Kieler Erinnerungstag:1. Oktober 1838
Gründung der Maschinenfabrik und Eisengießerei Schweffel & Howaldt

Im „Wochenblatt zum Besten der Armen in Kiel“ erschien am 3. Oktober 1838 folgende Anzeige: „Seit dem 1sten dieses Monats betreiben wir die auf der Rosenwiese befindliche Maschinenbau-Anstalt in Verbindung mit einer Eisengießerei unter der Firma Schweffel & Howaldt für gemeinschaftliche Rechnung, welches wir hierdurch bekannt machen.

Kiel October 1838

Johann Schweffel,

August Ferdinand Howaldt."

Schweffel und Howaldt - zwei Männer, die sich hervorragend ergänzten

Johann Schweffel, 1796 in Kiel geboren, gehörte zu einer angesehenen Kaufmannsfamilie. 1819 übernahm er die Leitung der Firma Schweffel & Sohn. Daneben betätigte er sich kommunalpolitisch. Mit 25 Jahren wurde er in das Kollegium der Zweiunddreißiger gewählt, einem Vorläufer der Gemeindevertretung. Bis 1864 gehörte Schweffel der Stadtvertretung an, seit 1850 hatte er als Bürgerworthalter den Vorsitz inne. Seine Wahl zum Ratsherrn lehnte er 1864 ab. 1834 war Schweffel Mitglied der Holsteinischen Ständeversammlung in Itzehoe. Darüber hinaus engagierte er sich für die Gründung des Kieler Handels- und Industrievereins, für den Bau der Eisenbahnlinie Kiel-Altona und im Flottenausschuss 1848 bis 1850.

Auch das väterliche Unternehmen erweiterte Schweffel. 1825 pachtete er einen Schiffbauplatz auf der Rosenwiese an der Förde, in der Nähe der heutigen Hauptpost. Daneben betätigte sich Schweffel auch als Reeder. Er besaß drei eigene Segelschiffe und das Dampfschiff „Löven“, das zwischen Kiel und Kopenhagen verkehrte. Im Frühjahr 1835 stellte Schweffel August Ferdinand Howaldt als Maschinist auf der „Löven“ ein.

Howaldt war 1809 in Braunschweig geboren, hatte dort den Beruf des Mechanikers erlernt und hatte von 1829 bis 1835 in einer mechanischen Werkstatt in Hamburg gearbeitet. 1837 wurde er von seinem neuen Chef Schweffel nach Newcastle geschickt, wo bei einer Firma für die „Löven“ zwei neue Kessel und ein Schornstein bestellt worden waren. Howaldt sollte die Geschäfte dort abwickeln. Bevor er sich auf die Reise nach England begab, hatte er sich an die Regierung in Schleswig mit der Bitte gewandt, ihm die Konzession für die Errichtung einer Maschinenbauanstalt zu erteilen. Schweffel befürwortet das Gesuch, das die königlich-dänische Regierung am 7. November 1837 genehmigte. Howaldt war der aktive und geschickte Techniker, aber es fehlte ihm an Geld und an geschäftlichen Verbindungen. Über beides aber verfügte Schweffel. Die Männer ergänzten sich ausgezeichnet. Am 29. September 1838 schlossen Johann Schweffel und August Ferdinand Howaldt einen Vertrag, der zum 1. Oktober 1838 die Maschinenbauanstalt und Eisengießerei Schweffel und Howaldt ins Leben rief.

Eine vielseitige Produktionspalette

Das Gelände der Firma lag auf der Rosenwiese auf einem Grundstück, das Schweffel schon gekauft hatte. Er finanzierte auch z. T.den Bau der Firmengebäude, die aus einer Maschinenwerkstatt, einer Schmiede, einer Schlosserwerkstatt und einer Eisengießerei bestanden. Letztere wurde 1853 an den Kleinen Kiel verlegt. Auf Rechnung der Firma Schweffel & und Howaldt wurden eine Dampfkesselfabrik, ein Putzhaus, ein Zylinderofen und Maschinenhaus finanziert.

Das Unternehmen arbeitete sehr erfolgreich. Es beschäftigte 1841 bereits 120 Fabrikarbeiter. Das Sortiment der hergestellten Produkte war sehr vielfältig. Es bestand aus Dampfmaschinen, Dampfkesseln und einer Vielzahl von landwirtschaftlichen und Hausgeräten: z. B. Kornreinigungs- und Häckselmaschinen, Milchsatten, Schwung- und Räderpflügen, Schweinetrögen, Öfen, Kochherden, Töpfen, Geländern, Gittern, Wasserleitungsröhren, Grabkreuzen. Für den Bau der Eisenbahnlinie Kiel-Altona lieferte die Firma Schweffel & Howaldt Lokomotiven und Güterwagen. 1848, während der schleswig-holsteinischen Erhebung, stellte die Firma Gewehre her, mit denen die Kieler Studenten in den Kampf zogen. Das Unternehmen erwarb sich mit seinen Produkten einen guten Ruf, so dass es der Berlin-Hamburger-Eisenbahngesellschaft 12 Güterwagen, an die dänische Eisenbahnlinie Kopenhagen-Roskilde 16 Wagenkästen und an die dänische Marine Kessel lieferte. 1848 baute die Firma das erste Schraubenkanonenboot der Welt, die „Von der Tann“. 1850 entstand hier das erste deutsche Unterseeboot, der „Brandtaucher“, nach den Entwürfen des Erfinders Wilhelm Bauer.

Obwohl es in Kiel mehrere verarbeitende Betrieb gab, konnten sich diese an Größe und Modernität mit der Maschinenfabrik und Eisengießerei von Schweffel & Howaldt nicht messen. Es waren kleine Betriebe, die zumeist handwerklich arbeiteten. Schweffel & Howaldt als industrieller Großbetrieb war der größte Arbeitgeber in Kiel. Die nächst größeren Betriebe, zwei Textilfabriken, beschäftigten nur 38 bzw. 20 Arbeiter.

Von der Eisengießerei und Maschinenfabrik zu den Howaldtswerken an der Schwentine

Die Söhne August Ferdinand Howaldts führten den Betrieb nach Ausscheiden der Schweffels seit 1880 unter dem Namen „Gebrüder Howaldt - Maschinenfabrik, Gießerei und Kesselschmiede“.

Durch die zunehmende Bebauung wurde für das Unternehmen der Platz in Kiel zu eng. Es gab kaum Erweiterungsmöglichkeiten. Deshalb verlegte die Firma 1881 die Kesselschmiede und 1883 die Maschinenfabrik nach Dietrichsdorf an die Schwentinemündung, wo Georg Howaldt, der ältere der Brüder, 1876 schon eine eigene Werft gegründet hatte. 1889 wurden Maschinenfabrik und Werft zu der Aktiengesellschaft „Howaldtswerke“ vereinigt. Schon am Ende des 19. Jahrhunderts war sie eine „bedeutende deutsche Schiffswerft“, die Dampfer, Eisbrecher, Bagger und Schuten baute, seit 1899 dann auch Kriegschiffe für die deutsche Marine, vor allem während des Ersten Weltkrieges.

Autorin: Christa Geckeler (1937 - 2014)


Literatur

Bowien, Petra

Der Weg Dietrichsdorfs und Neumühlens von ländlichen Gemeinden zu einem Kieler Stadtteil in Zusammenhang mit der Entwicklung der Howaldtswerke, Staatsexamensarbeit, Kiel 1988, S. 19-37, Stadtarchiv Kiel

Brustat-Naval, Fritz

Zwischen Ostsee und Ostasien. Aus der Kieler Schifffahrtsgeschichte, Herford 1973, S. 24-29

Detlefsen, Gert Uwe

Howaldt Kiel. Von der Maschinenfabrik zur Großwerft, in: Schleswig-Holstein, 1983, Nr. 10, S. 10-13

Ostersehlte, Christian

Von Howaldt zu HDW, Kiel 2004, S. 19-38

Ostersehlte, Christian

August Ferdinand Howaldt, in: H.-F. Rothert (Hg): Kieler Lebensläufe aus sechs Jahrhunderten, Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 55, Neumünster 2006, S. 147-149

Sievert, Hedwig

Johann Schweffel, in: Kieler Lebensläufe, a. a. O., S. 302

Zeitungen

Kieler Nachrichten

vom 27. September 1963

Kieler Rundschau

1938, Nr. 228

Schleswig-Holsteinische Volks-Zeitung

vom 24. Juni 1960, vom 28. September 1963



Dieser Artikel kann unter Angabe des Namens der Autorin Christa Geckeler, des Titels Kieler Erinnerungstage: 1. Oktober 1838 | Gründung der Maschinenfabrik und Eisengießerei Schweffel & Howaldt und des Erscheinungsdatums 01. Oktober 2013 zitiert werden.

Zitierlink: https://www.kiel.de/erinnerungstage?id=251

Zurück zur Startseite

Wir sind für Sie da

0431 901-3422

Landeshauptstadt Kiel
Stadtarchiv, Rathaus
Fleethörn 9, 24103 Kiel

Mehr Archivthemen