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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0953/2018

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Beratungsfolge

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Antrag

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Sachverhalt/Begründung

 

 

  1. Zusammenfassung

Die ehemaligen Flächen des Marinegeschwaders 5 (MFG 5 / heute Holtenau Ost) bieten die Chance, neben anderen Nutzungen auch neue Gewerbeflächen einer ganz besonderen Qualität zu schaffen. Ein wesentlicher Fokus des Entwicklungskonzeptes liegt daher auf dem gewerblichen, ca. 17 Hektar großen nördlichen Teilbereich. Ziel ist es, hier die spezifische Lagegunst der Stadt mit ihrer Wasserlage zu nutzen und neue Standortqualitäten zu schaffen, die insbesondere für Neuansiedlungen attraktiv sind. 

Im Sanierungsgebiet Holtenau Ost ließe sich im Plüschowhafen eine neue (gewerblich nutzbare) Kaikante realisieren. Damit könnte dort ein Gewerbegebiet mit einer ganz besonderen, deutschlandweit wohl einzigartigen Qualität entstehen. Allerdings müssen der Realisierung eines solchen Millionen-Projekts diverse Prüfungen vorgeschaltet werden, um bedarfsgerecht zu planen und die Nachfrage nach einer gewerblich nutzbaren Kaikante möglichst sicher belegen zu können. Dabei ist auch eine Betrachtung und Bewertung der schon vorhandenen Kaikanten in Kiel notwendig. Die Kieler Wirtschaftsförderungs- und Strukturentwicklungsgesllschaft (KiWi) war daher beauftragt worden, zwei entsprechende Gutachten auf den Weg zu bringen.

Nach Analyse von 15 bestehenden Standorten im Vergleich zum potentiellen Standort Plüschowhafen in Kiel kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Anforderungen an eine solche Kaikante am besten im Plüschowhafen abgebildet werden können. Als theoretisch einziger weiterer Standort für die Schaffung einer gewerblich nutzbaren Kaikante käme nur eine Kombination des jetzigen Geländes des Gemeinschaftskraftwerkes mit dem Ostuferhafen infrage, wenn dort neben Flächen zur Hafenerweiterung auch Gewerbeflächen geschaffen würden. Die Marktanalyse  belegt, dass es tendenziell eine Nachfrage für eine gewerblich nutzbare Kaikante am Standort Kiel gibt.  

 

 

  1. Ausgangslage

Die Planungen für das Sanierungsgebiet Holtenau Ost (ehemaliges Gelände des Marinefliegergeschwaders 5 / MFG 5) sehen neben dem Erhalt umfangreicher Waldflächen drei neue Nutzungsschwerpunkte vor: Wohnen im Süden, ein mischgenutzter Teilbereich und im Norden Gewerbeflächen. Eine zentrale Voraussetzung für die Entwicklung dieses mischgenutzten Quartiers ist die Verlagerung von Einrichtungen der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV), des Bundes und insbesondere des Außenbezirks Kiel des Wasser- und Schifffahrtsamtes Lübeck ( ABz Kiel des WSA Lübeck) auf Flächen entlang der bestehenden Kaikante im Plüschowhafen.

r das geplante Gewerbegebiet wird als besonderer Standortvorteil die mögliche Nutzung der vier Verkehrsträger Straße, Schiene, Wasser, Luft gesehen. Um aber eine solche quadromodale Verkehrserschließung möglich zu machen, wäre es notwendig, am Plüschowhafen eine weitere Kaikante neu zu errichten.

Untersucht wurde diese Option erstmals im Rahmen einer Studie zur Bewertung und Entwicklung der Verkehrsträger auf dem Gelände (Oktober 2015). Bezüglich der Errichtung einer Kaikante kamen die Gutachter zu dem Schluss, dass die Kaikante insbesondere mit der Verbindung eines Gleisanschlusses „ein Alleinstellungsmerkmal für die Flächenvermarktung des MFG-5-Geländes darstellt“. Sie stellten allerdings auch fest, dass das Gebiet für eine Ansiedlung solcher Unternehmen, die mutmaßlich besonders starkes Interesse an einer solchen Verkehrsanbindung tten, nicht infrage kommt (u.a. wegen des großen Platzbedarfs dieser Unternehmen). Empfehlenswert sei aber, die Ansiedlung von Unternehmen zur Produktion mittelgroßer Komponenten (z.B. Schiffsantrieben, Kupplungen Wälzlager) anzustreben: „Hierfür ist die MFG-5-Fläche hervorragend geeignet“, so die Gutachter. Sie empfahlen trotz eines wegen hoher Investitionen absehbar „schlechten“ Kosten-Nutzen-Verhältnisses“ den Standortvorteil Kaikante nicht aufzugeben.

Die Ratsversammlung beschloss im April 2016 (Drs. 0234/2016), „die Entwicklung des Gewerbegebietes bedarfsgerecht einschließlich eines Zugangs zur Kaikante zu ermöglichen“. Ziel ist es, die einzigartige Lage zu nutzen und eine neue Standortqualität zu schaffen, um Ansiedlungen zu ermöglichen und / oder wachsenden Kieler Unternehmen Flächen mit Zugang zu einer gewerblich nutzbaren Kaikante zu schaffen. Gedacht wird dabei nicht an klassischen Hafenumschlag, sondern an den Transport von sogenannter Projektladung auf dem Seeweg und relativ wenigen Schiffsanläufen pro Woche. Abgeleitet daraus wurden Prüfaufträge u.a. zu den Fragen des Bedarfs einer Kaikante, den Kosten und der Finanzierbarkeit sowie den Realisierungszeiträumen.  

Daraus ergaben sich zunächst zwei Aufgaben: angesichts von Investitionskosten für den Neubau in voraussichtlich zweistelliger Millionenhöhe eine Prüfung, ob die in Kiel vorhandenen Kaikanten möglicherweise die Funktion erfüllen können, die von der neu zu schaffenden im Plüschowhafen erwartet wird, und eine vertiefte Marktanalyse hinsichtlich des möglichen Bedarfs von Unternehmen nach einer gewerblich nutzbaren Kaikante.

 

  1. Betrachtung und Bewertung vorhandener Kaikanten in Kiel

Die Kieler Wirtschaftsförderungs- und Strukturentwicklungs GmbH (KiWi) hatte dazu zunächst zusammen mit dem Stadtplanungsamt 15 Standorte identifiziert und einer ersten Vorprüfung unterzogen (Mai 2017):

  • Caterpillar
  • Lindenau Werft
  • Nordhafen Knierim
  • Nordhafen Voith
  • Nordhafen Raps- und

Ölsaatenverarbeitungs GmbH

  • Nordmole Scheerhafen
  • Ostseekai
  • Sartorikai
  • Schwedenkai
  • Norwegenterminal
  • TKMS / GNY
  • Marinearsenal
  • Seefischmarkt
  • Ostuferhafen
  • Gemeinschaftskraftwerk Kiel 

 

 

Diese wurden anhand unterschiedlicher Kriterien (u.a. Zustand, Kailänge, Nähe zu Gewerbeflächen, Zielsetzung der Eigentümer etc.) bewertet. Daraus ergab sich, dass zehn Standorte ungeeignet sind, eine gewerblich nutzbare Kaikante zu schaffen, die die potenzielle Qualität einer im Plüschowhafen möglichen Kaikante aufweist. Fünf Standorte (Lindenau, Nordmole Scheerhafen, Marinearsenal, Ostuferhafen, Gemeinschaftskraftwerk) sind als „aktuell ungeeignet“ eingestuft worden. Die KiWi beauftragte daher Gutachter damit, diese fünf Standorte vertieft zu betrachten und mit dem Standort Plüschowhafen zu vergleichen.

In dem Gutachten (Juni 2018) wurden die sechs Flächen u. a. hinsichtlich der Hafeninfrastruktur, der Verkehrsinfrastruktur, der Eigentümerverhältnisse und der Nähe und Anbindung zu bestehenden und frei verfügbaren Gewerbeflächen untersucht und bewertet (Variante A). In einer weiteren Betrachtung (Variante B) wurden der Plüschowhafen sowie der potenzielle denkbare Flächenzusammenschluss Ostuferhafen / Gemeinschaftskraftwerk Kiel unter Betrachtung des künftigen Entwicklungspotenzials neu bewertet. Zwar schließen beim Plüschowhafen die Eigentümerverhältnisse (Bund / BImA) aktuell eine Nutzung aus. Da aber mittelfristig die Landeshauptstadt Kiel das Eigentum der gesamten Fläche erwerben soll, gibt es dort Entwicklungspotenzial, das durch die Stadt gesteuert werden kann. Ähnlich verhält es sich mit dem Ostuferhafen / GKK. Nach Kauf der Flächen durch die Landeshauptstadt Kiel bzw. deren Tochter Seehafen Kiel und dem Abriss des GKK ist es denkbar, dort einen Teil der Flächen für Gewerbe auszuweisen und eine Verbindung zum Ostuferhafen mit mehreren Schiffanlegeplätzen herzustellen.

Im Endergebnis stellen die Gutachter fest, dass unter den Bedingungen der Variante A alle sechs Standorte nicht das Ziel erfüllen, eine gewerblich nutzbare Kaikante mit vorhandenen freien Gewerbeflächen zu schaffen. Unter den Bedingungen der Variante B hingegen werden sowohl der Plüschowhafen als auch der Standort Ostuferhafen / GKK relativ hoch bewertet. Beide liegen im Ergebnis dicht beieinander. „Wobei der Plüschowhafen aufgrund der größeren Flächenverfügbarkeit, Flexibilität und der direkten Nähe zu dem sich zukünftig ebenfalls im Eigentum der Landeshauptstadt Kiel befindlichen, etwa 35 ha großen Gewerbegebiet in Friedrichsort mit einem besseren Gesamtergebnis abschließt“, so die Gutachter. Sie empfehlen daher, die Variante B zum Plüschowhafen weiterzuverfolgen.     

 

  1. Marktanalyse für eine gewerblich nutzbare Kaikante in der Landeshauptstadt Kiel

In einem weiteren Gutachten (Mai 2018), das die KiWi beauftragt hat, wurde die potenzielle Nachfrage nach Gewerbeflächen mit direktem Zugang zu einer Kaikante vertieft betrachtet. Das ist notwendig, um Fehlinvestitionen zu vermeiden und Forderungen der Fördergeber zu erfüllen. Es besteht die Notwendigkeit nach größtmöglicher Sicherheit, nicht am Bedarf vorbei zu planen. Gleichwohl lässt sich die Nachfrage nach einem solchen einzigartigen Flächenangebot nie mit letzter Gewissheit vorhersagen. Insofern gilt es für eine solche Angebotsstrategie, die potenzielle Nachfrage so genau wie möglich zu erkunden, um ein marktgängiges Angebot an gewerblichen Flächen zu schaffen.

Diese Studie hat u.a.  mögliche Zielgruppen für die Nutzung der Gewerbeflächen identifiziert, aktuelle Trends in Verkehr und Logistik sowie die besondere Lage Kiels im Ostseeraum  betrachtet, Gespräche mit relevanten Unternehmen und Verbänden geführt und darauf aufbauend die Nachfrageanalyse vorgenommen. Außerdem wurden Standorte in Norddeutschland (Brunsbüttel, Rendsburg, Bremerhaven), die auf den ersten Blick eine zum Plüschowhafen vergleichbare Qualität bieten, im Rahmen einer Wettbewerbsanalyse in den Blick genommen. Die Ergebnisse der Gutachter stützen tendenziell die These nach einem Bedarf für eine gewerblich nutzbare Kaikante in Kiel.

  • Logistiktrends: Es ist festzustellen, dass im Bereich der sogenannten Projektladungen seit einiger Zeit ein Wachstum beim Transport übergroßer und besonders schwerer Güter zu beobachten ist, die nicht per Lkw über die Straße transportiert werden können. Im Rahmen einer internationalen Arbeitsteilung werden zunehmend vormontierte Großkomponenten transportiert. Das gelte, so die Gutachter, ganz besonders für die Ostseeanrainer, die im Zuge der europäischen Integration noch stärker politisch und ökonomisch zusammenwachsen. Auch in Deutschland steige die Zahl der Großraum- und Schwerguttransporte. Bei zunehmenden Stau- und Infrastrukturengpässen biete die Verlagerung derartiger Verkehre auf den Seeweg eine Reihe von Vorteilen. Aus der Notwendigkeit, CO2-Emission zu reduzieren und nachhaltigen Transport zu organisieren, dürften sich zusätzliche Wachstumsimpulse für den energieeffizienten (Kurzstrecken-)Seetransport ergeben.

 

  • Wettbewerbsanalyse: Gibt es in Schleswig-Holstein bzw. in Norddeutschland vergleichbare Flächen? Ein Gewerbegebiet mit Zugang zum Wasser stünde möglicherweise in Konkurrenz zum Schwerlasthafen Rendsburg mit dem nachgelagerten Gewerbegebiet in Osterrönfeld, der Mulitpurpose-Pier in Brunsbüttel oder dem Labradorhafen in Bremerhaven. Hier sehen die Gutachter jedoch keine akuten Gefahren einer Konkurrenzsituation“, da die Standorte jeweils sehr unterschiedlich ausgerichtet seien. Derzeit sei sogar eher von einer „glichen Kooperationssituation“ auszugehen.

 

  • Nachfrageanalyse: Hier sind unterschiedliche Faktoren eingeflossen. Betrachtet wurden u.a. die wirtschaftliche Entwicklung und der Güteraustausch im Ostseeraum und der Transportbedarf einzelner Branchen. Die Gutachter führten Gespräche mit Vertretern von relevanten Unternehmen und Organisationen und analysierten aktuelle und vergangene Ansiedlungsanfragen in Kiel und Schleswig-Holstein. Je nach Interessenlage und Tätigkeitsfeld bewerteten die befragten Akteure den möglichen Bau einer gewerblich nutzbaren Kaikante unterschiedlich. Unterm Strich sehen die Gutachter Vorteile für Unternehmen am Standort und für Neuansiedlungen sowie eine Gewerbefläche mit Wasserzugang auch als glichen Ort für innovative Entwicklungen beispielsweise in der Aquakultur und dem produzierenden Gewerbe.

 

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass für den Standort Kiel sowohl eine lokale bzw. regionale als auch eine überregionale Nachfrage nach Gewerbeflächen mit expliziter Nutzungsglichkeit einer angeschlossenen Kaikante existiert“, lautet das Gesamtfazit der Gutachter. Bereits heute gebe es Unternehmen in Kiel, die Ausbau-/Erweiterungsbedarf hätten. Die relevanten Wirtschaftszweige und Branchen „bergen dabei erhebliches Beschäftigungs-, Investitions- und Innovationspotenzial“.

 

  1. Weiteres Vorgehen  

Die Schlussfolgerungen der beiden Gutachten machen den Weg frei für eine vertiefte Prüfung. Es ist nun notwendig, in einer Konzeptstudie u.a. die technische Machbarkeit zu untersuchen, die Anforderungen an ein Betriebskonzept zu klären, das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu betrachten sowie die Marktanalyse im Hinblick auf die potenziellen Branchen und Nutzergruppen zu vertiefen. Dazu wird auf die entsprechende Beschlussvorlage (Drs. 0961/2018) verwiesen. Parallel dazu wird die Auslobung und Durchführung eines städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbs vorbereitet (siehe Drs. 0960/2018).    

 

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 

 

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Beschlüsse

Erweitern

Nov 28, 2018 - Wirtschaftsausschuss - zur Kenntnis genommen

Erweitern

Dec 6, 2018 - Bauausschuss - zur Kenntnis genommen