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Antrag der Verwaltung - 0689/2019
Grunddaten
- Betreff:
-
Umgang mit Erstattungsforderungen aus Verpflichtungserklärungen, die im Zusammenhang mit § 23 Aufenthaltsgesetz vor dem 06.08.2016 abgegeben wurden
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Antrag der Verwaltung
- Federführend:
- Dezernat IV
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Finanzausschuss
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Vorberatung
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Aug 13, 2019
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Aug 22, 2019
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Antrag
Antrag:
Die Stadt Kiel schließt sich der Handlungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit vom 01.03.2019 an und verzichtet in bestimmten Einzelfällen auf die Geltendmachung ihrer Ansprüche aus vor dem 06.08.2016 abgegebenen Verpflichtungserklärungen nach § 23 in Verbindung mit § 68a Aufenthaltsgesetz. Hierbei handelt es sich um Erstattungsforderungen aus dem Leistungsbezug des SGB II; bei der Stadt sind dies Ansprüche aus der Gewährung der Kosten der Unterkunft (KdU).
Sachverhalt/Begründung
Begründung:
Das Land hat in Abstimmung mit dem Bund erstmalig in 2013, zuletzt verlängert in 2019 bis Ende 2019, eine Anordnung erlassen, nach der in Syrien und in Anrainerstaaten lebenden Syrern unter bestimmten Bedingungen die Einreise nach Deutschland gewährt wird. Unter anderem ist Bedingung, dass hier lebende Verwandte oder Dritte eine Haftungserklärung abgegeben haben, die sie verpflichten, in Anspruch genommene öffentliche Geldleistungen zu erstatten. (Anlage 1 L-AAO von 2019).
Das am 06.08.2016 in Kraft getretene Integrationsgesetzes stellte klar, dass diese Verpflichtungserklärungen über einen Zeitraum von 5 Jahren gelten – auch wenn die eingereiste Person innerhalb dieses Zeitraumes die Anerkennung bekommt, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eingestellt werden und der Lebensunterhalt aus anderen öffentlichen Mitteln wie zum Beispiel nach dem SGB II oder SGB XII bestritten wird („Rechtskreiswechsel“). Nach dem Integrationsgesetz haben vor dem 06.08.2016 abgegebene Erklärungen eine Gültigkeit von 3 Jahren.
Bis zum 06.08.2016 war die Rechtslage nicht eindeutig. Die Verpflichtungsgeber gingen überwiegend davon aus, dass die abgegebene Erklärung mit dem Rechtkreiswechsel erlischt. Auch einige Bundesländer vertraten diese Auffassung. Insofern fand in der Zeit keine verlässliche Aufklärung der Betroffenen statt. Die für die Abgabe von Verpflichtungserklärungen verwendeten Vordrucke sahen regelmäßig eine Haftung „bis zur Beendigung des Aufenthaltes oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“ vor. Einige Landesministerien und -behörden vertraten die Rechtsauffassung, dass ein Aufenthaltstitel einen anderen Aufenthaltszweck begründe und die Gültigkeitsdauer einer Verpflichtungserklärung damit ende.
Auf Wunsch der Länder hat der Bund zu Beginn des Jahres die Regelungen geprüft und dann Vereinbarungen mit den Ländern zu bestimmten Härtefällen getroffen. Daraus resultiert eine Weisung der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom 01.03.2019 für Ansprüche nach dem SGB II (Anlage 2). Die Rechtslage wird in der Weisung der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom 01.03.2019 übersichtlich dargestellt.
Die Weisung bezieht sich auf die Altfälle, in denen die Personen, für die die Haftungserklärungen vor dem 06.08.2016 abgegeben wurde, mit Visum eingereist sind. Im Rahmen der Ermessensausübung muss jeder Einzelfall geprüft werden. In folgenden Fällen ist das Ermessen dahingehend auszuüben, dass von einer Heranziehung abzusehen ist:
- Die Landesaufnahmeanordnung sah eine Beschränkung der Haftung vor oder hat anderweitig die Begrenzung verlautbaren lassen (nicht in Schleswig-Holstein),
- die Verpflichtungserklärung wurde auf dem bundeseinheitlich verwendeten oder einem inhaltlich entsprechenden Formular abgegeben, das eine Haftung „bis zur Beendigung des Aufenthaltes oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck“ vorsah oder
- der Verpflichtungsgeber war zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung nicht ausreichend leistungsfähig
Die BA kann dieses Verfahren nur für ihre eigenen Ansprüche regeln. Da die Jobcenter neben den Leistungen des Bundes auch kommunale Leistungen auszahlen (Kosten der Unterkunft), muss die Stadt entscheiden, ob sie in den genannten Fällen entsprechend verfahren will.
Das Jobcenter Kiel hat in den Fällen, in denen vor dem 06.08.2016 Verpflichtungserklärungen abgegeben wurden, insgesamt 24 Erstattungsbescheide erlassen. Die Gesamtforderung aus diesen Bescheiden belaufen sich auf 555.063,29 €, der kommunale Anteil für die Kosten der Unterkunft beträgt 151.202,62 €. Die Einzelfallprüfung, in welchen dieser Fälle von der Forderung im Sinn der Weisung der BA abzusehen ist, ist noch nicht abgeschlossen.
Nachrichtlich
Gleichgelagerte Fälle im SGB XII gibt es bei der Stadt nicht.
Für Ansprüche aus den Verpflichtungserklärungen im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine kürzlich veröffentlichte entsprechende Weisung erteilt.
Gerwin Stöcken
Stadtrat