Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 1085/2017
Grunddaten
- Betreff:
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Sachstand – Neuaufstellung Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Amt für Wohnen und Grundsicherung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit
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Kenntnisnahme
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Nov 23, 2017
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Sachverhalt/Begründung
Ausgangssituation
Aktuell sind in Kiel ca. 250 Männer und Frauen von Wohnungslosigkeit betroffen. Hierzu zählen insbesondere diejenigen Haushalte, die durch Mietschulden oder Verhaltensprobleme im nachbarschaftlichen Kontext durch Kündigung oder Räumung ihre Wohnung verloren haben und sich aktuell bei Familienangehörigen, Freunden oder in den Unterbringungsmöglichkeiten der Wohnungslosenhilfe aufhalten. Auch sind junge Volljährige nach Heimerziehung oder bei Konflikten im Elternhaus in dieser Gruppe vertreten.
Hinzu kommen weitere ca. 200 Personen, die infolge psychischer Erkrankung, massiven Drogenkonsums keine eigene Wohnung erhalten. Mangelnde Krankheitseinsicht bzw. Vermeidungsstrategien lassen diese erkrankten Personen am vorhandenen Hilfenetzwerk scheitern. Die Wohnungslosenhilfe ist das letzte Netz, das sie auffängt ohne aber an den Ursachen ihrer Wohnungslosigkeit etwas ändern zu können.
Weiterhin gibt es in Kiel viele ehemalige Flüchtlinge, denen es nach der Anerkennung aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gelungen ist, eine Wohnung auf dem Wohnungsmarkt zu finden.
In letzter Zeit macht sich in der Wohnungslosenhilfe auch die Verschärfung der Rechtslage für die Inanspruchnahme von Sozialleistungen für EU-freizügigkeitsberechtigte Ausländer insbesondere aus Bulgarien in der Wohnungslosenhilfe bemerkbar. Menschen, die durch Schlepper unter falschen Versprechungen für den Arbeitsmarkt rekrutiert wurden, werden teilweise ohne jede Vorankündigung entlassen und aus ihren bisherigen Unterkünften auf die Straße gesetzt.
Insgesamt ergibt sich so für den Bereich der Landeshauptstadt Kiel eine Gesamtzahl von rd. 1000 Personen, die aus den unterschiedlichsten – oben dargestellten – Gründen Wohnungslosenhilfe in Anspruch nehmen.
Soziale und rechtliche Grundlagen
Nach der Bedürfnispyramide des amerikanischen Psychologen Abraham Harold Maslow gehört das Wohnen zu den elementaren Grundbedürfnissen des Menschen. Dieses Grundbedürfnis zu erfüllen ist das zentrale Anliegen jeglicher Politik und sozialer Arbeit für Menschen ohne eigenen Wohnraum. Die Würde der Betroffenen, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie die Integration in den Arbeitsmarkt sind ohne eigenen Wohnraum gefährdet; der soziale Abstieg in der Regel vorgezeichnet.
Die angespannte Nachfrage nach Wohnraum in Kiel macht die Wohnungslosen zu Benachteiligten am Wohnungsmarkt. Viele Vermieterinnen und Vermieter verlangen eine Schufa-Auskunft und eine Vormieterbescheinigung. Suchtkranke und psychisch kranke Menschen können in der Konkurrenz zu anderen Bewerbern um Wohnungen oft nicht bestehen.
Die Kommunen in Schleswig-Holstein sind nach § 174 ff. Landesverwaltungsgesetz verpflichtet von einzelnen Person Gefahren abzuwehren. Diese auf der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit basierende Vorschrift ist die Rechtsgrundlage für die Unterbringung von Wohnungslosen. Darüber hinaus gibt das Sozialgesetzbuch XII die Möglichkeiten Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten zu gewähren, um Wohnungslosigkeit zu überwinden.
Ziele der städtischen Wohnungslosenhilfe
Zentrales Anliegen der Stadt muss es zunächst sein, den Wohnungsverlust und damit die Wohnungslosigkeit zu verhindern. Über die dazu geschaffene Rechtsgrundlage z.B. in § 22 SGB II, die die Gerichte bei Klageeingang dazu berechtigen und verpflichten die Kommunen/Jobcenter entsprechend zu unterrichten, müssen Vermieter gewonnen werden, alles dafür zu tun, um den Wohnungsverlust zu vermeiden.
Bei eingetretener Wohnungslosigkeit liegt der Handlungsspielraum der Verwaltung zwischen der ordnungsrechtlichen Norm und der sozialhilferechtlichen Hilfe, wobei der Hilfeansatz des SGB XII der Ausgangspunkt für eine Veränderung der Situation der Betroffenen sein muss.
Die nachfolgenden fünf Eckpunkte beschreiben die notwendigen Reformschritte zur Verbesserung der Situation der Betroffenen:
- Prävention
- Zielklärung und Hilfeplanung
- Versorgung mit Notschlafplätzen und Tagesaufenthaltsmöglichkeiten
- Aktivierung der Regelsysteme für kranke und pflegebedürftige Wohnungslose
- Überwindung von Benachteiligungen am Wohnungsmarkt
Die Mitwirkungsbereitschaft und -fähigkeit der betroffenen Personen ist dabei entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der Maßnahmen.
Es gilt in der Wohnungslosenhilfe ebenso wie bei anderen sozialen Leistungen auch
- Mitwirkungsbereitschaft einzufordern,
- Mitwirkung zu fördern sowie
- krankheitsbedingte Mitwirkungsunfähigkeiten zu berücksichtigen.
Sachstand
Die Verwaltung hat dem Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit in seiner Sitzung am 23.02.17 eine erste Ideenskizze zur Neuausrichtung der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe in Kiel vorgelegt (Drs. 0139/2017). Der Ausschuss hat gebeten, über den weiteren Fortgang informiert zu werden.
In der Anlage wird nunmehr der aktuelle Stand der Überlegungen vorgelegt. Darin werden die bisher nur grob skizzierten Ideen präzisiert, um eine bessere Diskussionsgrundlage sowohl im politischen Bereich als auch mit den Trägern zu bieten. Es handelt sich daher auch weiterhin um kein fertiges Konzept.
Die Diskussionen und Gespräche der letzten Monate haben gezeigt, dass eine Neuausrichtung eines deutlich größeren Zeitkorridors bedarf, als ursprünglich gedacht: es gilt Zugangsverfahren und Inhalte von Hilfen zu definieren, sowie (Unterbringungs-)Angebote aufzubauen.
Angedacht ist, die nächsten zwei Jahre für die Diskussion und Abstimmung eines neuen Konzeptes zu nutzen. Ein solcher Zeitrahmen scheint notwendig, da er die Chance bietet, sowohl die inhaltlichen Fragen zu klären als auch erste Umsetzungsschritte zu erproben.
Bis zur Neuaufstellung wird die Wohnungslosenhilfe im bisherigen Umfang weitergeführt.
Der Ausschuss wird über den Fortgang weiter unterrichtet.
Gerwin Stöcken
Stadtrat
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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187,9 kB
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