Sozialbericht 2022

55 Sozialbericht 2022 die vom anderen Elternteil keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt bekommen, können Unterhaltsvorschuss erhalten. Die am 01.07.2017 in Kraft getretene Reform zur Ausweitung des Unterhaltsvorschusses könnte langfristig dabei helfen, Kinderarmut in Alleinerziehen- denhaushalten zu reduzieren. Die entscheidenden Eckpunkte der Reform sind zum einen die Aufhebung der bisherigen Höchstbezugsdauer von sechs Jahren und die Ausweitung der Unterhaltsvorschussleistungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Der Anspruch ab dem 12. Lebensjahr des Kindes wird wirksam, wenn das Kind nicht auf SGB II-Leistungen ange- wiesen ist oder der alleinerziehende Elternteil im SGB-Bezug ein eigenes Erwerbseinkom- men von mindestens 600 Euro brutto erzielt. Diese neuen Regelungen erhöhen die Chancen der Alleinerziehenden durch Erwerbstätigkeit den eigenen Bedarf und den der Kinder zu decken. 57 Auch Kinder, deren Eltern zwar einer Erwerbstätigkeit nachgehen, jedoch nur über ein gerin- ges Einkommen knapp über der ALG-II-Bedarfsgrenze verfügen, sind von Armut gefährdet. Damit diese Eltern keine aufstockenden Mittel beantragen müssen, wurde von der Bundes- regierung das Gesetz zur zielgenauen Stärkung von Familien und ihren Kindern durch die Neugestaltung des Kinderzuschlags und die Verbesserung der Leistungen für Bildung und Teilhabe (Starke-Familien-Gesetz) erlassen und trat zum 01.07.2019 und 01.01.2020 in zwei Schritten in Kraft. Zum einen wurde der Kinderzuschlag auf nun 185 Euro pro Monat und Kind erhöht, zum anderen entfallen die oberen Einkommensgrenzen der Eltern. Einkommen, das über den eigenen Bedarf hinausgeht, wird nur noch zu 45 % angerechnet. 58 Verdienen die Eltern also in ihrem Job mehr, können sie auch mehr davon behalten. Des Weiteren wurden die Leistungen im Bildungs- und Teilhabepaket ausgeweitet und der Zugang zu den Leistungen vereinfacht. Aktuell beträgt beispielsweise der Zuschuss zu Schulmaterialien 156 Euro pro Schuljahr. 59 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Ein weiterer Indikator für die soziale Lage ist die Zahl der Empfänger*innen von Leistungen der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Menschen, die ab Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung sowie volljährige Personen, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, haben einen Anspruch auf diese Sozial- leistung, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können. Eine Bedürftigkeit liegt dann vor, wenn eigenes Einkommen und Vermögen sowie Einkommen und Vermögen des Partners*der Partnerin oder Ehepartners*Ehepartnerin nicht ausreichen, das Existenz- minimum abzudecken. Die seit 2012 in Gang gesetzte schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre 60 führt dazu, dass das Anspruchsalter für die Grundsicherung im Alter ebenfalls an- steigt. Im Jahr 2021 liegt die Altersgrenze bei 65 Jahren und 10 Monaten. 57 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Ausweitung des Unterhaltsvorschusses. https:// www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/ausweitung-des-unterhaltsvorschusses--113572 (abgerufen am 16.05.2022). 58 Vgl. Kieler Netzwerk gegen Kinderarmut: Ursachen und Folgen von Kinderarmut. https://www.kieler-gegen- kinderarmut.de/kinderarmut-informationen/ursachen-und-folgen-von-kinderarmut (abgerufen am 16.05.2022). 59 Unterseite des Bundesfamilienministeriums: Was sind Leistungen für Bildung und Teilhabe. https://familienportal. de/familienportal/familienleistungen/bildung-und-teilhabe/was-sind-leistungen-fuer-bildung-und-teilhabe--124588 (abgerufen am 14.06.2022). 60 Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungs- grundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.04.2007. Nach dem Gesetz verschiebt sich ab 2012 die Altersgrenze jährlich um einen Monat. SICHERUNG DES LEBENSUNTERHALTS Die Grundsicherungs- berechtigten im Alter und bei Erwerbsminde- rung sind zum Vorjahr um 2% gestiegen. Aufgrund des demo- graphischen Wandels ist eine Verringerung der Zahlen kaum zu er- warten.

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