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Antrag der Verwaltung - 0848/2021
Grunddaten
- Betreff:
-
Einwerbung von Fördermitteln für die Einführung eines hochwertigen ÖPNV-Systems auf eigener Trasse
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Antrag der Verwaltung
- Federführend:
- Der Oberbürgermeister
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Wirtschaftsausschuss
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Entscheidung
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Sep 29, 2021
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Erledigt
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Bauausschuss
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Entscheidung
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Sep 30, 2021
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Oct 28, 2021
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Antrag
Antrag:
Die Ratsversammlung möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt alle vorbereitenden Schritte zur Fördermittelanmeldung für die Einführung eines hochwertigen ÖPNV-Systems einzuleiten: Dafür soll die Verwaltung für ein mögliches Tram-System über das Land Schleswig-Holstein beim Bund den Förderungsbedarf nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) anmelden sowie die Ko-Finanzierung durch das Land Schleswig-Holstein einwerben und der Oberbürgermeister soll sich dafür einsetzen, dass für ein mögliches BRT-System durch das Land Schleswig-Holstein eine vergleichbare Fördermöglichkeit eingerichtet wird.
Sachverhalt/Begründung
Begründung:
Die Landeshauptstadt Kiel hat den Prozess zur Einführung eines neuen, zukunftssicheren ÖPNV-Systems eingeleitet. Auf Basis einer Grundlagenstudie wurde die Teilfortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans durch die Ratsversammlung beschlossen und die Ausschreibung der Trassenstudie mit begleitenden Untersuchungen eingeleitet. Mit der Trassenstudie sollen die Grundlagen geschaffen werden, um eine fachliche Entscheidung zur Einführung eines Tram- oder Bus-Rapid-Transit-Systems (BRT) zu erhalten. Die Unterlagen, die im Rahmen der Trassenstudie bis Ende 2022 erarbeitet werden, enthalten im wesentlichen Planungsgrundlagen, eine Kernnetzfindung, Infrastrukturpläne, eine Kostenschätzung, ein Betriebsmodell und ein Konzept für ein ergänzendes Busnetz sowie des Weiteren eine größere Anzahl an ergänzenden und begleitenden Ausarbeitungen (z.B. Erweiterbarkeit des Systems, Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern, städtebauliche Integration, etc.). Auch Anteile der Vorplanung sind in der Trassenstudie bereits umfasst. Leistungsbestandteil des Auftrags ist es ebenfalls, alle fachlichen Entscheidungsgrundlagen zur Festlegung des Netzes und des ÖPNV-Systems zu erarbeiten.
Neben der Netzplanung umfasst die Trassenstudie u.a. auch die Erarbeitung eines Finanzierungskonzeptes sowie eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die einen Nutzen-Kosten-Faktor ermittelt. Ein positiver Nutzen-Kosten-Faktor, der nach dem Verfahren der Standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen über dem Wert von 1 liegt, ist Voraussetzung für eine Förderung des Bundes sowie vom Land Schleswig-Holstein. Das Land Schleswig-Holstein fördert bereits die aktuell in Erarbeitung befindliche Trassenstudie und die anschließende Vorplanung mit 50 Prozent der Kosten bis Ende 2024. Danach folgen die weiteren Detailplanungen (Entwurfs- und Genehmigungsplanung).
Für die Maßnahmenumsetzung ist die Finanzierung eine zentrale Herausforderung, so dass eine fortlaufende Förderung erforderlich wird. Für die späteren Planungsphasen, den Bau der ortsfesten Verkehrsinfrastruktur, den Betriebshof und die Fahrzeugbeschaffung ist daher die Nutzung bestehender Förderprogramme oder die Aufstellung entsprechender Fördermöglichkeiten erforderlich.
Planungs- und Baukosten der Verkehrsinfrastruktur:
Der Bund fördert Verkehrswegeinvestitionen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) - dem Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden. Mit der Novellierung des GVFG wurde die Förderung für Neu- oder Ausbauvorhaben im ÖPNV stark ausgeweitet. Das GVFG-Bundesprogramm zur Förderung kommunaler ÖPNV-Vorhaben wurde dahingehend überarbeitet, dass das jährliche Bundesbudget seit dem Jahr 2021 von ca. 332 Mio. Euro auf eine Milliarde erhöht wurde und bis 2025 auf jährlich 2 Milliarden Euro angepasst wird. Ab 2026 soll das Förderbudget dann jährlich um 1,8 Prozent erhöht werden. Neben der Budgeterhöhung der Fördermittel des Bundes ist für kommunale Neu- oder Ausbauvorhaben im ÖPNV seit der Novellierung auch eine erhöhte Förderquote für die Kommunen möglich. Die Förderquote für die Infrastrukturkosten wurde von 60 auf 75 Prozent angehoben. Vorrausetzung ist der positive Nutzen-Kosten-Faktor nach der Standardisierten Bewertung des Bundes. Mit einem ergänzenden Förderanteil des jeweiligen Bundeslandes ist für Kommunen eine Förderquote von 90 Prozent für die förderfähigen Infrastrukturkosten möglich. Die verbindliche Aussicht auf die Förderung in Höhe von 15 Prozent durch das Land Schleswig-Holstein wird hierzu erforderlich. Zudem sind durch die Novellierung die späteren Planungskosten zuwendungsfähig geworden, die pauschal in Höhe von 10 Prozent der zuwendungsfähigen Gesamtkosten gefördert werden können.
Mit der Novellierung wurde die Förderung allerdings ausschließlich auf Tram-Systeme ausgerichtet und straßengebundene Systeme - wie ein Bus-Rapid-Transit System - von der Bundes-Förderung ausgenommen. Die Erfolgsaussichten, dass die gerade abgeschlossene Novellierung des GVFG erneut verhandelt wird, bewertet die Verwaltung als unwahrscheinlich. Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel hatte bereits im GVFG-Novellierungsverfahren beim Land Schleswig-Holstein dafür geworben, dass sich Schleswig-Holstein im Bundesrat für die Offenhaltung der Systemförderung einsetzt und so auch eine Förderfähigkeit für BRT-Systeme erreicht wird. Über den Bundesrat wurde im Gesetzgebungsverfahren in der Stellungnahme u.a. der „Bau und Ausbau von besonderen Fahrspuren für Omnibusse“ Drucksache 19/16404 (bundestag.de) gefordert. Durch die Bundesregierung ist diese Aufnahme allerdings nicht erfolgt, sodass der Bundestag die Novellierung ohne die Förderfähigkeit von BRT-Systemen beschlossen hat. Der Bundesrat hat den Vermittlungsausschuss nicht einberufen, sodass das Gesetz in Kraft getreten ist.
Aus diesem Grund werden andere Förderprogramme zu nutzen oder zu schaffen sein, die ebenfalls eine Realisierung eines BRT-Systems ermöglichen. Im Gegensatz zur GVFG-Förderung des Bundes kann das Land Schleswig-Holstein nach der Richtlinie über Zuwendungen aus Finanzhilfen für den kommunalen Straßenbau in Schleswig-Holstein auch eine Förderung für besondere Fahrspuren für Omnibusse gewähren. Hierzu wäre bei einer positiven Nutzen-Kosten-Bewertung eine vergleichbare Förderung des Landes Schleswig-Holstein in Bezug auf Budgetbereitstellung und Förderquote durch das Land erforderlich und verbindlich in Aussicht zu stellen.
Perspektivisch sollen auch weitere Förderprogramme zur städtebaulichen Integration und Aufwertung des öffentlichen Raums mit der Planung und Realisierung kombiniert werden.
Förderprogramm für Fahrzeuge und Betriebshöfe/Depot:
Sowohl bei einem Tram- als auch bei einem BRT-System kommen spezielle Fahrzeuge mit besonders großen Kapazitäten zum Einsatz. Für diese Systeme wird eine Fahrzeugförderung des Landes Schleswig-Holstein erforderlich, wie sie üblicherweise in anderen Bundesländern in Deutschland zur Verfügung steht. Dies betrifft ebenfalls die Errichtung von Depotstandorten bzw. Betriebshöfen. Ein neues ÖPNV-System wird einen oder mehrere neue Betriebshofstandorte erfordern. Weder das Bundes- noch das Landes-GVFG deckt diese Förderung ab. Für neue zukunftssichere ÖPNV-Systeme, die auf eigener Trasse geführt werden, ist auch in Schleswig-Holstein eine entsprechende Förderung erforderlich.
Weiteres Vorgehen:
Die Ratsversammlung wird fortlaufend über die Gespräche mit Bund und Land zu Fördermöglichkeiten unterrichtet. Eine gesonderte Geschäftliche Mitteilung über die Zwischenergebnisse der Trassenstudie sowie den Rück- und Ausblick der Öffentlichkeitsbeteiligung wird im November eingebracht.
Dr. Ulf Kämpfer
Oberbürgermeister