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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 1117/2021

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

 - 1 -

Mit Beschluss der Drucksache 0816/2021 des Ausschusses für Schule und Sport am 09.09.2021 wurde die Verwaltung gebeten, in einer Geschäftlichen Mitteilung über das Thema „Raumlufttechnische Anlagen“ an Kieler Schulen zu informieren, um deren Einbau an Kieler Schulen, z.B. bei Sanierungen, An- und Neubauten einschätzen zu können.

 

Dazu wurden folgende Frage- und Themenstellungen formuliert, auf die die Verwaltung in dieser Geschäftlichen Mitteilung Bezug nimmt:

 

  1. Welche Arten von Raumlufttechnischen Anlagen (RLA) gibt es? Für welche Räume werden sie jeweils empfohlen?
  2. Welche aktuellen Empfehlungen zum Einbau gibt es im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aus der Wissenschaft und Forschung?
  3. An einigen Kieler Schulen (RBZ) sind bereits seit einigen Jahren ähnliche Anlagen in Betrieb. Die Verwaltung möge den Ausschuss über Kosten, Betrieb, Wartung, Nutzen und Erfahrungen der Schulen informieren.
  4. Welchen Vorlauf braucht es, um bei den anstehenden Sanierungen, Um- und Neubauten an Kieler Schulen RLA einzubauen?
  5. Ist es planungstechnisch noch möglich, die geplante Grundschule Gaarden mit einer solchen Anlage auszustatten?
  6. Welche zusätzlichen Kosten entstehen bei der Ausstattung von gänzlich neu zu planenden Schulen und Sporthallen?
  7. Welche Fördermittel würden der Landeshauptstadt Kiel zur Verfügung stehen und sind Anträge geplant bzw. welche wurden bereits gestellt?

 

Zu 1. Arten von Raumlufttechnischen Anlagen (RLA) / Empfehlung des Einsatzes

 

Grundsätzlich wird bei einer maschinellen Belüftung zwischen zentralen und dezentralen RLA unterschieden. Mobile Luftfilter werden nicht den RLA zugeordnet.

 

Zentrale RLA

 

Zentrale RLAnnen geschoss- und raumübergreifend mehrere Nutzungsbereiche belüften. 

Die RLA wird einschl. der notwendigen Steuer-, Mess- und Regelungsanlage in einem zentralen Aufstellungsraum aufgestellt. Damit können auch alle weiteren Komponenten wie die Strom- und Wärmeversorgung, der Anschluss an das Abwassersystem für die Ableitung des anfallenden Kondensates und die Wärmerückgewinnung zur Nutzung der Wärme aus der Abluft zur Erwärmung der Zuluft zentral organisiert werden. Für die Luftein- und ausbringung wird jeweils eine Ventilatoreinheit eingesetzt.

 

Aufgrund des modularen Aufbaus zentraler RLA ist es durch eine herstellerunabhängige Auswahl der Komponenten möglich, individuelle Anforderungen zu berücksichtigen und umzusetzen. Dies betrifft z.B. die Schallemissionen, aber insbesondere auch die Energieeffizienz. Auch im Betrieb der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik ergeben sich durch die Individualisierung Vorteile für die Steuerung und Störfallbehebung.  

 

Dezentrale RLA

 

Dezentrale RLA werden vorrangig für die Belüftung einzelner Räume genutzt. Dabei werden Kompaktanlagen eingesetzt, in denen die gesamte notwendige Technik integriert ist. Aufgrund der kompakten Bauform sind Einsatzbereiche vordefiniert und ermöglichen nur eine begrenzte Individualisierung.

 

Empfehlung des Einsatzes

 

Es existieren keine grundsätzlichen Empfehlungen hinsichtlich des Einsatzgebietes für zentrale oder dezentrale RLA, da neben dem Umfang der zu belüftenden Räume insbesondere bei Bestandsgebäuden eine Vielzahl von technischen und baulichen Einflussgrößen in der Systemauswahl berücksichtigt werden müssen.

 

Umfang der zu belüftenden Räume

 

Sollen mehrere bzw. alle Räume eines Gebäudes belüftet werden, ist der Aufwand für die Medienanschlüsse Strom, Wärme und Abwasser bei dezentralen RLA grundsätzlich wesentlich her als bei zentralen RLA, da in jedem Raum entsprechende Anschlüsse vorgesehen werden müssen. Auch der Betriebsaufwand hinsichtlich Wartung, Energieverbrauch und interner Personalressourcen ist aufgrund der wesentlich erhöhten Anlagenanzahl deutlich größer.

 

Belüftung aller Räume in einem Neubau

 

Wenn im Neubau einer Schule alleume maschinell belüftet werden sollen, ist daher der gebäudeintegrierte Ansatz einer zentralen RLA einer sung mit dezentralen RLA vorzuziehen.

 

Belüftung aller Räume in einem Bestandsgebäude

 

Bei Bestandsgebäuden sind in der Systemauswahl verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. Dies sind vorrangig die Gebäudegeometrie und die Bauteilqualitäten, aber u.U. auch der Denkmalschutz.

 

-          Gebäudegeometrie

 

In Bestandsgebäuden kann eine zentrale RLA nur realisiert werden, wenn die entsprechenden räumlichen Gegebenheiten es zulassen. Dafür ist neben einem ausreichenden Raum für Installationen, um die notwendigen Kanäle oder Rohrleitungen über lange Strecken in alle zu belüftenden Räume hren zu können, insbesondere ein zentraler und geeigneter Aufstellungsraum für die Anlage erforderlich. Die Möglichkeit einer Außenaufstellung einer zentralen RLA mit entsprechendem Witterungsschutz ist nur im Einzelfall sinnvoll und sollte aufgrund der sehr begrenzten Anwendungsmöglichkeit als Ausnahme anzusehen sein.

 

-          Bauteilqualitäten / Brandschutz

 

Auch wenn die räumlichen Verhältnisse eine zentrale RLA zulassen, sind für die Führung der Kanäle und Rohrleitungen bei jeder Durchdringung einer Wand oder Decke, die eine Brandschutzfunktion aufweist, besondere Anforderung an die Durchdringung der Luftleitung und an die Qualität des zu durchdringenden Bauteils zur Aufrechterhaltung der Feuerwiderstandsklassen (erforderlicher Einbau von Brandschutzklappen) zu beachten und sowohl hinsichtlich des Aufwandes als auch der Kosten zu berücksichtigen.

 

Bei Bestandsgebäuden ist der nachträgliche Einbau einer zentralen RLA daher nur unter günstigsten Bedingungen technisch, wirtschaftlich und nutzungserhaltend sinnvoll und zielführend. Da diese nur im Ausnahmefall vorzufinden sein werden, ist daher davon auszugehen, dass im Bestand vorwiegend dezentrale RLA zum Einsatz kommen können, wobei auch nicht auszuschließen ist, dass aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eine technische Belüftungsmöglichkeit ganz zu verneinen ist.

 

Ergänzend im Zusammenhang von Belüftungsglichkeiten ist die sogenannte hybride Belüftung, eine Mischform von einer natürlichen Belüftung und maschinellen Belüftung. Die maschinelle Lüftung dient bei einer hybriden Lüftung als Grundbelüftung und wird durch die natürliche Fensterbelüftung unterstützt. Dadurch wird der technische Aufwand gegenüber einer maschinellen Vollbelüftung reduziert, unter der Notwendigkeit einer weiterhin benötigten reduzierten Stoßbelüftung gegenüber einer ausschließlich natürlichen Belüftungsmöglichkeit.

 

Grundsätzliche Vor- und Nachteile technischer RLA

 

Vorteile

 

-          Reduzierung der Übertragungen von Krankheiten

 

Eine ausreichende Frischluftversorgung ist eine wirkungsvolle Prophylaxe gegen Viren und Bakterien. Ob eine Ansteckung bspw. mit Corona-Viren während eines Unterrichtsgeschehens über die Raumluft stattfindet, hängt wesentlich von der Luftverdünnung eines Raumes ab. Wenn die Virenlast gering ist, da die Atemluft durch Frischluft ausreichend verdünnt ist, ist eine Übertragung wesentlich unwahrscheinlicher.

 

-          Reduzierung von Raumimmissionen

 

CO2, VOC (flüchtige organische Verbindungen), Luftfeuchtigkeit und rmelasten werden durch den Einsatz von RLA reduziert. Besonders die Einhaltung des CO2 Wertes von 1000ppm erfordert eine intensive regelmäßige Raumbelüftung, weshalb mit einer natürlichen Belüftung besonders in der warmen Jahreszeit nur mit sehr hohem Aufwand die entsprechend empfohlenen Grenzwerte eingehalten werden können.

 

-          Einhaltung der Behaglichkeitskriterien

 

Behaglichkeitskriterien in einem Raum sind abhängig von Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit. Eine maschinelle Belüftung bietet hier aufgrund der Wärmerückgewinnung und der Unterbindung von Zugerscheinungen gegenüber der Fensterlüftung wesentliche Vorteile.

 

-          Energieeinsparung

 

Durch die Wärmerückgewinnung von RLA wird Heizenergie eingespart, was den Endenergiebedarf senkt und die Nachhaltigkeit eines Gebäudes hinsichtlich der Energieversorgung steigert. Der Wärmebedarf der Infiltration wird gegenüber der Transmission aufgrund der höher werdenden Wärmewiderstandswerten in Neubauten und Sanierungen stetig höher. Eine erhöhte Gebäudeeffizienzklasse ist ohne den Einsatz von RLA nicht erreichbar.

 

-          Verhaltensunabhängige Raumluftqualität

 

Eine gute Raumluftqualität ist nicht mehr vom Verhalten von Individuen abhängig, da die Technik für eine ausreichend gute Raumluftqualität sorgt.

 

 

 

 

 

-          Sommerlicher Wärmeschutz

 

Durch den Einsatz von Lüftungsanlagen kann die natürliche Kühlung in den kühleren Abend- bzw. Nachtstunden einer Gebäudeüberhitzung im Sommer entgegenwirken. Innenraumtemperaturen können durch die Wärme(kälte)rückgewinnung im sommerlichen Hitzefall unterhalb der Außentemperaturen aufrechterhalten werden.

 

Nachteile:

 

-          Kosten

 

RLA sind kostenintensiv. Nicht nur die Kosten der Errichtung, welche wesentlich von der Einbausituation abhängig sind, sondern auch die variablen Betriebskosten für die Unterhaltung und Wartung sind in Abhängigkeit der Systemauswahl zu berücksichtigen.

 

-          Platzbedarf

 

RLA benötigen ausreichenden Installationsraum, besonders wenn eine wirksame Luftverteilung hergestellt werden soll. In Abhängigkeit ob zentrale oder dezentrale RLA eingesetzt werden sollen und in Abhängigkeit des Anlagenstandortes zu den Verbrauchern, kann der notwendige Installationsraum sehr variieren.

 

-          Strombedarf

 

RLA benötigen zum Betrieb elektrische Antriebsenergie. Dieser Energiebedarf muss bei der Errichtung berücksichtigt werden, da im Bestand die elektrischen Versorgungskapazitäten begrenzt sind und eine elektrische Leistungserhöhung nur mit intensiven baulichen Maßnahmen möglich sind. 

 

-          Brandschutz

 

Durch den Einsatz von RLA muss der Brandschutz besonders berücksichtigt werden. Bspw. muss eine Wand eine entsprechende Feuerwiderstandsklasse aufweisen, um Luftverteilleitungen ordnungsgemäß einzubauen. In Flucht- und Rettungswege darf im Brandfall durch eine RLA keine Rauchverschleppung erfolgen.

 

-          Denkmalschutz

 

Durch den sehr unterschiedlichen Gebäudebestand sind in vielen Objekten der Denkmalschutz zu berücksichtigen. Hier sind wesentlich erhöhte Anforderungen an die Anlagenplanung zu berücksichtigen und zeitintensive Abstimmungen durchzuführen. In denkmalgeschützten Gebäuden ist von wesentlich höheren Kosten auszugehen u.U. mit nur einer begrenzt mechanischen Belüftungsmöglichkeit.

 

-          Anlagenbetreuung, interner Personalbedarf

 

Die Betreuung von RLA ist personalintensiv, da eine Vielzahl von Gewerken für den erfolgreichen Betrieb zusammenwirken. Dieses muss bei einer Kostenbetrachtung berücksichtigt werden.

 

-          Marktressourcen

 

Aufgrund der Verknappung von Schlüsselbauteilen wie bspw. Computerchips für die Steuerung der Lüfter von RLA wurden der Verwaltung Liefertermine von RLA-Herstellern mit 12-14 Wochen benannt; Tendenz steigend. Zusätzlich sind auch die Kapazitäten von Anlagenbauern, welche die RLA in den Objekten installieren, begrenzt.

 

 

 

 

 

Zu 2. Empfehlungen aus Wissenschaft und Forschung / Corona

 

Mit derftungsempfehlungr Bildungseinrichtungen in Schleswig-Holstein wurde durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (MBWK) eine verbindliche Vorgabe zur Gewährleistung einer pandemiegerechten Lüftung veranlasst. Die Frischluftzufuhr ist ein wesentlicher Bestandteil zur Minimierung des Infektionsrisikos der SARS-CoV-2-Pandemie.[1]

 

Zur Unterstützung des Lüftungsverhaltens innerhalb der Bildungseinrichtungen wurden CO2-Messgeräte an die Schulen ausgegeben. Es wird weiterhin ein CO2-Wert bis 1000ppm als hygienisch unbedenklich eingestuft. Durch ckmeldungen zum Einsatz der CO2-Messgeräte von Schulen wurde festgestellt, dass die vergebenen Lüftungsintervalle notwendig sind, um 1000ppm nicht zu überschreiten. Es ist zu ergänzen, dass die Lüftungsintervalle im Sommer aufgrund der höheren Außenlufttemperatur auf 10-20min ausgedehnt werden müssen und im Hochsommer ein durchgehendes Öffnen der Fenster empfohlen wird.[2] Mit zunehmender Außenlufttemperatur ist entsprechend die Lüftungsdauer zum Erreichen der geforderten Raumluftqualität auszuweiten. Bei einer tiefen Außenlufttemperatur im Winter werden 9 Minuten/Stunde und im Sommer bei hochsommerlichen Außenlufttemperaturen bis zu 60 Minuten/Stunde zur natürlichen Raumbelüftung benötigt.

 

Durch die Sensibilisierung für den CO2-Wert während der Corona-Pandemie als Indikator für eine gute Raumluftqualität konnte festgestellt werden, dass im Schulbetrieb der Aufwand zur Umsetzung der vorgegebenen Lüftungsintervalle organisatorisch erschwert ist. Das nutzer*innenabhängige Lüften führte nach Rückmeldungen aus dem Schulbetrieb regelmäßig zu einer Über- und Unterlüftung von Klassenzimmern, da die Varianz der Außentemperatur und damit einhergehende individuelle Lüftungsdauer schwer im Schulalltag regelmäßige Anwendung finden kann.

 

Der CO2-Wert beinhaltet außerhalb der Kenngröße für eine ausreichende Luftverdünnung für eine wesentlich reduzierte Übertragungswahrscheinlichkeit von Covid-19 Viren weitere wichtige Abhängigkeiten im Rahmen des Schulbetriebes.

 

Eine steigende CO2-Konzentration beeinflusst die Lern- und Leistungsfähigkeit. Eine Zunahme des CO2-Gehaltes von 900ppm auf 1300ppm reduziert die Reaktionsfähigkeit um 10%.[3] Eine Anhebung der Luftwechselrate von 0,5 auf 4 steigert die Leistungszunahme der Worterkennung um 15%.[4] Ein Anstieg der CO2-Konzentration um 1000ppm erhöht Fehlzeiten um 10-20%.[5]

 

Diese Zusammenhänge wurden bereits auch von deutschen Institutionen aufgenommen und in entsprechende Handlungsempfehlungen übersetzt. Bspw. empfiehlt das Umweltbundesamt perspektivisch den Einsatz von maschineller Belüftung bei dicht belegten Räumen von Bildungseinrichtungen[6] und verweist auf den empfohlenen Einsatz einer maschinellen Belüftung für Neubauten und Generalsanierungen.[7] Durch Untersuchungen sieht das Fraunhofer-Institut die mittlerweile als allgemein anerkannte Empfehlung hinsichtlich der Luftwechselraten in Klassenräumen ohne den Einsatz von mechanischen Belüftungsanlagen als nicht erreichbar an.[8],[9]

 

Wird nun ferner betrachtet, wie der Einsatz einer maschinellen Belüftung durch RLA zur tatsächlichen Verbesserung der CO2-Konzentration in Klassenräumen wirksam sein kann, zeigt eine Untersuchung im Rahmen eines Ländervergleiches der CO2-Konzentration in Klassenräumen in Abhängigkeit der Belüftungsart zwischen Norwegen, Schweden und Dänemark. Es wurde eine direkte Abhängigkeit der CO2-Konzentration in Klassenzimmern zur Belüftungsart identifiziert. Eine zunehmende maschinelle Belüftung senkt signifikant den Anteil von CO2-Konzentrationsüberscheritungen der Zielmarke von 1000ppm.[10],[11]

 

Bei der Betrachtung, ob eine mechanische Belüftung zur dauerhaften Gewährleistung einer guten Innenraumluftqualität notwendig sei, wurde vorrangig der hygienische Aspekt anhand des CO2-Wertes charakterisiert. Die Anforderung an die Innenraumluft ist jedoch vielfältig und besonders die Berücksichtigung von physikalischen Faktoren der Wärme und Luftsättigung sind maßgeblich für das Empfinden der Nutzer*innen und werden unter Einhaltung der Behaglichkeitskriterien als Komfortzone definiert. Eine Einhaltung der Behaglichkeitskriterien unter Berücksichtigung der benötigten Lüftungsintervalle durch Stoßftung ist besonders in der kälteren Jahreszeit nicht möglich. Bei einer zu kalten Innenraumtemperatur frieren Schüler*innen sowie Lehrkräfte, womit eine schnellere Entwicklung von Erkältungssymptomen einhergeht.[12] Wenn im Sommer die Außenlufttemperatur oberhalb der Innenraumtemperatur liegt, entwickeln sich bei einer regelmäßig notwendigen Stoßftung hohe Innenraumtemperaturen, welche mit einer Leistungsminderung einhergehen.[13]

 

Grundsätzlich ist ein kurzzeitiges Verlassen der raumklimatischen Komfortzone tolerierbar. Ein intervallartiges Verlassen der Komfortzone kann jedoch zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der Schüler*innen führen. Entsprechend aktuelle Hinweise wurden durch das MBWK erst kürzlich an die Schulen versendet:

Das Lüften und die Frischluftzufuhr dürfen also insbesondere nicht zu einer unbehaglichen Raumtemperatur führen, andernfalls bestehen gesundheitliche Risiken.“[14] Wie diese Empfehlung aufgrund der annähernd ausschließlich natürlichen Belüftungsmöglichkeiten in den Kieler Schulen umgesetzt werden kann, wurde in dem Schreiben nicht mitgeteilt.

 

Zu 3. Kosten, Betrieb, Wartung, Nutzen und Erfahrung Bestandsanlagen

 

In den Kieler Schulen sind ca. 200 Lüftungsanlagen im Betrieb. Diese Anlagen sind in Mensen, Küchen, Sporthallen, Aulen, Fachräumen, Bewegungsbädern und vereinzelt in Schulen für die Belüftung von Klassenräumen und Fluren vorhanden.

 

Detaillierte Angaben zu den einzelnen Anlagen wären nur mit einem entsprechenden Aufwand zu ermitteln. Aufgrund der unter 1. beschriebenen Diversität der Anlagen ließen sich daraus vermutlich auch keine allgemeingültigen Rückschlüsse ziehen. Entscheidend ist, dass die Faktoren wie Betriebskosten, Wartung, Effektivität und Nutzungskomfort bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden.

 

Zu 4. Vorlauf für den Einbau von RLA bei Neubau und Sanierung

 

Aufgrund der Komplexität der Anlagen und der Vielzahl der zu beachtenden Parameter sind für die Planung von RLA entsprechend umfangreiche Zeitbedarfe erforderlich, die sich, wiederum in der individuellen Ausgestaltung begründet, nicht auf einen konkreten Zeitraum eingrenzen lassen. Jedes Gebäude ist individuell zu betrachten und es gibt keine Pauschallösungen.

Hinzu kommt, dass bei Lüftungsanlagen bzw. den Einzelkomponenten längerfristige Lieferzeiten einzuplanen sind, da diese weitgehend nicht als „Regalware“ vorgehalten, sondern gemäß Bestellungen produziert und ausgeliefert werden.

Daher lassen sich Nachrüstungen in Bestandsgebäuden auch kaum als Ad-hoc-Maßnahmen realisieren. Aufgrund der Wechselwirkungen mit anderen Bauteilen empfiehlt es sich ohnehin, diese in eine Gesamtsanierung eines Gebäudes zu integrieren.

 

Bei Neubauvorhaben können diese Zeitbedarfe in die allgemeinen Planungs- und Bauprozesse eingetaktet werden, wenn die RLA von Beginn an bzw. entsprechend frühzeitig mitgeführt wird. Eine nachträgliche Berücksichtigung ist je nach Planungsfortschritt nur mit entsprechenden Verzögerungen für das Gesamtprojekt oder u.U. auch gar nicht mehr möglich, ohne dass die Planung gänzlich neu begonnen werden müsste, um z.B. die räumlichen Bedarfe für die Anlage/n und Kanäle überhaupt abbilden zu können.

 

Zu 5. RLA für die Grundschule Gaarden

 

Im Wettbewerb für die Grundschule Gaarden wurde von einer natürlichen Belüftung ausgegangen und somit keine RLA vorgesehen. Im Rahmen der üblichen Fachplanung werden erweiterte raumlufttechnische Maßnahmen eingeplant.

 

Zu 6. Kosten der Neuausstattung bei Schulen und Sporthallen

 

Die Ausführungen zu den Folgekosten unter 3. gelten sinngemäß auch für die Kosten der Errichtung. Auch hier ist der Aspekt der Wirtschaftlichkeit in einer sorgsamen Planung und Kostenermittlung zu prüfen und zu verifizieren.

 

Zu 7. rdermittel und Antragstellungen der Landeshauptstadt Kiel

 

Mit der Mitteilung der Bundesregierung vom 14.07.2021 wird die Anschaffung und Aufstellung von Umluftreinigern mit einem Volumen von 200 Mio. € und einer Förderquote von 50% bezuschusst. Hier wird eindeutig auf die Anwendung für nur schwer belüftbare Räume entsprechend der Raumkategorie 2 des Umweltbundesamtes verwiesen. Diese ergänzende Maßnahme ersetzt weder die notwendige Belüftung eines Raumes, noch reduziert diese die Belüftungsnotwendigkeit eines Raumes. Es wird weiterhin vom Umweltbundesamtes empfohlen, bei schwer belüftbaren notwendigen Räumen eine Belüftungsmöglichkeit herzustellen.

 

Durch die „Bundesförderung Corona-gerechte stationäre raumlufttechnischen Anlagen“ in der mittlerweile 4.Version vom 11.06.2021 werden zwei wesentliche Förderansätze verfolgt:

Der erste Ansatz unter 1.1 der Förderrichtlinie ist der Umbau von Bestandsanlagen zur Verbesserung der Anlagentechnik von Bestandsanlagen. Die Förderquote beträgt 80% bei einer max. Förderung von 200.000 € je bestehender Anlage.

 

Im zweiten Ansatz der Förderrichtlinie unter 1.2 wird der erstmalige Einbau (Neueinbau) von stationären raumlufttechnischen Anlagen in Einrichtungen für Kinder unter zwölf Jahren gefördert. Die Förderquote beträgt 80% mit einem max. Förderanteil von 500.000 € je Standort. Hierbei werden ausschließlich Anlagen gefördert, die einer Vollbelüftung entsprechen. Hybride RLA sind nicht förderfähig.

 

Hier ist zu ergänzen, dass nach Rücksprache mit dem Mittelgeber in der Definierung von „Kinder unter zwölf Jahren“ alle Schulen Berücksichtigung finden, wie auch bspw. Gymnasien und Gesamtschulen, in welchen nur in den unteren Jahrgangsstufen Kinder unter zwölf Jahren vertreten sind. In diesem Fall werden aufgrund der Flexibilitätswahrung auch alle Räume dieser Objekte gefördert.

 

 

 

 

 

Ergänzender Exkurs Dunkelsporthallen

 

Dunkelsporthallen haben keine Fenster und werden mechanisch über eine RLA belüftet. Auch eine umgehend veranlasste Überprüfung einer ergänzenden natürlichen Belüftung durch Öffnen der Fluchttüren konnte nicht den erforderlichen 5-fachen Luftwechsel[15] aufzeigen. Daher blieb der Verwaltung zum damaligen Zeitpunkt keine andere Wahl, als diese Sporthallen aus dem Betrieb zu nehmen, da auch Simulationen/Berechnungen nicht den erforderlichen Luftwechsel aufzeigten.

 

r Schulen, wie z.B. denen mit Sportprofilen, bei denen ein zwingender Bedarf zur Durchführung des Sportunterrichts für die Abschlussjahrgänge besteht, hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren (MSGJFS) dem Betrieb dieser Sporthallen unter begleiteten CO2-Messungen stattgegeben.

 

Entsprechend der Vorgabe des Umweltbundesamtes wird der Grenzwert von 1000 ppm CO2r eine hygienisch unbedenkliche Luftqualität berücksichtigt. Die Messungen haben keine Überschreitung der CO2-Werte aufgezeigt.

 

In den Sommerferien 2021 erfolgte eine Erweiterung des Probebetriebes durch die Dunkelhallennutzung des Vereinssports unter einer weiterhin notwendigen CO2-Messung und ergänzenden Führung von Nutzer*innenprotokollen. Auch dieser Probebetrieb hat keine weiteren Auffälligkeiten hinsichtlich der CO2-Werte aufgezeigt. Dadurch konnte der Schulsport in den Dunkelhallen nach den Sommerferien stattfinden, jedoch reduziert durch die gleichzeitige Nutzungsbegrenzung von einer Klasse je 3-Feld-Dunkelhalle.

 

Durch die CO2-Messungen und Auswertung der Nutzer*innenprotokolle sind die Dunkelhallen für den Schulsport seitens des Gesundheitsamtes freigegeben, weiterhin unter Beachtung der CO2-Werte durch die Nutzer*innen. Eine zusätzliche Überprüfung der RLA in den Dunkelhallen konnte eine 3-fach höhere Frischluftversorgung je Person nachweisen, als die zurzeit geltende Empfehlung für die Belüftung von Klassenräumen. Dieses entspricht weiterhin nicht dem empfohlenen 5-fachen Luftwechsel für Sporthallen, reicht jedoch aus, um eine ausreichende Belüftung in den Dunkelhallen zu gewährleisten.  

Eine außerordentliche raumlufttechnische Ertüchtigung wird aufgrund der durchgeführten Messungen, Auswertungen der Nutzer*innenprotokolle und Berechnungen nicht verfolgt.

 

Zusammenfassung

 

r Neubauten und Generalsanierungen empfehlen wir perspektivisch die Berücksichtigung von RLA ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige, gesundheitsrdernde und nutzer*innenentlastende Raumbelüftung. Wesentlich bei der Entscheidung sind vorrangig kosten-, personal- und installationsraumintensive Faktoren. Dabei sind nicht nur die Gesamtkosten für die Investition zu berücksichtigen, sondern auch die Lebenszykluskosten.

 

Eine nachhaltige Planung, insbesondere für die Nachrüstung von RLA, erfordert eine langfristige Strategie und einen intensiven zeitlichen Vorlauf, der sich zurzeit nicht mit den vom Fördermittelgeber avisierten Fristen deckt. Obwohl auf Bundesebene entsprechende konkrete Empfehlungen existieren und entsprechend in den letzten Monaten auch zunehmend forciert werden, fehlt bis dato eine Umsetzungsstrategie auf Landesebene.

 

Es wird empfohlen, im Rahmen der Möglichkeiten darauf hinzuwirken, die Laufzeiten von Förderprogrammen an die tatsächlich notwendigen Umsetzungszeiträume anzupassen.

 

 

 

 

 

 

 

Aktueller Sachstand der Kieler Schulen und weiteres Vorgehen

 

Aktueller Sachstand

 

Wie unter 3. bereits geschildert, sind in den Kieler Schulen ca. 200 Lüftungsanlagen im Betrieb.

 

Im September 2020 hat die Verwaltung die Beschaffung von CO2-Messgeräten zur Unterstützung des Lüftungsverhaltens in Schulen und Kindertageseinrichtungen veranlasst. Durch die Objektbegehungen, die Rückmeldungen des Amtes für Schulen und den Einsatz der CO2-Messgeräte konnten Belüftungsdefizite früh erkannt werden und Maßnahmen zur Verbesserung eingeleitet bzw. umgesetzt werden. Neben den wesentlichen Maßnahmen wie der Herstellung von Fensteröffnungsmöglichkeiten zur Stoßftung waren hauptführend die Anpassungen der RLA an den Pandemiebedarf zur Erhöhung der Frischluftzufuhr durch die Veränderungen von Betriebsparametern und die Anpassung der Betriebszeiten über die Nutzungszeit hinaus.

 

An drei Schulstandorten wurden zu den bereits vorhandenen Belüftungsmöglichkeiten ein zusätzlicher Belüftungsbedarf identifiziert. An diesen drei Schulstandorten (Hans-Geiger-Gymnasium, Hebbelschule, Lilli-Nielsen-Schule) wurde eine Nachrüstung von insgesamt 9 dezentralen Anlagen geplant. Sie werden im Rahmen der Landesförderung Hygieneprogramm B gefördert. Diese Anlagen sind zurzeit in der Umsetzungsphase.

 

Weiteres Vorgehen

 

Ausgehend von den vorab dargestellten Grundlagen und Erkenntnissen empfiehlt die Verwaltung bei allen zukünftigen Neubauten zentrale Lüftungsanlagen einzuplanen und umzusetzen.

 

Bei den Bestandsgebäuden empfiehlt die Verwaltung im Rahmen der Planung anstehender Sanierungsmaßnahmen eine Überprüfung, ob und in welchem Umfang bzw. in welcher Ausführung eine technische Lüftung nachgerüstet werden kann und sollte. Bei Objekten mit einer hohen Raumhöhe ist beispielsweise grundsätzlich mehr Raumvolumen je Person vorhanden, wodurch geringere Lüftungsintervalle benötigt werden, als bei niedrigeren Raumhöhen. Entsprechend sinkt die Notwendigkeit einer maschinellen Belüftungsnotwendigkeit.

 

Eine Vermehrung der technischen Anlagen wird dazu führen, dass im Facilitymanagement sukzessive dann auch die finanziellen und personellen Ressourcen für die Betreuung, Wartung und Instandhaltung der Anlagen aufgestockt werden müssen.

 

Aufgrund der vorrangig vorhandenen ausschließlich natürlichen Belüftungsmöglichkeiten und der Tatsache, dass auch bei einer RLA temporäre Überschreitungen der CO2-Richtwerte nicht ausgeschlossen werden kann, sollte zur Sicherstellung einer gesunden Raumluft in Bildungseinrichtungen der organisatorische Aspekt noch wesentlich unterstützt werden. Es empfiehlt sich, in allen Klassenzimmern, Mensen, Aulen, innenliegenden Fluren und Sporthallen festinstallierte CO2-Ampeln nachzurüsten, um das Lüftungsverhalten dauerhaft zu unterstützen. Im Neubau und Generalsanierungen sollte eine CO2-Ampel für jeden Klassenraum als Standard zukünftig berücksichtigt werden. Die Verwaltung wird daher einen flächendeckenden Einsatz der CO2-Ampeln hinsichtlich der zeitlichen und finanziellen Umsetzbarkeit konkretisierend prüfen.

 

 

 

 

 

 

Doris Grondke

Stadträtin

 

 

 


[2] Richtiges Lüften in Schulen, Umweltbundesamt vom 17.08.2021, Richtig Lüften in Schulen | Umweltbundesamt

[3]Wargocki, Porras-Salazar, Bahnfleth (2017): Quantitative relationships between classroom CO2 concentration and learning in elementary schools

[4] Bakó-Biró, Zsolt & Clements-Croome, Derek & Kochhar, N. & Awbi, H.B & Williams, M.J.. (2012). Ventilation rates in schools and pupils performance. Building and Environment

[5] Shendell, Prill, Fisk (2004): Associations between classroom CO2 concentration and student attendance in Washington and Idaho

[6] Umweltbundesamt, Mobile Luftreiniger, Nur als Ergänzung zum Lüften sinnvoll, Langfristige und nachhaltige Ziele (2021), Mobile Luftreiniger: Nur als Ergänzung zum Lüften sinnvoll | Umweltbundesamt

[7] Umweltbundesamt, Anforderung an Lüftungskonzeptionen in Gebäuden (2017), Anforderungen an Lüftungskonzeptionen in Gebäuden - Bildungseinrichtungen | Umweltbundesamt

[8] Prof. Dr.-Ing. Gunnar Grün, stellvertretender Institutsleiter Fraunhofer-Institut für Bauphysik IPB, Veranstaltung, Aachener Tag der Luftqualität,  Online-Teilnahme Immobilienwirtschaft, (2021): Video Abrufbar unter AACHENER TAG DER LUFTQUALITÄT | Heinz Trox-Stiftung (heinz-trox-foundation.com)

[9] Fraunhofer-Institut, Innenluftqualität, ftungskonzepte in Klassenräumen, ftungskonzepte in Klassenräumen (fraunhofer.de)

[10] Prof. Geo Clausen, International Centre for Indoor Environment and Energy, Technical University of Denmark Aachener Tag der Luftqualität,  Online-Teilnahme Immobilienwirtschaft, (2021): Video Abrufbar unter AACHENER TAG DER LUFTQUALITÄT | Heinz Trox-Stiftung (heinz-trox-foundation.com)

[11] Foldbjerg, Wargocki, Eriksen (2014): Socio-economic consequences of Improved Indoor Air Quality in Danish primary Schools, ResearchGate

[12] MBWK SH,2021: Corona-Schulinformation 2021 - 047

[13] Warner, Wyon:Temperature and school performance: Indoor air quality, scintific resource bank, berkeley lab Temperature and School Performance | Indoor Air Quality (lbl.gov), Abruf 06.11.2021, 

[14] MBWK SH,2021: Corona-Schulinformation 2021 047, 2.Seite,  4.Abs.

[15] Umweltbundesamt, Das Risiko einer Übertragung von SARS-CoV-2 in Innenräumen lässt sich durch geeignete Lüftungsmaßnahmen reduzieren, Stellungnahme der Kommission Innenraumlufthygiene, 12.08.2020

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