € | 1.134,00 € |
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Kosten für Vertretung | 1.194,72 €* | 1.194,72 €* |
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Verwaltungskosten (6% der Personalkosten) | 621,09 € | 645.02 € |
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Gesamtkosten | 12.963,93 € | 13.430,06 € | 10.900 € | 17.400 € |
Mehrkosten pro Platz jährlich | 466,13 € |
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* Der Vertretungsregelung und den damit verbundenen Mehrkosten wurde bereits mit der Beschlussfassung des JHA vom 05.10.2016 zugestimmt.
Die jährlichen Kosten eines 8-Stunden-Betreuungsplatzes in der festangestellten Tagespflege werden sich um ca. 470 Euro jährlich erhöhen und betragen dann ca. 13.400 Euro, sofern die Tagespflegeperson die Kinder in ihrem eigenen Haushalt betreut. Bei der Betreuung in Großtagespflegestellen oder in eigens für die Betreuung angemieteten Räumen, müssen zudem die Mietkosten berücksichtigt werden.
Die Betreuungskosten in der freiberuflichen Tagespflege betragen jährlich 10.900 Euro. Diese Summe beinhaltet nicht die institutionellen Trägerkosten in Form von Leitungskosten, Verwaltungskosten und Urlaubsvertretung.
Die Stadt Kiel hält diese zwei Formen der Tagespflege vor, um so die unterschiedlichen beruflichen und persönlichen Bedürfnisse der an Tagespflege interessierten Personen zu berücksichtigen, die entweder soziale Sicherheit und versicherungspflichtige Beschäftigung bevorzugen oder eigenverantwortliche Organisation und Selbstständigkeit.
Beide Tagespflegearten sind im Vergleich zu den Krippenbetreuungskosten deutlich günstiger.
Für den Zeitraum August bis Dezember 2017 sind Mehrkosten aufgrund der neuen Richtlinie in Höhe von ca. 125.000 Euro zu erwarten. Aufgrund der Nachzahlung der rückwirkenden Anerkennung der Verfügungszeiten werden zusätzlich bis zu 72.000 Euro erwartet (siehe Anlage 2). Die benötigten Mittel stehen im Haushalt beim Kostenträger 36100203, Sachkonto 53180000 zur Verfügung.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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