Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 0979/2017
Grunddaten
- Betreff:
-
Wohnbauflächenatlas 2.0: Zielsetzung und Vorgehensweise
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Stadtplanungsamt
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Bauausschuss
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Vorberatung
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Nov 2, 2017
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Erledigt
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Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit
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Vorberatung
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Nov 23, 2017
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Sachverhalt/Begründung
- 1 -
Bevölkerungswachstum benötigt Raum. Der am 16.03.2017 von der Ratsversammlung beschlossene Wohnbauflächenatlas (vgl. Drs.-Nr. 0176/2017) schloss in der Gegenüberstellung des durch das Land Schleswig-Holstein prognostizierten Neubaubedarfs von 15.400 WE (Zusatzbedarf) bis 2030 und des gemäß Wohnbauflächenatlas theoretisch vorhandenen Flächenpotenzials von rd. 10.300 Wohneinheiten mit einem Fehlbetrag an Flächen für ca. 5.100 Wohneinheiten. In der jüngst vorgelegten „Wohnungsmarktprognose Schleswig-Holstein 2030“ hat das Land Schleswig-Holstein den Wohnraumbedarf aufgrund der dynamischen Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit noch einmal um rund 2.000 Wohneinheiten nach oben korrigiert.
Wohnungspolitische Instrumente:
Um der angespannten Lage am städtischen Wohnungsmarkt (vgl. u.a. Drs.-Nr. 0267/2013) zu begegnen, bedient sich die Stadt eines breiten Repertoires an wohnungspolitischen Instrumenten. Neben der Stimulierung des privaten Wohnungsbaus durch den Verkauf städtischer Grundstücke auf Grundlage von Konzeptausschreibungen (u.a. 30 % sozialer Wohnungsbau im Geschosswohnungsbau) wie auch der Schaffung von Planungsrecht und der Eigenerschließung von Baugebieten wurde die Stabsstelle Kommunaler Wohnungsbau eingerichtet, um aktiv vernachlässigte Segmente des Wohnungsmarktes zu bedienen. Eine Kernaufgabe bleibt allerdings die Flächensuche als Grundlage der zuvor genannten stadteigenen Aktivitäten und zur Beförderung der privaten Bautätigkeit.
Wohnbauflächenatlas 2.0 + Innenentwicklung:
Untersuchungsgegenstand
In der Vorstellung des Wohnbauflächenatlanten wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund des bestehenden Erfordernisses, die Wohnbautätigkeit durch die Benennung von Flächenpotenzialen zeitnah zu stimulieren, nicht sämtliche Potenziale flächendeckend aufgenommen werden konnten.
In einer ersten Weiterentwicklung des Wohnbauflächenatlanten sollen daher nun zwei weitere Flächenkategorien auf bestehende Nachverdichtungspotenziale untersucht werden, die bis dato nicht systematisch betrachtet werden konnten. In den
- vorwiegend aus der Gründerzeit stammenden Blockinnenbereichen des Kernstadtbereichs
und den
- vielfach durch aufgelockerte Zeilenbebauung geprägten Siedlungen der 50er und 60er Jahre
wird ein nennenswertes Potenzial an bisher nicht- bzw. untergenutzten Flächen vermutet, die für Nachverdichtungstätigkeiten geeignet sein können.
Aufgrund der prägenden Umgebungsbebauung werden in beiden Gebietskategorien in erster Linie Nachverdichtungspotenziale für den Geschosswohnungsbau gesehen. Als wachsende Stadt mit begrenzten Flächenkapazitäten setzt die LH Kiel einen Schwerpunkt auf den Geschosswohnungsbau. Hiermit folgt sie auch den Empfehlungen des Landes, das in der „Wohnungsmarktprognose Schleswig-Holstein 2030“ für die Landeshauptstadt Kiel einen Bedarf von 80 % der zusätzlichen Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau annimmt. Verstärkend tritt hinzu, dass gemäß Erfahrungen der Verwaltung Hinzuziehende überwiegend urbane Lage als Wohnstandort präferieren. Über die fiskalische wie auch die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit von Innenentwicklungen wird auf die Drs.-Nr. 1079/2010 verwiesen. In den Siedlungen der 50/60er Jahre ist darüber hinaus von einer geringen Anzahl unterschiedlicher Einzeleigentümer auszugehen, was eine bauliche Aktivierung deutlich erleichtern würde.
Es wird an dieser Stelle allerdings darauf hingewiesen, dass die zunächst angestrebte Konzentration auf die beiden benannten Flächenkategorien die Identifikation weiterer Flächen im Stadtgebiet nicht ausschließt. Zusätzliche Flächenkategorien sollen in zukünftigen Erweiterungen des Wohnbauflächenatlas betrachtet werden.
Verfahren
Für die Identifizierung und Aktivierung von Nachverdichtungspotenzialen in den benannten Flächenkategorien beabsichtigt die Verwaltung, folgendes Verfahren durchzuführen:
1. | Öffentliche Ankündigung |
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| Im Rahmen einer Informations- und Diskussionsveranstaltung sollen die Ortsbeiräte sowie die Bau- und Wohnungspolitischen Sprecher der Ratsfraktionen über das Verfahren mit der Verwaltung ins Gespräch kommen. Die vorliegende Geschäftliche Mitteilung bildet hierfür die Grundlage. Parallel dazu wird die Verwaltung das Gespräch mit den lokalen Umweltverbänden suchen, um wichtige Hinweise für das anschließende Suchverfahren aufnehmen zu können.
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2. | Suchverfahren |
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| Für beide Flächenkategorien werden in einem ersten Schritt die möglichen Nachverdichtungspotenziale über das Geoinformationssystem der Landeshauptstadt Kiel erfasst. Ergänzende Ortsbesichtigungen werden zur Validierung der Ergebnisse durchgeführt. Ein erstes Basiskriterium stellt die Mindestgröße der Flächenpotenziale dar. Hierbei ist zwischen den Flächenkategorien zu differenzieren. In Blockinnenbereichen ist überwiegend von einem Planungserfordernis auszugehen. Aufgrund der begrenzten Bearbeitungsressourcen können Planverfahren in der LH Kiel nur ab einer bestimmten Mindestanzahl von Wohneinheiten durchgeführt werden, die den Bearbeitungsaufwand rechtfertigen. Daher ist hier eine höhere Mindestgröße der Potenzialfläche anzunehmen. | |
| Im Bereich der 50er/60er Jahre Siedlungen wird hingegen öfters ein Genehmigungstatbestand nach § 34 BauGB vermutet. Hier können entsprechend kleinere Vorhaben – teils Erweiterungen des vorhandenen Gebäudebestandes – vorgenommen werden, die eine geringere Mindestgröße rechtfertigen würden. Nach der räumlichen Abgrenzung möglicher Potenzialflächen werden diese in Bezug auf ihre städtebauliche, funktionale und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit untersucht. Hierfür werden vier Kriterien zugrunde gelegt:
(„je weniger desto besser“)
(„je intensiver desto besser“)
(„je vitaler desto schlechter“)
(„je wertiger desto schlechter“) Das Ergebnis ist als eine „fachliche Ersteinschätzung“ der potenziell bestmöglich geeigneten Nachverdichtungspotenziale zu verstehen. Daran anschließen muss sich eine Reihe an Detailprüfungen, die die Umsetzungsmöglichkeiten einer Nachverdichtung weiter qualifizieren.
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3. | Prüfverfahren |
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| Dieser Schritt dient der Untersuchung, ob die Grundstücke tatsächlich verfügbar sind. Zunächst werden die Flächeneigentümer durch die Verwaltung kontaktiert, um die grundsätzliche Mitwirkungsbereitschaft zu erkunden. Bei Interesse der Eigentümer schließen sich erste Gespräche mit der Verwaltung an. Zur Abschätzung der städtebaulichen bzw. erschließungstechnischen Machbarkeit können nun konkrete Testentwürfe durch die Verwaltung erarbeitet werden. Ferner besteht die Möglichkeit zur Unterstützung bei immobilienwirtschaftlichen Kalkulationen zur Veranschaulichung des Mehrwertes für Eigentümer. Hierbei würde sich die Verwaltung externer Hilfe bedienen.
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4. | Politische Befassung |
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| Bei positivem Abschluss des Prüfverfahrens wird die öffentliche Diskussion durch eine Vorstellung im Ortsbeirat eingeleitet. Da nach der Erarbeitung des finalen städtebaulichen Entwurfs vielen Fällen (vgl. Drs.-Nr. 0239/2015) ein Bauleitplanverfahren erforderlich ist, sind die nötigen Schritte des öffentlich-rechtlichen Verfahrens unter Einbindung der zuständigen, politischen Gremien zu veranlassen. |
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Anmerkungen
Bei dem skizzierten Verfahren handelt es sich um ein Arbeitsmodell der Verwaltung. Änderungen des Verfahrens können sich aus der politischen Fachdiskussion ergeben.
Es wird ein systematischer Ansatz der Potenzialhebung verfolgt. Der Erfolg dieses Vorgehens dürfte jedoch – genauso wie beim Wohnbauflächenatlas und der im Zuge des Nachhaltigen Flächenmanagements Kiel (NFK) verfolgten Aktivierung von Baulücken – wesentlich von der Mitwirkung der Grundeigentümer abhängen. Ein rechnerisches Potenzial kann daher erst nach Abschluss des Suchverfahrens und der Eigentümerbeteiligung geschätzt werden.
Da eine Aktivierung der Potenziale in vielen Fällen der Aufstellung von Bebauungsplänen bedarf, wird der Entwicklungshorizont gemäß der Klassifizierung des Wohnbauflächenatlas vielfach als „mittelfristig“ (1-5 Jahre) einzustufen sein.
Weiteres Vorgehen, u.a. Wohnbauflächenatlas 3.0:
Perspektivisch sollen zusätzlich zu den nun zu untersuchenden Flächenkategorien weitere Potenzialflächen analysiert werden. Aus heutiger Sicht lassen sich folgende Typologien identifizieren:
- Erhöhung der Ausnutzung von bereits bebauten Grundstücken, z.B. durch Aufstockungen oder Ausbau der Dachgeschosse
- Umnutzung nicht mehr marktgängiger Leerstände (z.B. Büro- oder Geschäftsflächen)
- Prüfung weiterer Entwicklungsmöglichkeiten im Außenbereich für Neubaugebiete.
Diesen Prüfungen wird sich die Verwaltung nach Abschluss des oben benannten Verfahrens widmen.
Weiterhin wird die Verwaltung die nachstehenden Aufträge zur Erhöhung der Wohnbautätigkeit veranlassen:
- Einbringen einer Beschlussvorlage zur Verabschiedung einer Kriterienliste für Vorhabenträger zur Wohnbaulandentwicklung, u.a. auch zur Absicherung der Schaffung von sozialen Wohnungsbau bei der Aufstellung neuer Bebauungspläne
- Weiterentwicklung der Stabsstelle Kommunaler Wohnungsbau zu einer ganzheitlichen Stabsstelle Wohnen im Baudezernat (Etablierung einer dezernatsübergreifende Stelle als zentraler Ansprechpartner für private Vorhabenträger)
- Erstellung einer Wohnungsmarktbedarfsanalyse zur Konkretisierung der Wohnraumbedarfe nach Gebäudetypologie zur bedarfsgerechteren Planung von Wohngebieten (Das Innenministerium Schleswig-Holstein hat bereits eine Förderung in Aussicht gestellt.)
- Anpassung der städtischen Stellplatzrichtlinie zur Erleichterung von Vorhaben der Innenentwicklung.
- Die Stadt Kiel sucht ferner die verstärkte Zusammenarbeit mit dem Umland, um regionale Lösungen für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu finden.
- Halbjährlicher Turnus zwischen der Verwaltung und den Akteuren des Masterplanes Wohnen
Doris Grondke
Stadträtin für Stadtentwicklung und Umwelt
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