Sozialbericht 2022

109 Sozialbericht 2022 einer Betreuung die Grenzen oft fließend. Im Ergebnis wurden wir in Mettenhof fündig. Frau X konnte in eine Zweier-WG ziehen und erhielt zunächst 8 Stunden Unterstützung im Alltag über Ambulant Betreutes Wohnen (ABW) durch die Eingliederungshilfe in einem intensiv betreuten Wohnprojekt. Dort gab es einen eigenen Herd und nach einer gewissen Zeit auch eine eigene Katze von einem anderen meiner Betreuten, der dieser Aufgabe nicht mehr gewachsen war. Eine Erstausstattung mit Hausrat konnte ich eben- falls erfolgreich beantragen. Die nächste Aufgabe lag darin, Frau X aus dem Jobcenter- bezug auszusteuern, da sie auf dem ersten Arbeitsmarkt überfordert gewesen wäre. Friseurin wollte sie inzwischen nicht mehr werden, nachdem eine Freundin Ausschlag an den Händen bekommen hatte. Weil Rente und Hilfe zum Lebensunterhalt nicht für den Lebensunterhalt für Frau X in Frage kamen, konnte erfolgreich Grundsicherung be- antragt werden. Die Merkzeichen der Schwerbehinderung ergaben einen zusätzlichen Mehrbedarf, aufgrund dessen Frau X nun 72 Euro pro Monat zusätzlich erhält. Außerdem konnte ich die Befreiung von Rundfunkgebühren erreichen. Mittlerweile ließ sich Frau X auch auf eine ärztliche Anbindung ein und erhielt Medikamente, um mehr Stabilität in ihrer Persönlichkeit zu bekommen. Die Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse zu beantragen, war jetzt sinnvoll. Im Laufe der nächsten zweieinhalb Jahre wechselten sich Fortschritt (Absprachefähigkeit, Beteiligung an den Freizeitgruppen, Aufnahme eines Beschäftigungsprojektes, immerhin einwöchiger Aufenthalt in der Klinik in Heili- genhafen, Schuldenregulierung auf null) und Rückschritt (Einkaufsorgien, Partylaune, vergessenes Katzenstreu und Ingewahrsamnahme) ab. Eine Betreuerin hat sowohl Anteil an allem Schweren wie auch an vielen glücklichen Momenten. Heute kann Frau X auf eine erfolgreich durchlaufene berufliche Bildung einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen zurückblicken. Dazu war ein Rehabilitationsantrag bei der Agentur für Arbeit notwendig. Durch die Aufnahme dieser Ausbildung konnte auch das Kindergeld erfolgreich akquiriert werden. Mittlerweile hat Frau X sogar einen Werk- stattvertrag. Ihr Lohn wird um die Grundsicherung und das Kindergeld ergänzt. Nach fünf gemeinsamen Jahren sind wir beide stolz auf uns. An Silvester 2021 versandte ich ein paar private Neujahrswünsche per Handy. Überraschend kam prompt eine Antwort von Frau X: „Du glaubst es nicht, wie schön das hier in Mettenhof ist: blaue, gelbe, grüne und rote Kugeln und Knaller. Ich wünsche Dir ein gutes neues Jahr. Mein Freund lässt Dich auch grüßen, wir haben uns heute verlobt und halt Dich fest: Wir wollen Kinder!“ Und so dreht sich die Welt weiter und weiter. Ja, auch ich habe den schönsten Beruf der Welt! Ich bin mittendrin.« UNTERSTÜTZUNG VON ERWACHSENEN IM SOZIALEN NETZ

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