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Geschäftliche Mitteilung - 0185/2021
Grunddaten
- Betreff:
-
Möbel Höffner - weiteres Vorgehen nach Rodungsarbeiten
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Umweltschutzamt
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ratsversammlung
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Kenntnisnahme
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Feb 18, 2021
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Sachverhalt/Begründung
In der hiermit vorgelegten Geschäftlichen Mitteilung zum Bauvorhaben "Möbel Höffner" wird berichtet über
a) den aktuellen Sachstand bezüglich der festgestellten Umweltbeeinträchtigungen und
b) das aus Sicht der Verwaltung erforderliche weitere Vorgehen.
Auf Grund des großen Interesses in Selbstverwaltung und Bevölkerung wird diese Geschäftliche Mitteilung der Ratsversammlung tagesaktuell zur Kenntnis gegeben.
Kurze Zusammenfassung des vorausgegangenen Sachstandsberichts vom 04.02.2021
Zuletzt hatte die Verwaltung – anhand einer ausführlichen Präsentation – im Rahmen der Sitzung des Bauausschusses am 04.02.2021 über die bisherigen Ereignisse im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 988 und über das Handeln der Verwaltung berichtet. Die Präsentation ist in Allris hinterlegt. Insofern wird auf diese verwiesen.
- Die sogenannten "Maßnahmenflächen", die vor allem für eine artenschutzfachliche Aufwertung der noch vorhandenen Biotopstrukturen bestimmt sind und Kompensationszwecken dienen sollen, wurden Anfang November 2020 im Verlauf unsachgemäß durchgeführter Pflegemaßnahmen erheblich beeinträchtigt.
- Nach Entdeckung des Schadens wurde die Landeshauptstadt Kiel unverzüglich ordnungsbehördlich tätig. Sie erließ u.a. gegenüber dem Vorhabenträger eine naturschutzrechtliche Anordnung, deren Inhalte dazu beitragen sollen, das ursprüngliche Planungsziel – die Sicherung der ökologischen Funktion im Gebiet – doch noch zu erreichen.
- Da das Vorliegen von Straftaten nicht sicher ausgeschlossen werden kann, hat die Landeshauptstadt Kiel Strafanzeige gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen zum Hergang und zur Verantwortlichkeit aufgenommen. Das städtische Ordnungswidrigkeitenverfahren ruht daher derzeit.
- Eine im Januar 2021 abgeschlossene Kartierung der entstandenen Vegetationsschäden wird derzeit ausgewertet. Eine erste Grob-Bilanz liegt vor und wird Grundlage der weiteren Planungsschritte sein. Nach aktuellem Sachstand (17.02.2021) wurden beseitigt oder zerstört:
- 48 Bäume, davon 30 Obstbäume, 9 Laubbäume und 9 Nadelbäume
- 887 lfm Hecken (darin enthalten sind derzeit noch die Hecken, die bereits 2014 bei dem Abbau der Lauben beseitigt werden mussten. Die Differenz wird zz. anhand von Luftbildauswertungen ermittelt.)
- 6.500 m² Boden (verdichtet und Vegetationsdecke zerstört)
Die Auswertungen laufen noch, da für die Ermittlung von verloren gegangenen Strauchflächen und Mosaikstrukturen bzw. der Hecken Luftbildauswertungen erforderlich sind.
Neue Erkenntnisse und Entwicklungen seit dem 04.02.2021
- Zwischen der Landeshauptstadt Kiel und dem Vorhabenträger haben Gespräche über mögliche weitere Kompensationsmaßnahmen und -flächen im Plangebiet begonnen. Eine Konkretisierung der Inhalte steht noch aus.
- Neben öffentlicher Kritik an den Beschädigungen des für Ausgleichszwecke vorgesehenen Geländes sind aus der Anwohnerschaft vermehrt Beschwerden gegenüber der Verwaltung, der Selbstverwaltung und dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (LLUR) über die Geräuschbelastung sowie Erschütterungen von der Baustelle am Prüner Schlag erhoben worden.
Eine für solche Baustellen übliche Vorabinformation durch den Vorhabenträger an die Anwohner*innen hat anscheinend nicht stattgefunden.
Eine Rückmeldung aus dem als Überwachungsbehörde zuständigen LLUR bestätigt, dass die einzuhaltenden Immissionsrichtwerte deutlich überschritten werden und dem LLUR Vorschläge zur Realisierung effektiver Schallminderungsmaßnahmen anhand eines Lärmminderungskonzepts vorgelegt werden müssen.
Das zuständige LLUR hat kurzfristig veranlasst, dass die Betriebszeiten der Rammen auf werktags von 7:00 bis 17:00 Uhr mit Unterbrechungen von insgesamt 60 Minuten eingeschränkt werden und der parallele Betrieb einer zweiten Ramme ausgeschlossen wird. Weiterhin wird geprüft, ob für das zweite Gebäude ein alternatives lärmreduzierendes Verfahren für die Tiefgründung eingesetzt werden soll. Ergänzt wird diese Lärmminderungsmaßnahme durch die Installation einer Lärmschutzplane auf etwa 50 m Länge und einer Höhe von etwa 6 m. Weitere Informationen aus der Baubesprechung vom 17.02.2021 liegen noch nicht vor.
Bislang lagen weder dem LLUR noch der Landeshauptstadt Kiel ergänzende Informationen zu den lärmintensiven Bautätigkeiten und Bauzeiten vor. Deshalb konnten diese auch nicht an die Beschwerdeführer*innen kommuniziert werden.
Die Landeshauptstadt Kiel hat den Vorhabenträger am 12.02.2021 schriftlich aufgefordert, das durch das LLUR geforderte Lärmminderungskonzept zur Einhaltung der einschlägigen Immissionsrichtwerte sowie ein detailliertes Baustellenkonzept mit Angaben über Bauzeiten und lärmintensive Bautätigkeiten auch der Verwaltung zur Verfügung zu stellen. Auch eine Information der Anwohnerschaft (z.B. durch Postwurfsendungen) über den geplanten Verlauf der Baustellenarbeiten wurde eingefordert. Dem Vorhabenträger wurde überdies nahegelegt, einen wesentlichen Kritikpunkt aufzugreifen und lärmintensive Bauarbeiten künftig nicht mehr an Samstagen auszuführen. Hierauf ist der Vorhabenträger bislang nicht eingegangen.
- Über weitere tagesaktuelle Entwicklungen wird ggf. mündlich berichtet.
Weiteres Vorgehen
- Ordnungsbehördliche Schritte der Landeshauptstadt Kiel zur Feststellung und Kompensation des Schadens sind veranlasst (siehe unten im Detail); entsprechende Auflagen etc. müssen jetzt durch den Vorhabenträger erfüllt werden. Die untere Naturschutzbehörde und das Stadtplanungsamt stehen in engem Austausch mit den beauftragten Planungsbüros bzw. der ökologischen Baubegleitung.
- Die Staatsanwaltschaft ermittelt hinsichtlich eines Anfangsverdachts auf strafbare Handlungen. Das städtische Ordnungswidrigkeitenverfahren ruht, bis die Staatsanwaltschaft über weitere Schritte entschieden hat. Die Landeshauptstadt Kiel unterstützt die Staatsanwaltschaft.
- Die Nachkartierung der Flächen ist erfolgt. Eine erste Grob-Bilanzierung des Schadens liegt vor. Die abgeschlossene Bilanzierung wird Grundlage der weiteren Fachplanung sein.
Die Aktualisierung des vorliegenden Pflege- und Entwicklungsplans (PEP) für die Maßnahmenflächen ist erforderlich, unter Beibehaltung des Planungsziels „Erhaltung der der ökologischen Funktion der Flächen“.
Der Gestaltungs- und Pflanzplan, der die Vorgaben des PEP konkretisiert, muss ebenfalls sehr differenziert überarbeitet werden. Neben den Nachpflanzungen, die zur ökologischen Aufwertung bereits vorgesehen waren (z.B. Obstbäume), muss nun zusätzlich der Verlust der gerodeten Vegetation kompensiert werden (weitere Ersatzbäume und Strukturen (Gebüsche, Hochstaudenbereiche usw.)). Die Bilanzierung und die beiden überarbeiteten Planwerke müssen durch die Landeshauptstadt Kiel abgenommen werden (Stadtplanungsamt und untere Naturschutzbehörde). In diesem Zusammenhang ist auch über zusätzliche Kompensationsmaßnahmen – vorzugsweise im Nahbereich des Plangebiets – zu entscheiden.
- Auch im Plangebiet selbst ist es grundsätzlich denkbar, dass Randflächen des Sondergebiets „Einzelhandel Möbel“ den Maßnahmenflächen zugeschlagen und für Aufwertungen verwendet werden. Konkretisierende Gespräche mit dem Vorhabenträger hierüber soll es in Kürze geben.
- Im Rahmen der ökologischen Baubegleitung erfolgt mindestens einmal wöchentlich eine Begehung, bei Bedarf aufgrund von Bauaktivität auch häufiger. Eine Teilnahme städtischer Ämter an den Begehungen und unverzügliche Unterrichtung der Verwaltung bei Handlungsbedarf ist sichergestellt. Alle Termine werden protokolliert.
- Absehbare Maßnahmen im Gelände:
- Schonende Entfernung der Brombeeren noch vor Ende der Schutzfrist (Ende Februar 2021), zum Teil in Handarbeit.
- Die Knicklücke am Hasseldieksdammer Weg wird bis Ende Februar 2021 geschlossen und bepflanzt.
- Es ist davon auszugehen, dass Pflanzarbeiten gemäß den Vorgaben des Gestaltungs- und Pflanzplans auf den Maßnahmenflächen erst ab Herbst 2021 erfolgen können. Ein Zeitplan ist im Zuge der PEP-Aktualisierung zu entwickeln.
- Abzäunung des Wander-/Pflegeweges (mittels z.B. Stabgitterzaun) zu den Maßnahmenflächen. Zäune werden eingegrünt (Schnitthecken). Abzäunung der Maßnahmenflächen ebenfalls zur Sonderbaufläche und an den Außengrenzen.
- Es ist zu prüfen, ob bereits im Sommer der Wegebau, die Aufstellung der Zäune und die Herstellung der Gewässer beginnen können, da die Maßnahmenflächen ansonsten bis zum Herbst 2021 „brachliegen“, so dass ggf. erneut eine ungünstige Sukzession einsetzt.
- Es wird derzeit erwogen, den noch herzustellenden Wander-/Pflegeweg auf die nun vorhandene Fahrspur in Fläche A2 (siehe Pflege- und Entwicklungsplan in der Gläsernen Akte) zu legen, um weitere Beeinträchtigungen in der Maßnahmenfläche zu vermeiden.
- Die Option einer vorübergehenden Einsaat von Blühflächen (Schwerpunkt: Bienen- und insektenfreundliches Saatgut mit ein- und zweijährigen Arten) wird ebenfalls geprüft.
- Hochbau im Bereich Maßnahmenflächen:
Die bevorstehende Baumaßnahme "Pylon" auf der Maßnahmenfläche A1 wird mit den ökologischen Aufwertungsarbeiten auf dieser Fläche abgestimmt. Der Standort für den Pylon ist bereits im Bebauungsplan festgesetzt (s. B-Plan in der Gläsernen Akte), eine Baugenehmigung muss noch erteilt werden. Für die Baumaßnahme (Montage) werden Stellflächen benötigt, für die Teile der Maßnahmenflächen temporär in Anspruch genommen werden müssen. Um diesen Eingriff möglichst zu minimieren, werden aktuell Gespräche geführt und es sind Auflagen in der Baugenehmigung vorzusehen.
- Öffentlichkeitsarbeit:
Alle im Gelände auffälligen Maßnahmen sollen umfassend öffentlich kommuniziert werden (Pressemitteilungen jeweils mit Erläuterung zum Zweck der Arbeiten).
Die Gläserne Akte wird fortlaufend aktualisiert.
Doris Grondke
Stadträtin für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt