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Antrag der Verwaltung - 0460/2023
Grunddaten
- Betreff:
-
Alte Mu: Wohnen und Wirken. Das kreative Dorf in der Stadt Kiel / Investitionszuschuss zur Finanzierung der Planungsphase
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Antrag der Verwaltung
- Federführend:
- Referat für Wirtschaft
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Finanzausschuss
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Entscheidung
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May 9, 2023
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●
Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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May 11, 2023
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May 12, 2023
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Antrag
Antrag:
- Um die Finanzierung der Planungsphase des Projektes „Wohnen und Wirken. Das kreative Dorf in der Stadt Kiel“ der Alten Mu eG zu sichern, wird einem städtischen Zuschuss in Höhe von 1.000.000 € zugestimmt. Dieser Zuschuss erfolgt im Vorgriff auf die zurzeit geplante investive Förderung und wird zu gegebener Zeit mit dieser verrechnet.
- Für den Investitionszuschuss und zur haushalterischen Deckung der Verpflichtung zur Leistung dieses Zuschusses in Höhe von einer Million € wird auf der Grundlage von Haushaltsmitteln, die in 2023 bzw. 2024 nicht für ihren eigentlichen Zweck gebunden werden können, folgendes beschlossen:
- Einer außerplanmäßigen investiven Auszahlung im Teilplan 571 (Wirtschaftsförderung) bei der Investitionsnummer 5710010035 – Zuschuss Alte Mu in Höhe von 550.000 € wird gemäß § 82 Gemeindeordnung (GO) zugestimmt. Die Deckung erfolgt durch Reduzierung der investiven Auszahlungen bei der Investitionsnummer 3650020200 – Sanierung behördl. Aufl. KTE Freie Träger in Höhe von 400.000 € und durch investive Mehreinzahlungen bei der Investitionsnummer 5710010005 – Interkommunales Gewerbegebiet Melsdorf-Rotenhof in Höhe von 150.000 €.
- Außerdem wird bei der Investitionsnummer 5710010035 – Zuschuss Alte Mu gemäß § 84 GO zusätzlich einer außerplanmäßigen Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 450.000 € für das Jahr 2023 zu Lasten des Haushaltsjahres 2024 zugestimmt. Die Deckung erfolgt durch die Reduzierung der Verpflichtungsermächtigung bei der Investitionsnummer 3650020350 – Neu- und Anbauten KTE freier Träger in Höhe von 450.000 €.
- Der Zuschuss steht unter dem Vorbehalt, dass die Gesamtfinanzierung der Planungsphase gesichert ist.
- Sollte es der Alte Mu eG nicht gelingen, die Bestimmungen des Erbbaurechtsvertrages zu erfüllen, werden sämtliche bis dahin erstellten Gutachten, Pläne und Planungsunterlagen in das Eigentum der Landeshauptstadt Kiel übergehen. Für diesen Fall wird sich die Landeshauptstadt Kiel das ausschließliche und unbeschränkte Nutzungsrecht dieser Unterlagen sichern.
- Die Alte Mu eG wird mit der Annahme des Zuschusses verpflichtet, sämtliche von ihr im Zusammenhang mit dem genannten Sanierungs- und Bauvorhaben beauftragten Planungen vertragsgemäß zu vergüten.
Sachverhalt/Begründung
Begründung:
Vorbemerkung
Der vorliegende Antrag erfolgt im Austausch für die Drs. 0364/2023 und berücksichtigt unter anderem Erkenntnisse, die sich aus einer E-Mail (vom 24. April 2023) des Leiters der Kommunalabteilung, Tilo von Riegen, an Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer ergeben haben. Dieser kommt in der E-Mail zu dem Schluss, dass „eine Bürgschaft nach § 86 GO hier kein haushaltsrechtlich genehmigungsfähiges Instrument ist“. Gründe für eine Ausnahme lägen nicht vor. Diese Mail wurden den Fraktionen zur Verfügung gestellt
Daher wird nun allein die Variante Zuschuss weiterverfolgt. In der Begründung wird jedoch weiterhin die Ausfallbürgschaft an einigen Stellen erwähnt, um den Abwägungsprozess deutlich zu machen. Der vorliegende Antrag geht außerdem – wie schon Drs. 0364/2023 – auf die in Drs. 0254/2023 (Umsetzung des Projekts „Alte Mu“) genannten Punkte ein.
Einleitung
Auf der Basis der Erkenntnisse des Berichts „KielKreativ – Stadt im Dialog“ (Drs. 1036/2015) wurde ab 2015/2016 die Entwicklung und Förderung der Kreativszene sowie der Kultur- und Kreativwirtschaft in Kiel eingeleitet und in den folgenden Jahren ausgebaut. Weitere Grundlagen legte die Ratsversammlung in den folgenden Jahren durch eine Reihe von Beschlüssen zur finanziellen Förderung der Kreativzentren, die Projektförderung(en) und eine investive Förderung auf den Weg brachten. In der Folge hat sich in Kiel an verschiedenen Orten und in unterschiedlicher Ausrichtung kreatives Potenzial weiterentwickelt, wie sich unter anderem an der regelmäßigen Berichterstattung der Verwaltung zu „Kiel als kreative Stadt und Standort der Kultur- und Kreativwirtschaft voranbringen“ ablesen lässt. Dies wird inzwischen bundesweit und auch international wahrgenommen. Zuletzt zeigte die Studie „Kiel – eine aufstrebende kreative Stadt“ (Drs. 0893/2022) den Wert und die besonderen Entwicklungsmöglichkeiten.
Im Zentrum der Landeshauptstadt Kiel hatte die Kreativszene „Alte Mu“ im ehemaligen Standort der Muthesius Kunsthochschule, die 2012 umgezogen ist, ein Zuhause gefunden. Mit der Einberufung eines demokratischen Plenums zur Förderung des gemeinsamen Austausches und der anschließenden Gründung des Vereins Alte Mu Impuls-Werk e.V. wurde 2015 eine Dachorganisation geschaffen und zu einem Nukleus kreativwirtschaftlicher Initiativen und Unternehmen entwickelt.
Mit der „Resolution zur alten Muthesius Kunsthochschule“ (Drs. 0357/2016) hatte sich die Ratsversammlung zur Unterstützung der zahlreichen Initiativen unter dem Dach des Alten Mu Impuls-Werk e.V. und zur Weiterentwicklung des ehemaligen Areals an der Brunswiker Straße zu einem Zentrum für Kreativwirtschaft bekannt. Die LHK schloss 2016 einen Unternutzungsvertrag mit dem Kreativzentrum Alte Mu.
Das Projekt Alte Mu wird als ein Leuchtturm mit potenziell großer Strahlkraft wahrgenommen. Das Land Schleswig-Holstein und die Landeshauptstadt Kiel bekennen sich zu der Planung eines Kreativen Dorfes, eines mischgenutzten Quartiers, das (bezahlbares) Wohnen und (kreatives) Wirken mitten in der Stadt ermöglichen soll – und damit auf die strategischen Ziele der LHK positiv einwirkt: unmittelbar auf die Ziele kreative, innovative und soziale Stadt, indirekt auch auf die beiden anderen Ziele: kinderfreundliche Stadt und Klimaschutzstadt.
Im Dezember 2019 unterzeichneten Landeshautstadt Kiel und Land eine Zielvereinbarung (siehe Anlage) zur Grundstücksentwicklung der Alten Mu. Es wurden Bedingungen an ein wirtschaftlich tragfähiges, genehmigungsfähiges Konzept zur Entwicklung des landeseigenen Geländes geknüpft. Land und Stadt stimmten in dieser Vereinbarung die für eine geordnete städtebauliche Entwicklung notwendigen Inhalte möglicher Verkaufs- oder Erbbaurechtsverträge des Landes ab. Damit wird der Beschluss der Kieler Ratsversammlung umgesetzt.
Im April 2022 unterzeichneten Land und Alte Mu eG (die Gründung der Genossenschaft als Besitzgesellschaft war im April 2021 erfolgt) den Erbbaurechtsvertrag für die 7.684 m2 große Liegenschaft des Kreativzentrums. Somit wurde die Nutzung des Grundstücks für 99 Jahre vertraglich festgelegt und für die Zukunft gesichert. Die Genossenschaft erhält die Möglichkeit, das Gelände langfristig zu nutzen und ihre Vision vom kreativen Dorf in der Stadt umzusetzen. Der Erbbaurechtsvertrag enthält aufschiebende Bedingungen, die von der Alten Mu eG bis Ende 2023 erfüllt werden müssen.
Nach dem intensiven Abstimmungsprozess zwischen allen Beteiligten und einer der Größe und Komplexität des Projektes entsprechenden Neuaufstellung der Akteur*innen der Alten Mu geht es nun in die bauvorbereitenden Planungsphasen. Eine Reihe von externen Einflüssen, die unter anderem auf den Krieg in der Ukraine zurückgehen, haben dazu geführt, dass sich die Finanzierungsbedingungen (nicht nur) für dieses Projekt deutlich geändert haben. Die Alte Mu hat sich daher mit der Bitte an die LHK gewandt, eine Ausfallbürgschaft in Höhe von einer Million € zu übernehmen. Seit sich abzeichnete, dass diese Möglichkeit ggf. nicht bestehen bzw. zu einem langwierigen Prüfprozess durch das Land führen könnte, wird auch die Variante eines (vorgezogenen) Zuschusses durch die LHK geprüft.
Sachstand
Die Alte Mu eG plant am Standort Lorentzendamm 6-8 durch Abriss/Neubau, Umbau und Aufstockung vorhandener Gebäude mit mehreren Gebäuden für Wohnen und Wirken (Kreativzentrum). Ein Bauvorbescheid liegt vor. Die Planungen richten sich nach der Aufgabenstellung und den Ergebnissen des 2021 durchgeführten Werkstattverfahrens. Es soll für rd. 30 Mio. €[1] ein Quartier entstehen, das Wohnen, Arbeiten und Kultur miteinander verbindet. Gemäß Erbbaurechtsvertrag mit dem Land Schleswig-Holstein sollen bis 2028 6.500 qm Bruttogrundfläche (BGF) für Wohnen gebaut werden. Dadurch sollen gemeinschaftliche Wohnformen, studentisches Wohnen und Atelierwohnen für ca. 340 Personen zu dem aktuell schon bestehenden Kreativzentrum hinzukommen. Mindestens ein Drittel der Flächen werden nach den Kriterien der sozialen Wohnraumförderung errichtet. Für die Kreativszene werden ca. 5.600 qm BGF saniert und zum Teil neu entwickelt. Die Bauphase des Projekts ist ab dem zweiten Quartal 2025 geplant.
Der nächste Meilenstein ist die Beauftragung der Bauplanungen an die entsprechenden Planungsbüros. Diese können jedoch erst nach Sicherstellung einer Vorfinanzierung der Planungsleistungen in den HOAI-Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung) bis 4 (Genehmigungsplanung) erfolgen. Der vorzufinanzierende Planungsumfang beträgt rd. 1,8 Mio. €. Dieser soll zu 20 Prozent (360.000 €) durch den Impact Investor in Form eines Nachrangdarlehens als Eigenkapitalersatz zur Verfügung gestellt werden. Die restlichen Mittel sollen durch ein Vorfinanzierungsdarlehen der GLS Bank (1,44 Mio. €) zur Verfügung gestellt werden.
Abweichend von der ursprünglichen Zusage fordert die GLS Bank angesichts der stark veränderten Rahmenbedingungen nun von der Alten Mu eG eine bankenübliche Sicherheit in Höhe von 1 Mio. €.
Eine Belastung des Grundbuchs ist noch nicht möglich, da der Erbbaurechtsvertrag zwischen Alter Mu eG und dem Land erst wirksam wird, wenn eine Reihe von aufschiebenden Bedingungen[2] erfüllt sind. Zu diesen zählt auch der Abschluss der Planungsphase. Auch die handelnden Personen der Genossenschaft können in der geforderten Höhe keine substanzielle Haftung anbieten. Die Alte Mu eG hat nachprüfbar intensiv versucht, Sicherheitsgeber*innen zu finden.[3]
In Frage kommt daher nur noch eine städtische Unterstützung: geprüft wurden Ausfallbürgschaft oder vorgezogener Investitionszuschuss.
Eine zeitnahe Lösung der Vorfinanzierungsproblematik ist nach Darstellung der Alte Mu eG notwendig und auch aus Sicht der Landeshauptstadt Kiel dringend geboten, da mit einhergehenden Verzögerungen das Risiko besteht, dass Fachplaner*innen aus dem Projekt aussteigen, Fachplanungen neu ausgeschrieben und vergeben werden müssen, sich bei erneuten Ausschreibungen die Kosten erhöhen sowie der weitere Aufbau der Genossenschaft ins Stocken geraten oder zum Erliegen kommen kann.
Die Alte Mu eG verdeutlichte, dass für sie sowohl eine Ausfallbürgschaft als auch ein Investitionszuschuss in Frage käme. Sie formuliert jedoch deutlich die Sorge, dass durch eine langwierige notwendige Prüfung durch die Kommunalaufsicht erhebliche zeitliche Risiken und damit verbundene Unsicherheiten entstehen könnten.
Abwägung von Ausfallbürgschaft und Investitionszuschuss
Sowohl ein Investitionszuschuss als auch eine Ausfallbürgschaft sind grundsätzlich darstellbar. Eine Bürgschaft der Landeshauptstadt Kiel gegenüber einem Dritten muss durch die Kommunalaufsicht genehmigt werden (gem. Bürgschaftserlass vom 10. Juli 2012 und § 86 (1) Gemeindeordnung). Genehmigungsfähig ist nur eine nicht selbstschuldnerische Bürgschaft (also ohne Verzicht auf die Einrede der Vorausklage). Eine Bürgschaft darf durch die Landeshauptstadt Kiel maximal in Höhe von 80% der Kreditsumme gewährt werden.
Die Ausfallbürgschaft ist für den städtischen Haushalt die vorteilhaftere Variante, da durch sie (solange die Bürgschaft nicht gezogen wird) keine investiven Haushaltsmittel notwendig sind und der Finanzierungszweck für die Alte Mu gewährleistet werden kann. Zudem ergibt sich für die Landeshauptstadt Kiel eine Einnahme: Gemäß EU-Beihilfenrecht muss der Finanzierungsvorteil, der der Kreditnehmerin durch die Gewährung der Bürgschaft entsteht, in Form der Zahlung einer Bürgschaftsprovision durch die Alte Mu eG an die Landeshauptstadt Kiel ausgeglichen werden.
Allerdings stellen die Genehmigungspflicht und die Entscheidung der Kommunalaufsicht einen kaum beeinflussbaren zeitlichen Faktor dar. Sollte die Bürgschaft tatsächlich durch die Bank gezogen werden müssen, dann wird im Gegenzug die LHK Eigentümerin der Forderungen der Bank.
Die Bürgschafts-Variante führt zu den folgenden Mittelbereitstellungen
- Impact Investor (Eigenkapitalersatz) 360 €
- GLS-Darlehen (Ausfallbürgschaft LH Kiel 1.000 €) 1.440 €
Gesamtsumme 1.800 €
Hauptfinanziererin für die Planungskosten ist somit die GLS Bank (gedeckt durch die Ausfallbürgschaft zu 69,45%).
Ein Investitionszuschuss wäre für die Alte Mu eG dagegen die kostengünstigere Variante, da sie (anders als bei der Bürgschafts-Variante) in Höhe des Zuschusses kein zinspflichtiges Darlehen aufnehmen müsste (die Finanzierungskosten für den Zuschuss fallen allerdings im städtischen Haushalt an). Ein Zuschuss auf der Grundlage eines Zuwendungsbescheides bietet über den Zuwendungszweck gewisse Einflussmöglichkeiten der Landeshauptstadt Kiel auf das Projekt. Erfolgskontrolle und Prüfung des Verwendungsnachweises binden Kapazitäten in der Verwaltung. Und es müssen bereits zum jetzigen Zeitpunkt investive Haushaltsmittel im städtischen Haushalt zur Verfügung und damit gebunden werden.
Die Zuschuss-Variante führt zu folgenden Mittelbereitstellungen:
- Zuschuss LHK 1.000 €
- GLS-Darlehen 440 €
- Impact Investor (Eigenkapitalersatz) 360 €
Gesamtsumme 1.800 €
Hauptfinanzierer der Planungskosten wäre bei dieser Variante die LHK direkt über den städtischen Haushalt.
Den notwendigen Mittelzufluss der LHK gibt die Alte Mu eG wie folgt an:
Risikobewertung Ausfallbürgschaft und Investitionszuschuss
Die Kredite, die die Alte Mu eG zur Finanzierung der Planungsphasen 1 bis 4 aufnehmen will, kann sie tilgen, sobald sie das Grundstück mit einer Hypothek belasten kann. Dies ist möglich, sobald alle aufschiebenden Bedingungen des Erbbaurechtsvertrages erfüllt sind und die Alte Mu eG dadurch für 99 Jahre Eigentümerin des Grundstücks geworden ist. Notwendig ist außerdem ein genehmigter Bauantrag. Dementsprechend kann nur mit einem durchführbaren Planungsergebnis die tatsächliche, grundbuchgesicherte Baufinanzierung auch zur Abfinanzierung des verbürgten Darlehens geschlossen werden.
- Die tatsächliche (ökonomische) Durchführbarkeit kann (wie bei investiven Großprojekten vor Abschluss der Leistungsphase 4 üblich) aufgrund der fehlenden Planungstiefe und erst nach dem Vorliegen valider Kosten nach Planungsabschluss ausreichend bewertet werden.
- Die derzeitige Baukostenschätzung von knapp 30 Mio. € wurde von der Alten Mu eG sowohl anhand des mittleren BKI-QM-Preises als auch von der Arge für zeitgemäßes Bauen validiert. Die Validierung kommt zu gegenüber der Baukostenschätzung auf etwas höhere Summen (+4,7 bis 6%). Nach Angaben der Alten Mu eG sind Kostensteigerungen von bis zu zehn Prozent tragbar. Als Handlungsoptionen bei weiteren Kostensteigerungen werden z.B. die Verschiebung des Raumprogramms in Richtung geförderter Wohnraum oder die Reduzierung der Finanzierungskosten durch Mindestannuitäten genannt. Auch der Verzicht auf bzw. spätere Bau der Dachgärten ist denkbar. Kostensenkungspotenzial sieht die Alte Mu eG auch durch die Entwicklung eines Mobilitätskonzeptes, das eine Verkleinerung der Tiefgarage ermöglicht.
Inwieweit eine Baufinanzierung auf der Grundlage der im Rahmen der Planung dann ermittelten Baukosten Anfang 2025 tatsächlich zustande kommt, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber nicht mit letzter Sicherheit beurteilt werden. Dies gilt auch für die Frage, ob dann eine grundbuchrechtliche Sicherung über das Erbbaurecht für die Finanzierung ausreichend ist oder ob weitere Sicherheiten notwendig sind.
- In Bezug auf die Möglichkeit einer späteren Baufinanzierung und damit die Abfinanzierung der Vorfinanzierung (Tilgung des verbürgten Kredits) wird dann auch die Liquiditätsplanung während und nach der Bauphase in der Bewirtschaftungsphase entscheidend sein (um die Baufinanzierungskosten tragen zu können). In Bezug auf die Liquiditätslage stellt die Alte Mu auf eine Betrachtung eines Referenzjahres (2029/2030) ab. Ein jährlicher Liquiditätspuffer von rund 50.000,- € wird bei einem Gesamtauszahlungsvolumen von 1,176 Mio. € (Risikopuffer von rd. fünf Prozent) ausgewiesen. Ob Betriebsauszahlungen in dieser Höhe z.B. für die Finanzierungskosten (vier Prozent Zinssatz) und laufenden Reparaturen ausreichen werden, kann derzeit nicht zuverlässig eingeschätzt werden. Allerdings erscheint der Liquiditätspuffer in Anbetracht der Unsicherheiten als relativ gering. Zur Sicherung des Zahlungsmittelüberschusses wurden von der Alten Mu eG Steuerungsmaßnahmen wie etwa die Reduzierung der Finanzierungsannuitäten genannt.
Für den Investitionszuschuss gelten diese Einschätzungen ebenfalls. Ein Investitionszuschuss ist jedoch eine Verbindlichkeit bzw. Ausgabe, die 2023/24 haushaltswirksam wird, eine Bürgschaft hingegen eine Eventualverbindlichkeit.
Risiken vs. Sicherheiten
Zusammenfassend ist festzustellen, dass erst nach Abschluss der Planungsphasen bis zur Leistungsphase 4 die Kosten planungssicher festgestellt werden können. Erst dann können Entscheidungen über die tatsächliche Baudurchführung getroffen werden: z.B. Gestaltung der Dachgärten und der Tiefgarage, eventuelle Ausweitung des Anteils des sozialen Wohnungsbaus. Steigende Zinsen und Baukosten sind wie bei vielen derzeitigen Bauprojekten auch bei diesem Projekt Risikofaktoren. Bei der derzeit im Aufbau befindlichen Genossenschaft (Januar 2023: 92 Mitglieder der Genossenschaft mit insgesamt 244 Anteilen/146.400 €) kann gegenwärtig nicht von einer ausreichenden Kapitaldeckung zur Vorfinanzierung der Planungskosten ausgegangen werden.
Die Landeshauptstadt Kiel und das Land Schleswig-Holstein als Eigentümerin der Liegenschaft unterstützen das komplexe Vorhaben und fördern die geplante Sanierung und Entwicklung der Liegenschaft Alte Mu. In 2022 wurde die Machbarkeitsstudie zum Pilotprojekt mit positiven Prüfergebnissen zur ökonomischen, rechtlichen und sozialen Machbarkeit fertigstellt. Ein Beirat aus Fachleuten der LHK, des Landes Schleswig-Holstein und der IB.SH hat die Studie begleitet.
Für den Fall, dass das Projekt nach der Planungsphase nicht umgesetzt werden kann, werden von Seiten der LHK Szenarien und Maßnahmen entwickelt bzw. geprüft, um eine weitere Umsetzung der Entwicklung auf dem Gelände der Alten Mu gewährleisten zu können. Sollte das Projekt scheitern, dann erhält die LHK Zugriff auf das Grundstück. Die Zielvereinbarung Alte Mu, die das Land Schleswig-Holstein und die Landeshauptstadt Kiel im Dezember 2019 geschlossen haben, sieht unter § 4 vor: „Sollte die eingangs genannte, dauerhafte Perspektive nicht durch einen Erbbaurechtsvertrag unter Beteiligung der derzeitigen Nutzer sichergestellt werden können oder es z.B. zum Heimfall kommen, verpflichtet sich das Land, die Liegenschaft erst dann anderweitig zu verwerten oder zu veräußern, nachdem sie diese der Stadt Kiel zum Kauf angeboten hat.“
In diesem Fall werden sämtliche bis dahin erstellten Gutachten, Pläne und Planungsunterlagen sowie das ausschließliche und unbeschränkte Nutzungsrecht an ihnen in das Eigentum der Landeshauptstadt Kiel übergehen. Die konkrete Werthaltigkeit der Planungen für die LHK auch für eine dann möglicherweise alternative Projektdurchführung müsste in einem solchen Fall ggf. gutachterlich ermittelt werden.
Folgende Möglichkeiten sind grundsätzlich denkbar:
- Die Landeshauptstadt Kiel kauft das Grundstück vom Land, damit die städtischen Ziele gewahrt bleiben (sozialer Wohnungsbau, Kreativzentren, Beschlusslage zu Baulandkriterien – Grünflächenanteil, Kinderspielplätze usw.).
- Die LHK übernimmt die Planung und baut selbst bzw. über die KiWoG oder Dritte.
- Die KiWoG baut nach eigener Planung und nach Baulandkriterien der LHK (Drs. 0991/2017).
- Die LHK verkauft die Liegenschaft an Dritte mit entsprechenden Vorgaben.
Schritte nach Baubeginn/finanzielle Beteiligung der LHK
Für die Umsetzung des Projektes ist eine investive Förderung der LHK auf der Basis der Richtlinie zur Förderung von Kreativzentren (Drs. 0503/2019, aktualisiert durch Drs. 0296/2022) als ein Baustein einkalkuliert.
Im Sommer 2021 war die Alte Mu hier noch von einer Förderung durch die Landeshauptstadt Kiel in Höhe von 4,9 Mio. € ausgegangen. Im aktuellen Businessplan sind nun 2,5 Mio. € als städtischer Zuschuss eingeplant. Die LHK hat angeregt, vom Land eine gleich hohe Förderung (z.B. EFRE-Mittel) einzuwerben.
Die Alte Mu schreibt dazu: „Hierzu sind wir in Gesprächen; weil jedoch – Stand heute – keine derartigen Mittel absehbar sind, ist kein Investitionszuschuss des Landes in dem vorliegenden Papier enthalten.“[4] Im Falle einer Bürgschaft durch die LHK wären diese 2,5 Mio. € während der Bauphase geflossen. Bei der nun verfolgten Zuschuss-Variante wird der Zuschuss in Höhe von einer Mio. € angerechnet, für die Bauphase könnten dann die restlichen 1,5 Mio. € beantragt werden (Fehlbedarfsfinanzierung). Diese Mittel könnten nur für den Bereich Wirken (Kreativzentrum) verwendet werden, da die Richtlinie zur Förderung von Kreativzentren in der Landeshauptstadt Kiel keine Förderung von Wohnungsbau vorsieht.
Weitere Finanzierungsbausteine sind die soziale Wohnraumförderung des Landes, im geringen Umfang KfW-Mittel, Eigenkapital u.a. über den Impact Investor für den Bereich Wirken (Kreativzentrum) sowie die Nutzer*innen des Bereichs Wohnen und im geringen Umfang Eigenleistungen. Nach aktuellem Stand (also noch ohne eine mögliche weitere Förderung des Kreativzentrums durch das Land) werden 65 Prozent der knapp 30 Mio. € Investitionsvolumen über Darlehen der IB.SH und der GLS finanziert, etwas mehr als 21 Prozent über Fördermittel, und 14 Prozent kommen aus dem Eigenkapital.
Beihilferechtliche Einschätzung
Das Rechtsamt der Landeshauptstadt Kiel hat auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen geprüft, ob Bürgschaft und Zuschuss eine Förderung im Sinne des Europäischen Beihilferechts darstellen. Es kommt zu dem Ergebnis: Eine staatliche Beihilfe ist in einem solchen Fall unter bestimmten – hier erfüllbaren – Voraussetzungen mit dem Binnenmarkt vereinbar und zulässig. Hierzu sei auf den Vermerk des Rechtsamtes verwiesen, der den Fraktionen zusammen mit der Mail der Kommunalaufsicht zugesandt worden ist. Dieser enthält die folgenden Kernaussagen:
Es spricht alles dafür, dass die vorgesehene Förderung eine Beihilfe im Sinne des Europäischen Beihilferechts ist. Nach Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.
Zulässig wäre die Beihilfe, wenn sie nach § 108 Abs. 3 AEUV bei der EU-Kommission notifiziert (angemeldet) wird und die Kommission durch Beschluss gegen die Gewährung der Beihilfe keine Bedenken erhebt. Beihilfen sind auch dann im Sinne des Art. 107 Abs. 2 und Abs. 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Notifizierung freigestellt, sofern diese Beihilfen alle Voraussetzungen des Kapitels I der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17.06.2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV sowie für die betreffende Gruppe von Beihilfen alle Voraussetzungen des Kapitels III der Verordnung erfüllen (AGVO – sog. Gruppenfreistellungsverordnung). Zudem können Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, von der Notifizierungspflicht nach Art. 108 Abs. 3 AEUV befreit sein (sog. DAWI-Beschluss).
Die Förderung des Wohnungsbaus wird vom DAWI-Beschluss abgedeckt sein. Das trifft auf jeden Fall zu für den Bereich der sozialen Wohnraumförderung. Es spricht zudem sehr viel dafür, dass für den Bereich der Landeshauptstadt Kiel auch die Förderung des sog. frei finanzierten Wohnungsbaus unter den DAWI-Beschluss fällt. Die Stadt ist ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt nach der Landesverordnung über die Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmarkt nach § 201a BauGB vom 24.01.2023, also ist nach § 201a Satz 1 BauGB die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in der Stadt zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet. Für die Landeshauptstadt Kiel ist deshalb von einem wohnungswirtschaftlichen Marktversagen auszugehen, so dass auch der frei finanzierte Wohnungsbau eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne von § 106 Abs. 2 AEUV ist.
Es sprechen zudem auch gute Gründe dafür, die Herrichtung der Räume für die urbane Kultur- und Kreativszene als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne von § 106 Abs. 2 AEUV einzuordnen. Immerhin erfährt das Vorhaben auch vom Land Schleswig-Holstein Unterstützung.
Fazit: Aus Sicht des Rechtsamtes ist es beihilferechtlich der sicherste Weg, für die gesamte Förderung davon auszugehen, dass es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne von § 106 Abs. 2 AEUV handelt, zumal ein Gewinn durch die Alte Mu GmbH nicht erwirtschaftet werden soll und die Höchstgrenze für die Förderung nach Art. 2 Abs. 1 a) DAWI-Beschluss nicht erreicht oder überschritten wird.
Deckung des Investitionszuschusses über Haushaltsansätze aus der Kitaförderung
Sowohl die angegebenen Sanierungsmittel für Kitas für 2023 als auch die Verpflichtungsermächtigung für Auszahlungen im Jahr 2024 werden aus dem Dezernat V im Jugendamt nicht verausgabt werden können. Hintergrund ist zum einen, dass sich einige geplante Maßnahmen, die die LHK unterstützt, in der Konkretisierung von der Finanzwirtschaft als Ausgaben im Ergebnisplan beurteilt werden und nicht als Investitionen. Zum anderen verschieben sich auch im Kitabereich ähnlich wie im Wohnungsbau Neubauvorhaben, so dass die Investitionsmittel bzw. die Verpflichtungsermächtigung nicht in 2023 oder 2024 benötigt werden. Sollten sich wider Erwarten andere Optionen ergeben, wird im Haushalt durch Verschiebung nicht benötigter Mittel eine andere Deckung dafür ermöglicht. Das bedeutet, es werden keine realisierbaren Bau- oder Sanierungsmaßnahmen durch diesen Deckungsvorschlag im Kitabereich aufgehalten.
Hinweis
Die Veranschlagung des Zuschusses erfolgt im Teilplan 571 (Wirtschaftsförderung). Gleichwohl sind von der vorliegenden Bezuschussung vor allem auch kulturelle und wohnungswirtschaftliche Aspekte in starkem Maße betroffen. Aufgrund des Grundsatzes der Haushaltklarheit kann dies bei der Zuordnung jedoch nicht zu einer Aufteilung auf verschiedene Teilpläne führen, sondern muss an einer Stelle zentral im Haushalt veranschlagt werden.
Dr. Ulf Kämpfer
Oberbürgermeister
[1] Kalkulation Alte Mu: 29,8 Mio.; Kalkulation Arge e.V.: 31,5 Mio.; vgl. S. 13f. „Projektstatus und Antrag auf finanzielle Unterstützung an die Landeshauptstadt Kiel“
[2] Siehe Erbbaurechtsvertrag S. 7f.
[3] Siehe Seite 9 „Projektstatus und Antrag…..“
[4] Projektstatus und Antrag….., Seite 16f.
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