Infosystem Kommunalpolitik
Interfraktioneller Antrag - 0455/2020
Grunddaten
- Betreff:
-
Für eine nachhaltige Wirtschaft in Kiel - innovativ, sozial und ökologisch aus der Corona-Krise
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Interfraktioneller Antrag
- Federführend:
- Ratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Jun 11, 2020
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Antrag
Antrag:
Die Verwaltung wird gebeten der Ratsversammlung einen Plan vorzulegen, mit welchen innovativen, sozialen und ökologischen Maßnahmen die Kieler Wirtschaft bei der Bewältigung der Corona-Krise unterstützt werden kann. Für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung Kiels verfolgt die Ratsversammlung das Ziel einer Ausrichtung der Wirtschaftsförderung auf Innovation, Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Damit soll die Haltung Kiels deutlich werden, Zukunftsaufgaben als soziale, innovative und kreative Stadt zielgerichtet und konsequent anzugehen.
Hierfür sollen folgende Punkte besondere Beachtung finden:
- die Ausrichtung der Entwicklung der Industrie- und Gewerbegebiete in Friedrichsort und Holtenau sowie zukünftiger Industrie- und Gewerbegebiete an Kriterien der Nachhaltigkeit sowie die Stärkung hochschulaffiner Gewerbegebiete in der Nähe der Hochschulen zur Förderung des Wissenschaftstransfers. Darüber hinaus soll bei künftigen Planungen von Gewerbegebieten die soziale Infrastruktur mitgedacht werden.
- die Orientierung an den Maßstäben guter Arbeit bei der Schaffung und Sicherung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze, die gleichzeitig zukunftsgerechten Arbeitsstrukturen wie z.B. für mobiles Arbeiten, Diversität und Vereinbarkeit von Familie und Beruf entsprechen und Festschreibung der Prinzipien guter Arbeit in den Vergaberichtlinien für öffentliche Aufträge.
- Unterstützung von Unternehmen, Solo-Selbstständigen und Geschäftstreibenden, u.a. bei ihrer zukunftsorientierten Weiterentwicklung im Sinne der Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
- Unterstützung hiesiger und gemeinwohlorientierter Wirtschaftsstrukturen wie Verkauf regionaler Produkte, Sharing-Angebote, Selbsthilfewerkstätten, FabLabs, lokale Transport- und Auslieferdienstleistungen durch eine kooperative Zusammenarbeit aller Kieler Wirtschaftsförderungsakteur*innen wie zum Beispiel KiWi, Kiel-Marketing, Wirtschaftsbüro Gaarden, Seefischmarkt (ZTS/Zentrum für maritime Technologie und Seefischmarkt). Dazu gehört auch die Stärkung des lokalen Einzelhandels und der Nahversorgung vor Ort, beispielsweise durch einen weiteren Ausbau z.B. der „Sprottenkarte“ und einem verstärkten Augenmerk auf Kombinationen von analogen und digitalen Vertriebsmodellen.
- weitere Entwicklung der Kreativzentren und Coworkingspaces als Innovations- und Entwicklungsorte und Fortführung der bisherigen Programme von #KreativKiel.
- Beauftragung der Entwicklung einer kommunalen Innovationsstrategie für den Wirtschafts- und Hochschulstandort Kiel im engen Austausch mit Unternehmen, Hochschulen, Innovations- und Kreativzentren, Wirtschaftsförderungen sowie der Zivilgesellschaft mit dem Ziel der Beschreibung konkreter Umsetzungsmaßnahmen.
- zielgerichtete Koordination der Unterstützung von Start-ups und Gründer*innen, u.a. mit dem Ziel, bestehende Förder- und Beratungsstrukturen (LHK, Kammern, Hochschulen, IB SH etc.) effizient zu nutzen durch die Kieler Wirtschaftsförderung. Das Ziel ist es u.a., städtische Förderung an der Zukunftsfähigkeit der Unternehmen auszurichten, so dass sie perspektivisch sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Kiel schaffen sowie die Konzeptentwicklung für einen Risikofonds in Kooperation mit dem Land. Darüber hinaus wird die Verwaltung beauftragt, bis zur Sommerpause 2021 ein Konzept entwickeln zu lassen, wie sich die Landeshauptstadt zu einer der führenden Gründungsstädte in Norddeutschlands entwickeln kann.
- Ausbau bürger*innen- und unternehmensfreundlicher digitaler Angebote der Verwaltung.
- Schaffung von Angeboten zur Vernetzung von Studierenden und Unternehmen.
- Stärkung von Städtepartnerschaften und -netzwerken mit wirtschaftlicher Ausrichtung und Hochschulkooperationen sowie die Gewinnung von Botschafter*innen für den Wirtschaftsstandort Kiel.
Sachverhalt/Begründung
Begründung:
Die Corona-Krise hat weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft in Kiel. Die drängendsten Probleme wurden durch Sofortmaßnahmen der Verwaltung, der Kieler Wirtschaftsförderung sowie dem großen Engagement und der Eigeninitiative vieler Kieler Unternehmen gut bewältigt. Doch zeigen sich in der Krise auch Anknüpfungspunkte für zukünftige Entwicklungen, und der Wiederaufbau der Kieler Wirtschaft muss gewissenhaft und sinnvoll gestaltet werden. Damit dies geschehen kann, sollen die genannten 10 Punkte als Rahmenbedingungen dienen. Zu den einzelnen Punkten ist dabei folgendes zu beachten:
- Mit der Entwicklung von gleich zwei großen Gebieten zur gewerblichen oder industriellen Nutzung in den nächsten Jahren besteht die einmalige Chance, hier Maßstäbe für Innovationen und im nachhaltigen Bauen und Wirtschaften zu setzen. Dies muss bereits während der Planung berücksichtigt werden. Gleichzeitig muss bei der Entwicklung weiterer Gebiete besonders auf hochschulaffine Unternehmen und deren räumlich nahe Ansiedlung bei den Hochschulen geachtet werden.
- Die Transformation der Arbeitswelt darf nicht dazu führen, dass soziale Standards in Frage gestellt werden. Gerade in der Corona-Krise ist deutlich geworden, wie bedeutsam diese Standards sind. Gleichwohl gilt es, sich auf Veränderungen einzustellen. Da das mobile Arbeiten immer bedeutsamer wird, sollen die hierfür nötigen strukturellen Entwicklungen erfolgen. Zudem müssen weiterhin hohe Anstrengungen unternommen werden, um die Diversität in den Unternehmen zu steigern und vor allem für Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern.
- Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass Unternehmen, Solo-Selbstständige und Geschäftstreibende, die in den vergangenen Jahren bereits in Digitalisierung und Innovationen investiert haben, deutliche Vorteile hatten. Dies hatte zur Folge, dass sie sich schneller an die neue Situation anpassen konnten und in einer veränderten Wirtschaft bessere Überlebenschancen haben. Die Unternehmen, die das noch nicht bewerkstelligen konnten, müssen nun besonders unterstützt werden, um auch ihnen das Überleben in einer veränderten Wirtschaft zu ermöglichen und somit die Vielfalt an Unternehmen, Geschäften, Dienstleistungsangeboten usw. aufrecht zu erhalten.
- Die Bedeutung von Geschäften, Unternehmen und Gastronomie vor Ort und mit großer lokaler Identifikation ist in den vergangenen Monaten besonders deutlich geworden. Auch wird die Frage nach Vor- und Nachteilen der Globalisierung in Zeiten von Pandemien neu diskutiert. In Kiel hat sich in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Zahl an lokalen Einzelhändler*innen, Gastronom*innen und Unternehmer*innen etabliert, die den besonderen Charakter der Landeshauptstadt prägen. Dies soll weiter ausgebaut und unterstützt werden. Um hierbei besonders erfolgreich zu sein, müssen die Kräfte der Kieler Wirtschaftsförderung an einem Strang ziehen, da gerade die gemeinschaftliche Initiative „Kiel hilft Kiel“ zuletzt eindrucksvoll gezeigt hat, welche Potenziale dort liegen.
- Kreative und agile Lösungs- und Denkansätze haben sich in den vergangenen Wochen bewährt. Die vielfältige Kieler Kreativszene und die dazugehörigen Kreativzentren waren hierfür von unschätzbarem Wert. Deswegen müssen die bestehenden Unterstützungs- und Förderungsstrukturen weitergeführt werden. Dabei sollte verstärkt auf eine interdisziplinäre, Sektor übergreifende Zusammenarbeit im Sinne von Crossover-Innovationen gesetzt werden. Die Umsetzung von Projekten für eine klimafreundliche Mobilität, regionale Wirtschaftskreisläufe, urbane Landwirtschaft, das soziale Unternehmertum und neue Nachbarschaften, auch unter Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung, sollten Schwerpunkte in einer Zusammenarbeit mit der Kommune, aber auch der Wirtschaft und Bauträgern werden. Zudem sind in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Kommunalverwaltung und der Kreativwirtschaft Vorhaben umzusetzen, die die Landeshauptstadt widerstandsfähiger gegen ökologische, soziale und gesundheitliche Krisen macht.
- Kiel bringt mit seinen vier Hochschulen, seinen kurzen Wegen und einem engen, persönlichen Netzwerk sowie seinen zahlreichen jungen, innovativen Unternehmen optimale Voraussetzungen, um einer der deutschen Innovations-Hotspots zu werden. Damit dies gelingt, muss eine klare Ziel- und Schwerpunksetzung erfolgen, an deren Erreichung dann die verschiedenen Beteiligten gemeinsam und kooperativ arbeiten sollen. Hierfür soll von vornherein in einem partizipativen und professionellen Prozess gearbeitet werden. Mit dieser Strategie kann sich die Landeshauptstadt Kiel mit eigener Schwerpunktsetzung deutlich in die regionale Innovationsstrategie des Landes einbringen.
- Kiel verfügt über sehr viele Unterstützungsangebote für Startups und Gründer*innen. Die Angebote könnten aber besser aufeinander abgestimmt sein, und es könnte einen besseren Überblick geben. Deshalb sollte die Aufgabe der Wirtschaftsförderung darin liegen, hier eine koordinierende Rolle zu übernehmen. Die Landeshauptstadt Kiel verfügt über exzellente Voraussetzungen als Stadt der Gründer*innen. Über 35.000 Studierende an vier Hochschulen bringen eine hohe Innovationskraft mit. Die Stadt hat durch die Ostseelage eine sehr hohe Aufenthaltsqualität. Die Mietpreise sind im Vergleich zu anderen Großstädten noch moderat und die Metropole Hamburg ist innerhalb einer Stunde gut zu erreichen.
- Mit den zahlreichen Initiativen der Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren einschließlich der neu geschaffenen Stellen für eine bürger*innen- und unternehmensfreundliche Verwaltung befindet sich Kiel auf dem richtigen Weg und sollte diesen konsequent fortsetzen.
- Mit der Initiative Kiel*works und der Schaffung von zwei Stellen für dessen Realisierung wurden im vergangenen Jahr die Rahmenbedingungen geschaffen, um die Vernetzung von Kieler Studierenden und Unternehmen zu verbessern. Dieses Vorhaben muss nun mit konkreten Projekten und Ideen belebt und umgesetzt werden.
- Um die Internationalisierung Kiels zu stärken, bieten die Städtepartnerschaften mit ihren gewachsenen und auf Vertrauen basierenden Grundlagen hervorragende Ausgangsbedingungen, die zukünftig auch besonders der wirtschaftlichen Entwicklung zugutekommen sollen.
gez. Ratsfrau Christina Schubert f.d.R.
SPD-Ratsfraktion
gez. Ratsherr Dirk Scheelje f.d.R.
Ratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gez. Ratsherr Dr. Ingmar Soll f.d.R.
FDP-Ratsfraktion
gez. Ratsherr Marcel Schmidt f.d.R.
SSW-Ratsfraktion
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