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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0068/2021

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Beratungsfolge

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Antrag

 

 

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Sachverhalt/Begründung

  1.    Einleitung

 

In der Landeshauptstadt Kiel erhalten Ämter oder deren Teilbereiche im Rahmen der Gesamtstrategie der Verwaltung die Möglichkeit, in einem Organisationsprozess eine Optimierung ihrer Aufbau-, Ablauf- und/oder Angebotsstruktur zu erreichen.

Im Jugendamt wurde in diesem Zusammenhang bereits ein Leitlinienprozess mit der Mitarbeiterschaft durchgeführt und ein Leitbild für das Jugendamt erstellt (Drs. 0517/2019).

 

Die Dezernentin, die Amtsleiterin und die Abteilungsleiterin verfolgten in einem weiteren Prozess das Ziel, den Allgemeinen Sozialdienst (ASD) als wesentlichen Basisdienst in Kiel u.a. für den Schutz des Kindeswohls zukunftsfähig aufzustellen und auf eine gre Aufgabenausweitung durch eine Gesetzesreform vorzubereiten.

 

Eine Organisationsüberprüfung im ASD erfolgt vielfach, nachdem es zur starken Beeinträchtigung des Kindeswohls, zum Tod oder zur Tötung eines Kindes gekommen ist. Anliegen war es hier jedoch, mit den 96 Leitungs- und Fachkräften im „normalen Alltagsgeschäft“ ihre Rolle, Aufgaben und Abläufe selbstkritisch hinterfragen und mit externer Begleitung zielführender aufstellen zu können - ohne einen öffentlichen Druck und ohne eine hohe emotionale Betroffenheit aufgrund eines dramatischen Ereignisses.

 

Das Jugendamt stellt daher der Selbstverwaltung mit dieser Geschäftlichen Mitteilung den Prozess und die Ergebnisse der Organisationsuntersuchung im ASD vor und beschreibt die daraus folgenden Umsetzungsschritte in 2021.

 

 

  1. Kurzfassung der wesentlichen Ergebnisse

 

-          Im Gutachten wird die Arbeit des ASD im Vergleich mit anderen untersuchten Kommunen fachlich auf einem guten Niveau bewertet.

 

-          Während des Prozesses wurde mit Leitungs- und Fachkräften ein Qualitätshandbuch erarbeitet, welches in 13 Kernprozessen und 72 Teilprozessen die Aufgaben und Arbeitsprozesse des ASD beschreibt und dabei die fachlich wie rechtlich gebotenen Standards definiert.

 

-          Insgesamt wurde ein Personalmehrbedarf von 5,25 Planstellen identifiziert.

  • Ein Personalmehrbedarf im Umfang von 2,5 Planstellen wurde auf der unteren Leitungsebene festgestellt.
  • Durch das Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren wurden die Aufgaben der Jugendhilfe im Strafverfahren ausgeweitet. Daraus erwächst ein Personalmehrbedarf, dem jedoch mit einer Bündelung der Aufgaben in einer spezialisierten Arbeitsgruppe effizient begegnet und auf 1,75 Planstellen beschränkt werden kann.
  • Teilung des fall- und personalzahlenstärksten Sozialzentrums Gaarden in zwei Arbeitsgruppen mit jeweils eigener Leitungskraft und Stellvertretung (zum 01.07.2020 bereits umgesetzt)
  • Teilung des Sozialzentrums Süd mittelfristig in zwei Sozialzentren mit eigenem Standort, jeweils eigener Leitungskraft und Stellvertretung und regionaler Zuständigkeit für die Stadtteile des Kieler Südens; kurzfristig in zwei Arbeitsgruppen in einem Sozialzentrum

 

-          Das im ASD genutzte EDV-Fachverfahren „Jugendwesen“ der Kommunalen Datenverarbeitung Oldenburg (KDO) wird als selbsterklärendes Arbeitsinstrument für die Mitarbeiterschaft weiterentwickelt, erhebt auch statistische und Controlling-relevante Daten und stellt für die Personalbemessung zukünftig die Anzahl der Arbeitsprozesse sicher.

 

-          Das Tool zur Personalbemessung (PEB-Tool) wird fortgeschrieben und zukünftig regelmäßig eingesetzt. Auch in Zukunft steht somit den übertragenen Aufgaben ein ausreichender Personalkörper gegenüber.

 

 

  1. Ausgangslage

 

Der ASD bietet als dezentral in sechs Sozialzentren organisierter Dienst Beratung und Hilfe für Kieler Familien, Eltern(-teile), Kinder und Jugendliche an. Insgesamt zeichnet sich der ASD durch eine starke präventive Ausrichtung aus, um Familien frühzeitig zu begleiten und um dadurch intensivere Bedarfe zu vermeiden.

 

Zu den gesetzlichen Aufgaben zählen:

  • Beratung der Personensorge- und/oder Erziehungsberechtigten bei der Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen, einschließlich der Wahrnehmung der Personensorge und des Umgangs (§§ 1, 16 – 18 SGB VIII)
  • Beratung junger Menschen, in Notlagen auch ohne Kenntnis der Personensorgeberechtigten (§ 8 SGB VIII)
  • Klärung von Situationen der Kindeswohlgefährdung, ggf. Intervention zu deren Abwendung – auch gegen den Willen der Personensorgeberechtigten – einschl. der Inobhutnahme (§§ 8a und 42 SGB VIII)
  • Klärung des Hilfebedarfs sowie Vermittlung und Steuerung der geeigneten und notwendigen Hilfen zur Erziehung (§§ 27 ff SGB VIII), Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35a SGB VIII), Hilfe für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII), Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19 SGB VIII) sowie die Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen (§ 20 SGB VIII)
  • (vorläufige) Inobhutnahme, Klärung des Hilfebedarfs sowie Vermittlung und Steuerung der geeigneten und notwendigen Hilfe für unbegleitet eingereiste minderjährige Ausländer*innen (§§ 42a, 42, 27 ff und 41 SGB VIII)
  • Mitwirkung im familiengerichtlichen Verfahren, sofern Minderjährige betroffen sind (§ 50 SGB VIII)
  • Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52 SGB VIII)

 

In den vergangenen Jahren hatte eine Vielzahl der gesellschaftlichen Entwicklungen und gesetzlichen Veränderungen Auswirkungen auf die fachliche Arbeit im ASD.  Dazu gehören beispielsweise:

  • Das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern mit uneingeschränkte Freizügigkeit für Arbeitnehmer*innen aus Rumänien und Bulgarien. Dadurch erfolgte ein erheblicher Zuzug von Menschen ohne Existenzgrundlage, Krankenversicherung, ausreichendem Wohnraum, was zu einer Bildung von Brennpunkten im Sozialraum führte und mit erheblichen Anforderungen an Soziale Arbeit einherging.
  • Die gesetzlichen Veränderungen im Familienrecht, die den Beratungsanspruch von Familien ausweiteten.
  • Die Verabschiedung des Bundeskinderschutzgesetzes, das höhere Standards im Kinderschutz und weitere Vernetzungsaufgaben definierte und deutliche Fallzahlensteigerung im ASD zur Folge hatte.
  • Der Flüchtlingszustrom ab 2015, in dessen Folge die Arbeit mit unbegleiteten, minderjährigen Geflüchteten und traumatisierten Eltern mit Fluchterfahrung, exponentiell anstieg. Dabei bedeutet die Sicherung des Kindeswohls in der Arbeit mit fluchterfahrenen, traumatisierten Menschen und ihrem anderen kulturellen Hintergrund eine besondere Herausforderung für die sozialpädagogischen Fachkräfte.
  • Das Gesetz zur Stärkung von Verfahrensrechten von Beschuldigten im Strafverfahren (seit 2019), das die Aufgaben der Jugendhilfe im Strafverfahren ausgeweitet hat.
  • Geplant wird derzeit die Reform des achten Sozialgesetzbuches (Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz). Diese Reform sieht u.a. Verbesserungen im Kinder- und Jugendschutz, die Stärkung von Kinder und Jugendlichen in der Erziehungshilfe, mehr Prävention vor Ort, mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern, Familien vor.

Zudem werden die Hilfen für Kinder mit und ohne Behinderungen in der Jugendhilfe als inklusive Jugendhilfe zusammengeführt. Derzeit sind die Aufgaben noch auf die Eingliederungshilfe und die Jugendhilfe verteilt. Dieser Aufgabenzuwachs wird große Veränderungen in der täglichen Arbeit des ASD nach sich ziehen und ist auf mehrere Jahre angelegt, da sowohl fachliche Herausforderungen zu meistern als auch strukturelle Lösungen zu entwickeln sind.

 

Der ASD steht bei der Erfüllung seiner Aufgaben vielfach im Fokus der Öffentlichkeit. Kinderschutz, Herausnahme von jungen Menschen aus ihren Familien und Erwartungen an die Wirksamkeit von Hilfen wird vielfach mit unterschiedlichen Intentionen thematisiert.

 

Der ASD greife in der medialen Berichterstattung entweder zu früh ein und „zerstöre Familien“ oder er „versage“, weil „viel zu lange nichts passiere“ und im schlimmsten Fall sogar Kinder zu Schaden kommen.

 

Problemlagen in Familien sind in wenigen Fällen eindeutig zu erfassen, sondern es bedarf einer differenzierten Anamnese mit ausreichender Zeit zur Klärung der Motivation und der Kompetenzen für Veränderung, um Familien wirksame und nachhaltige Hilfen anbieten zu können.

 

Der schwierige Spagat zwischen öffentlicher Erwartung, dass „jetzt schnell etwas passieren muss“ und dem Recht der Menschen auf individuelle Lebensgestaltung, zwischen Elternrecht und Kindeswohl muss täglich von den Fachkräften im ASD bewältigt werden. Die z.T. gegenläufigen Erwartungen an den ASD, steter Rechtfertigungsdruck und die tägliche Konfrontation mit hoch belasteten Schicksalen, die Verantwortung, „richtige“ Entscheidungen treffen zu müssen, obwohl nicht in die Zukunft geschaut werden kann und man nicht 24 Stunden rund um die Uhr in der Familie sein kann, machen das Arbeitsfeld so herausfordernd und auch belastend.

 

Eine angemessene Personalausstattung in der Fall- wie in der Leitungsarbeit ist unerlässlich, um diesen Anforderungen unaufgeregt, sachgerecht und auf hohem fachlichen Niveau zu begegnen.

 

Es benötigt zudem ein Qualitätshandbuch, in dem es eine deutliche Orientierung für die acht Leitungskräfte sowie 88 Fachkräfte im ASD gibt. Die fachliche Arbeit im ASD beruht auf gesetzlichen Vorgaben, die in jedem Einzelfall ausgelegt und abgewogen werden müssen. Es ist eine hohe Herausforderung, eine relativ einheitliche professionelle Facharbeit sicherzustellen.

 

Der ASD ist zudem ein ausgesprochen „junger Dienst“. Viele Fachkräfte bleiben unmittelbar nach ihrer Ausbildung mit Anfang 20 als Berufsanfänger*innen im ASD und benötigen unbedingt erfahrene, begleitende Fach- und Führungskräfte an ihrer Seite, um eigenverantwortlich in diesem sensiblen und herausfordernden Arbeitsfeld agieren zu können.

75% der Fachkräfte im ASD sind weiblich und ein Großteil der stetigen Fluktuation ist durch die Phase der Familiengründung im Alter von Mitte 20 bis Mitte 30 begründet.

Das dynamische Wachstum an gesetzlichen Aufgaben, ihrer fachlich gebotenen Umsetzung und die Herausforderungen eines bestmöglichen Kinderschutzes sowie die stetig steigende Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden haben die Führungsebene des Jugendamtes in enger Abstimmung mit der Dezernentin dazu bewogen, eine Organisationsuntersuchung einschließlich einer Personalbemessung mit externer Begleitung anzustoßen.

Nach einer umfassenden Markterforschung mit anschließendem Auswahl- und Vergabeverfahren konnte im Dezember 2019 das Institut für Sozialplanung und Organisationsentwicklung (IN/S/O eG) für die Organisationsuntersuchung im ASD gewonnen und beauftragt werden. Dieses Institut hat bereits über 70 ASD im Bundesgebiet begleitet. Es nahm im März 2020 seine Begleitung in Kiel auf.

 

 

  1. Ziele des Prozesses

 

Eine Organisationsuntersuchung und ihre (Weiter-)Entwicklung stellt, zumal parallel zum regulären Tagesgeschäft durchgeführt, einen enormen Arbeitsaufwand für alle Mitarbeitenden und Leitungskräfte dar. Getragen wurde dieser Mehraufwand von der hohen Motivation der Mitarbeiterschaft und dem Fokus auf die Ziele, die für diesen Prozess handlungsleitend waren:

 

  • Die Aufgaben des ASD im Jugendamt sind überprüft und die Leistungsstandards bei der Aufgabenerfüllung definiert.

 

  • Die Aufbaustruktur der Abteilung, einschließlich der Leitungsspannen, sind überprüft und erforderliche Anpassungen für eine fachlich fundierte und effiziente Aufgabenerfüllung definiert.

 

  • Die zur Erbringung der definierten Qualitätsstandards erforderliche Personalausstattung ist bemessen.

 

  • Es sind Grundlagen für eine eigenständige Fortschreibung der Personalbemessung entwickelt, so dass zukünftige Veränderungen der Aufgaben mit adäquatem Personalbestand sichergestellt werden.

 

 

  1. Prozess der Organisationsentwicklung

 

Die Organisationsuntersuchung startete mit einer Auftakt- und Informationsveranstaltung für alle Mitarbeitenden der Abteilung. Um darüber hinaus eine breit angelegte Beteiligung sicher zu stellen und „Baustellen“ wie „Veränderungsbedarfe“ umfassend zu identifizieren, führte der Projektleiter ausführliche Interviews mit den hrungskräften (inklusive der Dezernentin) und startete eine Online-Befragung aller Mitarbeitenden.

Im weiteren Verlauf erarbeiteten mehrere Projektgruppen aus Leitungskräften und Mitarbeitenden ein Qualitätshandbuch, das in 12 Kernprozessen und 60 Teilprozessen die Arbeitsprozesse des ASD beschreibt und ihre fachlich wie rechtlich gebotenen Standards definiert (Anlage 1a und Anlage 1b).

 

Die Arbeitsergebnisse der Projektgruppen wurden fortlaufend mit der projektleitenden Steuerungsgruppe, bestehend aus Amts- und Abteilungsleitung, Personal- und Organisationsamt und Personalrat, rückgekoppelt. Wesentliche Veränderungen wurden auch unter Einbeziehung der Dezernentin dort beraten und in die Projektgruppen zurückgespielt. Regelmäßige, mehrtägigehrungskräfteworkshops rahmten den gesamten Arbeitsprozess.

Sofern Anpassungen der Abläufe im ASD zukünftig Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit anderen Arbeitsgruppen (wirtschaftliche Jugendhilfe, Eingliederungshilfe etc.) haben, wurden Schnittstellengespräche geführt.

 

  1. Personalbemessung

 

r die Berechnung der Personalbemessung erfolgte eine umfassende Datenauswertung der Jugendamtssoftware. Die Zeitbedarfe der jeweiligen Arbeitsprozesse wurden mit der Anzahl ihrer Inanspruchnahme in 2019 multipliziert.

 

Die Standardisierung der Arbeitsprozesse im Qualitätshandbuch inklusive ihrer Arbeitsabläufe werden zukünftig in die Jugendamtssoftware implementiert. Somit entsteht ein zukunftsfähiges Instrumentarium, das sogenannte „PEB-Tool“, mit dem der Personalbedarf regelmäßig überprüft und angepasst werden kann.

 

 

  1. Ergebnisse der Organisationsuntersuchung

 

In der Bewertung der Arbeit im ASD wurde deutlich, dass sich diese im Vergleich mit anderen untersuchten Kommunen fachlich auf einem guten Niveau befindet.

Auch der derzeitige Personalbestand auf der sachbearbeitenden Ebene des ASD ist nach Auswertung der geleisteten Arbeitsprozesse 2019 mit dem vorhandenen Personal stadtweit auskömmlich, sofern die Aufgaben in der Jugendhilfe im Strafverfahren (JuhiS) für Minderjährige wie geplant in die Arbeitsgruppe JuhiS für Heranwachsende verlagert werden (siehe unten).

Die Personalverteilung zwischen den Sozialzentren wird geringfügig im Rahmen der Personalfluktuation angepasst werden - unter Beachtung der weiteren Entwicklung bei der Inanspruchnahme.

 

Ein deutlicher Personalmehrbedarf wurde auf der unteren Leitungsebene identifiziert. Sowohl das Sozialzentrum in Gaarden mit seiner belasteten Bevölkerungsstruktur und der hohen Dichte an Hilfen zur Erziehung als auch das Sozialzentrum Süd mit seinem inhomogenen großen Einzugsgebiet erfordern eine Personalstärke, die von einer Leitungskraft nicht mehr verantwortlich zu führen ist. Die Fürsorge- und Aufsichtspflichten gegenüber den Fachkräften und die Sicherstellung der Qualitätsstandards in dem herausfordernden Aufgabengebiet des Kinderschutzes erfordern nach Feststellung des Gutachters einen höheren Leitungsschlüssel.

 

Bislang waren Stellvertretungen der Leitungskräfte ausschließlich Abwesenheitsvertretungen und mit 0,25 Stellenanteilen von der Fallarbeit freigestellt.

Zukünftig werden die Sozialzentren mit einer Zentrumsleitung und einer ständigen Stellvertretung, die mit 0,5 Stellenanteilen von der Fallarbeit freigestellt ist, geführt. Dies ist erforderlich, weil Fachkräfte, die täglich mit äerst belasteten Familien arbeiten, Krisenintervention im Kinderschutz betreiben und unmittelbar weitreichende, in die Lebenswelt der Menschen tief eingreifende Entscheidungen treffen müssen, die zu jedem Zeitpunkt einen reflektorischen Austausch benötigen. Nur durch die Fallreflektion ist es möglich, alle Facetten einer Entscheidung und Handlung hinsichtlich ihrer Wirkung, Verhältnis- und Rechtmäßigkeit ausreichend professionell zu prüfen.

Durch die dauerhafte Übertragung höherwertiger Aufgaben mit mindestens der Hälfte der tariflichen Wochenarbeitszeit empfiehlt der Gutachter hinsichtlich der tariflichen Merkmale eine Eingruppierung nach S 15.

 

Durch das Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren sind die Aufgaben der Jugendhilfe im Strafverfahren ausgeweitet worden. Daraus erwächst ein Personalmehrbedarf, dem jedoch mit einer Bündelung der Aufgaben in einer spezialisierten Arbeitsgruppe effizient begegnet und auf 1,75 Planstellen beschränkt werden kann.

r die neue Facharbeitsgruppe „Jugendhilfe im Strafverfahren“ wird im Gutachten außerdem eine 0,5 Leitungsstelle mit der Eingruppierung S 15 empfohlen. Dennoch fällt der Personalkörper für diese spezialisierte Arbeitsgruppe geringer aus, als würde die Aufgabenwahrnehmung in den verschiedenen Sozialzentren verbleiben.

 

In einer spezialisierten Arbeitsgruppe kann zudem den besonderen rechtlichen Kenntnissen und fachlichen Anforderungen im Jugendstrafverfahren besser Rechnung getragen werden.

 

Das Gutachten zur Organisationsuntersuchung (Anlage 2) enthält insgesamt 21 Empfehlungen auf unterschiedlichen Ebenen für eine Weiterentwicklung des ASD. Die Mitglieder der Steuerungsgruppe fokussieren in einem ersten Schritt auf folgende Maßnahmen und streben eine Umsetzung in 2021 an.

 

Strukturelle Maßnahmen:

  • Aufhebung der unterschiedlichen Zuständigkeit für Jugendliche (14-18 Jahre) und Heranwachsende (18-21 Jahre) im Strafverfahren und Bündelung des Aufgabengebietes „Jugendhilfe im Strafverfahren“ in einer spezialisierten Arbeitsgruppe mit einer Leitungskraft
  • Teilung des fall- und personalzahlenstärksten Sozialzentrums Gaarden in zwei Arbeitsgruppen mit jeweils eigener Leitungskraft und Stellvertretung (zum 01.07.2020 erfolgt)
  • Teilung des Sozialzentrums Süd in zwei Sozialzentren mit eigenem Standort, jeweils eigener Leitungskraft und Stellvertretung und regionaler Zuständigkeit für die Stadtteile des Kieler Südens

 

Personalorganisatorische Maßnahmen:

  • Befristete Planstellen im ASD werden zum Stellenplan 2022 zur Entfristung beantragt. Sie werden laut Bewertung im Gutachten dauerhaft benötigt
  • Schaffung einer Leitungsstelle, die aufgrund der Teilung des Sozialzentrums Süd im Frühjahr 2021 erforderlich wird
  • Freistellung der insgesamt 8 stellvertretenden Zentrumsleitungen mit der Hälfte ihrer Wochenarbeitszeit für Leitungstätigkeiten sowie folglich
  • Schaffung von zwei zusätzlichen Planstellen als stellvertretende Zentrumsleitungen (bisherige Freistellung der acht Stellvertretungen mit 0,25 Stellenanteilen, zukünftige Freistellung vom acht Stellvertretungen mit 0,5 Stellenanteilen
  • Schaffung einer 0,5 Leitungsstelle für die Arbeitsgruppe Jugendhilfe im Strafverfahren
  • Schaffung von 1,75 Planstellen für die Jugendhilfe im Strafverfahren

 

Insgesamt bedeutet dies einen Stellenbedarf von 5,25 Planstellen. Für detaillierte Informationen, u.a. der Berechnungen, wird auf den beigefügten Bericht des organisationsuntersuchenden Instituts verwiesen (Anlage 2 Seite 12-15, 18, 20-21, 24).

 

Der entworfene Organisationsaufbau des ASD ist in Anlage 3 dargestellt.

 

 

  1. Umsetzungsschritte

 

  • Bereits zum 01.07.2020 konnte die Teilung des Sozialzentrums Gaarden realisiert werden. Das Sozialzentrum arbeitet seitdem mit zwei Leitungskräften und jeweils einer Stellvertretung in einer Liegenschaft.

 

  • Am 01. Dezember 2020 wurde allen Leitungs- und Fachkräften das Untersuchungsergebnis und die Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Instituts IN/S/O vorgestellt. Die Planung, dieses in einem persönlichen Treffen aller Mitarbeitenden und Prozessbeteiligten im Ratssaal stattfinden zu lassen, ließ sich aufgrund der Corona-Bestimmungen nicht umsetzen. Es gelang aber, eine Videokonferenz mit allen knapp 100 Beteiligten durchzuführen.

 

  • Der inhaltliche Austausch und die Diskussion wird Bestandteil der sogenannten „Prozessbegehungen“ sein, die gegenwärtig auch noch verschoben werden mussten. Es ist geplant, in der zweiten Februarhälfte sämtliche Arbeitsprozesse als Videoschulung in Kleingruppen durchzuarbeiten, damit alle 96 Fachkräfte – auch die nicht in Projektgruppen mitgewirkt haben – zukünftige Arbeitsweisen und Standards nachvollziehen, verstehen und umsetzen können.

 

  • Workshops mit Führungskräften sind für das erste Quartal 2021 terminiert, um die Leitungskräfte dabei zu begleiten, die Fachkräfte in gleicher Weise über die definierten Arbeitsprozesse zu führen.

 

  • Mit dem Personal- und Organisationsamt wird gegenwärtig die Umsetzung des Organisationsaufbaus vorbereitet. Dabei ist die Umsetzung der personalwirtschaftlichen Maßnahmen im Frühjahr 2021 (im Vorgriff auf den Stellenplan 2022) erforderlich, bevor die neuen, umfänglichen Anforderungen der eingeleiteten SGB VIII-Reform in Angriff genommen werden müssen. Das Personal- und Organisationsamt hat dem Vorgehen zugestimmt.

 

  • Für die Teilung des Sozialzentrums Süd konnte die Ausschreibung zur Besetzung der zweiten Leitungskraft mit dem Personal- und Organisationsamt schon auf den Weg gebracht werden. Die zweite Leitungsstelle wird im ersten Halbjahr 2021 besetzt sein.

 

  • Parallel wird das EDV-Fachverfahren „Jugendwesen“ dahingehend weiterentwickelt, dass sowohl die Mitarbeitenden ein schlüssiges und selbsterklärendes Arbeitsinstrument erhalten, als auch statistische und Controlling-relevante Daten umfassend erhoben werden können und die Personalbemessung zukünftig über die Anzahl der Arbeitsprozesse sicherzustellen sein wird.

 

  • Das Tool zur Personalbemessung wird fortgeschrieben und zukünftig regelmäßig eingesetzt. Somit kann sichergestellt werden, dass auch in Zukunft den übertragenen Aufgaben ein ausreichender Personalkörper gegenübersteht.

 

 

  1. Ausblick

 

Der Organisations- und Entwicklungsprozess im ASD wurde in enger Zusammenarbeit zwischen dem Dezernat, dem Jugendamt, dem Personal- und Organisationsamt, dem Personalrat und der Firma IN/S/O durchgeführt und fußt auf einer breiten Leitungs- wie Fachkräftebeteiligung.

 

Das Untersuchungsergebnis bescheinigt dem ASD des Jugendamtes einerseits ein gutes fachliches Niveau. Gleichzeitig gibt es wichtige Impulse für notwendige Weiterentwicklungen und Veränderungen, um zukunftsfähig aufgestellt und neue Herausforderungen gut bewältigen zu können (siehe oben).

 

Die Umsetzung der erarbeiteten Prozesse wird arbeitsintensiv und Zeitressourcen in Anspruch nehmen, die für andere Aufgaben dann in dieser Zeit weniger zur Verfügung stehen.

 

Dabei sind die Führungskräfte hochmotiviert, die Abteilung fachlich, organisatorisch und strukturell für die aktuellen und zukünftigen gesetzlichen Aufgaben des SGB VIII gut aufzustellen und ihre Fachkräfte auf diesem Weg mitzunehmen.

Die Leitungsspannen der Führungskräfte werden so angepasst sein, dass eine fachliche, reflektorische und professionelle Begleitung der fallzuständigen Fachkräfte sichergestellt ist und die psychosoziale Begleitung der Fachkräfte in ihrem herausfordernden Arbeitsfeld gewährleistet werden kann.

 

Die Fach- und Führungskräfte erhalten durch die Prozessbeschreibungen einen klaren Orientierungsrahmen, innerhalb dessen sie mit all ihrer sozialpädagogischen Expertise dennoch eigenverantwortlich mit den Kieler Eltern, Kindern und Jugendlichen arbeiten.

Durch die Umsetzung des Ergebnisses der Personalbemessung stehen ausreichende Zeitressourcen zur Verfügung, um gemeinsam mit den Familien ihre Motivation nach Veränderung, Eigenkräfte, Kompetenzen und Ziele herauszuarbeiten, an denen eine wirksame und nachhaltige Unterstützung ansetzen kann.

 

Neben vielen anderen Aufgaben kann nach der Umsetzung der Maßnahmen vor allem auch der Kinderschutz in Kiel von der dafür notwendigen Personalausstattung wahrgenommen werden.

 

 

 

 

Renate Treutel

rgermeisterin

 

 

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Anlagen

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