Infosystem Kommunalpolitik
Antrag der FDP-Ratsfraktion - 0997/2021
Grunddaten
- Betreff:
-
Nachhaltiges Konzept zur Haushaltsoptimierung
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Antrag der FDP-Ratsfraktion
- Federführend:
- FDP-Ratsfraktion
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Finanzausschuss
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Entscheidung
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Nov 9, 2021
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Dec 16, 2021
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Antrag
Antrag:
1.) Die Ratsversammlung der Landeshauptstadt Kiel beschließt das den bestehenden strategischen Zielen der Stadt übergeordnete Leitziel „Herstellung der langfristigen finanziellen Handlungsfähigkeit der Stadt“. Dies ersetzt das bisherige Querschnittsziel „Haushaltskonsolidierung“.
Der Oberbürgermeister wird daher beauftragt, ein in sich stimmiges und nachhaltiges
Konzept zur Haushaltsoptimierung zu erarbeiten. Die Konzepterstellung hat sich im Sinne des wirkungs- bzw. ergebnisorientierten Haushalts von den Prämissen der Effektivität und Effizienz leiten zu lassen.
2.) Die LH Kiel setzt sich für den Ergebnishaushalt dabei folgende Zielvorgaben:
2.1) Schuldenabbau zur Herstellung von Generationengerechtigkeit (Reduzierung der aufgelaufenen Defizite der Ergebnishaushalte)
2.2) Haushaltsausgleich durch die jährliche Verringerung des Defizits,
2.3) Die Ausgaben müssen weniger stark wachsen als die Einnahmen, wobei der Korridor mit einem Ausgabenwachstum von 1.5% bei einem erwarteten Einnahmenwachstum
von 2,5 % definiert ist. Damit können die Personalkostensteigerungen durch Tarif-/Besoldungserhöhungen in einem weiten Umfang finanziert werden. Einsparungen an anderer Stelle sind folglich erforderlich.
2.4) Es werden folgende Korridore für die nachfolgenden Jahre festgelegt:
2022: 80 Mio. €
2023: 68 Mio. €
2024: 55 Mio. €
2025: 40 Mio. €
2026: 20 Mio. €
3.) Zur Erreichung der o.g. Zielvorgaben sind folgende Maßnahmen zu intensivieren oder gegebenenfalls neu zu ergreifen:
3.1) Bis zum Jahr 2025 werden keine zusätzlichen Stellen geschaffen, es sei denn, sie sind durch bundes- oder landesgesetzliche Regelungen ausfinanziert.
3.2) Der Anstieg von Zuwendungen wird auf ein jährliches Gesamtwachstum von 1% gedeckelt.
3.3) Der wirkungsorientierte Haushalt wird schnellstmöglich umgesetzt. Dies gilt insbesondere für die drei Bereiche Wirtschaft, Soziales und Umwelt.
Zudem ist zur Vereinfachung der politischen Steuerung das Kennzahlensystem weiter auszubauen, wobei die Kennzahlen möglichst so zu wählen sind, dass interkommunale
Vergleichbarkeit möglich ist. Um Effizienzreserven zu heben, sind Abweichungen von
Kennzahlen im interkommunalen Vergleich zu analysieren und mögliche Einsparpotentiale
aufzuzeigen.
3.4) Durch verstärkten Einsatz betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente (Wirtschaftlichkeitsberechnungen wie z.B. Kosten-Nutzen-Analysen) können die Folgekosten
bzw. Einsparungen messbar gemacht werden.
3.5) Stärkung der fünf größten Ertragsblöcke (Schlüsselzuweisungen vom Land, Erträge aus Kostenerstattungen/Kostenumlagen, Realsteuern, Gemeindeanteile an den Gemeinschaftssteuern, Benutzungsgebühren und ähnliche Entgelte) durch Maßnahmen, die unmittelbar bzw. mittelbar darauf einzahlen, wie z.B. die Ausweisung von Gewerbeflächen zur Ansiedlung von Unternehmen, die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen oder die Ausweisung von Baugebieten, um insbesondere jungen Familien den Erwerb von Wohneigentum in der LH Kiel zu ermöglichen.
3.6) Optimierung der fünf größten Aufwandsblöcke (Personalaufwendungen, Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke, Soziale Leistungen an natürliche Personen in Einrichtungen, Soziale Leistungen an natürliche Personen außerhalb von Einrichtungen, Leistungsbeteiligung bei Leistungen für Unterkunft und Heizung) durch Maßnahmen, die darauf abzielen, den Umfang des Personaleinsatzes zu reduzieren (Geschäftsprozessoptimierung und Digitalisierung) oder einen Leistungsanspruch entbehrlich machen, weil z.B. eine Erwerbstätigkeit aufgenommen werden konnte.
3.7) Finanzwirksame Maßnahmen gemäß 3.5 und 3.6, die ergriffen werden, um Einnahmen zu erhöhen bzw. Ausgaben zu senken, sind mit einer Darlegung der Amortisation im Zeitraum von max. fünf Jahren zu beschließen. Jährlich werden diese Maßnahmen einem Controlling unterzogen.
3.8) Umsetzung der OZG (Onlinezugangsgesetz) – Onlinedienste, die medienbruchfrei mit den Fachverfahren verbunden werden.
3.9) Zur punktuellen Reduzierung von Gutachten- und Beraterkosten (rd. 9,8 Mio. € von Juli 2020 bis Juni 2021) sind die Qualifikationen und Kompetenzen der Mitarbeitenden der LH Kiel zu stärken, z.B. durch Zertifikate.
3.10) Nachtragshaushalte müssen den Erfordernissen der Gemeindeordnung (GO) erfüllen. Im Falle einer weiteren Defizitüberschreitung bedarf es der Darlegung von Sparmaßnahmen und weiterer Maßnahmen gemäß § 80 GO i. V. m. § 79 GO und § 6 Abs. 1 Nr. 8a und 8b der GemHVO-Doppik.
3.11) Senkung der laufenden Kosten durch Prozessoptimierung, Aufgabenkritik
Standardüberprüfung und gezielte Investitionen (siehe 3.6),
3.12) Sicherung der notwendigen Immobilieninfrastruktur durch angemessene
Instandhaltung und langfristige den jeweiligen Lebenszyklus
berücksichtigende Kalkulation
3.13) Konsequente Umsetzung eines Bauinvestitionscontrollings (BIC) im Dezernat II
3.14) Erhöhung der Steuereinnahmen und die Verringerung der Sozialausgaben
durch eine aktive Wirtschaftspolitik, wie z.B. Optimierung des Gründungsprozesses, Vernetzung der KMU mit den Studierenden, Botschafter für den Wirtschaftsstandort Kiel, Umsetzung des Auftrages zu der führenden Gründerstadt Norddeutschlands zu werden.
3.15) Die Verwaltung führt eine systematische wirkungsorientierte Betrachtung aller städtischen Produkte und ihrer Standards durch. Die Wirkungsorientierung bezieht sich auch auf das oben definierte Leitziel „Herstellung der langfristigen finanziellen Handlungsfähigkeit der Stadt“
3.16) Da das „Dienstleistungsunternehmen Stadt“ eine Vielzahl seiner Aufgaben in Einrichtungen und Unternehmen in öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Rechtsform
ausgegliedert hat, ist ein Konzept zur Haushaltsoptimierung daher nur gemeinsam mit den städtischen Beteiligungen möglich und sinnvoll. Daher wird auch das Beteiligungsportfolio laufend auf Effizienz und Effektivität geprüft.
3.17) Die Ausführungen des Schlussberichts des RPA über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.2020 aufgreifend, verpflichtet sich die Selbstverwaltung dazu, die Übernahme bzw. Erweiterung freiwilliger Aufgaben mit der gleichzeitigen Beschlussfassung über kompensatorische Maßnahmen in gleicher Höhe zwingend zu verknüpfen. Ausgenommen sind Maßnahmen nach 3.6, die sich innerhalb von 5 Jahren amortisieren.
3.18) Es wird zudem eruiert, welche weiteren Produkte/Aufgaben unter Berücksichtigung kosten- und nutzenmäßiger Aspekte für eine interkommunale Zusammenarbeit in Betracht kommen.
Auf der Basis dieser Ergebnisse werden mit den Nachbargemeinden und Umlandkreisen alle weiteren Möglichkeiten der freiwilligen interkommunalen Zusammenarbeit ausgelotet und ein gemeinsames Konzept entwickelt, das die Formulierung eines abgestimmten Maßnahmenkatalogs zur intensiveren Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit beinhaltet und Wege zur Realisierung aufzeigt.
3.19) Abschließend wird eine Übersicht erstellt, aus der hervorgeht, wo unterschiedliche Empfänger gleiche oder sehr ähnliche Ziele verfolgen. Ziel dabei ist es, Mehrfachförderungen von Projekten und Aufgaben zu vermeiden, die knappen Haushaltsmittel gerechter zu verteilen und Synergieeffekte zu nutzen, um damit einerseits mehr Fördergerechtigkeit herzustellen, und andererseits den städtischen Haushalt zu entlasten.
4.) Das Konzept ist spätestens zu den Beratungen für den Haushalt 2023 vorzulegen,
das interfraktionelle Gremium „Runder Tisch Haushalt“ ist regelmäßig über den
Sachstand der Konzeptentwicklung zu unterrichten.
Sachverhalt/Begründung
Begründung:
Nach § 8 der GO SH haben die Gemeinden ihr Vermögen und ihre Einkünfte nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu verwalten und eine wirksame und kostengünstige Aufgabenerfüllung sicherzustellen.
Nach § 75 der GO SH haben die Gemeinden ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Zudem soll der Haushalt in jedem Haushaltsjahr ausgeglichen sein.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der aktuellen und erwarteten Haushaltslage muss es primäres Ziel sein, bei einem Haushaltsvolumen von ca. 1,2 Mrd. € in 2022 das Defizit innerhalb der nächsten fünf Jahre mit eigenen Anstrengungen deutlich zu reduzieren, um aus der Genehmigungspflicht herauszukommen. Im laufenden Haushaltsjahr betrug das Defizit 85 Mio. €, dies sind rund 7%.
Darüber hinaus sollen Anstrengungen unternommen werden, zusätzliche politische Handlungsfähigkeit so schnell wie möglich wiederzugewinnen
gez. Ratsherr Dr. Ingmar Soll f. d. R. Peter Helm
gez. Bürgerliches Mitglied Maria Laatsch Fraktionsgeschäftsführer
FDP-Ratsfraktion