Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 1214/2021
Grunddaten
- Betreff:
-
Wasserstoffregion KielRegion (HyExperts)
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Umweltschutzamt
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Innen- und Umweltausschuss
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Kenntnisnahme
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Feb 1, 2022
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Erledigt
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Wirtschaftsausschuss
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Kenntnisnahme
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Feb 23, 2022
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Sachverhalt/Begründung
Anlässlich des Endberichts zum Projekt HyStarter KielRegion vom April 2021 wurde die Verwaltung, in dem Interfraktionellen Antrag "Wasserstoffregion KielRegion“ (Drs. 0571/2021) gebeten, die angedachte Zeitplanung und konkreten Fragestellungen, die im Zusammenhang mit dem Einsatz von Wasserstoff stehen, zu forcieren.
Die Landeshauptstadt Kiel hat sich unterdessen stellvertretend für die KielRegion erfolgreich um die Projektteilnahme im HyExperts-Programm beworben. Damit stehen für die weiteren Machbarkeitsstudien und Beratungsleistungen bis Mitte 2023 400.000 € vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Verfügung.
Bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung für die Vergabe der Berater*innenleistung an eine*n externe*n Dienstleister*in wurden dabei die Fragestellungen und Anregungen des interfraktionellen Antrags "Wasserstoffregion KielRegion“ (Drs. 0571/2021) berücksichtigt.
Ziel der HyExperts-Phase ist es, die regionalen Windkraft- und PV-Potenziale zu nutzen und das Verbundprojekt entlang der Wertschöpfungskette voranzutreiben, um eine Wasserstoffhochlaufstrategie für die KielRegion zu entwickeln. Diese soll sich in die Mobilitäts-, Stadtentwicklungs- und Klimaschutzziele integrieren. Übergeordnetes Ziel der HyExperts-Phase ist es, lokale Akteur*innen und bestehende Projekte zu koordinieren. Es gilt die H2-Wissensgrundlage in der Region zu verbessern, Projektideen zu konkretisieren und eine regionale Umsetzungsstrategie ins Leben zu rufen. Bis Mitte 2023 sollen über die HyExperts-Förderung Umsetzbarkeiten geprüft und Pilotvorhaben angestoßen werden.
Parallel dazu gibt auch weitere privatwirtschaftliche Überlegungen. So wurde erst Ende Dezember bekannt, dass ein regionales Firmenkonsortium im Sommer 2023 eine Wasserstofftankstelle in Kiel in Betrieb nehmen will. Das konnte in den folgenden Antworten noch nicht berücksichtigt werden, wird aber natürlich Einfluss auf die weiteren Überlegungen haben.
Einige Fragen der Drucksache 0571/2021 können schon zum jetzigen Zeitpunkt beantwortet werden:
- Wie wird im Bereich des ABK-Kiel eine Umsetzung der ab August 2021 greifenden Vorgaben der Clean Vehicles Directive der EU auch durch den kurzfristigeren Einsatz von Abfallsammelfahrzeugen mit Wasserstoff-Brennstoffzellen und Elektromotor (FCHV-Fahrzeuge) möglich?
Der ABK spielt eine wichtige Rolle beim städtischen Fuhrparkmanagement, da die Anschaffung und Pflege sämtlicher städtischer Dienstwagen und Fahrzeuge über den ABK läuft.
Für Kleinfahrzeuge werden grundsätzlich Elektro-Antriebe eingesetzt - soweit wirtschaftlich und am Markt verfügbar.
Für Großfahrzeuge und Schwerlastverkehr besteht zum jetzigen Zeitpunkt keine Möglichkeit zum Einsatz von FCHV-Fahrzeugen, da folgende Voraussetzungen derzeit nicht erfüllt sind:
1) Marktverfügbarkeit von serienreifen Abfallsammelfahrzeugen,
2) vorhandene Wasserstoffinfrastruktur-Versorgung (Tankstelle),
3) ausreichende Haushaltsmittel zur Deckung der Beschaffungskosten (ca. 870.000 € pro Fahrzeuges, davon ca. 570.000 € Mehrkosten gegenüber einem konventionellen Fahrzeug; von 44 Fahrzeugen stehen 12 zum Austausch an),
4) kurzfristig zur Verfügung stehende Fördermittel zur Deckung der Mehrkosten. Alle Fördermöglichkeiten werden jedoch aufmerksam verfolgt.
- Inwiefern können auch bei den in Kiel fahrenden Bussen von KVG, Autokraft und VKP Vorgaben der Clean Vehicles Directive durch Einsatz von Fuel Cell Hybrid Vehicles (FCHV) erfüllt werden – insbesondere dort, wo die Umläufe der Busse den Einsatz rein batterieelektrischer Fahrzeuge deutlich erschweren?
Wie im 2. Sachstandsbericht E-Mobilität im ÖPNV mit Konzeptfortschreibung (Drs. 0628/2021) berichtet und von der Ratsversammlung beschlossen, strebt die KVG bis 2030 eine Vollelektrisierung der Bus-Flotte sowie die Schaffung der dafür nötigen komplexen Infrastruktur an. Die technischen Entwicklungen im Bereich Wasserstoff werden beobachtet, werden derzeit jedoch nicht als vorteilhafter als den Einsatz von Batterien erachtet und sind daher derzeit nicht Teil von Betriebskonzepten. Auch die langlaufenden Linien (z.B. 12,13, 14, 15, 91) können in den kommenden Entwicklungsschritten mit batterieelektrischen Bussen bestück werden, sofern die Möglichkeit des Nachladens an Endhaltestellen besteht. Dieses ist bereits für die Jahre bis 2025 geplant. Bei weiteren Linien, für die an den jeweiligen Endhaltestellen keine Möglichkeit des Nachladens bestehen, wäre der Einsatz von Brennstoffzellen als sog. ‚Range-Extender‘ technisch sehr sinnvoll. Da für die Konzeptionierung, die für die Jahre nach 2026 bis 2030 zugrunde zu legen ist, noch etwas Zeit für Forschung & Entwicklung auch im Segment der Energiespeicher aber auch der Wasserstofftechnologie besteht, ist die Entscheidung hierfür noch nicht heute zu treffen.
Im Rahmen des HyExperts-Phase wird der KVG eine Analyse hinsichtlich des Einsatzes von Wasserstoff angeboten.
Auf die Entscheidungen der Autokraft und VKP hat die Stadtverwaltung Kiel keinen Einfluss. Sie sind jedoch Akteure im HyExperts-Projekt und werden in die Analyse aktiv eingebunden.
- Welche Einbindung Wasserstoff-basierter Fahrzeuge ist im Bereich des Seehafen Kiel (Traktoren, Mulis, Schiffe etc.) möglich?
Der Einsatz von alternativer Antriebsarten wurde vom Seehafen Kiel geprüft. Derzeit spielt beim Antriebsartwechsel nur die Elektrifizierung eine Rolle, da v.a. im Bereich Schwerlast keine gleichwertigen, wirtschaftlichen Substitute am Markt erhältlich sind.
Tugmaster werden derzeit mit Dieselantrieb betrieben, sind perspektivisch evtl. mit Wasserstoffantrieb einsetzbar.
Im Rahmen der Beschaffung von neuen Schiffen im Fährbetrieb, haben sich elektrische und Hybridantriebe als am vorteilhaftesten erwiesen. Wasserstoff ist derzeit noch nicht auf dem entsprechenden Entwicklungsstand. Die aktuellen technischen Entwicklungen werden jedoch verfolgt.
- Welche Potenziale ergeben sich somit für den Wasserstoffabsatz an Wasserstofftankstellen in Kiel oder der KielRegion?
Eine erste Hochrechnung der HyStarter-Phase ergab ab 2030 einen jährlichen maximalen Bedarf für Verkehr (insbesondere Schwerlastverkehr) von ca. 850 tH2/a in Kiel und 2.178 tH2/a in der gesamten KielRegion.
Die Fragestellung wird im aktuell laufenden Projekt „HyExperts KielRegion“ weitergeführt und mit diversen Akteur*innen abgeglichen.
- Wie könnte die Versorgung einer solcher Tankstelle mit grünem Wasserstoff gestaltet werden? (Bezug aus anderen Regionen in Schleswig-Holstein oder Identifikation geeigneter Standorte in der KielRegion, z. B. der Stadtwerke Kiel oder der MVK) und wer könnte als Betreiber einer solcher Tankstellen in Frage kommen?
Für eine erste Übersicht über die grüne Wasserstoffproduktion in der KielRegion steht der HyStarter-Endbericht zur Verfügung. Dort wurde herausgearbeitet, dass durch Windkraftanlagen und PV-Freiflächenanlagen, die aus der EEG-Förderung fallen, grüner Wasserstoff mittels Elektrolyse produziert werden könnte. Auch die Nutzung des Stroms der MVK wird als technische Möglichkeit gesehen.
Die MVK verfolgt aktiv die technischen Entwicklungen zum Thema Wasserstoff, umsetzungsnahe Projekte haben sich daraus bisher nicht ergeben.
Überlegungen zum Betrieb von Wasserstofftankstellen gibt es derzeit weder seitens der MVK noch der Stadtwerke Kiel AG.
Im Rahmen der HyExperts-Phase wird untersucht, wo in der KielRegion geeignete Standorte für den Aufbau von Wasserstofftankstellen wären und wie ein Betreibermodell aussehen könnte. Dazu werden unterschiedliche lokale Tankstellenbetreiber*innen in den HyExperts-Prozess eingebunden.
Grundsätzlich gilt, dass die Wasserstofftechnologie in den meisten Einsatzbereichen noch zu weit entfernt von der Umsetzung ist. Vor dem Hintergrund der zu schaffenden komplexen Infrastruktur, kann eine Umstellung auf Wasserstofftechnologie nicht adhoc erfolgen, sondern bedarf einer strategischen Vorbereitung. Diese soll durch die HyExperts-Förderung gewährleistet werden.
Dieser langfristige Prozess der Vorbereitung des Wasserstoffhochlaufs spiegelt sich beispielsweise im Bestreben der Stadtwerke Kiel GmbH wider, die Gespräche mit dem Motorenhersteller des Küstenkraftwerks aufgenommen haben und ihre Motoren ab 2033 zu 25% und ab 2040 zu 100% mit H2 betreiben wollen.
Die folgenden Fragen aus dem interfraktionellen Antrag "Wasserstoffregion KielRegion“ (Drs. 0571/2021) sind daher weiterer Untersuchungsgegenstand des Projektes HyExperts, welches unter der Projektleitung der KielRegion GmbH und Mitwirken von Akteur*innen der Verwaltungen, der Wirtschaft, den Energieversorgern, der IHK und KiWi aktuell bearbeitet wird. Sie werden im Projektverlauf beantwortet werden:
- Welche in Kiel oder auch der KielRegion angesiedelten privaten Unternehmen haben mit Schwerlastverkehren (Speditionen, unternehmenseigene Verteilverkehre etc.) ein grundsätzliches Interesse an einem kurzfristigen Einstieg in die Wasserstoffmobilität?
- Welche Unternehmen planen in Kiel oder der KielRegion Wasserstoff für technische Prozesse verwenden oder planen deren Verwendung zukünftig?
- Wie kann eine regionale Wasserstoffwirtschaft beschleunigt aufgebaut werden?
- Wie können Innovationen insbesondere aus dem Kieler Hochschulumfeld Produkte und Dienstleistungen von Wasserstofftechnologien befördern?
- Welche Potenziale bestehen in der KielRegion durch die industrielle Fertigung von Bausteinen der Wasserstoffwirtschaft (Elektrolyseure, Brennstoffzellen, Fahrzeuge, Kompressoren u.a. oder Komponenten für diese Elemente), Dienstleistungen etc.?
- Welche Investor*innen können zu entsprechenden Tätigkeiten in der KielRegion motiviert werden?
Doris Grondke
Stadträtin für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt