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Geschäftliche Mitteilung - 0912/2021
Grunddaten
- Betreff:
-
Einsatz von heil-/pädagogischen Zusatzkräften in der Krippen- und Elementarbetreuung der KiTas in Gaarden
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksache freigegeben:
- 25.10.2021
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Jugendamt
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Jugendhilfeausschuss
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Kenntnisnahme
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Nov 3, 2021
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Sachverhalt/Begründung
Mit einer GM im Juni 2021 (Drs. 0497/2021) wurden der Sachstand sowie Erkenntnisse aus Gesprächen mit KiTa-Leitungen zum Einsatz der heil-/pädagogischen Zusatzkräfte in der Krippen- und Elementarbetreuung der KiTas in Gaarden mitgeteilt.
Der vorliegende Bericht liefert die mit der GM vom Juni 2021 angekündigten ersten Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts durch die Fachhochschule Kiel sowie in der Anlage eine Darstellung der Qualifizierungsmaßnahmen.
Das Ziel der Evaluation ist, Wirkungszusammenhänge in der Förderung gelungener Bildungsbiografien mittels heil-/pädagogischer Zusatzkräfte in den KiTas anhand der Analyse von qualitativen und quantitativen Daten herzustellen.
Weiterer Gegenstand der Evaluation ist der parallel laufende Einsatz von Klassenbegleitungen an Gaardener Grundschulen (Drs. 0300/2021), der ebenfalls ein Baustein zur Verbesserung von Bildungsbiografien ist.
Die Evaluation hat im Herbst 2020 begonnen. Im ersten Schritt wurde eine dreijährige Evaluationsphase entwickelt und vereinbart. Aufgrund der Pandemie und des in der Folge zähen Projektstarts wurde eine Verlängerung bis zum Sommer 2025 als sinnvoll erachtet. Die Finanzierung des Evaluationsprojektes erfolgt daher bis zum 31.07.2025.
Der Auftakt der Evaluation erfolgte mit den qualitativenn Befragungen. Es wurden Expert*inneninterviews mit den Fachberatungen aller beteiligten Träger und Mitarbeiter*innen des Jugendamtes sowie Interviews mit den KiTa-Leitungen durchgeführt. Ab September 2021 folgte dann eine Befragung der KiTa-Teams sowie der Zusatzfachkräfte selbst. Die Auswertung der Fragebögen liegt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor und wird Bestandteil eines nächsten Berichts sein.
Das methodische Vorgehen wird in der Anlage 2 skizziert.
Erkenntnisinteresse:
Im Rahmen der Evaluation wurde zunächst nach der Qualifikation der Fachkräfte gefragt. Festgestellt wurde, dass Heilpädagog*innen in Zeiten des Fachkräftemangels nur selten gefunden wurden. Überwiegend wurden Erzieher*innen mit Berufserfahrung und Zusatzqualifikationen, z.B. in den Bereichen Sprache oder Motopädie, eingesetzt.
Als wichtiges Merkmal für die Einstellung wurden neben der Fachlichkeit Eigeninitiative und selbständiges Arbeiten genannt. Mehrsprachigkeit und verschiedene kulturelle Hintergründe seitens der Mitarbeiter*innen helfen zudem dabei, Barrieren abzubauen und tragfähige Kontakte zu Eltern aufzubauen.
Im Folgenden werden die Auswertungen der qualitativen Interviews in Bezug auf die konzeptionellen Vorgaben und die Projektbausteine beschrieben.
Die konzeptionelle Grundidee des Projektes verfolgt
- die Förderung von Kindern mit besonderen Bedarfen, sowie sämtlicher Entwicklungsbereiche und -beeinträchtigungen, wie z.B. aufgrund von Armuts- und/oder Migrationserfahrungen. Die Förderung kann im 1:1 Kontakt, aber auch in einer Kleingruppe erfolgen.
- die Beratung der pädagogischen Teams und die Vermittlung von Fachwissen und Handlungshinweisen in der inklusiven Arbeit.
- die Arbeit mit den Eltern, um die in der KiTa erreichten Erfolge durch die Einbeziehung der Eltern besser sichern und verstetigen zu können.
Erste Erkenntnisse:
- Förderung von Kindern mit besonderen Bedarfen
Hier wurde berichtet, dass die Zusatzfachkräfte zur Förderung einzelner Kinder oder kleinerer Gruppen eingesetzt werden. Von der intensiveren Arbeit in Kleingruppen profitierten vor allem Kinder, die Schwierigkeiten haben, sich selbst zu regulieren. Durch den geschützten Rahmen könnten sie zur Ruhe kommen und eine Selbstwirksamkeit erleben, die sich für sie in großen Gruppenkontexten nicht ergäbe.
Der Besuch von Bildungseinrichtungen im Stadtteil sei ein Bestandteil der Arbeit; dazu gehörten die Stadtbücherei, das Werftparktheater oder der Blaupark. In den Interviews wurde geschildert, dass alltagsintegrierte Aufgaben und kleinere Projekte durchgeführt werden. Übergänge von der KiTa in die Schule werden begleitet. Alle Maßnahmen erfolgten zur Stärkung des Bildungs- und Teilhabeaspekts. Die Einbeziehung logopädischer oder heilpädagogischer Förderung in den KiTa-Alltag entlaste Eltern in der Organisation und Inanspruchnahme dieser Dienste durch Dritte. Im Rahmen der Tätigkeit der Zusatzfachkräfte würden auch Förderbedarfe erstmals, also vermutlich früher als sonst, festgestellt.
- Arbeit mit dem Team
Die Zusatzfachkräfte nehmen aktiv an Teambesprechungen teil. Berichtet wurde, dass die Distanz zum Team einen anderen Blick auf Kinder und auf Gruppendynamiken ermögliche. Die Zusatzfachkräfte nähmen eine Meta-Perspektive ein und wirkten als Impulsgeber*innen. Sie unterstützten die Teams durch alltagsintegriertes, exemplarisches Arbeiten. Außerdem könnten sie die Teams durch nachhaltige Bearbeitung von wiederkehrenden Themen und Belastungsmomenten entlasten.
- Arbeit mit den Eltern
In der Arbeit mit den Eltern würden die Zusatzfachkräfte bei der Entwicklung von Unterstützungsangeboten für Familien helfen. Sie könnten engmaschiger und niedrigschwelliger wirken. In Elterncafés und auf themenbezogenen Elternabenden fänden sie unmittelbaren Kontakt zu den Eltern.
Das mit dem Amt für Kinder- und Jugendeinrichtungen gemeinsam entwickelte Projektkonzept sieht vier essenzielle Bausteine für die Umsetzung eines inklusiven Konzepts: Armutssensibilisierung, Inklusion und Teilhabe, Gesundheitsförderung und vorurteilsbewusstes Handeln. Aufgrund der Bedeutung dieser Bausteine wurden Qualifizierungsmaßnahmen angeboten, an denen sowohl die Zusatzfachkräfte als auch die KiTa-Leitungen aller Gaardener KiTas teilgenommen haben.
Die Evaluation liefert dazu folgende Erkenntnisse:
- Armutssensibilisierung
Aus den Interviews geht hervor, dass das Bewusstsein für Problemlagen, die mit Armut einhergehen, geschärft werden konnte. Es wird berichtet, dass die Distanz der Zusatzfachkräfte das Erkennen von Klischees und Vorurteilen befördere und die Sensibilisierung für von Armut betroffene Familien steigere.
- Inklusion und Teilhabe
In den Interviews wird beschrieben, dass in den Einrichtungen grundsätzlich eine bewusste Haltung zur Umsetzung von Inklusion vorhanden wäre. Die Fortbildungen hätten bei den Zusatzfachkräften dazu beigetragen, eine noch höhere Aufmerksamkeit für die bessere Umsetzung von Inklusion in KiTas zu etablieren. Zusatzfachkräfte könnten vermehrt Arbeit in Kleingruppen anbieten, und einzelne Kinder damit besser gefördert werden. Weiter könnten sie gezielte Gespräche mit Mitarbeiter*innen der Teams führen, um bei inklusionsspezifischen Fragestellungen und Handlungsmöglichkeiten zu unterstützen. Außerdem gelinge es besser durch gemeinsame Aktionen, wie Kochen, kleine Feste ausrichten, auch die Eltern in das KiTa-Geschehen mit einzubeziehen.
- Gesundheitsförderung
Die Zusatzfachkräfte sollen für Themen wie Ernährung, Zahngesundheit und Bewegung sensibilisiert werden. In den Interviews wurde berichtet, dass Zusatzfachkräfte vermehrt kleinere Projekte zu diesen Themen anböten. Sie helfen, den Kindern einen lustvollen Umgang, z.B. zum Thema Zahngesundheit, zu vermitteln und dies nicht als pflichterfüllende Aufgabe anzusehen. Es wurde weiter berichtet, dass entwicklungs- und gesundheitsbedingte Auffälligkeiten früher entdeckt werden und früher interveniert werden könnte. Außerdem sei eine intensivere Begleitung der Eltern bei diesen Themen möglich und auch eine Recherche über zusätzliche Hilfemöglichkeiten für die Kinder und die Familien. Gleichwohl wurde auch berichtet, dass die Gesundheitsförderung, in Anbetracht des Gesundheitszustandes vieler Kinder durch fehlende Ressourcen in den Familien, noch höher sein könnte.
- Vorurteilsbewusste Bildung
Die Zusatzfachkräfte wurden dafür sensibilisiert, ihre eigenen gelernten Wertvorstellungen nicht als Maßstab für Familien anzuwenden, die unter Armutsbegrenzungen leben und andere Wertigkeiten und Verhaltensweisen entwickelt haben. In den Interviews wurde geschildert, dass verschiedene gesellschaftliche Problemlagen, wie Armut und Gewalt den Stadtteil prägten, gleichzeitig aber auch Ressourcen wie Bildung vorhanden seien. Die befragten KiTa-Leitungen erklärten, dass es wichtig sei, die Diversität der Lebenslagen wahrzunehmen, zu reflektieren und zu akzeptieren. Wichtig sei eine wertschätzende Haltung und Reflexionsfähigkeit, die trainiert werden muss.
Zusammenfassend wird im Rahmen der Evaluation ein insgesamt gelungener Projektstart konstatiert. Gab es zu Beginn noch viele Fragen in der Rollenfindung der Zusatzfachkräfte, kann man den Interviews mit den Leitungen entnehmen, dass dieser Prozess abgeschlossen ist und die konzeptionell festgelegten Aufgaben in den Einrichtungen umgesetzt werden. Eindeutig ist eine Anhebung der fachlichen Qualität festzustellen.
Wahrzunehmen ist, dass die gestiegene Qualität in der Begegnung mit und in der Förderung von den Kindern ankommt. Dies gilt es durch quantitative Befragungen und Fokusgruppeninterviews mit den Zusatzfachkräften sowie einzelfallbezogene Analysen zu verstärken. Zudem wird auszuwerten sein, inwieweit sich dies auf besseres Lernverhalten und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder auswirkt.
Renate Treutel
Bürgermeisterin
Anlagen
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