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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0684/2018

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Beratungsfolge

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Antrag

Antrag:

 

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Sachverhalt/Begründung

Durch den interfraktionellen Antrag Drs. 1014/2015 wurde am 17.11.2016 mit Drs. 0891/2016 in der Ratsversammlung die Einführung einer Seniorenmonatskarte im Abo auf Probe für Kieler BürgerInnen ab einem Alter von 65 Jahren beschlossen. Der Probezeitraum läuft vom 1.3.2017 bis 28.2.2019. Entsprechend dem Ratsbeschluss erfolgt nach 1 ½ Jahren ein Bericht über die Entwicklung der Seniorenmonatskarte im Abo.

a)      Wie ist die Seniorenmonatskarte im Abo ausgestattet?

Das Seniorenticket ist eine personenbezogene Monatskarte im Jahresabo vergünstigt um 25% für Kieler BürgerInnen, die mindestens 65 Jahre alt sind. Es berechtigt werktags ab 9:00 Uhr bis Betriebsschluss den ÖPNV in der Zone 4000 inkl. Überlappungsgebiet Schilksee zu nutzen. Die Berechtigung zum Abschluss des Seniorentickets wird bei Vertragsabschluss direkt bei der KVG durch Vorlage eines geeigneten Ausweisdokumentes überprüft (Alter und Wohnort).

Die Seniorenmonatskarte im Abo ist nur bei der KVG und nur für Kieler Bürgerinnen und Bürger zu erwerben. Um das Seniorenticket in Kiel für den Probezeitraum einzuführen, waren im Vorwege, wie bei allen tariflichen Anpassungen üblich, die Zustimmung der beteiligten Verkehrsunternehmen und der Genehmigungsbehörde nötig. Da nach außen für jedes Seniorenticket ein reguläres Jahresabo an die NSH Nahverkehr Schleswig-Holstein GmbH (Abrechnungsstelle der Verkehrsunternehmen, die den SH-Tarif anwenden) gemeldet wird, erleiden die anderen beteiligten Verkehrsunternehmen keinen finanziellen Nachteil. Trotz großer Bedenken haben die Verkehrsunternehmen die Zustimmung für das Seniorenticket für den Probezeitraum erteilt. Durch die Meldung an die NSH wird gleichzeitig auch der reguläre Fahrpreis an die NSH weitergeleitet.

Der Berechtigte hingegen entrichtet 75% an die KVG Kieler Verkehrsgesellschaft mbH (KVG) und die Differenz zwischen regulären Preis und Preis des Seniorentickets wird im Probezeitraum vom Eigenbetrieb Beteiligungen der LHK (EBK) getragen.

 

b)      Wie wird die Seniorenmonatskarte im Abo angenommen?

Anlage 1 zeigt die Preisgestaltung von März 2017 bis Februar 2019. Aufgelistet sind der Preis eines regulären Abos, der Preis des Seniorentickets und der vom EBK zu zahlende Differenzbetrag (jeweils als Monatspreis). Seit März 2017 wurden insgesamt 1.249 Seniorenabo abgeschlossen (siehe Anlage 2: Entwicklung Seniorenabo), die sich aus 680 neuen Abonnenten und 569 Wechslern zusammensetzen. Im Monat August 2018 zahlt der EBK demnach 15.587,52 €. Im gesamten Zeitraum ab Einführung hat der EBK bereits 235.546,84 € gezahlt (siehe auch Anlage 4).

 

c)      Entwicklung der Abozahlen bei der KVG Kieler Verkehrsgesellschaft mbH

Zum Einführungszeitpunkt waren bei der KVG insgesamt 2.805 bestehende Jahres Abo in der Altersgruppe 65 Jahre und älter zu verzeichnen. Von diesen bestehenden Abonnenten fühlten sich 569 (= 20 %) als regelmäßigen ÖPNV Nutzer durch die Ausgestaltung des Seniorentickets angesprochen und sind vom regulären Abo in das günstigere Seniorenabo gewechselt. 80% der bestehenden Abonnenten haben die reguläre Monatskarte im Jahresabo behalten.

Aber auch Gelegenheitsnutzer haben sich entschieden, eine Seniorenmonatskarte im Abo abzuschließen. 680 Gelegenheitsnutzer konnten als neue Abonnenten gewonnen werden. Vor Einführung (Stand März 2016) existierten bei der KVG nur für den Kieler Bereich bei der Personengruppe 65 und älter 2.805 Abonnenten. Zurzeit mit Stand August 2018 existieren 3.277 davon sind 1.249 Abonnenten eines Seniorentickets. Die Differenz entspricht 472. Daraus kann man entnehmen, dass, obwohl 680 neue Abonnenten beim Seniorenticket als Neukunden bezeichnet werden, die Steigerung in der gesamten Altersgruppe geringer ausgefallen ist.

 

d)      Finanzielle Auswirkung

Die Einführung des Seniorenmonats-Abos hat finanzielle Auswirkungen, die sich aus verschiedenen Punkten zusammensetzen. In der Anlage 4) lässt sich die Entwicklung monatlich nachvollziehen.

Betrachtet man exemplarisch den Monat August 2018 stehen bei 1.249 abgeschlossenen Seniorenmonats-Abos den Fahrgeldeinnahmen in Höhe von 46.762,56 € Fahrgeldverluste gegenüber. Zum einen entstehen für alle 1.249 Abonnenten ein monatlicher Fahrgeldverlust in Höhe von 15.587,52 €, der die Differenz zum regulären Abo ist. Des Weiteren gibt es weitere Fahreinnahmenverluste von 28.404,48 € (569 x 49,92 €), die von den 569 Wechsler resultieren, die nun den geringeren Preis zahlen.

Es muss davon ausgegangen werden, dass Nutzer des Seniorentickets auch vorher schon den ÖPNV in Kiel genutzt haben. Die Break-even-point Betrachtung (siehe Anlage 4) errechnet die Fahrten, die ein Fahrgast ohne Abo mit anderen Fahrscheinarten, bevor dieser eine Seniorenmonatskarte im Abo abgeschlossen hat, gefahren ist. Rechnet man diese Fahreinnahmen dagegen, hat man genau den Punkt, an dem die gesamten Fahreinnahmen und die Fahreinnahmenverluste sich ausgleichen. Zwischen 9 und 10 Fahrten schwenkt das Ergebnis in einen Verlust um. 10 Fahrten im Monat sind gleichbedeutend mit 2,5 Fahrten in einer Woche (oder 1,25 Anlässen in einer Woche wie Arzttermin, Markt, andere Veranstaltungen etc.). Wenn vor Abschluss der Seniorenmonatskarte im Abo mehr Fahrten unternommen wurden, sind die Fahreinnahmeverluste höher. Eine andere Betrachtung geht von der Entscheidungstheorie aus, die dann eine Nutzung eines Abos positiv bewertet, wenn die Kosten des Abos geringer sind als die Summe der Kosten der anderen Fahrscheinarten. Bei einem Preis im Monat von 37,44 € und einer Mehrfahrtenkarte von 4 Fahrten zu 9,20 €, schließt ein Kunde erst ein Abo ab, wenn er vorher also mindestens 16 Fahrten im Monat tätigt. Da 16 Fahrten mehr als 10 sind, würden die Fahreinnahmenverluste die Einnahmen übersteigen.

Da das Seniorenticket erst ab 9:00 Uhr berechtigt, den ÖPNV zu nutzen, kann es natürlich vorkommen, dass trotz Abos zusätzlich ein Fahrschein zu lösen ist, wenn es nicht zu umgehen ist, vor 9:00 Uhr zu fahren. Nach Rückfragen der Nutzergruppe kommt das im Schnitt über alle Seniorenticket-Abonnenten ca. einmal im Monat vor, so dass sich die Anzahl von 16 um 2 reduziert auf 14 Fahrten. Dennoch übersteigt bei dieser Betrachtung der Verlust die Einnahmen.

Unberücksichtigt ist bisher das Fahreinnahmenpooling. Für die Zone 4000 werden die Einnahmen in einen Pool geleitet und nach bestimmten Verteilungsschlüsseln an die betroffenen Verkehrsunternehmen ausgeschüttet. In Kiel sind das Zurzeit neben der KVG die Autokraft (AK), die Verkehrsbetriebe Kreis Plön (VKP), sie Schlepp- und Fährgesellschaft mbH (SFK) und die DB Regio. Für Einnahmen, die in der Zone 4000 entstehen, erhält die KVG ca. 90 %. Die restlichen 10% werden auf die anderen Verkehrsunternehmen, die auch in der Zone 4000 tätig sind, verteilt.

Bei der monetären Betrachtung darf der zusätzliche Aufwand der KVG nicht vernachlässigt werden. Die KVG ist alleinig für den Vertrieb und für die Aboverwaltung zuständig. In der bestehenden Laufzeit ist durch Beratung telefonisch oder Vorort, Erstellen von Neuverträgen, Kündigungen der Altverträge, Nachberechnung bei vorzeitiger Kündigung und Erstellen und Vorhalten von Statistiken ein zusätzlicher Arbeitsaufwand entstanden. Der Aufwand kann mit ca. 19 Stunden im Monat beziffert werden (pro Monat ca. 350 € oder auf die gesamte Laufzeit der Probezeit ca. 8.400 € zzgl. Lohnnebenkosten in Höhe von 1.680 €). Auch ist parallel ein Aufwand beim EBK durch Buchungen, Statistiken, Informationen etc. entstanden. Der Aufwand wird mit ca. 2,5 Stunden im Monat beziffert (pro Monat ca. 77 € oder auf die gesamte Laufzeit der Probezeit ca. 1.850 € zzgl. 370 € Lohnnebenkosten). Für die Information an die Kieler BürgerInnen sind ebenso Kosten für Broschüren in Höhe von ca. 1.500,00 € entstanden. Die Kosten sind in Anlage 3 zusammengestellt.

 

e)      Wie ist der Stand für ein landesweites Seniorenticket?

Landesweit ist von einem Fahrschein, der nur für eine spezielle Gruppe genutzt werden kann, Abstand genommen worden. Der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein GmbH (Nah.SH) und die NSH verfolgen ein allgemeines Monatsticket, das auch im Abo erhältlich ist und eine zeitliche Restriktion hat (z.B. 9:00 Uhr). Damit wird keine Gruppe per se durch sein Alter diskriminiert. Der Einführungszeitpunk ist noch nicht festgelegt, da zunächst mögliche neuartige Tarifmodelle betrachtet werden sollen. Dann könnte parallel zu dem jetzigen Tarif ein digitalisierungsfähiger Tarif eingeführt werden und der bestehende Tarif z.B. durch die 9:00 Uhr Monatskarte erweitert werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

f)        Fazit

Das Seniorenticket auf Probe wird von ca. 2,7 % der möglichen Nutzer (1.249 Abonnenten von 46.450 in der Altersgruppe 65 Jahre und älter (1. Quartal 2018)) genutzt. Die Stadt unterstützt direkt oder indirekt durch den entstandenen Aufwand bei der KVG 0,5 % der Kieler Bevölkerung (1. Quartal 2018: 248.910) alleine durch die Altersvorgabe und nicht durch eine belegbare Unterstützungsgrundlage. Signifikante Fahreinnahmensteigerungen in dieser Nutzungsgruppe ist nach Ablauf von 1 ½ Jahren auch zukünftig nicht zu erwarten.

Die Kosten für den Probezeitraum lassen sich zurzeit wie folgt benennen (unberücksichtigt bleiben dabei die Fahreinnahmeverluste, da eine verlässliche Angabe des Nutzerverhaltens vor Abschluss eines Abos nicht vorhanden ist)

Verlust durch Fahreinnahmepooling

               94.245,66 €

zusätzlicher Aufwand

               13.800,00

 

 

             108.045,66

 

Der ÖPNV Defizit, das vom EBK getragen wird, wird letztlich durch diesen Betrag erhöht.

Durch die Einführung der Seniorenmonatskarte im Abo weicht die Stadt Kiel vom einheitlichen Auftreten des Verkehrsverbundes und die allgemeine Vereinbarung, das Tarifsystem landeseinheitlich und so einfach wie möglich zu gestalten, ab.

 

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 

 

Anlagen:

-          Anlage 1: Preisübersicht Seniorenticket

-          Anlage 2: Entwicklung Seniorenabo

-          Anlage 3: Aufstellung zusätzliche Kosten

-          Anlage 4: Abonnenten Seniorenticket und break-even-point-Betrachtung

 

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Anlagen

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Beschlüsse

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Aug 29, 2018 - Wirtschaftsausschuss - zur Kenntnis genommen

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Aug 30, 2018 - Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit - zur Kenntnis genommen

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Sep 20, 2018 - Ratsversammlung - zurückgezogen