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ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 0217/2020

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Beratungsfolge

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Antrag

 

Vorbemerkung:

 

Die in der Beschlussvorlage angestrebte Grundsatzentscheidung für eine Lernortkooperation erfordert eine Entscheidung der Ratsversammlung im März 2020. Die Innung des Baugewerbes benötigt bis Ende März 2020 Handlungssicherheit, um die bereits avisierten umfangreichen Fördermittel für ihren geplanten Neubau des Ausbildungszentrums Bau nicht zu gefährden. Um dieses sicherstellen zu können, wird um Verständnis gebeten, dass auf die Beratung im Wirtschaftsausschuss und im Bauausschuss verzichtet wird. Die Mitglieder der beiden Ausschüsse erhalten diese Vorlage zur Kenntnis.

 

Antrag:

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, auf dem von der Landeshauptstadt Kiel im Dezember 2019 angekauften Nordteil des Gewerbe- und Industriegebietes Alt-Friedrichsort („strandOrt“) einen „Lerncampus Bau“ zu entwickeln.
  2. r die am RBZ am Schützenpark angegliederten Berufsfelder des Baubereichs (zurzeit: Ausbaufacharbeiter*innen (Zimmerarbeiten), Bauunterstufe u. a. für die Berufe Beton- und Stahlbetonbauer*innen, Fliesen- Platten- und Mosaikleger*innen, Kanalbauer*innen, Maurer*innen und Straßenbauer*innen inkl. deren 2-jährigen Ausbildungen, Zimmerer*innen, Vermessungstechniker*innen, Tischler*innen, Fahrzeuglackierer*innen, Maler*innen) soll für dieses Gelände (zu 1.) ein neu zu errichtendes Schulgebäude durch die Verwaltung konzipiert werden. Dieses ist im Gesamtkontext mit weiteren schulischen Baumaßnahmen und anderen Akteur*innen der beruflichen Bildung im Sinne einer Lernortkooperation zu planen.
  3. Die sich auf den schulischen Teil beziehende Baumaßnahme (RBZ) ist in das Schulbauprogramm 2.0 aufzunehmen und zu priorisieren oder alternative Möglichkeiten zur Realisierung des Neubaus zu entwickeln.
  4. Die Verwaltung und die Kieler Wirtschaftsförderung werden beauftragt, eine Entwicklungsvereinbarung mit der Innung des Baugewerbes Eckernförde-Kiel-Plön zu schließen über eine ausreichend große Fläche auf diesem Gelände (zu 1.) für die Errichtung eines Neubaus für das Ausbildungszentrum Bau e.V bis zum 31.03.2020, die die wesentlichen Eckwerte der Entwicklung und des nachfolgenden Kaufs beinhaltet, um frühzeitig Planungs- und Investitionssicherheit zu schaffen. Darauf aufbauend ist zügig ein Kaufvertrag zu einem fairen und vertretbaren Preis zu schließen.
  5. Insgesamt stehen für die Realisierung der geplanten Lernortkooperation mit unterschiedlichen Akteur*innen derzeit geschätzt 2,5 ha Fläche zur Verfügung (Anlage 1).
  6. Eine Verkehrsanbindung des ÖPNV vom Hauptbahnhof Kiel zum “strandOrt“ mit einer maximalen Fahrzeit von ca. 25 Minuten (Schnellbus) ist durch den Eigenbetrieb Beteiligungen spätestens zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Ausbildungszentrums Bau e. V. sicherzustellen.
  7. Die Verwaltung wird aufgefordert, alle zur Errichtung notwendigen Genehmigungen und Zustimmungen beim Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur einzuholen und die Akquirierungsmöglichkeiten für Fördermittel zu prüfen.
  8. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Letter of Intent (LOI) mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein zu den geplanten schulischen Veränderungen zu entwickeln, umr die Innung des Baugewerbes Eckernförde-Kiel-Plön Handlungssicherheit herzustellen.
  9. Durch diesen Beschluss wird die Entscheidung, die Werkhalle am ehemaligen RBZ 1 zu sanieren (Drs.1081/2015, „Bauliches Gesamtkonzept für das Regionale Berufsbildungszentrum Soziales, Ernährung und Bau (RBZ1)“), aufgehoben.
  10. Der Beschluss, die Standortfrage für die abgängige Werkhalle zu klären (Drs. 0863/2018), ist damit abschließend bearbeitet.

 

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Sachverhalt/Begründung

Begründung:

Ausgangslage und Rückblick auf die Struktur des RBZ am Schützenpark

 

Das RBZ am Schützenpark ist ein Lernort für berufliche Bildung mit einer langen Historie und daraus gewachsenen Strukturen:

 

Bis zum 31.12.2009 befanden sich am Standort am Schützenpark vier eigenständige berufliche Schulen: die Berufliche Schule Technik, die Berufliche Schule Wirtschaft, die Berufliche Schule Sozialwirtschaft und die Berufliche Schule Bau und Nahrung.

Mit der Errichtung der Regionalen Berufsbildungszentren (RBZ) wurde die Berufliche Schule Technik zunächst organisatorisch, im Anschluss auch räumlich, in das RBZ Technik in Gaarden überführt (Drs. 0311/2009).

 

Die Ludwig-Erhard-Schule wurde mit der Beruflichen Schule am Ravensberg zunächst organisatorisch und im Anschluss auch räumlich in das RBZ Wirtschaft am Ravensberg überführt (Drs. 0311/2009).

 

Die verbleibenden Schulen, nämlich die Berufliche Schule Sozialwirtschaft, die Berufliche Schule Bau und Nahrung sowie die Berufliche Schule am Königsweg wurden zum 01.01.2010 zum RBZ Soziales, Ernährung und Bau (RBZ 1) zusammengeschlossen.

 

Im Rahmen einer vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur begonnenen Profilschärfung wurde das RBZ Soziales, Ernährung und Bau zum 01.01.2019 geteilt in das RBZ am Königsweg mit dem Schwerpunkt Soziales und dem RBZ am Schützenpark mit den Schwerpunkten Ernährung, Gesundheit, Gestaltung und Bau (Drs. 0750/2018). Auch hier erfolgte die Veränderung zunächst organisatorisch und wird sukzessive räumlich vollzogen.

 

Damit ist ein wesentlicher Schritt zur Profilschärfung getan, gleichzeitig ist sie aber noch nicht abgeschlossen. Ziel der Profilschärfung soll sein, jedem RBZ seinen eigenen, unverwechselbaren Schwerpunkt zuzuordnen, der es den RBZ ermöglicht, die Kompetenzen auf zusammenhängende Berufsfelder zu fokussieren, Synergien am Standort zu schaffen und auszubauen und das dadurch entstehende hohe Identifikationspotential zu nutzen.

 

 

 

 

 

 

r die RBZ am Königsweg (Soziales), Technik und Wirtschaft ist dies bereits gelungen, am RBZ am Schützenpark gibt es mit den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Gestaltung und Bau noch Berufsfelder, deren inhaltliche Verknüpfung für viele Schüler*innen, die sich beruflich orientieren möchten, schwer nachzuvollziehen sind und damit dem Gedanken der Profilschärfung entgegenstehen. Die naheliegende Option ist es daher, das RBZ am Schützenpark wiederum zu teilen in einen Bereich „Gesundheit, Ernährung und Gestaltung“ und einen zweiten Bereich „Bau“ als unabhängige eigenständige Einheit.

 

Die Werkhalle am RBZ am Schützenpark

 

Diese Sichtweise wird verstärkt durch den Zustand der vom Baubereich genutzten Werkhalle am RBZ am Schützenpark. Mit Drs. 0863/2018 hat die Verwaltung darüber informiert, dass sich die Werkhalle am Schützenpark in einem derart schlechten baulichen Zustand befindet, dass eine Sanierung nicht mehr wirtschaftlich ist und es dringend eines Ersatzbaus bedarf.

 

Die Verwaltung hat beide Umstände

 

  • die noch nicht abgeschlossene Profilschärfung und
  • die abgängige Werkhalle

 

zum Anlass genommen, die Standortfrage einer neuen Werkhalle ergebnisoffen zu prüfen (siehe ebenfalls Drs. 0863/2018). Dabei war ein Verbleib der Werkhalle am jetzigen Standort eine ebenso mögliche Alternative, wie eine Kooperation mit den Umland-RBZ und auch jede andere Möglichkeit dazwischen.

 

Eine mögliche Verlagerung von Ausbildungsgängen ins Umland fand zwar bei den umliegenden RBZ deutlichen Anklang, barg aber durch weite Wege erhebliche Nachteile für die Kieler Schüler*innen sowie das Kieler Handwerk, so dass diese Option nicht weiterverfolgt wurde und sich die Standortsuche auf das Kieler Stadtgebiet beschränkte.

 

Neubaubedarfe anderer Akteure der beruflichen Bildung

 

Nicht nur die Landeshauptstadt Kiel als Schulträgerin befindet sich in der Situation, Räumlichkeiten neu errichten zu müssen, auch andere Akteur*innen der beruflichen Bildung müssen neue Räumlichkeiten schaffen. So benötigt die Innung des Baugewerbes Eckernförde-Kiel-Plön ein neues Gebäude mit Unterrichtsräumen und Werkstätten, um die überbetriebliche Ausbildung im Ausbildungszentrum Bau e. V. (AZ Bau) dauerhaft und zukunftsorientiert sicherzustellen. Die hierfür benötigte Grundstücksgröße wird aktuell von der Innung auf ca. 10.000 m² geschätzt.

 

Die Handwerkskammer Lübeck benötigt eine rd. 5.500 bis 7.000 m² große Fläche innerhalb Kiels, um den Neubau ihrer derzeit in Mettenhof (Russeer Weg 167) angesiedelten Berufsbildungsstätte zu realisieren. Sie ist im Juli 2019 an den Oberbürgermeister herangetreten und hat ihn um Unterstützung bei ihrer Suche gebeten.

 

Lerncampus Bau - allgemein

 

Aus den verschiedenen Sachverhalten und Bedarfen:

 

  • Profilschärfung am RBZ am Schützenpark noch nicht abgeschlossen
  • Notwendiger Ersatz für die Werkhalle
  • Neubaubedarfe und Flächensuchen anderer, inhalts-verwandter Akteur*innen der beruflichen Bildung

 

wurde der Gedanke entwickelt, die Bedarfe und Flächen zu bündeln und in einem „Lerncampus Bau“ zu konzentrieren. Dieser „Lerncampus Bau“ soll in vielen Bereichen Synergien schaffen, Berufsfelder sowie Lerninhalte besser aufeinander abstimmen und somit Lern- und Ausbildungserfolge der Schüler*innen maximieren. Es muss in den kommenden Jahren gemeinsam mit den Kooperationspartner*innen entwickelt werden, wie Unterrichtsräume, Werkstätten und Labore gemeinsam genutzt werden können.

 

 

Durch Synergie-Effekte in den Raumprogrammen können zugleich Flächeninanspruchnahmen, wie beispielweise die gemeinschaftliche Nutzung von Räumen und Flächen wie einer Mensa, Aula, Umkleiden, Sanitärobjekte, Parkplätze verringert werden und Neukonzeptionen auch in baulicher Hinsicht erfolgen.

 

Eine engere Zusammenarbeit der überbetrieblichen Ausbildung und des praktischen Teils der Berufsschule teilweise in einer neuen Werkhalle wird von zahlreichen Institutionen und Fachleuten aus der Innung des Baugewerbes Eckernförde-Kiel-Plön befürwortet.

 

Auch die Kultusministerkonferenz (KMK) und das Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BiBB) empfehlen, zur qualitativen Weiterentwicklung des Systems der dualen Berufsausbildung innovative Formen der Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Schule zu fördern. In der Hansestadt Lübeck und in Mölln existieren bereits entsprechende Modelle in Schleswig-Holstein, die sich bewährt haben.

 

Die Handwerkskammer Lübeck führt hierzu in ihrem Erfahrungsbericht zum Travemünder Modell[1] aus:

 

In den Landesberufsschulen für Augenoptiker, Bootsbauer, Glaser, Kfz-Mechatroniker und Schuhmacher ist das Travemünder Modell für Lernortkooperation eingeführt und erfolgreich umgesetzt worden. In der Landesberufsschule für Hörakustiker wird gleichermaßen nach einem spezifischen Modell gearbeitet. Der vorliegende Bericht möchte nicht nur den unmittelbar an diesem Projekt Beteiligten eine Zusammenfassung der Erfahrungen und Ergebnisse liefern, sondern auch darüber hinaus allen an der qualitativen Weiterentwicklung des Systems der Dualen Berufsbildung Interessierten Diskussionsanregungen bieten. (…) Die Forderung nach einer Verzahnung von Berufsschulunterricht und überbetrieblicher Ausbildung ist nicht neu und zahlreiche Institutionen und Fachleute haben sich dafür ausgesprochen. Auch die KMK-Konferenz und das Bundesinstitut für Berufliche Bildung empfehlen seit langem, zur qualitativen Weiterentwicklung des Systems der Dualen Berufsbildung innovative Formen der Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Schule zu fördern. Die Lernortkooperation ist also primär nicht als Kompensation für die Ausweitung des Berufsschulunterrichtes gedacht, um damit die Anwesenheit des Auszubildenden im Betrieb zu erhöhen.“

 

Die Bund-Länder-Kommission formuliert in ihrem Bericht zur Auswertung von Modellversuchen[2]:

 

Heutige Bestrebungen zur Verbesserung der Lernortkooperation verfolgen sowohl

qualitative als auch quantitative Ziele. Durch eine verbesserte Kooperation der Lernorte

im dualen System der Berufsbildung sollen insbesondere eine Effektivierung und

Verbesserung der beruflichen Lernprozesse und Lernergebnisse sowie insgesamt eine

Steigerung der Attraktivität und Qualität der Berufsausbildung erreicht werden. Unter

quantitativen Aspekten wird von einer optimalen Kooperation der Ausbildungsbetriebe und

Ausbildungsverbünde mit Berufsschulen eine Steigerung des Vertrauens in die

Funktionsfähigkeit des dualen Systems und damit auch eine Steigerung der

Ausbildungsbereitschaft der Betriebe und ihres Ausbildungsplatzangebots erwartet. Zur

Realisierung dieser Ziele müssen innovative Lösungen erarbeitet werden, insbesondere

zur Abstimmung der Lernziele, Lerninhalte und Lehr-/Lernmethoden zwischen den beteiligten beruflichen Lernorten. (Heft 73 - Kooperation der Lernorte im dualen System der Berufsbildung)

 

 

 

 

Das Zusammenspiel der Akteur*innen

 

Um einen „Lerncampus Bau“ erfolgreich zu gestalten, bedarf es mehrerer Akteure*innen der beruflichen Bildung sowie der Unterstützung der Schultgerin, die sich gemeinsam auf den Weg machen, die Bildungs- und Berufschancen junger Erwachsener in der Landeshauptstadt Kiel zu verbessern.

 

Zunächst sei an dieser Stelle das RBZ am Schützenpark genannt, das durch eine Eigenständigkeit des Baubereichs eine Veränderung in der Vielfalt vor Ort erlebt. Gleichzeitig besteht jedoch darin eine Chance, den Fokus stärker auf die Berufsfelder Gesundheit, Ernährung und Gestaltung richten zu können (siehe Anlage 3 Stellungnahme des RBZ am Schützenpark vom 24.02.2020).

 

Die Innung des Baugewerbes Eckernförde-Kiel-Plön war und ist eine wesentlich im Prozess beteiligte Partnerin, die sich nach sorgfältiger Prüfung entschlossen hat, dieses für die Landeshauptstadt Kiel neue Bildungsmodell gemeinsam mit anderen Akteur*innen zu entwickeln, vorausgesetzt, die hierfür benötigten Gelingensbedingungen werden durch diesen Grundsatzbeschluss geschaffen.

 

Zum Hintergrund: Die baugewerbliche Bildungseinrichtung hat nach mehrjährig durchlaufendem Prozess zum angedachten Neubau aufgrund der sich jetzt konkretisierenden Lernortkooperation das laufende Verfahren auf das veränderte Grundstück in Friedrichsort ausgerichtet. Um die notwendigen und umfänglichen Fördermittel nicht zu gefährden, ist ein kurzfristiges Agieren noch im März 2020 unabdingbar.

 

Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass die Bauinnung bereits für ihr Neubauvorhaben in anderen Planungen weit fortgeschritten war und sich ganz bewusst entschieden hat, dem hier vorliegenden Modell unter bestimmten Rahmenvoraussetzungen den Vorzug zu geben. (siehe Anlage 4 a Stellungnahme vom 13. November 2019). Die Bauinnung fordert als eine wesentliche Gelingensbedingung die Fertigstellung des schulischen Neubaus in 2023, um die Lernortkooperation zeitnah beginnen zu können. Es werden nach erfolgter Beschlussfassung daher unterschiedliche Realisierungsmöglichkeiten für den schulischen Neubau geprüft. (zu 3.)

 

Darüber hinaus wurden folgende, im Prozess beteiligte Partner*innen, gebeten, eine Stellungnahme bzw. ihre Bewertung zur geplanten Lernortkooperation abzugeben. Neben der Stellungnahme der Bauinnung vom 13.11.2019 liegen folgende, weitere Stellungnahmen vor:

 

  • Regionales Berufsbildungszentrum am Schützenpark (RBZ) (Anlage 3 - Stellungnahme vom 24.02.2020)
  • Handwerkskammer Lübeck (Anlage 5 Stellungnahme vom 19.02.2020)
  • Maler- und Lackiererinnung (Anlage 6 Stellungnahme vom 20.02.2020)
  • Innung der Tischler (Anlage 7 Stellungnahme vom 20.02.2020)

 

Damit stehen die richtigen Partner*innen zur richtigen Zeit beieinander, um einen Lerncampus Bau am „strandOrt“ in Friedrichsort zu realisieren.

 

 

 

Was bedeutet Lerncampus Bau konkret in Kiel?

 

Da sehr unterschiedliche Definitionen und Interpretationen von den bisher verwendeten Begriffen „Campus“, „Kooperation“, etc. vorherrschen, wird an dieser Stelle erläutert, was „Lerncampus Bau“ in Kiel-Friedrichsort ganz konkret bedeutet.

 

Die Bauinnung erwirbt ein Grundstück und baut in eigener Verantwortung ein neues Ausbildungszentrum Bau. In direkter Nähe entsteht ein neues RBZ Bau inkl. Werkhalle. Die Handwerkskammer Lübeck prüft zurzeit, ein Grundstück zu erwerben, um ebenfalls in eigener Verantwortung eine neue Berufsbildungsstätte zu errichten

 

Diese Bauten sind aktuell rein additiv geplant. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Verfahren erstgenannter Akteur*innen schon sehr weit fortgeschritten sind und Zeitverzögerungen bzw. signifikante Veränderungen den Verlust von Fördergeldern nach sich ziehen würden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, durch eine baulich orientierte Machbarkeitsstudie Synergien zu heben und Doppelungen aus den Raumprogrammen zu streichen, wodurch die Vernetzung der Institutionen verstärkt würde. Eine mögliche gemeinsame Nutzung von Gemeinschaftsflächen, wie beispielsweise einer Mensa, aber auch von Unterrichtsräumen und Werkhallen ist daher zu prüfen. Hierbei ist ein kurzfristiges Handeln aufgrund des sehr weit vorangeschrittenen Förderverfahrens für den Neubau des Ausbildungszentrums Bau e. V. zu beachten.

 

Danach müssen alle weiteren Prozesse, wie z.B. das Zusammenwachsen und Verzahnen der jeweiligen Bereiche sukzessive erfolgen.

 

Dass dieser komplexe Prozess des Zusammenwachsens und Verzahnens viel Zeit brauchen wird, damit er gut gelingen kann, ist allen Beteiligten während der Vor-Ort-Termine in Mölln und in Lübeck verdeutlicht worden.

 

Es ist aber nach den monatelangen und intensiven vorbereitenden Gesprächen weiterhin festzustellen, dass bei allen Akteur*innen die dafür erforderliche positive und offene Grundhaltung und der Wille zur Kooperation stetig gewachsen und weiterhin vorhanden ist, so dass der Erfolg einer Lernortkooperation bei Vorliegen der benötigten Rahmenbedingungen als sicher gelten kann.

 

 

 

Das Grundstück für einen „Lerncampus Bau“

 

Um einen Lerncampus zu errichten, die zuvor beschriebenen Kooperationen zu ermöglichen und Synergien zu schaffen, bedarf es einer geeigneten Fläche, die neben der benötigten Größe auch weitere gelingende Faktoren, wie die Lage, eine schnelle Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), Infrastruktur vor Ort etc. bietet und die in den kommenden Jahren entsprechend entwickelt werden kann.

 

Darüber hinaus wurde seitens der Bauinnung die Anforderung gestellt, eine Fläche erwerben zu können, die zügig, ohne vorherige erforderliche Bauleitplanung und Zeitverzögerung, bebaut werden kann, damit in Aussicht gestellte Fördermittel nicht verfallen.

 

Um eine solche Fläche zu identifizieren, hat das Amt für Schulen einen entsprechenden Suchauftrag an das Stadtplanungsamt gestellt. Obwohl die Kriterien eng gefasst waren, konnte das Stadtplanungsamt sehr zeitnah eine Fläche in Aussicht stellen, die die o. g. Bedingungen erfüllt, da die KiWi GmbH für die Landeshauptstadt Kiel den Ankauf einer insgesamt 34 ha großen Industriefläche in Friedrichsort Ende 2019 realisieren konnte. Es handelt sich hierbei um eine Teilfläche im Gewerbe- und Industriegebiet „strandOrt“ in Alt-Friedrichsort, dessen Kauf mit Drs. 0954/2019 beauftragt und mittlerweile vollzogen wurde. Die im Lageplan (Anlage 2) gekennzeichnete, ca. 1 ha große Fläche an der Straße Brauner Berg ist seit 01.01.2020 im Besitz der Landeshauptstadt Kiel, Planungsrecht besteht nach § 34 BauGB. Verkehrlich erschlossen ist sie von der Straße Brauner Berg und daher weitgehend unabhängig von der noch zu schaffenden öffentlichen Erschließung des angrenzenden Gewerbe- und Industriegebietes nutzbar.

 

 

 

 

Die genaue Lage und Struktur der für eine Lernkooperation erforderlichen Grundstücke, Gebäude und baulichen Anlagen wird aktuell auf rund 2,5 ha taxiert. (Anlage 1). Hierin ist die Fläche der Innung in der Größe von ca. 1 ha enthalten (Anlage 2). Die genau benötigte Gesamtfläche wird auf der Basis einer Machbarkeitsprüfung im Rahmen der städtebaulichen Rahmenkonzeption bis spätestens Sommer 2020 ermittelt. Da die KiWi Auftraggeberin sein wird, ist dieses Procedere auch sichergestellt.

 

Hierbei werden die jeweiligen Raumbedarfe und flächenbezogenen Synergien für die potenziellen Kooperationspartner*innen (Innung des Baugewerbes Eckernförde-Kiel-Plön, Handwerkskammer Lübeck) identifiziert und dargestellt. Für die Bildungseinrichtung der Innung des Baugewerbes Eckernförde-Kiel-Plön ist der Raum- und Flächenbedarf aufgrund der fortgeschrittenen Planungsphase und der Vorgaben der Fördermittelgeber in den essenziellen Eckpunkten bereits definiert. Daher wird sich die Machbarkeitsprüfung für diese Organisation ausschließlich auf die Gemeinschaftsflächen beziehen.

 

Dabei werden die grundsätzlichen Rahmenbedingungen aus der Flächenentwicklung als zukunftsorientierter Industriestandort 4.0 berücksichtigt. Die Entwicklung eines Nutzungskonzeptes, die Vermarktung der Flächen und Gebäude und Projektsteuerung übernimmt dabei die KiWi GmbH.

 

Die Projektpartner der Landeshauptstadt Kiel werden die für ihre Einrichtungen erforderlichen Flächen erwerben. Die speziell für die Einrichtungen des RBZ erforderlichen Flächen werden voraussichtlich im Eigentum der Landeshauptstadt Kiel verbleiben und nicht im Rahmen der Revitalisierung des Gewerbe- und Industriegebietes „strandOrt“ vermarktet werden.

Dementsprechend wird, nach Vorliegen der finalen Flächengrößen, die standortbezogene Wirtschaftlichkeitsberechnung anzupassen sein.

 

Mit einer Verortung des „Lerncampus Bau“ werden mehrere gesamtstädtisch wichtige Ziele erreicht bzw. vorangetrieben:

 

In dem zu revitalisierenden Gewerbe- und Industriegebiet „strandOrt“ sind bereits jetzt mit Caterpillar, Consist, Dataport, TKMS und weiteren Unternehmen große Partner*innen vor Ort. Mehrere kleine und mittlere Unternehmen tragen ebenfalls zur Belebung und Vielfalt bei.

 

In den nächsten acht bis zehn Jahren wird das alte Gewerbegebiet neu revitalisiert und erschlossen sowie durch Fördermittel des Wirtschaftsministeriums finanziert. Neue Mobilität, Digitalisierung und klimafreundliche Energieversorgung sind in einem Produktionsstandort der Zukunft zu berücksichtigen.

Die Errichtung eines „Lerncampus Bau“ mit ca. 750 Schüler*innen würde darüber hinaus zu einer immensen Belebung des neu aufzustellenden Gewerbe- und Industriegebietes führen und einen wichtigen Beitrag zur Profilbildung leisten. Hier findet der Strukturwandel vom traditionellen Industriestandort zum modernen Produktionsstandort mit Digitalisierung, Ausbildung und neuen Arbeitskulturen für die Industrie direkt am Strand statt.

 

Diese Belebung wiederum wird sich positiv auf den Kieler Norden sowie den gesamten Stadtteil und das Stadtteilzentrum auswirken, die dadurch ebenfalls eine Belebung und Stärkung als Wirtschaftsstandort erfahren (Nachwuchsförderung für ortsansässige Betriebe, Erhöhung des Umsatzes im lokalen Einzelhandel / Gastronomie usw.).

 

Eine wesentliche Gelingensbedingung ist es auch, den „Lerncampus Bau“ an eine schnelle und zuverlässige öffentliche Nahverkehrsverbindung anzugliedern, die in der Taktung den Bedarfen der Nutzer*innen entspricht. Es ist zwingend erforderlich, dass mit Inbetriebnahme des Ausbildungszentrums Bau eine Schnellbuslinie durch den Eigenbetrieb Beteiligungen zur Verfügung gestellt wird. Diese Schnellbuslinie könnte nicht nur den Auszubildenden und Schüler*innen in Friedrichsort zu Gute kommen, sondern auch für einen Teil der Friedrichsorter Bürger*innen eine attraktive Verbindung in die Innenstadt bieten.

 

Der Ortsbeirat Pries/Friedrichsort hat diese Beschlussvorlage vorab zur Kenntnis erhalten und ist um Stellungnahme gebeten worden.

 

 

Fazit

 

Der jetzige Zeitpunkt ist ideal, um die Weichen für ein Modell der Lernortkooperation zu stellen:

 

  • Es bestehen zeitgleich ähnliche Baubedarfe unterschiedlicher Akteur*innen der beruflichen Bildung.
  • Durch die Schaffung einer Lernkooperation können nicht nur schulisch inhaltliche, sondern auch räumliche Synergien geschaffen werden. Der Flächenverbrauch insgesamt wird geringer ausfallen, als jedes Vorhaben einzeln mit voller Begleitinfrastruktur und Nebenflächen zu realisieren.
  • Es besteht bei allen Beteiligten der Wille und die Bereitschaft zur Kooperation.
  • Damit besteht jetzt die Gelegenheit, mit einem modernen Lerncampus die berufliche Bildungslandschaft zukunftsorientiert, nachhaltig und wegweisend zu gestalten und zu bereichern.

 

 

 

 

 

 

Renate Treutel        Doris Grondke

rgermeisterin        Stadtbaurätin

 

 

 

 

 

 


[1] Webseite der Berufsschule der Handwerkskammer beck zum Thema Kooperation (http://www.berufsschule-der-handwerkskammer-luebeck.de/index.php/kooperation)

[2] Vorwort zu „Kooperation der Lernorte im dualen System der Berufsbildung“ im Heft 73 der Bund-Länder-Kommission

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