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Antrag der Verwaltung - 0894/2021
Grunddaten
- Betreff:
-
2. Nachtragssatzung zur Hauptsatzung der Landeshauptstadt Kiel
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Antrag der Verwaltung
- Federführend:
- Der Oberbürgermeister
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Hauptausschuss
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Vorberatung
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Oct 20, 2021
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Oct 28, 2021
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Antrag
Antrag:
- Die als Anlage beigefügte 2. Nachtragssatzung zur Hauptsatzung der Landeshauptstadt Kiel wird beschlossen.
- § 2 Buchstabe b Nr. 1 der Zuständigkeitsordnung der Landeshauptstadt Kiel vom
28. Juni 2016 erhält folgende Fassung:
Alle Vergaben von Lieferungen und Leistungen – einschließlich Bauleistungen – sowie alle Nachträge, für die der Oberbürgermeister nach § 10 (2) Nr. 10.1 bis 4 und Nr. 11 der Hauptsatzung nicht zuständig ist.
Sachverhalt/Begründung
Begründung:
Gemäß § 10 (2) der Hauptsatzung ist der Oberbürgermeister aktuell u.a. zuständig für
Nr. 10.1
alle Vergaben von Lieferungen und Leistungen - einschließlich Bauleistungen - bis zu einem Wert von 500.000 €, bei wiederkehrenden Leistungen bis zu einem Wert von 50.000 € monatlich,
Nr. 10.2
alle Nachtragsaufträge, soweit sie zusätzlich zur ursprünglich vereinbarten vertraglichen Leistung erforderlich wurden und wenn sie einzeln oder zusammen 20 % der ursprünglichen Vergabesumme und 500.000 €, bei wiederkehrenden Leistungen 50.000 € nicht überschreiten und
Nr. 11
die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen bis zu einem Wert von 100.000 €.
Demgegenüber entscheidet gemäß Zuständigkeitsordnung der Finanzausschuss u.a. über alle Vergaben von Lieferungen und Leistungen – einschließlich Bauleistungen – sowie alle Nachträge, für die der Oberbürgermeister nach der Hauptsatzung nicht zuständig ist.
Den so geregelten Zuständigkeiten entsprechend werden dem Finanzausschuss regelmäßig zu dessen Sitzungen Vergabeangelegenheiten zur Beschlussfassung vorgelegt.
In diesem Zusammenhang hält es die Verwaltung für zweckmäßig, die Selbstverwaltung in einem für gemeindeordnungsrechtlich zulässig gehaltenen Rahmen von bestimmten Vorgängen zu entlasten (s.u.) und so auch zu einer Verfahrensbeschleunigung beizutragen.
Dazu wird einleitend auf das „vergaberechtliche Korsett“ in der letzten Phase des Entscheidungsverlaufs einer Vergabeangelegenheit aufmerksam gemacht. Ohne damit der eigentlichen Vergabeentscheidung die kommunalpolitische Bedeutung absprechen zu wollen, lässt das Vergaberecht, eine bis dahin vergaberechtlich fehlerfreie Abwicklung vorausgesetzt (zu dem das jeweilige Fachamt und abhängig von der Vergabeart und/oder dem Auftragsvolumen jedoch insbesondere auch die Zentrale Vergabestelle im Rechtsamt und das Rechnungsprüfungsamt beitragen), nur bedingt Entscheidungsspielräume bzw. schließt etwa für den Fall einer rechtswidrigen Aufhebung eines Vergabeverfahrens Schadensersatzansprüche nicht aus[1].
Die oben genannten Wertgrenzen laut Hauptsatzung gehen zurück auf eine Festsetzung im Juli 2000 auf 1 Mio. DM und eine bei Einführung des Euro vorgenommene „Glättung“ auf 500 T €.
Seit 2000 haben sich jedoch die Preise im Bausektor deutlich erhöht. Bei Wohngebäuden beispielsweise beträgt der Kostenaufschlag im Zeitraum 2000 bis 2021 laut Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. (ARGE-SH) gut 80% (Summe der allgemeinen Baukosteninflation und der durch neue gesetzliche Vorgaben, z.B. ENEV, bewirkten Kostensteigerung). Für die Baukostentwicklung bei anderen Gebäudearten kann laut ARGE SH Ähnliches unterstellt werden. Aus diesem Grund und angesichts der in den vergangenen Jahren gesteigerten Bautätigkeit der Landeshauptstadt Kiel hat sich die Zahl der dem Finanzausschuss vorzulegenden Vergabeentscheidungen seit 2000 erhöht.
Und nachdem bereits das Vergaberecht - abhängig von der Vergabeart - die Dauer bis zum tatsächlichen Maßnahmenbeginn beeinflusst, verlängert eine Befassung des Finanzausschusses die Verfahrensdauer nochmals. Denn die Verfahrensabläufe werden insbesondere bei Bauvorhaben häufig von Terminen bestimmt, bis zu denen die Arbeiten begonnen oder durchgeführt werden müssen bzw. überhaupt nur durchgeführt werden können. Dies gilt zum Beispiel im Schulbau, wenn Baumaßnahmen in den Schulferien erfolgen sollen oder müssen, um den Schulbetrieb nicht zu beeinträchtigen, oder wenn Arbeiten vor Einbruch der Winterwitterung begonnen oder fertig gestellt werden müssen.
Angesichts der skizzierten Baukostenentwicklung, jedoch auch wegen des breiten Interesses (nach einem vergaberechtlich ordnungsgemäß durchgeführten Verfahren), möglichst zügig mit der eigentlichen Umsetzung beginnen zu können, wird es für sinnvoll erachtet, für den Baubereich das Verfahren durch eine Anpassung der Schwellenwerte gemäß Hauptsatzung zu beschleunigen.
Vorgeschlagen wird eine Verdoppelung der im § 10 (2) Nr. 10.1., 10.2 und Nr. 11 genannten Beträge. Ähnliche Schwellenwerte finden sich in einer Reihe anderer Städte, z.B. in Stuttgart und Norderstedt. Für die neuen Wertgrenzen werden in § 10 (2) die Nummern 10.3 und 10.4 eingefügt. Die Verwaltung geht davon aus, dass die vorgeschlagene Änderung die Anzahl der dem Finanzausschuss vorzulegenden Vergabeentscheidungen verringert.
Nachfolgend wird dies beispielhaft für die Sitzungen des Finanzausschusses im Zeitraum 11.02.2020 – 10.08.2021 dargestellt. Dazu wurde über das Ratsinformationssystem ausgezählt, wie viele Vergaben von Bauleistungen und Leistungen an Architekten und Ingenieure vom Tiefbauamt (einschließlich Stadtentwässerung) und der Immobilienwirtschaft dem Finanzausschuss jeweils tatsächlich insgesamt vorgelegt wurden (siehe Spalte 2) und wie viele dieser Vorgänge unter Berücksichtigung der jetzt vorgeschlagenen Änderungen nicht vorzulegen gewesen wären (siehe Spalte 3 „keine Vorlage“). Nicht erfasst wurden dabei Nachtragsaufträge oder Vertragsverlängerungen.
Finanzausschuss am | insgesamt tatsächlich vorgelegt | keine Vorlage bei einem Schwellenwert von 1 Mio. € |
11.02.2020 | 8 | 4 |
10.03.2020 | 5 | 2 |
12.05.2020 | 8 | 5 |
11.08.2020 | 4 | 3 |
08.09.2020 | 4 | 4 |
10.11.2020 | 11 | 6 |
09.03.2021 | 1 | ./. |
11.05.2021 | 3 | 2 |
08.06.2021 | 4 | 4 |
10.08.2021 | 8 | 3 |
Mit der gleichzeitig vorgeschlagenen Anhebung der Wertgrenzen für die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen erfolgt zudem eine Entlastung der Ratsversammlung, da solche Vorgänge dem Rat vorgelegt werden.
Es wird davon ausgegangen, dass die hier vorgeschlagenen Änderungen zur schnelleren Umsetzung von Vorhaben beitragen, also einen positiven Einfluss auf die investive Umsetzungsquote, die immer wieder auch im Fokus der Kommunalaufsicht steht, haben können.
Demgegenüber werden die Regelungen zu solchen Vergaben, die nicht Bauleistungen und nicht Architekten- und Ingenieurleistungen sind, für ausreichend erachtet.
Im Ergebnis erfolgt eine Neuordnung des Entscheidungsrahmens des Oberbürgermeisters, der zwischen Vergaben im Baubereich und anderen Lieferungen und Leistungen differenziert.
Gleichzeitig mit der Hauptsatzung soll die Zuständigkeitsordnung geändert werden, da diese, was die Zuständigkeiten des Finanzausschusses angeht, im § 2 Buchstabe b Nr. 1 bislang auf § 9 der Hauptsatzung verweist, die maßgeblichen Regelungen jedoch im § 10 zu finden sind.
Einen positiven Beschluss der Ratsversammlung vorausgesetzt, bedarf die Änderung der Hauptsatzung anschließend noch der Zustimmung des Ministeriums für Inneres, ländliche Räume, Integration und Gleichstellung.
Dr. Ulf Kämpfer
Oberbürgermeister
[1] siehe zum Beispiel Urteil des Bundesgerichtshofes vom 08.12.2020; XIII ZR 19/19
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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96,3 kB
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