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Geschäftliche Mitteilung - 1169/2021
Grunddaten
- Betreff:
-
Sachstand zum Anschluss an ein hochwertiges ÖPNV-System für den Kieler Süden und Norden
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Der Oberbürgermeister
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Geplant
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Bauausschuss
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Kenntnisnahme
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Dec 2, 2021
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Sachverhalt/Begründung
I. Anlass
Die Ratsversammlung stellte am 18.11.2021 den Antrag, im Rahmen des Verfahrens zur Stadtentwicklung für den Kieler Süden (StadtDorf Meimersdorf) eine Anschlussmöglichkeit (mindestens einen Zu- und Ausstieg) für ein hochwertiges ÖPNV-System im Zentrum des neu zu errichtenden StadtDorfes Meimersdorf sicherzustellen (Drs. 1030/2021).
II. Inhaltlicher Sachstand der Tram und BRT-Planung im Rahmen der Trassenstudie
Die Ende 2019 abgeschlossene Grundlagenstudie kam bereits zu dem Ergebnis, dass der Kieler Norden und der Kieler Süden für ein erstes Kernnetz, also erste Realisierungsstufen eines Tram- oder BRT-Systems, nicht ausreichend Nachfragepotenzial aufweisen. Die Bewertungsgrundlage für die Nachfragepotenziale umfasst neben den bestehenden Wohn-, Gewerbe- sowie Bildungs- und Nahversorgungsstandorten auch die in Planung befindlichen Stadtentwicklungen, wie beispielsweise die Bereichsplanung im Kieler Süden. Der Kieler Norden und der Kieler Süden weisen allerdings Nachfragepotenziale als Erweiterungsstrecken auf, wenn über die bisherigen Planungen hinaus städtebauliche Entwicklung erfolgt. Die Planungen des StadtDorfes und des MFG-5-Geländes allein reichen nicht aus. Diese erste grobe Bewertung aus der Grundlagenstudie wird aktuell im Rahmen der Trassenstudie genauer untersucht und bewertet. Erste Ergebnisse bestätigen die Annahmen aus der Grundlagenstudie.
Die aktuell in Arbeit befindlichen Trassenstudie besagt, für die perspektivischen Erweiterungsstrecken des Kernnetzes mehrere Varianten weiterzuverfolgen.Im Rahmen der Trassenstudie wurden bisher ausschließlich Erweiterungen innerhalb des Stadtgebiets der Landeshauptstadt Kiel betrachtet, zwei Schwerpunkte liegen dabei auch auf den Bereichen nördlich des Nord-Ostsee-Kanals sowie im Kieler Süden (Wellsee, Meimersdorf, Moorsee etc.). Die möglichen Erweiterungsstreckenvarianten wurden in einem mehrstufigen Verfahren gefiltert und gewertet:
In einem ersten Schritt wurden neun potenzielle Erweiterungskorridore ermittelt, die sich außerhalb der vom Kernnetz erschlossenen Korridore befinden. Anschließend wurden sich aufdrängende Streckenvarianten in diesen Korridoren gebildet und auf ihre grundsätzliche und technische Machbarkeit geprüft (Betrachtung von Konflikten bezüglich Kurvenradien, Längsneigungen, Ingenieurbauwerken, Eingriffe in Bausubstanz/Privatgrund, schutzwürdige Natur- und Grünräume etc.).
Nach Ausschluss der grundsätzlich und technisch nicht realisierbaren Varianten wurden die übrigen Varianten hinsichtlich ihrer verkehrlichen Potenziale bewertet. Diese Bewertung fußte im Wesentlichen auf der Betrachtung der Einwohnergleichwerte (gesamt und je Streckenkilometer), die jeweils für den Einzugsradius von 300 m und 480 m um die Haltestellen ermittelt wurden. Die so entstehenden Ergebnisse führten letztlich zur Rangfolge der verschiedenen Erweiterungsstreckenvarianten. Zudem erfolgte ein Abgleich mit den Werten für die Korridore des Kernnetzes, um eine gesamthafte Betrachtung der Potenziale im Verhältnis zu den bereits untersuchten Strecken zu ermöglichen.
Auf Basis dieser Untersuchung wurde bestätigt, dass die Erweiterungsstrecken geringere verkehrliche Potenziale aufweisen als die Strecken im Kernkorridornetz. Eine Aufnahme der untersuchten Varianten in das Kernkorridornetz wird damit nicht empfohlen, weshalb sie für eine erste Inbetriebnahmestufe zurückgestellt und als potenzielle, spätere Erweiterungen untersucht werden.
Potenziale als Erweiterungsstrecken weisen nach der ersten Bewertung der Trassenstudie die drei Varianten Richtung Düsternbrooker Weg, Richtung Brunswiker Straße und Richtung Südfriedhof auf. Sie werden zur Weiterverfolgung als Erweiterungsstrecken empfohlen. Eine Empfehlung zur Weiterverfolgung in Abhängigkeit der weiteren Stadtentwicklung im Korridorumfeld wird für die drei Varianten in Richtung Kieler Norden, Richtung Kieler Süden sowie in Richtung Suchsdorf-West gegeben (siehe Anlage 1).
Aufgrund des hohen baulichen Aufwandes, insbesondere zur Überwindung der räumlichen Barrieren im Norden (Kanal) und Süden (Bahnstrecken, Planungen zur A21, B76), ist auch unter Berücksichtigung der gegenwärtig geplanten städtebaulichen Entwicklung mit der zu erwartenden Nachfrage die Wirtschaftlichkeit dieser Varianten deutlich geringer als im Kernnetz. Um für eine eventuelle zukünftige, intensivere Nutzung dieser Gebiete eine Erweiterung an das Kernnetz zu ermöglichen, wird dennoch vorgeschlagen, soweit es möglich und verhältnismäßig ist, Trassen für diese Streckenvarianten offenzuhalten.
II.a Sachstand Bereichsplanung Kieler Süden
Im Kieler Süden wurden nach Abschichtung aller grundsätzlich und technisch machbaren Varianten zwei Varianten identifiziert, die zur weiteren Verfolgung im Falle einer intensiveren städtischen Nutzung (über das Maß der vorgesehenen Nutzung hinaus) empfohlen werden können (siehe Anlage 1 und 2).
Bereits in seiner Sitzung am 21.08.2019 hatte der Ortsbeirat Meimersdorf/Moorsee einen Antrag gestellt, dass die Verwaltung prüfen möge, wie sich die Planungen zum hochwertigen ÖPNV frühzeitig in die Rahmenplanung Kieler Süden integrieren lässt (Drs. 0823/2019). Um eine abschließende Beratung über den Antrag des Ortsbeirates zu ermöglichen, legte die Verwaltung eine Geschäftliche Mitteilung vor (Drs. 1084/2019). Vor diesem Hintergrund lehnte der Wirtschaftsausschuss am 27.11.2019 und der Bauausschuss am 05.12.2019 den Antrag des Ortsbeirates ab. Somit folgte die Selbstverwaltung mehrheitlich der Empfehlung der Verwaltung, dass eine perspektivische Anbindung des Kieler Südens an ein hochwertiges Nahverkehrssystem als Erweiterungsstufe über eine Außenanbindung (Endhaltestelle am Siedlungsrand) des in Planung befindlichen Gebiets geprüft werden sollte, da die Rahmenplanung bereits weit fortgeschritten war und eine Anpassung der Rahmenplanung zu einer mehrjährigen Verzögerung der Planung und des Baubeginns geführt hätte. Vor diesem Hintergrund wurde die Rahmenplanung zum Kieler Süden fortgeführt und inzwischen einschließlich Gestaltungshandbuch und Energiekonzept am 17.03.2021 im Ortsbeirat Meimerdorf/Moorsee vorgestellt.
Trotz des im August 2021 überraschenden Investorenwechsels – die BPD übernahm die Entwicklungs- und Grundstücksanteile von der LEG/DSK-BIG – stehen die auf Grundlage der zwischen den Vorhabenträgern BPD und TPB sowie der Verwaltung abgestimmten Rahmenplanung und Vertragsverhandlungen kurz vor einem Abschluss. Eine Beratung und Beschlussfassung durch die Selbstverwaltung ist nach derzeitiger Einschätzung zum Jahresbeginn, im 1. Quartal 2022 zu erwarten. BPD strebt an, die Rahmenplanung in der vorliegenden abgestimmten und bereits im Ortsbeirat vorgestellten Fassung baldmöglichst im Bauausschuss beraten und beschließen lassen zu können.
Eine Erörterung der Frage, ob eine Tram- oder BRT-Trassenführung nicht nur über die Außenanbindung, sondern eventuell auch im Mischverkehr (Kombination vom Kfz-Verkehr und trassengebunden ÖPNV auf einer Fahrbahn) in das geplante Gebiet geführt werden kann, könnte parallel zur Bauleitplanung zusammen mit den neuen Vorhabenträgern geprüft werden. Flächenverluste zu Lasten des Wohnbaulandes werden voraussichtlich weiterhin anzunehmen sein.
II.b Sachstand zum Kieler Norden
Für die Anbindung des Kieler Nordens mit dem hochwertigen ÖPNV-System ist die Querung des Nord-Ostsee-Kanals zentrale Voraussetzung. Für einen möglichen späteren Anschluss wurden Streckenführungen in den Kieler Norden abgehend von der Prinz-Heinrich-Straße untersucht und eine mögliche Auswahl identifiziert. Bei der Bewertung der dort erarbeiteten Streckenvarianten blieben nach Prüfung der grundsätzlichen und technischen Machbarkeit sowie der errechneten Einwohnergleichwerte zwei Varianten übrig. Die in beiden Varianten erreichten Einwohnergleichwerte sind jedoch nicht hoch genug, um eine direkte Empfehlung im Rahmen der ersten Inbetriebnahmestufen (Kernnetz) zur Weiterverfolgung auszusprechen, sondern in Abhängigkeit der weiteren Stadtentwicklung und einer möglichen intensiveren städtischen Nutzung (Wohnen, Arbeiten, Bildung etc.) diese Streckenvarianten offenzuhalten. Dies wird bei der Entwicklung von Holtenau-Ost bereits sichergestellt.
Im Rahmen der o.g. Untersuchungen wurde beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV SH) angefragt, ob im Falle einer Erweiterung des Netzes über den NOK eine Eigentrasse für das Tram- und BRT-System gleichermaßen realisierbar wäre. Nach Einschätzung des LBV SH ist aus entwurfstechnischer Sicht eine eigene Trasse über die Hochbrücken „eindeutig zu verneinen“. Somit wurden keine weiteren technischen Untersuchungen (Statik, Konstruktion, etc.) zur Brücke durchgeführt. Für die zukünftige Realisierung einer Eigentrasse wäre somit die Errichtung eines neuen Brückenbauwerks erforderlich. Die Olympiabrücke ist im Jahr 1972 fertiggestellt worden, die zweite Prinz-Heinrich-Brücke im Jahr 1996, sodass bei der anzusetzenden technischen Nutzungsdauer von 100 Jahren die mögliche gemeinsame Erneuerung inkl. ÖPNV Trasse in ferner Zukunft liegen würde.
Für das weitere Vorgehen bedeutet dies, dass insbesondere geprüft werden muss, wo eine zukünftige ÖPNV-Trasse den NOK mit einem Brückenbauwerk queren könnte. Sollten zukünftig weitere städtebauliche Maßnahmen eine ausreichend bündelbare Nachfrage entlang der Trasse und somit einen ausreichenden Nutzen-Kosten-Faktor ermöglichen, so muss schon heute sichergestellt werden, dass zwischenzeitliche Planungen und Baumaßnahmen im Trassenbereich eine mögliche spätere Umsetzung der Erschließung des Kieler Nordens nicht verhindern. Die Vorhaltung einer entsprechenden Trasse wird dafür beispielsweise bei der Entwicklung auf dem Holtenau-Ost Gelände bereits berücksichtigt und sichergestellt.
Zwar wäre für das System BRT eine Führung im Mischverkehr über den Kanal grundsätzlich möglich, allerdings würde dies zu Störungsanfälligkeiten führen, die durch ein trassengebundenes ÖPNV-System ausgeschlossen werden sollten. Insofern muss zumindest für eine mögliche Übergangsphase hier das heutige Busnetz entsprechend dem zukünftigen Bedarf angepasst werden, Hierbei muss der Kieler Norden eine attraktivere Anbindung durch Schnellbuslinien in die Innenstadt bzw. Linien zu möglichen Umsteigepunkten zum hochwertigen ÖPNV-System erhalten. Derartige Verknüpfungspunkte sind derzeit in Kiel-Holtenau (Ecke Prinz-Heinrich-Str./Oskar-Kusch-Str.) und Kiel-Wik (Ecke Prinz-Heinrich-Str./Schleusenstraße) geplant.
III. ÖPNV-Verbesserung
Um im Zuge der ersten Inbetriebnahmestufen eines Tram- oder BRT-Systems auch im Kieler Norden und Süden eine verbesserte ÖPNV-Anbindung zu gewährleisten, werden diese Gebiete im Rahmen der Trassenstudie im zu erarbeitenden städtischen Gesamt-ÖPNV-Netz untersucht (siehe Anlage 3). So sind beispielsweise nach aktuellem Planungsstand für den Kieler Norden mehrere Expressbuslinien vorgesehen, die eine direkte, dicht getaktete und schnelle Anbindung an das Stadtzentrum mit Umsteigemöglichkeiten zum Tram-/BRT-System ermöglichen.
Auch für den Kieler Süden sind weitere Angebotsverbesserungen im Busverkehr durch dichtere Takte und eine infrastrukturelle und verkehrstechnische Priorisierung des ÖPNV vorgesehen, um auch hier einen stabileren Betrieb und schnellere Beförderungszeiten im Vergleich zum Status Quo zu erreichen. In den letzten Jahren ist hier bereits die Leistung auf den Linien 41/42 nach Meimersdorf auf einen 15-Minuten-Takt verdoppelt worden. Die Bedienung zwischen den Stadtteilen wurde in der Folge ebenfalls nachgebessert. Auch in Richtung Wellsee und Schlüsbek/Moorsee ist die Busleistung deutlich ausgebaut worden. Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021 werden hier dann alle noch verbliebenen Anruf-Linien-Taxi-Fahrten durch regulär verkehrende Busse ersetzt und die Linie 43 zum CITTI-Park verlängert. So entstehen aus dem Kieler Süden zusätzliche attraktive Direktverbindungen.
Die Weiterentwicklung des gesamten ÖPNV-Netzes erfolgt über den 6. Regionalen Nahverkehrsplan (RNVP). Der Eigenbetrieb Beteiligungen bereitet derzeit den 6. RNVP vor und prüft in diesem Rahmen, welche Maßnahmen kurz- und mittelfristig zur Verbesserung des ÖPNV-Angebots auch vorbereitend und vor der Einführung eines Tram- oder BRT-Systems umgesetzt werden könnten.
IV. Stellungnahme der Verwaltung zum Antrag „Anschluss an ein hochwertiges ÖPNV-System für den Kieler Süden und Norden“
Eine Entscheidung, die Rahmenplanung Kieler Süden dahingehend zu überarbeiten, eine Haltestelle in das Zentrum des geplanten Stadtteils zu integrieren und auf einer eigenen Trasse anzubinden, würde - wie bereits 2019 (vgl. Drs. 1084/2019) dargelegt - eine grundlegende Überarbeitung der Rahmenplanung erforderlich machen. Neben erheblichen und unabsehbaren zeitlichen Verzögerungen durch Neuverhandlungen und Neuplanungen, müsste ein Vertrauensverlust der Investoren in die Verlässlichkeit der politischen Entscheidungen und der getroffenen Vereinbarungen mit der Landeshauptstadt in Kauf genommen werden.
Daher empfiehlt die Verwaltung, die Rahmenplanung nicht anzupassen, sondern auf Basis des Rahmenplans parallel zum Bauleitplanverfahren eine Anschlussmöglichkeit für ein hochwertiges ÖPNV-System im Zentrum des neu zu errichtenden StadtDorfes Meimersdorf zu prüfen. Die Verwaltung wird sich parallel zum Bauleitplanverfahren gegenüber dem Investor dafür einsetzen, eine Mischtrasse im StadtDorf offenzuhalten. Die Mischtrasse ist gegenüber einer eigenständigen Trasse mit deutlich weniger Eingriffen in das Planungsgebiet und erheblich weniger finanziellen Aufwendungen (Baulandverlust) verbunden.
Für eine gute und attraktive Anbindung des Kieler Südens an die Innenstadt gilt weiterhin, dass diese im Zusammenhang mit den Maßnahmen des Bundes zum Ausbau der B 404 zur A 21 zwischen Neumeimersdorf und dem Barkauer Kreuz und den Planungen der Stadt für eine Premiumradroute in den Kieler Süden betrachtet und gedacht werden müssen. Eine weitestgehend störungsfreie und schnelle ÖPNV-Trasse in die Innenstadt ist die Voraussetzung für eine hochwertige ÖPNV-Anbindung des Kieler Südens.
Die Erläuterungen zu den ersten Zwischenergebnissen „Busnetzplanung als Ergänzung zum neuen ÖPNV-System“ sowie den „Erweiterungsmöglichkeiten des ÖPNV-Netzes im Stadtgebiet“ wurden auf dem Bürger*innenforum zur Tram- und BRT-Planung am 12. und 13. November öffentlich vorgestellt. Die Vorträge können auf dem Blog www.kielmobil.blog sowie auf der Projektwebsite www.kiel.de/mobil als Videoaufzeichnung abgerufen werden:
Bürger*innenforum zur Tram- und BRT-Planung – Kielmobil .
Die Rückmeldungen aus der Beteiligung werden aktuell ausgewertet. Es wird dazu eine Dokumentation erarbeitet.
Dr. Ulf Kämpfer
Oberbürgermeister
Anlagen:
Anlage 1: Karte zur ersten Bewertung möglicher Erweiterungen
Anlage 2: Zusammenfassung der Erweiterungsvariantenbewertung
Anlage 3: Busnetz
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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1
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(wie Dokument)
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4,8 MB
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2
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(wie Dokument)
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1,5 MB
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3
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(wie Dokument)
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4,2 MB
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