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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0098/2018

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Sachverhalt/Begründung

Kohlenmonoxid Gefahr in Shisha Bars

 

In Shisha-Bars ist es deutschlandweit mehrfach zu lebensbedrohlichen Kohlenmonoxid-Vergiftungen gekommen.

 

Kohlenmonoxid (CO) verursacht erhebliche Gesundheitsgefahren für Gäste und Beschäftigte.

Es entsteht unter anderem durch eine unvollkommene (unsaubere) Verbrennung, z.B. beim Zubereiten und Rauchen von Shishas / Wasserpfeifen. Es ist ein Atemgift mit Wirkung auf Blut und Zellen, das vom roten Blutfarbstoff Hämoglobin sehr viel besser gebunden wird als Sauerstoff. Da es farb-, geruch- und geschmacklos ist, wird es von den menschlichen Sinnesorganen nicht wahrgenommen. Der Körper zeigt auch keine Abwehrreaktionen (z.B. Augentränen oder Brechreiz) gegen dieses toxische Gas. Auch wenn Betroffene nicht über Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Übelkeit klagen, kann eine CO-Vergiftung schwere Spätfolgen verursachen, z.B. Folgeschäden am Herz- und Nervensystem.

 

Wirkung von Kohlenmonoxid in Abhängigkeit von der Umgebungskonzentration in Teilen pro Million:

 

Kohlenmonoxidwert*

gl. Vergiftungserscheinungen

200 ppm

Geringe Kopfschmerzen, Ermüdung, Schwindel, Übelkeit nach 2 bis 3 Stunden.

400 ppm

Kopfschmerzen in der Stirn innerhalb von 1 bis 2 Stunden, lebensbedrohlich nach 3 Stunden.

800 ppm

Schwindel, Übelkeit und Schüttelkrämpfe innerhalb von 45 Minuten.

1.600 ppm

Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit innerhalb von 20 Minuten. Bewusstlosigkeit innerhalb von 2 Stunden, Tod innerhalb von 1 Stunde möglich.

3.200 ppm

Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit innerhalb von 5 bis 10 Minuten. Tod innerhalb von 25 bis 30 Minuten.

*Kohlenmonoxidkonzentration in der Luft in ppm (parts per million)
Quelle: in Anlehnung an OSHA (Occupational Safety and Health Administration)

 

 

 

 

 

Schwangere, Ungeborene und Personen mit Herzkrankheiten sind deutlich stärker gefährdet.

In Wohngebäuden liegt die normale Konzentration bei 0,5 bis 5 ppm. Der Arbeitsplatzgrenzwert liegt wegen der Dauerexposition bei 30 ppm.

 

Situation in Kiel

 

In Kiel kam es nach Kenntnis der Gaststättenaufsicht zweimal zu Vorfällen, bei denen Gäste kohlenmonoxidbedingt ärztlich versorgt werden mussten, zuletzt am 30.12.2017, als eine junge Frau ( in der Presse fälschlich als Mann bezeichnet) nach mehrstündigem Aufenthalt in einer Shisha-Bar bewusstlos zusammenbrach. Die Untersuchungsergebnisse ließen den Schluss zu, dass in der Bar trotz bereits verfügter Auflagen gefährliche CO-Werte erreicht worden waren.

 

Derzeit gibt es in Kiel 11 Shisha-Bars und vermutlich einige weitere Gaststätten, in denen in geringerem Umfang Shishas angeboten werden. Bis auf eine Ausnahme handelt es sich um erlaubnispflichtige Betriebe, weil jeweils auch Alkohol ausgeschenkt wird.

 

Bei den Kontrollen durch die Gaststättenaufsicht wird auch darauf geachtet, ob sich in den Betrieben Minderjährige aufhalten. Vereinzelt wurde dies festgestellt und wird mit einem Bußgeld nach dem Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens geahndet.

 

Die Gaststättenaufsicht ist für die Überprüfung der hygienerechtlichen Anforderungen nicht zuständig und kann deshalb eventuelle Gesundheitsgefahren durch den Gebrauch von Shishas nicht bewerten.

 

Im Jahr 2015 hat die Gaststättenaufsicht, da immer mehr Shisha Bars hinzukamen, zusammen mit der Feuerwehr Auflagen für die Gaststättenerlaubnisse und ein Merkblatt für die Betreiber/innen entworfen. Außerdem wurden alle Betriebe auf dem damaligen Stand der Erkenntnisse hin überprüft und von der Feuerwehr abgenommen.

 

Zuvor hatte die Gaststättenaufsicht deutschlandweit recherchiert und auch mit der zuständigen Fachaufsicht im Wirtschaftsministerium gesprochen, aber festgestellt, dass es noch keine gesetzlichen Vorgaben oder weitergehenden Empfehlungen gibt, weil r den Betrieb von Shisha-Bars gaststättenrechtlich noch keine besondere Betriebsart angenommen und eine Regulierung nicht für erforderlich gehalten wurde.

 

Die Betriebe mussten aufgrund der von der Kieler Gaststättenaufsicht verhängten Auflagen bislang schon pro 50 qm Gastraum und im Vorbereitungsraum je einen CO-Melder installiert haben. Außerdem musste es in allen Betrieben eine Lüftungsanlage geben, für die eine Fachfirma bescheinigen musste, dass sie ausreichend dimensioniert ist. Die Tür zu dem Raum, in dem die Kohlen vorbereitet werden, musste geschlossen gehalten werden. Verbindlich war nach den bisherigen Auflagen auch eine Abnahme durch die Feuerwehr und die Gaststättenaufsicht.

 

Mitte November, an Silvester 2017 und Anfang Januar diesen Jahres  wurden insgesamt 5 von 11 Betrieben anlassbezogen kontrolliert und in dreien überschrittene Grenzwerte unterschiedlicher Gefährlichkeit festgestellt (in einem Betrieb zweimal). Der höchste Wert lag bei den Kontrollen im November und Dezember 2017 bei 320 ppm in einem Vorbereitungsraum und 158 ppm in einem Gastraum. In zwei Fällen wurde die Gaststättenerlaubnis aufgrund von weiteren, gefahrerhenden Auflagenverstößen entzogen, zweimal wurde der Betrieb bis zur positiven Überprüfung der technischen Ausstattung geschlossen.

 

Die beiden zuletzt geprüften Betriebe durften erst nach vertiefter Überprüfung durch einen Lüftungs-Meisterbetrieb wieder öffnen. In beiden Betrieben mussten neue bzw. zusätzliche Lüfter eingebaut werden. Dabei wurde die Belüftungssituation deutlich aufwendiger geprüft als bei Gaststätten sonst vorgesehen und üblich. In den beiden bereits auf diese Weise überprüften Betrieben liegen die CO-Werte jetzt deutlich unter dem Arbeitsplatzgrenzwert von 30 ppm, den die Gaststättenaufsicht in Ermangelung anderer gesetzlicher Vorgaben auch für den Aufenthalt von Gästen als angemessen zugrunde legt.

 

Angesichts der bei den bisherigen Überprüfungen festgestellten CO-Werte gehen die Gaststättenaufsicht und der o. g. Lüftungs-Meisterbetrieb übereinstimmend davon aus,

dass die sonst für Gaststätten allgemein geforderte Luftaustauschrate bei Shisha-Bars nicht ausreichend ist.

 

Die bislang für Shisha Bars verhängten Auflagen ssen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden.

 

Bei den beiden zuletzt geprüften Betrieben hat die Lüftungs-Fachfirma  die vom/ von der Betreiber/in gewünschte maximale Anzahl an Shishas bei laufender Lüftungsanlage für eine Stunde aktiv rauchen lassen. Dabei wurden die CO-Werte wiederholt gemessen. Als Ergebnis dieser Überprüfung wurden die schon vorhandenen Auflagen ergänzt. Dabei wurde die Anzahl der im Betrieb vorhandenen Shishas begrenzt und die bei der Überprüfung tatsächlich vorhandene technische Ausstattung verbindlich gemacht.

 

Die Gaststättenaufsicht hat am 26.01.2018 auch alle übrigen Shisha-Bars überprüft und bei guter Auslastung der Betriebe bis auf einen überhöhten Wert in einem Vorbereitungsraum nur noch vereinzelte und sehr geringe Grenzwertüberschreitungen festgestellt. In mehreren Betrieben erklärte man uns, man habe inzwischen die Lüftungsanlage ergänzt. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass zu Spitzenzeiten noch mehr Gäste im Betrieb oder noch mehr Shishas in Gebrauch sein könnten.

 

Dennoch geht die Gaststättenaufsicht deshalb davon aus, dass die Kontrollen und Maßnahmen gewirkt haben und der Besuch in Shisha Bars deutlich sicherer geworden ist.

 

Ungeachtet derglichkeit, die Auflagen durch die Gaststättenaufsicht weiter zu verschärfen, sieht die Verwaltung Bedarf für eine zumindest landesweite, allgemeinverbindliche und unter Beteiligung von Sachverständigen entwickelte Regelung durch das Land.

 

Bedarf für die Normierung von Anforderungen

 

Unerlässlich für die Sicherheit in Shisha-Bars ist eine an die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten angepasste Lüftungsausstattung.

 

Die Lüftung muss so dimensioniert werden, dass der CO-Grenzwert auch bei einer vollen Auslastung des Betriebes nicht überschritten werden kann.

 

Die r Gaststätten allgemein geforderte Luftaustauschrate erscheint r Shisha-Bars aufgrund der CO-Emissionen als deutlich zu gering. Bislang werden die Lüftungsanlagen in Gaststätten gleich welcher Art nach unseren Kenntnissen allein auf der Grundlage des Rauminhalts und in Abhängigkeit von der Sitzplatzanzahl geprüft. Die Dauerexposition des Personals und der Gäste durch Shishas bleibt dabei als eine in der Gastronomie sonst unübliche Gefahr unberücksichtigt. In den Kieler Betrieben wurden bis zu 40 gleichzeitig genutzte Shishas gezählt.

 

Ein weiteres Problem scheinen die CO-Melder zu sein, die zum einen unterschiedliche Funktionsumnge haben und für die zum anderen die dazu gehörige DIN-Norm Alarmschwellen vorsieht, bei denen ein Alarm erst ausgelöst wird, wenn bestimmte CO Werte für einen längeren Zeitraum überschritten werden:

 

co-melder-alarmschwellen

 

Diese zum Schutz der unfreiwillig exponierten Beschäftigten entwickelten Alarmschwellen sind Mindestanforderungen und dürfen nicht überschritten werden.
 

Es ist fraglich, ob eine solche Alarmierung ausreicht, weil bei einem längeren Aufenthalt durch Kumulation schon vorher Schädigungen auftreten können. Der Grenzwert für Arbeitsplätze von 30 ppm sollte analog auch für Gäste gelten, die sich häufig ebenfalls für mehrere Stunden in diesen Bars aufhalten.

 

Einige CO-Melder verfügen immerhin über einen sogenannten Vor-Alarm, welcher bereits unterhalb der durch die DIN Norm festgelegten Auslöseschwellen aktiviert wird. Dieser wird jedoch nicht akustisch, sondern ausschließlich über ein Display oder eine blinkende LED ausgegeben.

 

Die Mindestanforderungen für CO-Melder in Shisha-Bars sollten deshalb ebenfalls einheitlich festgelegt werden (welche Co-Werte lösen wann welchen Alarm aus), damit es den Barbetreibern/innen erleichtert wird, die Gefahren rechtzeitig zu erkennen bzw. es leichtfertigen Betreibern/innen erschwert wird, überhöhte Messwerte zu ignorieren.

 

Ideal wäre eine verbindliche Installation in einem Bereich, in dem auch die Gäste den dauerhaft angezeigten CO-Wert ablesen können. Hinzukommen könnte eine daneben angebrachte Information über die Folgen unterschiedlicher CO-Konzentrationen.

 

rzere Wartungsintervalles für Lüftungen nnten die Sicherheit ebenfalls erhöhen. Die Lüftungen verstopfen schnell und die Versuchung,ftungen außer Funktion zu setzen, könnte angesichts des Stromverbrauchs groß sein. Hilfreich wäre es deshalb z. B., wenn

die Lüftungen obligatorisch an das Beleuchtungssystem o.ä. anzuschließen wären, so dass sie während des Betriebes nicht willkürlich aus- oder runtergeschaltet werden können. Auch könnte eine Plombierung helfen, Manipulationen zu verhindern.

 

Die Gaststättenaufsicht hat sich dafür ausgesprochen, dass das Land einen für Gaststätten mit Shisha-Betrieb verbindlichen CO-Grenzwert festlegt und ein neues, ebenfalls verbindliches Messverfahren entwickelt. Vorgaben für die in den Betrieben notwendigen CO-Melderren ebenfalls wünschenswert. Außerdem sollte ein eigenes, angemessenes Wartungsintervall mit Bescheinigungr die Gaststättenaufsicht vorgegeben werden.

 

In der Presse wurde ein Erlass des Wirtschaftsministeriums angekündigt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die vorgenannten Bedarfe damit erfasst werden.

 

 

 

 

Wolfgang Röttgers

Stadtrat

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Beschlüsse

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Feb 22, 2018 - Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit - zur Kenntnis genommen

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Feb 28, 2018 - Jugendhilfeausschuss - zur Kenntnis genommen

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Feb 28, 2018 - Wirtschaftsausschuss - zur Kenntnis genommen

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Mar 6, 2018 - Innen- und Umweltausschuss - zur Kenntnis genommen