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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0605/2019

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Beratungsfolge

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Antrag

 

 

 

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Sachverhalt/Begründung

 

  1. Ausgangslage

Die Supermärkte Nord Vertriebs GmbH & Co. KG hatte Mitte November 2018 bei der Landeshauptstadt Kiel (LHK/Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation) einen Antrag auf Umbau des plaza-Centers (künftig REWE-Center) gestellt. Die Planungen sahen neben dem Umbau auch umfassende und grundlegende Umnutzungen der Immobilie vor. So sollte die Verkaufsfläche von sky XXL (künftig REWE) von 10.600 auf rund 6700 Quadratmeter verringert werden. Die rund 4000 m2 große freiwerdende Fläche sollte durch die Ansiedlung eines Sonderpostenmarktes (900 m2) und einer Filiale des Sportbekleidung- und -gerätehändlers Decathlon (3000 m2 plus 80 m2 Nebenräume) ausgefüllt werden. Die Umbaufläche umfasst rund 13.800 m2. Laut B-Plan sind maximal 22.000 m2 Verkaufsfläche in dem als Sondergebiet SB-Warenhaus ausgewiesenen Gebiet zulässig.

Das Vorhaben konnte durch die LHK zunächst positiv begleitet werden. Doch im Zuge der durch das Amt für Bauordnung, Vermessung und Geoinformation eingeleitete Beteiligung der zuständigen Ämter stellte sich nach Hinweis des Stadtplanungsamtes heraus, dass die geplante Ansiedlung von Decathlon und auch des Sonderpostenmarktes  erheblich gegen die im Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzept Kiel (GEKK) vorgesehenen Ansiedlungsregeln und Ziele versten würde. Diese Regeln und Ziele sehen vor allem einen umfassenden Schutz der Innenstadt als Hauptgeschäftsbereich der Landeshauptstadt vor. Das von der Ratsversammlung 2011 beschlossene GEKK gilt laut Baugesetzbuch als essenzielle Abwägungsgrundlage bei Ansiedlungen und Umnutzungen.   

 

  1. Auftrag

Nach Bekanntwerden dieser Ausgangslage, die zu einer Ablehnung des Projektes in der damaligen Form hätte führen müssen, wurden ab Februar Gespräche zwischen Stadt und Supermärkte Nord aufgenommen. Die Position der Stadt war es, dass beim Festhalten der Vorhabenträger an ihren ursprünglichen Plänen, eine Veränderungssperre und ein Aufstellungsbeschluss zur Änderung des B-Planes gefasst werden müssten, um den im GEKK geforderten Schutz der Innenstadt durchsetzen zu können.

Im Verlauf dieser Gespräche, die auf städtischer Seite federführend durch den Oberbürgermeister geführt wurden, wurden von beiden Seiten auch Rechtsexpertisen zum Bauantrag und der Auslegung des B-Planes eingeholt. Die städtischen Berater gingen in ihren Gutachten davon aus, dass das beantragte Bauvorhaben unabhängig vom GEKK bereits auf Grundlage des B-Planes Nr. 859 abzulehnen sei. Denn eine Ansiedlung von Decathlon sei mit der Festsetzung des Gebietes als SB-Warenhaus nicht zu vereinbaren. Supermärkte Nord holte Gegengutachten dazu ein. Ein beiderseitiges Festhalten an diesen Positionen hätte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung geführt, wobei von einer Dauer von mindestens zwei bis drei Jahren auszugehen war.

Parallel zu den Gesprächen hat der Oberbürgermeister eine breite Information und Beteiligung der Selbstverwaltung eingeleitet. Auch hatten die Vorhabenträgerin und Decathlon Gelegenheiten, die Ratsfraktionen direkt zu informieren. Im Ortsbeirat waren geplanter Umbau und Umnutzung ebenfalls Thema. Dabei kristallisierte sich heraus, dass es parteiübergreifend die Erwartung gibt, zwischen notwendigem Schutz der Innenstadt und der Sicherung der Nahversorgung in Kiel-Hassee einen Ausgleich zu finden. Bei allen Gesprächen und Diskussionen spielte darüber hinaus eine große Rolle, dass es galt die rund 400 Arbeitsplätze in dem Center zu sichern und dem Standort die notwendigen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben. Immobilie und Grundstück befinden sich in Besitz der Kieler coop eG, die wiederum zu knapp einem Drittel an der Supermärkte Nord beteiligt ist. Deren Mehrheitsgesellschafterin ist REWE.

Der Auftrag bestand daher darin, in diesem Rahmen nach einem Kompromiss zu suchen, der für alle Beteiligten als verträgliche Lösung akzeptiert werden konnte   

 

  1. Verhandlungsergebnis

In den Gesprächen zwischen Stadt und Supermärkte Nord wurde vereinbart, zwei verschiedene Kompromissmodelle auszuloten: eine Lösung ohne Decathlon mit anderen Mietern und/oder eine Lösung mit einem angepassten Decathlon-Konzept zu finden. In beide Richtungen wurde intensiv gearbeitet. Am Ende scheiterte die Variante ohne Decathlon u.a. daran, dass keine adäquaten Ersatzmieter für die Flächen in dem Center gefunden werden konnten oder in Aussicht standen.

So wurde zwischen Verwaltung und Supermärkte Nord unter Beteiligung von Decathlon eine angepasste Lösung vereinbart. Kernpunkte dieser Einigung sind:

  • Decathlon wird statt 3000 nun 2790 m2 belegen.
  • Die sogenannte Zentrenrelevanz des Decathlon-Sortiments ist deutlich geringer als in den ursprünglichen Planungen. Statt 66 bzw. rund 50 Prozent (je nachdem, ob Fahrräder als zentrenrelevant eingestuft werden oder nicht) liegt der Anteil des zentrenrelevanten Sortiments nun bei 29,9 Prozent (840 m2, ohne Fahrräder).
  • Decathlon wird in Kiel mit 220 bis 300 m2 die größte Innenstadt-Filiale Deutschlands eröffnen. Die Dauer des Mietvertrags entspricht der des Standortes Winterbeker Weg. Beide Läden sollen zum Jahresende eröffnen.
  • Es wird kein Sonderposten-Markt am Winterbeker Weg angesiedelt. Die 900 m2 werden dem REWE-Markt zugeschlagen oder durch ein Geschäft mit nicht-zentrenrelevantem Sortiment (oder nur einem sehr geringen Anteil) ausgefüllt.
  • Die LHK fasst einen Aufstellungsbeschluss zur Änderung des B-Planes, um durch eine Neuaufstellung sicherzustellen, dass der künftig genehmigte Bestand gesichert wird, weitere Flächen nur mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten belegt werden dürfen und alle rechtlichen Unsicherheiten beseitigt werden.  

Bei der Beurteilung des hier vorgelegten Kompromisses ist darüber hinaus noch zu beachten, dass durch die Umwandlung und Verkleinerung von sky XXL zu REWE die dortige zentrenrelevante Verkaufsfläche ohnehin um mindestens 3000 m2 reduziert wird. Da Decathlon nur, wie oben beschrieben, auf rund 840 m2 zentrenrelevantes Sortiment führen wird, wird es in der Summe in Zukunft deutlich weniger (allerdings mit einer deutlich größeren Flächenproduktivität ausgestattete) zentrenrelevante Verkaufsfläche im REWE-Center geben.  

 

  1. Weiteres Vorgehen

Nach der Sommerpause wird die Verwaltung eine Beschlussvorlage für den Aufstellungsbeschluss für die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 859 in den Bauausschuss einbringen.

Das wesentliche Ziel dieser Änderung des Bebauungsplans ist die Beschränkung insbesondere der nahversorgungsrelevanten und sonstigen zentrenrelevanten Sortimente auf den genehmigten und ausgeübten Bestand zum Zeitpunkt des Änderungsverfahrens des Bebauungsplans nach Genehmigung des derzeit in Rede stehenden Kompromisses.

Eckpunkte werden sein:

  • Änderung der Art der Nutzung von einem Sondergebiet SB-Warenhaus in ein Sondergebiet Einkaufszentrum. Diese Änderung dient vor allem der rechtlichen Schärfung, um in der Zukunft analog zum Bestand mehrere Einzelhandelsbetriebe statt eines SB-Warenhauses mit untergeordneten Konzessionären planungsrechtlich zu erlauben
  • Grundsätzliche Zulässigkeit nicht-zentrenrelevanter Sortimente auf 22.000 Verkaufsfläche: Sicherung des Standortes als Sonderstandort für nicht-zentrenrelevanten Einzelhandel gemäß dem Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzept Kiel mit heute bereits planungsrechtlich zulässiger Verkaufsfläche
  • Zulässigkeit zentrenrelevanter Sortimente entsprechend dem genehmigten und ausgeübten Bestand: sortimentsspezfische Festsetzung der zentrenrelevanten Sortimente für die im REWE-Center angesiedelten Betriebe

 

Die mit der Änderung verfolgten Ziele richten sich auf Grundlage des zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Bebauungsplanänderung genehmigten und ausgeübten Bestandes nach den in Aufstellung befindlichen Zielen des fortgeschriebenen Landesentwicklungsplans zum Einzelhandel (Kapitel 3.10, 11 Z) aus. Diese Ziele sind mit den Vorgaben des dann fortgeschriebenen Gesamtstädtischen Einzelhandelskonzeptes für ganz Kiel abzugleichen. Dies ist besonders wichtig, weil die aktuell vorliegenden Zwischenergebnisse der Bestandserhebung im Rahmen der Fortschreibung des städtischen Einzelhandelskonzepts gravierende Probleme in der planerisch relevanten räumlichen Einzelhandels- und Versorgungsstruktur Kiels aufzeigen.

Eine konsequente planerisch-politische Positionierung ist erforderlich, wenn die Innenstadt, die Stadtteilzentren sowie die Nahversorgung in Kiel gesichert und gestärkt werden sollen. Wesentliche Aussagen dieser Bestandserhebung wurden der Steuerungsgruppe zur Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes und somit den politischen Vertreter*innen am 05.06.2018 vorgestellt. Die Diskussion über Ziele und Instrumente der Einzelhandelssteuerung wird in der weiteren Bearbeitung der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts fortgeführt.

r den konkreten Fall der Änderung des Bebauungsplans Nr. 859 beabsichtigt die Verwaltung, aufgrund der schwierigen Rechtsmaterie der planerischen Einzelhandelssteuerung eine juristische Begleitung heranzuziehen.      

 

 

In Vertretung

 

 

 

Renate Treutel

rgermeisterin

 

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Beschlüsse

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Jun 6, 2019 - Bauausschuss - zur Kenntnis genommen