Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 0670/2022
Grunddaten
- Betreff:
-
Sachstand und weiteres Verfahren zum Projekt Holstein-Stadion
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Dezernat IV
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Ausschuss für Schule und Sport
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Kenntnisnahme
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Sep 8, 2022
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Kenntnisnahme
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Sep 15, 2022
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Sachverhalt/Begründung
Einführung
Am 19.05.2022 beauftragte die Ratsversammlung die Verwaltung, mit der zuschlagsberechtigten Bieterin für den Bau und Betrieb des Holstein-Stadions einen Erbbaurechtsvertrag zu schließen und den Zuschlag nach Abgabe des finalen Angebots zu erteilen (Drs.0348/2022).
Die Stadiongesellschaft informierte die Stadt kurz darauf, dass die Baukosten nach Auswertung aktueller Angebote auf 110 Mio Euro kalkuliert wurden und somit bei der Finanzierung eine Deckungslücke von 40 Mio Euro entstünde. Die Stadiongesellschaft teilte mit, dass sie unter diesen Bedingungen nicht wie vorgesehen für den Bau und den späteren Betrieb zur Verfügung stehen kann. Grundsätzlich sei man allerdings bereit, sich an zukünftigen Investitionen beim Stadionprojekt zu beteiligen.
Aus diesem Grund wurde das Verfahren bis auf weiteres ausgesetzt. Mit dieser Geschäftlichen Mitteilung informiert die Verwaltung über das geplante weitere Vorgehen.
Sachstand zum weiteren Verfahren
Eine Erhöhung der Zuwendungen durch Land und Stadt im bisherigen Verfahren ist ausgeschlossen. So könnte eine höhere Beteiligung der öffentlichen Hand dazu führen, dass die Voraussetzungen gem. Art. 4 Abs. 1 z) bb) AGVO nicht mehr erfüllt sein könnten, die geplante Beihilfe bei der EU-Kommission zu notifizieren wäre und bis zu einer Genehmigung nicht ausgezahlt werden könnte (Art. 108 Abs. 3 S.1 und 3 AEUV). Zum anderen würde eine erhebliche Anhebung der Fördersumme bzw. eine sonstige Beteiligung der öffentlichen Hand an dem Projekt eine Neuausschreibung erforderlich machen, da dies als „wesentliche“ Änderungen an den Ausschreibungsbedingungen im Sinne des § 132 GWB anzusehen ist.
Eine Neujustierung des Projektes ist daher notwendig.
Erklärtes Ziel ist es weiterhin, einen wettbewerbsfähigen Stadionbau effizient und zügig zu realisieren und dabei möglichst sämtlichen Belangen und Interessen gerecht zu werden.
Aus diesem Grund soll die beratende Kanzlei mit einem Prüfauftrag betraut werden, unter welchen gesellschaftsrechtlichen und finanziellen Modellen ein ligataugliches Stadion alternativ gebaut und betrieben werden könnte. Ein Blick auf andere Städte zeigt, dass es eine Vielzahl von Varianten sowohl im Hinblick auf die Struktur als auch für die Finanzierung eines solchen Projektes gibt.
Ein denkbares und aktuell favorisiertes Modell könnte eine von der Stadt zu gründende Gesellschaft gegebenenfalls unter Beteiligung des Vereins KSV Holstein Kiel sein, der das Stadiongrundstück überlassen werden könnte.
Die Finanzierung des Stadionbaus erfolgt sodann mit Mitteln der Gesellschaft aus Förderung, Einlagen und möglichen Krediten. Der Verein könnte unter Umständen mit Unterstützung eines Investors ca. 20 Mio. Euro in die Gesellschaft einbringen. Die darüber hinaus anfallenden Aufwände könnten über einen Kommunalkredit finanziert werden. Neben der zentralen Frage, welche Gesellschaftsform idealerweise gewählt werden sollte, ist auch die Frage zu klären, wie ein Investor die seinerseits zur Verfügung stehenden Mittel beispielsweise zugunsten des Vereins in die Projektstruktur einfließen lassen kann.
Allerdings sind auch bei der Umsetzung des Stadionprojektes durch eine kommunale Gesellschaft die Voraussetzungen des EU-Beihilfenrechts einzuhalten, da der Bau und/oder Betrieb eines Stadions als wirtschaftliche Tätigkeit einzuordnen ist. Daher sind die Voraussetzungen von Art. 55 Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) (einschließlich der für Sportinfrastrukturen geregelten Förderhöchstgrenzen betreffend finanzielle und sonstige Leistungen) einzuhalten bzw. Leistungen zu marktüblichen Bedingungen zu gewähren. Alternativ ist das Vorhaben bei der EU-Kommission zu notifizieren. In diesem Fall ist eine nicht unerhebliche Verfahrensdauer zu berücksichtigen.
Zweck der Gesellschaft ist die Planung und der Bau des Holstein-Stadions, welche sich an den Bedürfnissen des Vereins für den Spielbetrieb orientiert. Der spätere Betrieb wird gesondert zu regeln sein.
Dieses Modell kann voraussichtlich rechtlich so gestaltet werden, dass die Gründung der Gesellschaft, unter Beteiligung insbesondere des Vereins und gegebenenfalls auch des Investors, selbst keine erneute Ausschreibung notwendig ist. Ein Projektstart könnte damit zeitnah und auf effiziente Weise sichergestellt werden.
Um die Beteiligung Dritter an einer solchen Gesellschaft vergabefrei zu ermöglichen, muss insbesondere sichergestellt werden, dass mit der Gesellschaft keine Leistungsbeziehungen oder Gewinne eines privaten Gesellschafters generiert werden und sich die Tätigkeit der Gesellschaft aus Sicht des privaten Gesellschafters in eben dem festgelegten Zweck) erschöpft (Beteiligung an den Kosten der erforderlichen Planungs- und Bauleistungen. Die Gesellschaft selbst muss diese Leistungen im Rahmen einer Ausschreibung am Markt beschaffen.
Unabhängig von der Gesellschaftsform und dem Finanzierungsmodell muss das Stadion in seiner Ausführung überplant werden, um die Gesamtkosten auf ein finanzierbares Maß zu reduzieren.
Um von den Erfahrungen anderer Städte zu profitieren, wird die Verwaltung Stadien mit vergleichbaren Strukturen heraussuchen und den Erfahrungsaustausch mit den dortigen Stadtverwaltungen und Entscheidungsträgern suchen. Hier bietet sich insbesondere die Stadt Freiburg an, die kürzlich ein neues Stadion in einem ähnlichen gesellschaftsrechtlichen Rahmen eröffnet haben.
Der nächste Schritt:
Im nächsten Schritt müssen im Rahmen der weiteren Ausgestaltung unter Beachtung des Kommunal-, Beihilfe- und Vergaberechts u.a. folgende Fragen bewerten werden:
- Wer soll und darf sich neben der Landeshauptstadt an der Gesellschaft beteiligen? Ist es sinnvoll, dass sich ein Investor direkt oder über den Verein einbringt?
- Wie können die vorhandenen Mittel - und ggfs. auch das Stadiongrundstück - in die Gesellschaft eingebracht werden?
- Wie kann die voraussichtlich vorhandene Finanzierungslücke möglichst wirtschaftlich geschlossen werden?
- Wie kann der Planungsprozess unter Einbindung des Vereins so gestaltet werden, dass mit den vorhandenen Mitteln das möglichst wirtschaftlichste und nachhaltigste Ergebnis erzielt werden kann?
- Was ist im Hinblick auf die Strukturierung der künftigen Betreibung bereits vorzudenken?
Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres die Grundlage für die Gründung einer Gesellschaft vorzubereiten und die Selbstverwaltung damit zu befassen.
Es gilt nun, auf die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angemessen zu reagieren und die Zukunft für den Ausbau und Erhalt einer Sportstätte wie dem Holstein-Stadion für die Landeshauptstadt zu sichern bzw. in eine moderne und zukunftsorientierte Betriebsform zu überführen.
Gerwin Stöcken
Stadtrat
