Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 0447/2021
Grunddaten
- Betreff:
-
Neubau Holsteinstadion – Sachstand zum Verfahren außerhalb des Bauleitplanverfahrens
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Dezernat IV
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Ratsversammlung
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Kenntnisnahme
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May 20, 2021
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Sachverhalt/Begründung
- 1 -
Einführung:
Mit Aufstieg der KSV Holstein in die 2. Liga vereinbarten das Land Schleswig-Holstein, die Stadt und der Verein, das Stadion in ein zeitgemäßes und den Anforderungen der DFL entsprechendes Stadion umzubauen. Hierzu machten Land und Stadt Förderzusagen in Höhe von zusammen 30 Millionen Euro. Die Ratsversammlung stellte eine Förderung von 11,7 Millionen Euro in Aussicht (Drs. 0660/2017 und Drs. 0480/2018). Seitdem sind das Land, die Stadt und der Verein parallel zum Bauleitplanverfahren im Gespräch, um den Bau mit den zugesagten Zuwendungen vergabe- und beihilferechtlich beanstandungsfrei verwirklichen zu können. Die wesentlichen Eckpunkte des Verfahrens konnten geklärt werden. Hierüber wird in dieser Geschäftlichen Mitteilung informiert. In die kommende Ratsversammlung wird eine Vorlage eingebracht, mit der das erforderliche Vergabeverfahren beschlossen wird.
Sachverhalt:
Mit dem Aufstieg der Profimannschaft von Holstein-Kiel am 13. Mai 2017 in die Zweite Fußball-Bundesliga und der anschließenden Erneuerung der Osttribüne wurde bereits ein Abschnitt des Stadions an die Anforderungen für einen Spielbetrieb in der Bundesliga angepasst.
Seit diesem Zeitpunkt gibt es Bemühungen, die Sportstätte weiter zu einem zeitgemäßen und den Statuten der Liga entsprechenden Stadion auszubauen. Zudem sollte ein Umbau auch zur Größenordnung der Stadt und dem zu erwartenden Publikumsaufkommen passen. Die Ratsversammlung hat im Jahr 2017 (Drs. 0660/2017) und im Jahr 2018 (Drs. 0480/2018) mit ihren Beschlüssen bereits die Grundlage für die Weiterentwicklung dieser Pläne gelegt, die nun in den kommenden Wochen durch ein Ausschreibungsverfahren weiter vorangetrieben werden sollen.
Für ein mögliches Bauvorhaben dieser Größenordnung müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen, die sich aus einem Bauleitplanverfahren, dem EU-Beihilferecht oder dem Vergaberecht ergeben, eingehalten werden. Es ist vorgesehen, das Stadiongelände langfristig per Erbbaurechtsvertrag zu vergeben und einen späteren Umbau durch Land und Stadt zu fördern. Hierfür ist ein Vergabeverfahren für den Sommer 2021 in Vorbereitung.
Die Stadt ist Eigentümerin des Holstein-Stadions, dessen Hauptnutzer, die Kieler Sportvereinigung von 1900 e.V. (nachfolgend „Holstein Kiel“ oder „der Verein“) ist. Zwischen beiden besteht ein Nutzungsvertrag über das Gelände und insbesondere über das vorhandene Stadion. Der Betrieb des Stadions, die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs und die Erfüllung von Vorgaben für diesen ist bereits jetzt Aufgabe des Vereins. Dieser nimmt die Aufgabe selbst wahr bzw. wird dabei von Partnern aus der Kieler Wirtschaft unterstützt, die auf verschiedenen Wegen mittelbar mit dem Verein verbunden sind.
In den vergangenen Jahren wurden durch den Verein bzw. durch mit dem Verein verbundene Partner umfangreiche Investitionen in das Stadion getätigt. Dabei wurden beispielsweise die Ertüchtigung der Osttribüne, der Umbau der Umkleidekabinen, der Medien- und Presseraum, die TV-Übertragungsplätze auf der Haupttribüne, die Neuerstellung des Zugangs für Gäste und Fans realisiert. Die Maßnahmen wurden überwiegend privat finanziert. Die Stadt hatte zudem brandschutz- und sicherheitsrelevante Maßnahmen durchgeführt, für die sie als Eigentümerin zuständig war.
Das Stadion ist aus Sicht des Hauptnutzers und der Stadt weiter sanierungsbedürftig, allerdings besteht – jedenfalls derzeit noch – eine Sondergenehmigung entsprechend den Vorgaben der DFL, des DFB und des Norddeutschen Fußball-Verbandes für einen Spielbetrieb in der 2. Bundesliga. Da das Stadion nicht über genügend überdachte Sitzplätze verfügt, wird derzeit die Austragung der Spiele nur über eine Sondernutzung genehmigt. Seit Mitte des Jahres 2018 wird das Ziel verfolgt, das Stadiongrundstück langfristig einem Dritten zu überlassen und gemeinsam mit dem Land Schleswig-Holstein bis zu 30 Mio. Euro Fördermittel für eine umfassende Sanierung bereitzustellen. Die Ratsversammlung hat in der Drs. 0660/2017 (1,7 Mio €) sowie die Drs. 0480/2018 (10 Mio. €) einem Förderbetrag in Höhe von bis zu 11,7 Mio. Euro für die Sanierung zugestimmt. Bis zu 18,3 Mio. Euro werden über das Land erbracht, wobei auch für diesen Anteil die Stadt die Fördermittel an einen späteren Investor weiterleiten würde.
Hintergrund dieser Förderung ist, dass derzeit nicht davon auszugehen ist, dass ein Stadionumbau für den Zeitraum einer Förderperiode von 30 Jahren wirtschaftlich betrieben werden kann, sodass eine Förderung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitslücke nach EU-Recht unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht kommt.
Es ist daher angedacht, das Grundstück inkl. Stadion per Erbbaurechtsvertrag, verbunden mit der Verpflichtung zur Umsetzung eines Konzeptes für die Nutzung und die bauliche Ertüchtigung des Stadions an einen potentiellen Bieter für einen langfristigen Zeitraum zu überlassen. Der Abschluss eines solchen Erbbraurechtsvertrages ist nach den Vorgaben des Vergaberechts auszuschreiben. Für die ersten Jahre wird ein beiderseitiges Rücktrittsrecht inkludiert, falls ein Umbau nicht zu realisieren ist oder Fördermittel nicht in Höhe der Wirtschaftlichkeitslücke bereitstehen. Die Wirtschaftlichkeitslücke muss dabei nachvollziehbar und überprüfbar für den Zeitraum der Förderung dargestellt sein. Zudem wird für den Erbbauberechtigen ein marktüblicher Erbbauzins fällig. Eine Förderung kann nach EU-Recht nur für den Bereich der Sportinfrastruktur gewährt werden und darf u. a. die Gesamtsumme von 30 Mio. Euro nicht übersteigen.
Zusätzlich wird geregelt sein, dass der bisherige Hauptnutzer auch weiterhin der Hauptnutzer sein wird. Der Verein wird für die Nutzung eine marktübliche Miete an einen Investor oder eine spätere Betreibergesellschaft zu entrichten haben. 20% der allgemeinen Nutzungszeiten müssen zudem anderen Nutzungsgruppen zugänglich gemacht werden, die ebenfalls ein marktübliches Nutzungsentgelt zu entrichten haben. Der Zugang zur Nutzung des Geländes und des Stadions ist diskriminierungsfrei zu gewährleisten.
Eine spätere Betreibergesellschaft wird für die Laufzeit des Erbbaurechtsvertrags für alle Pflichten und Aufwendungen verantwortlich sein und das Stadion in einem verkehrssicheren, an den Spielbetrieb angepassten Zustand halten und modernisieren, sodass die Auflagen, die derzeit beispielsweise von der DFL, dem DFB oder dem norddeutschen Fußball-Verband gefordert werden, eingehalten werden. Für bestimmte Maßnahmen (Nutzerwechsel, Namensänderung etc.) werden Zustimmungsvorbehalte der Landeshauptstadt vorgesehen.
Im Zuge der Ausschreibung müssen auch die Verträge zum Nachwuchsleistungszentrum Projensdorf zwischen dem Verein und der Stadt neu geregelt werden, da die bisherigen Verträge teilweise mit der Stadionnutzung verbunden sind.
Das Bauleitplanverfahren soll ein zukünftiges Stadion mit einem Fassungsvermögen von bis zu 25.000 Besucher*innen sowie ein Parkhaus vorsehen und weitere Parameter definieren, die generell bei Baumaßnahmen in der Landeshauptstadt gelten. Ziel ist es u. a. auch, den zukünftigen Verkehr für die An- und Abreise sowohl per ÖPNV, Fahrrad, zu Fuß oder per PKW zu verbessern. Im Zuge dessen soll das Stadiongelände mit einer weiteren Zufahrtstraße als Abzweig von der Projensdorfer Straße erschlossen werden. Mit dem Bebauungsplan ist der Rahmen für das Projekt gesteckt, die tatsächliche Ausgestaltung, z.B. auch das endgültige Fassungsvermögen wird aber von dem Angebot der Anbieter*innen, die an der Ausschreibung teilnehmen, abhängig sein.
Für die Einhaltung des ambitionierten Zeitplans ist es wichtig, dass mit einer Beschlussvorlage zur Ratsversammlung am 10. Juni 2021 der Weg für den Start der Ausschreibung im Anschluss an die Ratsversammlung bis Ende Juni 2021 geebnet wird. Mit Beginn der Ausschreibung ist eine Frist von 30 Tagen für einen Teilnahmewettbewerb vorgesehen. Hieran schließt voraussichtlich noch im Laufe des August eine Angebotsphase von mindestens 30 Tagen an. Nach Prüfung der Angebote könnte voraussichtlich ab Mitte Oktober über diese verhandelt werden. Je nach dem Verlauf dieser Verhandlungen schließt sich dann an diese noch einmal eine finale Angebotsphase an.
Unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten sollte ein Zuschlag, unter Beteiligung der Ratsversammlung, noch im Jahr 2021, spätestens Anfang des Jahres 2022 vorgenommen werden können.
Sowohl die Beschlussvorlage als auch die Ausschreibung werden wichtige Inhaltspunkte des Erbbaurechtsvertrages enthalten. Hierzu gehören u.a. die Laufzeit , die Rechte und Pflichten für den Erbbauberechtigten inkl. Versicherungspflicht und Übernahme der Betriebskosten sowie die mit dem Grundstück verbundenen öffentlichen und privatrechtlichen Lasten und Abgaben, Nutzung- und Werberechte der Landeshauptstadt, Rückfalloptionen, Vorkaufsrecht für die Stadt, die Regelungen für den Heimfall bei Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtungen wie z.B. Bau- und Betriebsverpflichtung sowie die allgemeinen grundsätzlichen Bestandteile eines Erbbaurechtsvertrages wie bei anderen Gewerbeimmobilien der Stadt. Der marktübliche Erbbauzins wird voraussichtlich über das Vergabeverfahren bestimmt werden als ein Bestandteil des Angebots der Anbieter*innen.
Für das Projekt Ausbau des Holstein-Stadions wird die Stadt von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH bei der rechtlichen Bewertung u. a. im Bereich vom Beihilfe- und Vergaberecht federführend unterstützt. Die Kanzlei äußert sich u.a. zu den Bereichen Vergaberecht, Förderung durch Land und Stadt sowie zum Beihilferecht wie folgt:
1. Auch wenn Erbbaurechtsverträge nicht grundsätzlich auszuschreiben sind, ist im vorliegenden Fall angesichts der angedachten Verpflichtungen des künftigen Betreibers im Hinblick auf bauliche Maßnahmen und den Betrieb des Stadions das Vergaberecht einschlägig, weshalb eine europaweite Ausschreibung erfolgen sollte. Ein Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb gibt die Möglichkeit, Angebote so zu verhandeln, dass ein für die Erfordernisse des Projektes geeignetes und umsetzbares Angebot erreicht werden kann.
2. Die Ausschreibung dient auch dazu, die Anforderungen, die sich aus der vermutlich erforderlichen Bereitstellung von Fördermitteln und den hierzu erforderlichen Vorgaben im Erbbaurechtsvertrag mit verankern zu können und in der Ausschreibung potentiellen Interessenten zur Kenntnis zu geben.
Eine direkte Zuwendung der in Aussicht gestellten Mittel des Landes an eine mögliche Betreibergesellschaft soll nach aktuellem Stand nicht erfolgen, vielmehr wird in einem Zuwendungsbescheid des Landes eine Weiterleitung an Dritte vorgesehen werden. Die genauen Voraussetzungen für die Weiterleitung würden im Bescheid an die Stadt festgelegt. Antragstellerin wäre jedoch die Stadt, auch wenn sie nicht Vorhabenträgerin der Maßnahme sein wird.
Damit würden voraussichtlich zwei Fördermittelbescheide ergehen.
Die Stadt hat bei der Gewährung von Zuwendungen die „Richtlinie über die finanzielle Förderung außerhalb der Stadtverwaltung stehender Stellen“ zu beachten. Im Rahmen der Fördermittelausreichung sind die entsprechenden Auflagen, eine Rückforderung bei Verstößen sowie die Verpflichtung, die Verwendung nachzuweisen, zu regeln. Im Hinblick auf die Dauer der Zweckbindung wird davon ausgegangen, dass diese 30 Jahre beträgt.
3. Entsprechende staatliche Fördermittel stellen staatliche Beihilfen im Sinne des EU-Rechts dar. Einer Genehmigung durch die EU-Kommission bedarf sie jedoch nicht, wenn sie die Voraussetzungen des Art. 55 AGVO, in dem die Förderung von Sportinfrastrukturen (z. B. Stadien) geregelt ist, erfüllt.
Folgende Voraussetzungen sind insbesondere einzuhalten:
- Die geförderten Investitionen dürfen nur in die Sportinfrastruktur fließen.
- Eine Wettbewerbsverzerrung muss minimiert werden, insbesondere muss für 20% der Nutzungszeit das Stadion anderen Nutzern als dem Hauptnutzer zur Verfügung stehen.
- Die Förderung darf nur die durch einen Businessplan nachgewiesene Wirtschaftlichkeitslücke decken und darf insgesamt 30 Mio. Euro nicht übersteigen, wobei sämtliche Leistungen für das Vorhaben zu berücksichtigen sind.
Es gilt nun, die Zukunft für den Ausbau und Erhalt einer Sportstätte wie dem Holstein-Stadion für die Landeshauptstadt zu erhalten bzw. in eine moderne und zukunftsorientierte Betriebsform zu überführen.
Gerwin Stöcken
Stadtrat